Report | Kulturation 1/2003 | Lutz Haucke | Die Tschechische Neue Welle (1963-1969) und die Konstituierung einer neuen Intellektuellenkultur in den 60er Jahren in der CSSR
| Summary:
Ausgegangen
wird von der These, dass die neue Regiegeneration der FAMU(Hochschule
für Theater und Film, Prag) in den 60er Jahren Bestandteil einer sich
gesamtnational artikulierenden tschechischen Intellektuellenkultur war.
Es werden folgende Problemkreise erörtert: (1) im Unterschied zu
westeuropäischen Neuen Wellen in den 60er Jahren emanzipierte sich die
neue Regiegeneration in der CSSR mittels der nationalen Literatur; (2)
die Hrabal-Rezeption konstituierte eine „Gegenkultur“ zur
„Repräsentationskultur“ des Staates; (3) die Tschechische Neue Welle
und ihre Beziehung zur nationalen Literatur sind nicht mit
high/low-art-Hierarchisierungen bestimmbar; charakteristisch ist eine
Rückbesinnung auf nationale Formen der Populärkultur.
Vergleiche zur Entwicklung Neuer Wellen des Kinofilms und der Regie-
und Autorengenerationen in West- und Osteuropa in den 60er Jahren/1/
ergeben, dass in Osteuropa die Nationalliteraturen (Epik, Dramatik) für
die nationalen Neuen Wellen sehr wichtig waren. Nationale Reformkurse,
wie sie in einigen Ostblockländern in den 60er Jahren eingeschlagen
wurden, führten auch zu einem Wandel der Bezugspunkte nationaler
Identität. Entwicklungen der Literatur, des Theaters und des Films
griffen in diese Prozesse ein. Diese Entwicklungen führten zur
Konstituierung neuer Intellektuellenkulturen, die in Osteuropa aber
„klassische“ Muster reproduzierten, d.h. im Zentrum standen die
gesamtnationalen Legitimationsansprüche der „freien“ Künstler und der
Publizisten in Bezug auf die politische und die Kunst-Öffentlichkeit.
Einer der herausragenden tschechischen Autoren, Milan Kundera,
insistierte auf dem IV. Kongress der tschechoslowakischen
Schriftsteller (1967) auf eine Rückbesinnung auf die nationale
Identität nach dem Stalinismus: „Die ganze Geschichte dieser Nation
zwischen Demokratie, faschistischer Unterjochung, Stalinismus (noch
verstärkt durch die einzigartige nationale Problematik) beinhaltet
alles Wesentliche, was das 20.Jahrhundert zum zwanzigsten Jahrhundert
macht. Dies versetzt uns möglicherweise in die Lage, wesentlichere
Fragen zu stellen, vielleicht sinnvollere Mythen zu schaffen als jene,
die keine solche Anabasis durchgemacht haben.“/2/
Nationale Literatur und nationale Identität - Bezugspunkte der Tschechischen Neuen Welle (1963-1969)
In Westeuropa, wo eine striktere Modernisierung und
Internationalisierung sich entwickelte, war der nationale Aspekt bei
der Wahl der Literaturverfilmungen nur von relativer Bedeutung. Wenn
nationale Literaturen bedeutsam waren, dann moderne Strömungen in
Frankreich wie sie vertreten wurden durch Alain Robbe-Grillet und die
Marguerite Duras („Nouveau Roman“) und in Großbritannien durch den
kritischen Realisten Alan Silitoe und die Dramatik der „zornigen jungen
Leute“ (John Osborne, Shelagh Delaney, Arnold Wesker). Die
Internationalität der Nouvelle Vague im Westen wird auch von den
Literaturverfilmungen belegbar z.B.: François Truffaut verfilmte Ray
Bradburys "Fahrenheit 451" (1953; Verfilmung 1966), SCHIESSEN SIE AUF
DEN PIANISTEN (1960) nach David Goodis "Down there" (1956). Jean-Luc
Godard verfilmte 1963 Alberto Moravias "Die Verachtung" (1954) und die
Komödie von Benjamino Jappolo "Die Karabinieri". US-amerikanische
Literatur lag zugrunde seinen Filmen DIE AUSSENSEITERBANDE (1965, nach
"Fool’s Gold" von Dolores und Bert Hitchens) und PIERROT LA FOU (1965;
nach Lionel Whites "Obsession"). Beispiele für die Verfilmung
nationaler Literatur sind François Truffauts JULES UND JIM (1961) nach
Henri-Pierre Roché (1953) und die Zusammenarbeit von Alain Resnais mit
Marguerite Duras und Alain Robbe-Grillet (HIROSHIMA MON AMOUR, 1959;
LETZTES JAHR IN MARIENBAD, 1961).
