Ständiges Editorial | Mit der Begründung eines kulturwissenschaftlich/kulturpolitischen Online-Journals setzt die KulturInitiative 89 ihre Bemühungen fort, eine Art von Gesellschaftsbetrachtung und eingreifender Praxis öffentlich zu machen, wie sie vor allem für die Berliner Kultur- und Wissenschaftslandschaft seit längerer Zeit typisch ist.
Das in den 1970 und 80er Jahren in Berlin Ost und West ausgebildete kulturwissenschaftliche Potential gibt es nicht mehr. Teils wurde es abgewickelt, teils verdrängt, teils ist es in neue Zusammenhänge eingebunden, und etliches hat sich gewandelt. Dieses kulturwissenschaftliche Milieu konnte in der damals auf andere Weise geteilten Stadt schon situationsbedingt nicht annähernd homogen sein. Doch zeichnete es sich systemübergreifend durch die soziale Rückbindung und ein praktisches Engagement der wissenschaftlichen Arbeit aus, war mit der Kulturarbeit verbunden, verfolgte kritische Ansätze und engagierte sich politisch im linken und linksliberalen Spektrum. Es gab so etwas wie eine kulturwissenschaftlich/kulturpolitische Szene in Berlin. Einer ihrer Kristallisationspunkte war das Kulturwissenschaftliche Institut der Humboldt-Universität mit seinen Kolloquien und den dort erscheinenden MKF. Es fühlte sich verwandt mit jenen, die zwischen Birmingham und Tübingen die Kulturen der kleinen Leute, der Außenseiter und Oppositionellen ins Licht rückten und zugleich den Kulturformen der Moderne verschrieben waren.
Das Institut wie die Mitteilungen aus der kulturwissenschaftlichen Forschung überdauerten zunächst die deutschen Einheitswirren. Die MKF allerdings nur, weil sie wie zunächst auch die Weimarer Beiträge von der eben erst aus diesem Milieu hervorgegangenen KulturInitiative 89 weiter getragen worden sind. Durch Initiative der Szene West und durch internationalen Einspruch konnte das Institut zwar vor der politisch geplanten Abwicklung gerettet werden, ist dann aber bald von Westdeutschen okkupiert worden. Die Schriftenreihe Mitteilungen aus der kulturwissenschaftlichen Forschung dagegen wurde mit wichtigen Themen ein Ost-West-Diskussionsforum (so mit den Ausgaben 31 Geschlechterverhältnisse, 32 Kultur in Deutschlands Osten, 33 Ostdeutsche Kulturgeschichte, 34 Enquete kultureller Wandel, 35 Was soll Kulturpolitik, 36 Differente Sexualitäten) und dokumentierte vor allem den kulturellen Wandel nach 1990. Doch diese Printversion war unter den veränderten Bedingungen schließlich nicht mehr zu halten. Und so erscheint in diesem Jahre ihre letzte Ausgabe.
Angepaßt an die neue wissenschaftliche Situation und die veränderten kommunikationstechnischen Möglichkeiten organisiert die KulturInitiative 89 nun die Online-Publikation KULTURATION. Sie kann ein permanentes Kolloquium, eine Zeitschrift, eine Schriftenreihe und ein Archiv zugleich sein. Ob das gelingt, hängt vom Engagement der Beteiligten ab. Unmittelbar und zunächst dient diese Publikationsmöglichkeit dazu, die Ergebnisse der eigenen kulturwissenschaftlichen wie kulturpolitischen Diskussionskreise und Foren festzuhalten und damit zugleich in die Online-Kommunikation einzugeben. Zugleich öffnet sie diese Öffentlichkeit für alle Texte von Autoren, die sich als Teil dieser Kommunikationsgemeinschaft verstehen. Darüber hinaus ermöglicht es KULTURATION, kulturwissenschaftlich relevante Informationen thematisch zu bündeln (darum sind Texte aus benachbarten Disziplinen und auch Zweitveröffentlichungen angestrebt) und zur Orientierung praktischen Handelns bereitzustellen. Es besteht auch die Möglichkeit, sie für spezielle Bildungsabsichten zu strukturieren und Anleitung zur Erschließung zu geben.
Die heute gegebene Technik gestattet es, Texte über einen sehr breiten Kreis von Mitwirkenden (ehemals Redakteure) in eigener Verantwortung eingeben zu lassen. Ihnen ist auch die ständige Kommentierung der Debatte möglich. Zugleich können über diese verzweigte Gemeinde, Beiträge aus anderen Disziplinen und Kreisen eingeworben und durch KULTURATION unter interessierten Onlinern publik gemacht werden. Überdies kann sich jeder User als Gast kommentierend und kritisierend äußern.
Zusammengehalten wird dieses Kulturforum durch eine Zentralredaktion, die von den Leitern der Arbeitskreise in der KulturInitiative 89 gebildet wird. Ihre Aufgabe ist es, im Kontakt mit allen Mitwirkenden, thematische Schwerpunkte zu benennen, sie für die Gestaltung der beiden Hauptrubriken TEXTE und THEMA zu empfehlen und entsprechende Beiträge anzuregen und einzuwerben. Während unter dem Titelkopf TEXTE fortlaufend größere Beiträge eingestellt werden, dient die Rubrik THEMA der geschlossenen Darstellung eines Problems etwa durch die Beiträge einer Tagung oder durch die Beiträge und Ergebnisse einer von der Redaktion angestoßenen Debatte.
Ähnlich verfährt sie mit der Rubrik REPORT, die aber grundsätzlich allen redaktionell Mitwirkenden offen steht für eigene Statements wie für vermittelte. Diese Rubrik kann für aktuelle politische Analysen und Meinungsäußerungen ebenso genutzt werden, wie für Anmerkungen zu Aufsätzen oder für Glossen usw. (Für kurze und eher formlose Anmerkungen, für Kritiken und Gästekommentare gibt es einen eigenen Ort: Das Gästebuch)
In der Spalte KRITIK wird über Editionen Aufführungen, Ausstellungen und andere kulturelle Ereignisse berichtet, vor allem aber stehen hier Rezensionen und Annotationen (über wissenschaftliche Tagungen und Projekte wird unter der Rubrik REPORT informiert.) Die Anforderung von Rezensionsexemplaren ist über jeden mitwirkenden Redakteur möglich, sollte dann aber über die Hauptredaktion erfolgen.
Die Rubrik ZEITDOKUMENT ermöglicht es, Dokumente aller Art, historische Texte, Quellen, aktuelle Zitate, Bilder usw. mit entsprechendem Nachweis, aber unkommentiert einzustellen. Es ist aber auch möglich, einleitend auf ihren wissenschaftlichen Wert oder ihre aktuelle Bedeutung hinzuweisen.
Schließlich informiert die KulturInitiative 89 in der Rubrik VERANSTALTUNGEN über ihre Projekte und Termine und weist auf Aktivitäten verwandter Institute hin.
Wenn der Schwerpunkt von KULTURATION auch auf wissenschaftlichen und politischen Texten zur Kultur liegt, sind doch alle anderen Text- und Bildformen willkommen, die sich als kulturelle Äußerungen verstehen. Audio- und Videosequenzen können in der gegenwärtigen Fassung nicht übertragen und archiviert werden. Ihre Einbeziehung ist angestrebt.
Alle Texte sind durch eine komfortable Suchfunktion erschließbar. Dazu gehören in Kürze auch die seit 1990 erschienenen Ausgaben der MKF. |
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