KULTURATIONOnline Journal für Kultur, Wissenschaft und Politik
Nr. 24 • 2021 • Jg. 44 [19] • ISSN 1610-8329
Herausgeberin: Kulturinitiative 89
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ReportKulturation 2/2005
Ewa Bielewicz Polakowska
Nachricht aus Slubfurt:
Slubfurter Brückenhahn kräht bald nicht mehr
Einige Frankfurter fühlten sich durch die Klanginstallation auf der Stadtbrücke gestört und sie reichten bei der Stadtverwaltung Beschwerde ein. Bald darauf erhielt der Verein Slubfurt e.V. einen Brief der Frankfurter Kulturbetriebe mit der Bitte, die Installation zum 30. 11. 05 abzuschalten und nur zu besonderen Anlässen, wie z.B. dem Stadtfest "Bunter Hering" erklingen zu lassen.

Der "Slubfurter Brückenhahn" ist eine Arbeit des österreichischen Künstlers Hans Kropshofer, der Bürger aus Frankfurt und Slubice zum "ersten Slubfurter Tierstimmencasting" einlud. Über 70 Teilnehmer imitierten den Slubfurter Hahn und eine Jury oberösterreichischer Landwirte wählte den besten Hahnenschrei aus. Es gewann der 13-jährige Damian Mielczarek aus Slubice. Am 19. Mai überreichte Kropshofer den von einer oberösterreichischen Kulturstiftung gespendeten Preis in Höhe von 500,- Euro und der Hahn erschallte das erste Mal über auf der Brücke installierte Lautsprecher. Seitdem erschallt er stündlich von 7-19 Uhr. Das haben wir vor allem auch der Stadt Frankfurt und dem Oberbürgermeister, Herrn Martin Patzelt zu verdanken, die unser Angebot annahmen, die Installation als Dauerleihgabe zu Übernehmen.

Der Brückenhahn ist eine Metapher für die Kommunikation zwischen Frankfurt und Slubice. Der Hahnenschrei ist international und braucht nicht übersetzt zu werden. Der Hahn ist Wappentier beider Städte und somit verbindendes Element, weshalb Michael Kurzwelly, Künstler und Initiator von Slubfurt, ihn - auf einem Ei stehend - zum Wappentier der virtuellen Stadt Slubfurt erkoren hat. Während viele Bürger aus Frankfurt und Slubice den stündlichen Hahnenschrei auf der Brücke schätzen, beschwerten sich einige Frankfurter Anwohner bei dem Verein Slubfurt e.V. Über die Lautstärke, worauf er leiser gestellt wurde.

Trotzdem gab es noch immer einen Anwohner, der sich beschwerte und mit einer Ordnungsklage drohte. Er argumentierte, dass er nicht auf dem Lande lebe, dass der Hahnenschrei ihn beleidige und überhaupt, er sei unpünktlich und krähe einige Minuten zu früh. Wir antworteten: Slubfurt hat seine eigene Zeitrechnung.

Wir fragen uns, ob es wirklich "die Frankfurter" sind, die sich über den "Lärm" der Jugendlichen auf dem Brunnenplatz oder das Krähen des Brückenhahns beschweren, denen die Konzerte auf Ziegenwerder gegen den Strich gehen und denen es noch immer zu unordentlich ist in unserer Stadt? Wie viel Prozent der Bevölkerung machen sie eigentlich aus? Ich schlage vor, dass diese Leute sich eine ruhige Wohnung am Stadtrand suchen, oder sich mit einer lebendigen Innenstadt abfinden, denn niemand hat sie gezwungen, hierher zu ziehen. Letztendlich bleibt festzustellen, dass das "Stop and Go" der Autos an der Grenze den Hahnenschrei meist übertönt.

Das Ordnungsrecht soll die individuellen Freiräume der Bürger schützen. Wo aber sind die Grenzen zwischen Privatraum und gemeinsamem Stadtraum? Wenn wir aus der allgemeinen Krise etwas machen wollen, brauchen wir kreative Energien aller Bürger, denen an unserer Stadt etwas liegt, um neue Wege und Lebensformen auszuprobieren. Aus diesem Grunde haben wir das Slubfurter Bürgerforum ins Leben gerufen, dass sich bereits zum 2. Mal am 30. 11. um 18 Uhr im Slubfurter Informationszentrum in der Grossen Scharrnstr. 17a treffen wird. Diesmal werden wir mit unserem Oberbürgermeister, Herrn Martin Patzelt, über das Für und Wider einer grenzüberschreitenden Straßenbahn diskutieren.

Wir schlagen vor, auf einem nächsten Slubfurter Bürgerforum über eine gemeinsame Belebung unseres Stadtraumes Frankfurt-Slubice zu sprechen und das deutsch-polnische Oderfest wiederzubeleben, indem wir es selber gestalten und mit unseren eigenen Ideen füllen. Dafür wünschen wir uns belebenden "Lärm".

Ewa Bielewicz Polakowska

 Lubuska Gazeta

(Slubfurt e.V. c/o Kurzwelly, Tunnelstr. 10, 15232 Frankfurt (O)
tel/fax: 0335-4012774, handy: 0171-2668747, http://www.slubfurt.net)