In Tschechien waren Milan Kundera, Bohumil Hrabal und Ludvík Aškenazy
von grundsätzlicher Bedeutung /3/, aber außer ihnen wurde eine Vielzahl
von Gegenwartsautoren verfilmt. Als Beispiele seien genannt: eine
Novelle von Jirí Krenek wurde von Drahomira Vihanová als Debütfilm
unter dem Titel EIN TOTGESCHLAGENER SONNTAG / ZABITÁ NEDÊLE (CSSR,
1969; verboten bis 1990) verfilmt. Zu dem Film von Jan Nemec DIAMANTEN
DER NACHT / DÉMANTY NOCI (CSSR, 1964) schrieben das Buch Arnošt Lustig
und Jan Nemec nach Arnošt Lustigs Erzählung "Die Dunkelheit hat keinen
Schatten" aus dem Band "Diamanten der Nacht". Der reportagenhafte Film
DER ANGEKLAGTE / OBZALOVANÝ von Elmar Klos und Ján Kadár entstand nach
einer Novelle von Lenka Hasková (1964). Štefan Uher, ein führender
slowakischer Regisseur, schuf DIE WUNDERTÄTIGE JUNGFRAU / PANNA
ZÁZRACNICA (CSSR, 1966) nach dem gleichnamigen Roman (1945) von Dominik
Tatarka, der dem Surrealismus verpflichtet war. Jaromil Jireš verfilmte
den ersten Roman Milan Kunderas "Der Scherz" / "Zert" (1967, Verfilmung
1968). Zdenek Sirový schuf BEGRÄBNISRITEN / SMUTECNÍ SLAVNOST (1969,
Uraufführung 1990) nach dem gleichnamigen Roman von Eva Kanturková.
In Westeuropa war die Auseinandersetzung mit experimentellen
Literaturströmungen begleitet von der Suche nach einer neuen Sprache
des Films (A.Resnais/4/ , A.Kluge/5/). Episierungen und moderne
Zeitstrukturen - so die Rückblenden (flash backs) - waren in West- und
in Osteuropa dramaturgische Neuerungen, die aus den Wechselbeziehungen
von Literatur und Film hervorgingen.
Aber: ein entscheidender Unterschied zwischen den west- und den
osteuropäischen Entwicklungen dürfte darin bestehen, dass in Osteuropa
die von der Literatur repräsentierte nationale Identität und ihre
allgemeinmenschliche Universalität wichtige Bezugspunkte im Wandel der
öffentlichen Meinung wurden. Die Demokratisierung und Modernisierung
der sozialistischen Gesellschaft wurde durch die gesellschaftskritische
Funktion der nationalen Literatur in der CSSR vorangetrieben.
Gesellschaftskritik - das hieß, dass Entfremdungsphänomene und
Wertezerfall thematisiert wurden, eine kritische Sicht auf Illusionen
und Zerstörungen geltend gemacht wurde. Die komisch-groteske Abwehr der
Entfremdung und das Ausstellen absurder Grundsituationen forcierte neue
Genreentwicklungen (Satire, Komödie, Rezeption der
„Kneipengeschichten“). Die Formierung einer neuen
Intellektuellenkultur, wovon die Absolventen der FAMU (Prager
Hochschule für Theater und Film) in der ersten Hälfte der 60er Jahre
getragen wurden, ging in der CSSR zuerst von der Literatur und dem
Theater/6/ aus.
Intellektuellenkultur - Grundlage der Tschechischen Neuen Welle
Ich beginne mit einigen Problemfeldern, um den methodologischen Ansatz einzugrenzen:
Erstens: Nationale Identität kann repräsentiert werden in
Medienprodukten - nicht nur durch Themen und Stoffe der Medienprodukte
sondern auch durch Diskurse der Intellektuellen zur nationalen
Geschichte/7/, zu den nationalen Kunstentwicklungen (Sprache,
Literatur, Liedgut/8/, Theater), zu politischen Wertvorstellungen
nationaler Kultur und - insbesondere zu „Tiefenschichten der
Kollektivmentalität“/9/. Dies setzt allerdings den Sonderfall in der
Geschichte voraus, dass neue Entwicklungen der Filmkunst Bestandteil
der Konstituierung neuer Strömungen der Intellektuellenkultur sind, die
beispielsweise beim Generationswechsel oder/und in Krisen- und
Wendezeiten einer Nation gesamtnationale Bedeutung erlangen können.
