Report | Kulturation 2/2005 | Ewa Bielewicz Polakowska | Nachricht aus Slubfurt:
Slubfurter Brückenhahn kräht bald nicht mehr
| Einige
Frankfurter fühlten sich durch die Klanginstallation auf der
Stadtbrücke gestört und sie reichten bei der Stadtverwaltung Beschwerde
ein. Bald darauf erhielt der Verein Slubfurt e.V. einen Brief der
Frankfurter Kulturbetriebe mit der Bitte, die Installation zum 30. 11.
05 abzuschalten und nur zu besonderen Anlässen, wie z.B. dem Stadtfest
"Bunter Hering" erklingen zu lassen.
Der "Slubfurter Brückenhahn" ist eine Arbeit des österreichischen
Künstlers Hans Kropshofer, der Bürger aus Frankfurt und Slubice zum
"ersten Slubfurter Tierstimmencasting" einlud. Über 70 Teilnehmer
imitierten den Slubfurter Hahn und eine Jury oberösterreichischer
Landwirte wählte den besten Hahnenschrei aus. Es gewann der 13-jährige
Damian Mielczarek aus Slubice. Am 19. Mai überreichte Kropshofer den
von einer oberösterreichischen Kulturstiftung gespendeten Preis in Höhe
von 500,- Euro und der Hahn erschallte das erste Mal über auf der
Brücke installierte Lautsprecher. Seitdem erschallt er stündlich von
7-19 Uhr. Das haben wir vor allem auch der Stadt Frankfurt und dem
Oberbürgermeister, Herrn Martin Patzelt zu verdanken, die unser Angebot
annahmen, die Installation als Dauerleihgabe zu Übernehmen.
Der Brückenhahn ist eine Metapher für die Kommunikation zwischen
Frankfurt und Slubice. Der Hahnenschrei ist international und braucht
nicht übersetzt zu werden. Der Hahn ist Wappentier beider Städte und
somit verbindendes Element, weshalb Michael Kurzwelly, Künstler und
Initiator von Slubfurt, ihn - auf einem Ei stehend - zum Wappentier der
virtuellen Stadt Slubfurt erkoren hat. Während viele Bürger aus
Frankfurt und Slubice den stündlichen Hahnenschrei auf der Brücke
schätzen, beschwerten sich einige Frankfurter Anwohner bei dem Verein
Slubfurt e.V. Über die Lautstärke, worauf er leiser gestellt wurde.
Trotzdem gab es noch immer einen Anwohner, der sich beschwerte und
mit einer Ordnungsklage drohte. Er argumentierte, dass er nicht auf dem
Lande lebe, dass der Hahnenschrei ihn beleidige und überhaupt, er sei
unpünktlich und krähe einige Minuten zu früh. Wir antworteten: Slubfurt
hat seine eigene Zeitrechnung.
Wir fragen uns, ob es wirklich "die Frankfurter" sind, die sich
über den "Lärm" der Jugendlichen auf dem Brunnenplatz oder das Krähen
des Brückenhahns beschweren, denen die Konzerte auf Ziegenwerder gegen
den Strich gehen und denen es noch immer zu unordentlich ist in unserer
Stadt? Wie viel Prozent der Bevölkerung machen sie eigentlich aus? Ich
schlage vor, dass diese Leute sich eine ruhige Wohnung am Stadtrand
suchen, oder sich mit einer lebendigen Innenstadt abfinden, denn
niemand hat sie gezwungen, hierher zu ziehen. Letztendlich bleibt
festzustellen, dass das "Stop and Go" der Autos an der Grenze den
Hahnenschrei meist übertönt.
Das Ordnungsrecht soll die individuellen Freiräume der Bürger
schützen. Wo aber sind die Grenzen zwischen Privatraum und gemeinsamem
Stadtraum? Wenn wir aus der allgemeinen Krise etwas machen wollen,
brauchen wir kreative Energien aller Bürger, denen an unserer Stadt
etwas liegt, um neue Wege und Lebensformen auszuprobieren. Aus diesem
Grunde haben wir das Slubfurter Bürgerforum ins Leben gerufen, dass
sich bereits zum 2. Mal am 30. 11. um 18 Uhr im Slubfurter
Informationszentrum in der Grossen Scharrnstr. 17a treffen wird.
Diesmal werden wir mit unserem Oberbürgermeister, Herrn Martin Patzelt,
über das Für und Wider einer grenzüberschreitenden Straßenbahn
diskutieren.
Wir schlagen vor, auf einem nächsten Slubfurter Bürgerforum über
eine gemeinsame Belebung unseres Stadtraumes Frankfurt-Slubice zu
sprechen und das deutsch-polnische Oderfest wiederzubeleben, indem wir
es selber gestalten und mit unseren eigenen Ideen füllen. Dafür
wünschen wir uns belebenden "Lärm".
Ewa Bielewicz Polakowska
(Slubfurt e.V. c/o Kurzwelly, Tunnelstr. 10, 15232 Frankfurt (O)
tel/fax: 0335-4012774, handy: 0171-2668747, http://www.slubfurt.net)
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