Diesen Aspekt des Wandels betonte Siegfried Kracauer in der Einleitung
seiner „psychologischen Geschichte des deutschen Films“: „Von der
eigentümlichen Mentalität einer Nation zu sprechen, impliziert
keineswegs den Begriff eines feststehenden Nationalcharakters. Das
Interesse hier gilt ausschließlich solchen Kollektivdispositionen oder
Tendenzen, die sich innerhalb einer Nation in einem gewissen Stadium
ihrer Entwicklung durchsetzen.“/10/
Die Tschechische Neue Welle des Films (1963-1968/69)/11/ ist ein
historischer Prototyp von Intellektuellenkultur. Es gelang ihr für die
Spanne weniger Jahre, nationale Identität zu repräsentieren, weil sie
die Wertekrise in der tschechoslowakischen Gesellschaft an der Schwelle
der 60er Jahre in Komödien, Satiren, Parabeln, dokumentaren
Alltagsgeschichten reflektierte.
Im Gegensatz zur französischen Nouvelle Vague, die nationale Identität
auch über ihre Stars ausprägte (Jean-Paul Belmondo, Anna Karina,
Jean-Pierre Léaud u.a.), ist die Tschechische Neue Welle von einer
Vielzahl - auch junger - Darstellerinnen und Darsteller geprägt, ohne
dass eine kontinuierliche Filmstarentwicklung stattgefunden hätte. Die
Orientierung auf soziokulturelle Authentizität bedingte, dass viele -
auch unbekannte - SchauspielerInnen an den Theatern gesucht und
entdeckt wurden.
Zur Konstituierung der tschechischen Intellektuellenkultur der
sechziger Jahre gehören die Wandlungen an den Theatern seit den
endfünfziger Jahren. Es entwickelten sich durch Regisseure Teams (z.B.
Krejca-Team im National-Theater, Hynšt-Team im Schauspiel des
Staatstheaters Brno). Der Regisseur Jan Grossman und der Dramatiker
Václav Havel profilierten das Theater am Geländer. Zwischen 1963 und
1967 entstand eine Vielzahl experimenteller Theater der kleinen
Form./12/
Nationale Identität ist von Bärbel Westermann in „Nationale Identität
im Spielfilm der 50er Jahre“ als ein Problem der nationalen Identität
nicht von Milieus und Gruppenkulturen sondern der „Staatsnation“
angegangen worden./13/ Sie untersuchte kommerzielle Erfolgsfilme aus
der Sicht des nationalen Selbstverständnisses der BRD, nicht aus der
Sicht der Milieus der Regisseure und Produzenten./14/ Bärbel Westermann
hat die Frage nach der Repräsentation nationaler Identität in
Medienprodukten als ein Problem der Repräsentation von Themen, Stoffen,
Figuren von kommerziellen Erfolgsfilmen (Militär-, Familien-,
Heimatfilmen u.a.) aufgefasst. Sie ging die Repräsentation nationaler
Identität ausschließlich aus der Perspektive der kommerziellen
Massenkultur an und klammerte die Beiträge der Intellektuellenkulturen
aus. Frieda Grafe hat am Beispiel der französischen
Nachkriegsfilmgeschichte und dem Provinzurbanismus einiger Vertreter
der Nouvelle Vague (Eric Rohmer, C.Chabrol; Jacques Demy) auf die
Besonderheit verwiesen, dass es ein Akt des Widerstandes war, in der
Zeit der Internationalisierung der Filmproduktion mit der „Tour de
France“, mit den natürlichen Dekors, den Provinzlandschaften, den
Umgangs- und Sprachformen nationale Identität geltend zu machen./15/
In der Tschechischen Neuen Welle wurde ein Wandel mentaler
Dispositionen der Autoren (Schriftsteller und Regisseure) und damit
verbunden ein Wandel von Funktionen der Künste in Richtung auf eine
politisch-öffentliche Adressierung wirksam. In diesem Sinne ist Miloš
Forman zu verstehen, wenn er schreibt: „Üblicherweise gilt als
politischer Film nur der Film, in dem politische Inhalte dargestellt
werden. Ich bin jedoch der Auffassung, dass auch Filme vollkommen
unpolitischen Inhalts wie DIE LIEBE EINER BLONDINE politisch sind. Denn
der Tenor dieses Films ist die Überprüfung des eigenen Daseins, die
Frage nach dem, was mit uns und um uns herum geschieht. Da steht die
Frage nach der Zukunft nicht mehr fern. Sicher wäre es möglich,
engagierter und deutlicher zu argumentieren, andere Themen auch zu
wählen, aber ich glaube, dass gerade jetzt, in dieser Situation, die
nächste Frage die nach unseren eigenen Angelegenheiten sein soll, die
Frage nach unseren individuellen Belangen. Dass es überhaupt möglich
ist, einen Film darüber zu drehen, ist ein konkret politisches Zeichen.
Vor einigen Jahren wäre das nach Kenntnis unserer Geschichte kaum
denkbar gewesen.“/16/
Die Medienprodukte (Bücher, Kinofilme, Theateraufführungen) wurden,
weil sie die nationale Öffentlichkeit erschüttern konnten, in
Tschechien und in der Slowakei zu Repräsentationen nationaler
Identität. Dieser Prozess führte über nationalliterarische
Entwicklungen und über die darstellenden Künste (Theater, Film). Dies
schloss die Rückbesinnung auf nationalliterarische Traditionen, so auf
Jaroslav Hašek, Franz Kafka, in der Slowakei auf das frühe Werk von
Dominik Tatarka ein.
Ob man bei der Periodisierung der osteuropäischen Neuen Wellen von
1962/63 aus vorgeht und damit den Start in Polen (R. Polanski, J.
Skolimowski) und in der Tschechoslowakei (V. Chytilová) betont oder ob
man generell der Periodisierung nach K. Thompson / D. Bordwell (1994)
folgt, die die europäische Periode der Neuen Wellen und des jungen
cinemas mit den Jahreszahlen 1958-1967 eingrenzen /17/, hat für die
filmhistoriographische Analyse Konsequenzen. Setzt man mit den
Regieentwicklungen von 1962/63 ein/18/, vernachlässigt man das
filmpolitische Vorfeld dieser Entwicklungen.
Zwischen 1957 und 1960 fanden Konferenzen der Filmschaffenden der
sozialistischen Länder statt (12. 12. - 18. 12. 1957 in Prag; 3. -
20.12.1958 in Sinaia/Rumänien mit Beteiligung von Delegationen der VR
China und der VR Korea; 15. - 20. 11. 1960 Sofia/Bulgarien). Es wurde
der letztlich gescheiterte Versuch unternommen, sich auf eine
gemeinsame, politisch fundierte Realismusprogrammatik nach sowjetischem
Vorbild ( nach dem XX. Parteitag der KPdSU) zu einigen.
In der CSSR führte die politische Entwicklung über die Verbote der
Kulturkonferenz und des I. Festivals des Tschechoslowakischen Films in
Banská Bystrica 1959 (damals wurden alle neu produzierten Filme
verboten, nur 5 durften später gezeigt werden u.a. Ján Kadár/Elmar
Klos: TRI PRANI / DREI WÜNSCHE, 1958 ) hin zur Liberalisierungsphase
nach dem Nationalen Festival in Ostrava (1961) und dem XII. Parteitag
der KPC (Dezember 1962). Seit 1962 wurde auch das internationale
Diskussionsforum „Freie Tribüne“ auf dem aller zwei Jahre
stattfindenden Festival von Karlovy Vary wichtig. Neue Konzepte
entfalteten sich endgültig seit 1965. Sie wurden mit der Besetzung der
CSSR und der Rücknahme des nationalen Reformkurses 1968/69 zerstört.
Defakto ist die Blüte der Tschechischen Neuen Welle für die Jahre
1965/66-1968/69 zu benennen.
Jan Zalman (1968) beantwortete die Frage nach den Wurzeln der
Rebellion: „Zehn Jahre, einerseits erfüllt von einem messianischen
Glauben an den Sozialismus und von Aufbaufieber, andererseits vom
Kalten Krieg, von Isolation, von der Drohung einer atomaren Katastrophe
und den Praktiken des Dogmatismus, brachten eine ‘Erschütterung über
den Verlust der Werte’.“/19/ Karl Divis spricht von zwei Phasen in der
CSSR in den 60er Jahren. „1. Herauslösen der Kunst aus der Sphäre der
offiziellen Ideologie; d.h. aus dem dogmatisch-starren Normensystem des
Sozrealismus - gesellschaftliche Emanzipation der Kunst. 2. Aktivierung
der Kunst im Sinne des gesellschaftskritischen Engagements..."/20/.
Die Repräsentanz nationaler Identität war in der CSSR Anfang der 60er
Jahre mental das Ergebnis einer Wertekrise des Sozialismus und einer
Zivilisationskrise in der Welt. Dass beides miteinander zusammengedacht
wurde, belegt auch das Finale von V.Chytilovás TAUSENDSCHÖNCHEN /
SEDMIKRÁSKY (CSSR, 1966). Dieses Finale erhält Gewicht mit der
sarkastisch-provokativen Feststellung zur abrupten Montage von
Flugaufnahmen über einer vom Krieg zerstörten Stadtlandschaft im
Untertitel „Dieser Film ist jenen gewidmet, die sich aufregen, wenn ein
Salatblatt zertreten wird.“
Zweitens: Mentalitätsgeschichtliche Zugänge zum Problem der
Repräsentanz nationaler Identität sprengen den Rahmen klassischer
filmwissenschaftlicher Vorgehensweise, wenn man darunter die
Werkinterpretation, die Produktions- und Rezeptionsgeschichte verstehen
will und die darauf aufbauende film-geschichtliche Forschung.
Andererseits schafft eine an den Cultural Studies orientierte Sicht auf
filmgeschichtliche Problemfelder - und die Komparatistik west- und
osteuropäischer Neuer Wellen wäre ein solches Problemfeld - neue
Zugänge zu kultur- und filmgeschichtlichem Material. Zwei
methodologisch bedenkenswerte Wege sollen mit Bezug zu den Cultural
Studies geltend gemacht werden:
(1) die Kontextualisierung zur Werkanalyse der ausgewählten Filme wird
in der zeitgenössischen Nationalliteratur und im Erbe der Moderne
gesucht./21/ Ausgangspunkt ist hierbei der Wandel der Autorenkonzepte
und der Wandel im nationalliterarischen Traditionsverständnis. „Während
die Spielfilme der 50er Jahre vor allem die Bindungen an die
Wiedergeburt betonten, und von den Autoren der Gegenwart
hauptsächlich...soziale Themen (Majerová, Olbracht, Nový, Vclicka,
Jilemnický) hervorgehoben (wurden), zögert das neue Filmschaffen nicht,
sich zu den Surrealisten, zu Vancura, Tatarka, zur tschechischen
Poesie, auch zu Kafka und Hašek zu bekennen, und es schöpft aus diesen
reichen Traditionen eine lebendige Inspiration, die es zu den
beachtenswertesten Äußerungen seiner modernen Bemühungen macht,“ sagte
Antonín Novák auf dem 68er Kongress der Film- und
Fernsehschaffenden./22/
(2) Gramcsis These von der Hegemonie (aus der das Theorem der
Machtkommunikation als von der Herrschaftskommunikation in der Nation
zu unterscheidende Größe abgeleitet werden kann)/23/, angewandt auf die
Tschechische Neue Welle, eine interessante Präzisierung in der Debatte
um Populärkultur und Intellektuellenkultur. Denn: an der Tschechischen
Neuen Welle (und der Literatur, dem Theater) wird erkennbar, wie
gegenüber der Herrschaftskommunikation des Staates und seiner
Repräsentationskultur eine junge Regie- und eine neue
Schriftstellergeneration Macht gewannen, weil sie als „Gegenkultur“ im
Prozess der nationalen Wandlung neue Repräsentanzen nationaler
Identität einbringen konnten.
Für die filmhistoriografische Frage, warum Bohumil Hrabals
Kurzgeschichten für die neue Regiegeneration nach 1962/63 bis 1968/69
programmatische Bedeutung erlangten/24/, könnte dessen Reflektieren
tschechischer Mentalitätsmuster und Sprachformen und die von ihm
betriebene Hašek-Rezeption bedacht werden. Dieser Humor wurzelt in den
in Jahrhunderten angeeigneten Mustern tschechischer Populärkultur, in
denen sie die Repressionen der österreichischen K. u. K. - Monarchie
und ihrer Administration, ihrer Bürokratisierung und der bewirkten
Absurditäten unterliefen.
Hrabal brachte auch mit der populärkulturellen Sicht Verknüpfungen mit
nationalen Werten und Ideen, die Widerspruch auslösten. So verbanden er
und Jirí Menzel in dem Film SCHARF BEOBACHTETE ZÜGE / OSTRE SLEDOVANÉ
VLAKY (CSSR, 1966, ausgezeichnet in den USA mit dem Oscar) das heilige
Thema des Freiheitskampfes in den vierziger Jahren mit einem Leitmotiv,
das den Konventionen des nationalen Themas widersprach: der Sexualität.
Hrabal und Menzel lassen den Helden unspektakulär eine Heldentat
begehen: eine junge Artistin führt ihn in die Geheimnisse der Liebe ein
und er sprengt einen Munitionszug der Nazis in die Luft. Jan Zalman
schrieb zu den Vorwürfen: „Die Notwendigkeit des sexuellen Auslebens
ist in Menzels Augen kein ‘Komplex’, sondern eher eine der Abwehrformen
moderner Menschlichkeit gegen die drohende Entmenschung.“/25/
Hrabal flocht ein dichtes Geflecht von Geschichten und Geschichtchen,
in denen Tod und Leben, Naivität und Kreativität, Tragisches und
Komisches nah beieinander sind. Es war eine ungewöhnliche Entdeckung
gewöhnlicher tschechischer Alltagsmenschen, „kleiner Leute“ aus der
Perspektive des Paradoxen und der menschlichen Absurditäten. Hrabal
übernahm aus der Tradition der tschechischen Kneipengeschichte das
Baflertum: „‘Pábitele’ (dt. Bafler) sind einfache Menschen, die
inmitten eines grauen Alltages sich Phantasie und Menschlichkeit
bewahren. Das ‘Pábeni’ steht außerhalb der Begriffe ‘gut’ und ‘böse’.
Es realisiert sich vielmehr erzählend ... Die Handlung tritt demzufolge
gegenüber dem Gespräch, in welchem einer der Kommunikationspartner in
der Regel die Rolle des primären Erzählers übernimmt, wobei eine
Tendenz zum Monologisieren festzustellen ist, in den Hintergrund“,
betont Wolfgang Spitzbar dt. (1985)/26/ Das ständige
Geschichtenerzählen der Figuren, das sogenannte Baflertum, das für die
Verfilmung von PERLEN AUF DEM MEERESGRUNDE / PERLICKY NA DNE (1965)
bestimmend wurde, bot den jungen Regisseuren neue Möglichkeiten des
Dialogisierens und der Konversationsszene. Mit der Hrabalrezeption
durch die jungen FAMU-Absolventen von 1963 wurde nicht eine Richtung
der Episierung und des Montagefilms in der Tschechischen Neuen Welle
forciert, sondern ausgehend von einfachen Grundsituationen wurden
Erzählmöglichkeiten entdeckt, die in Anlehnung an Hrabals tschechischen
Humor Genremöglichkeiten der Komödie neu entdecken halfen (z. B. durch
Jirí Menzel). Andere nicht auf Hrabal zurückzuführende Genremittel
entdeckt man bei Jan Procházka, dem Autor der Satire DAS OHR / UCHO
(1969; Regie: Karel Kachyna) oder in der mit grotesken Techniken
arbeitenden Parabel VOM FEST UND DEN GÄSTEN / O SLAVNOSTIA A HOSTECH
von Jan Nemec (1966).
Drittens: Es kann von der Konzeption Volker Roloffs (1995) in Bezug auf
die Nouvelle Vague auch bei der Tschechischen Neuen Welle ausgegangen
werden. Roloff schreibt: „Es gehört zu den Paradoxien der Nouvelle
Vague, dass ihre Filme vor allem unter dem Aspekt der Rückbesinnung auf
die dem Film eigenen künstlerischen Ausdrucksweisen gewertet wird,
obwohl gerade die wichtigsten ästhetischen Innovationen und Experimente
nur im Rahmen der Wechselwirkungen und zunehmenden Konkurrenz der
Medien, der Literatur, des Theaters, aber auch des Fernsehens
verständlich sind.“/27/
Roloff klammert aber einen kulturgeschichtlich wichtigen Gesichtspunkt
aus. Die Nouvelle Vague begründete ihre These vom „Autorenfilm“ mit
Regisseuren des US-amerikanischen film noir (Alfred Hitchcock, Howard
Hawks, Orson Welles, Otto Preminger, Robert Wise u.a.)./28/ Es gab in
Osteuropa Hommagen an die französische Nouvelle Vague (z.B. István
Szabós Hommage für François Truffaut in DAS ALTER DER TRÄUMEREIEN /
ÁLMODOZÁSOK KORA, 1965). Aber sie unterschieden sich von denen der
Nouvelle Vague in einem Punkte: die französische Nouvelle Vague
rezipierte Vertreter einer modernen, meist der amerikanischen
Populärkultur. Die neue Regiegeneration im Ostblock sah in der Nouvelle
Vague ein neues Kunstmodell und suchte die Populärkultur in der
nationalen Literatur. Aber: sowohl in West- als auch in Osteuropa lässt
sich die Entwicklung der Neuen Wellen nicht von
High/low-culture-Hierarchisierungen erklären. Es ging um ein neues
Verhältnis von Intellektuellen- und Populärkultur, das in Frankreich an
Hollywood, auch am Comic, am amerikanischen Thriller und anderen Genres
ausgerichtet war (Jean-Luc Godards EINE FRAU IST EINE FRAU, 1961, ist
auch eine Auseinandersetzung Godards mit der Lubitsch-Comedy und dem
Musical Hollywoods und seiner Farbdramaturgie). Im Gegensatz dazu - und
die Tschechische Neue Welle belegt dies - waren in Osteuropa wichtige
Bezugspunkte die Folklore (Feste, das böhmisch-mährische Liedgut u.a.),
die kritische Sichtung der Fest- und Demonstrationskultur der CSSR
(Milan Kundera hat beides in seinem ersten Roman DER SCHERZ,1967,
verfilmt durch Jaromil Jireš 1968, verarbeitet; Bohumil Hrabal hat die
Tradition der tschechischen Kneipengeschichte mit seinem Erzählkonzept
des Baflertums rezipiert). Die Repräsentanz nationaler Identität in den
Filmen der Tschechischen Neuen Welle - so lässt sich schlussfolgern -
ergab sich auch aus einer - im Vergleich zu Westeuropa in den 60er
Jahren - strikteren Einbeziehung (und kritischen Verarbeitung) einer
traditionalistischen, nicht internationalisierten nationalen
Populärkultur durch die nationale Literatur.
Schlussbemerkungen
Ich möchte schließen mit einem Zitat aus dem Artikel "Wie soll man
Filmgeschichte schreiben?" der polnischen Filmwissenschaftlerin Alicja
Helman:
„Die Konzeption, dass die Filmgeschichte bestimmt wird durch
’Meilensteine’ von Erfolgen, sei es der (in verschiedener Hinsicht)
bedeutungsvollsten, sei es der künstlerisch wertvollsten - wird
beibehalten, bedarf jedoch einer Überprüfung in dem Sinne, dass jede
Generation ihre eigene Geschichte schreibt, wobei sie neue Kriterien
bei der Auswahl des Materials anwendet.“/29/
Verschiedene Generationen werden verschiedene Kriterien gegenüber der
Tschechischen Neuen Welle geltend machen. Mein Ziel war es, eine
mögliche Näherung an ein Kapitel europäischer Filmgeschichte zu
verdeutlichen, ein Kapitel, das - auch wenn verbotene Filme erst 1990
mit der Retrospektive des Festivals von Karlovy Vary bekannt wurden -
weit weg von der Gegenwart zu sein scheint. Im Unterschied zu
filmwissenschaftlichen Ausgangspunkten wird kulturgeschichtlich betont,
dass die Grundlage dieser Entwicklung eine sich konstituierende
Intellektuellenkultur (Literatur, Theater, Film) war, die sich als
„Gegenkultur“ zur Repräsentationskultur des sozialistischen Staates
entfaltete und die eine im Vergleich zu westeuropäischen Neuen Wellen
des Films völlig verschiedene Rezeption der Populärkultur auszeichnete.
Die Schwierigkeit in der Gegenwart besteht darin, dass mit dem
Niedergang der sozialistischen „Staatsnationen“ auch der ideologische
und ästhetische Stellenwert der „Gegenkulturen“ sich dem Verständnis
gegenwärtiger Generationen entzieht. Deshalb ist eine kulturelle
Kontext- und Diskursanalyse ebenso zu bedenken wie die „klassische“
Werkinterpretation.
Anmerkungen
1 In der neueren europäischen Filmgeschichte werden unter Neuen
Wellen Aufbrüche von Regiegenerationen in den 60er und frühen 70er
Jahren verstanden, die auf eine Erneuerung der Funktionen und
Dramaturgien des Spiel- und auch Dokumentarfilms hinarbeiteten z.B.:
Nouvelle Vague (Frankreich 1958-1963/65), Free cinema (England
1962-1964), Tschechische Neue Welle(1963-1969), Belgrader
Schule(1966-1971),Neuer Deutscher Film(BRD 1966-1968/71),
Ungarn(1961-1968), Tifliser Schule(Georgien Ende 60er Jahre) u.a.
2 Milan Kundera: O nesamozrejmosti národa / Über die
Unselbstverständlichkeit einer Nation (1967). Eröffnungsrede auf dem
tschechoslowakischen Schriftstellerkongress. In: iv.sjezd SCSS
(protokol) / Protokoll des IV. Kongresses der tschechoslowakischen
Schriftsteller, Praha 27.-29.6.1967, S.18.
3 Milan Kunderas erster Roman "Der Scherz" (1967) wurde 1968 von Jaromil Jireš verfilmt. Von Bohoumil Hrabal wurden verfilmt:
1965 durch Jirí Menzel, Jan Nemec, Ewald Schorm, Vera Chytilová,
Jaromil Jireš: PERLICKY NA DNE / PERLEN AUF DEM MEERESGRUNDE (1963)
1966 durch Jirí Menzel: OSTRE SLEDOVANÉ VLAKY / SCHARF BEOBACHTETE ZÜGE (1965)
1969 als Szenarist für Jirí Menzel SKRIVÁNCI NA NITI / LERCHEN AM FADEN
(Uraufführung Retrospektive des Festivals von Karlovy Vary 1990).
Ludvík Aškenazy, der durch die intermediale Komposition von Fotos,
Balladen, Songs und Gedichten mit "Cerná bedýnka" / "Die schwarze
Schatulle" (1960) auch auf die Spielfilmdramaturgie gewirkt hat, war
der Autor mehrerer Filmdrehbücher u.a. für Ján Kadár und Elmar Klos TAM
NA KONENÉ / DORT AN DER ENDSTATION (1956), Jaromil Jireš’ KRIK / DER
SCHREI (1963), und für seine Dramenverfilmung "Nocni host" / "Der
nächtliche Gast" durch Otakar Vávra (1961).
4 Alain Resnais: „Was mich betrifft, so glaube ich an eine Form
des Films, welche sich dem Roman annähert, ohne jedoch seinen Regeln zu
unterliegen, kurz gesagt, eine neue, spezifische Ausdrucksform, den der
Film ist noch weit davon entfernt, seine wirkliche Syntax zu haben.
Wonach ich suche, das sind die toten Zeiten...“
Interview mit Alain Resnais von Bernard Giquel (Paris-Match). Übersetzt
in: Filmforum Duisburg / Kommunales Kino Frankfurt: Materialien zu
Filmen von ALAIN RESNAIS. Duisburg Herbst 1976, S. II, 21.
5 „Es gibt keine Gedanken, es sei denn, sie seien in Sprache
gefasst. Solange es keine eigene visuelle Filmsprache gibt, bleibt
damit auch der Film auf literarische Sprache angewiesen. Der
Filmbereich muss einen Traditionsmangel ausgleichen. Der Film befindet
sich in einer anderen Situation als die klassischen Künste, denen es
darum geht, einer Tradition zu entkommen. Er braucht zunächst ein
Bewusstsein von dem ungeheuren Vorsprung, den die literarische
Tradition heute noch vor den Ausdrucksformen der Massenmedien hat.“
Alexander Kluge: Die Utopie Film (1964). In: Rudolf Denk (Hg.):
Arbeitstexte für den Unterricht - Texte zur Poetik des Films. Philipp
Reclam jun.: Stuttgart 1978, S.145.
6 Als Dramatiker wären zu nennen: Pavel Kohout, der Elemente der
Revue und des Musicals in der dramatischen Form verband, und Václav
Havel, der mit dem experimentellen "Theater am Geländer" in Prag
zusammengearbeitet hatte ("Die Benachrichtigung", 1960/63). Überhaupt
ist es eine nationale Besonderheit der tschechischen
Intellektuellenkultur dieser Zeit, dass eine Vielzahl von sogenannten
„Kleintheatern“ eine Atmosphäre der Experimente - auch mit Bezug zur
Populärkultur (Revue, Musical, Chanson) schufen. Beachtenswert ist -
mit Blick auf die Atmosphäre - dass Filmregisseure der neuen Generation
zeitweilig in diesen Ensembles waren (Miloš Forman arbeitete zeitweise
in der "Laterna Magica"; Vera Chytilová wirkte in Programmen mit; Jirí
Menzels Komödien sind vermittelt auch durch diese Theaterkultur
beeinflusst worden).
7 Milan Kundera insistierte in seinen Romanen immer auf die
Geschichte Böhmens und er betonte nationale Kollektivdispositionen. Als
Beispiel sei angeführt: „Die Geschichte der Tschechen, diese Geschichte
ewiger Revolten gegen Stärkere, diese Abfolge glorreicher Niederlagen,
die das Rad der Weltgeschichte in Bewegung setzten und den Untergang
des eigenen Volkes begründeten, das ist die Geschichte der Lítost. Als
dieses kleine, herrliche Land im August 1968 von Tausenden russischer
Panzer besetzt wurde, habe ich auf den Mauern einer Stadt folgende
Aufschrift gesehen: ‚Wir wollen keinen Kompromiss, wir wollen den
Sieg!’ Wie gesagt, zu jenem Zeitpunkt gab es nur die Wahl zwischen
mehreren Arten von Niederlagen, sonst nichts, dennoch lehnte diese
Stadt den Kompromiss ab und verlangte den Sieg! Da sprach nicht die
Vernunft, sondern die Lítost! ... Ein Mensch, der von Lítost besessen
ist, rächt sich durch Selbstvernichtung.“ Milan Kundera "Das Buch vom
Lachen und Vergessen" (1979), Suhrkamp: Franfurt/Main 1994,S.203/204.
Vgl. auch die Bestimmung der Volkskulturen: „Unsere Heimat besteht zwar
aus drei Ländern, aus Böhmen, Mähren und der Slowakei, aber die Grenze
der Volkskultur unterteilt sie in zwei Hälften: in Böhmen mit
Westmähren und die Slowakei mit Ostmähren.“ Milan Kundera "Der Scherz".
Suhrkamp: Frankfurt/Main 1989,S.155.
8 Milan Kundera hat in seinem ersten Roman "Der Scherz" (1967)
um die Figur des Jaroslav ein Geflecht von folkloristischem Liedergut
und Ritualen - so das des Drei-Königsritts, das ein Ritual zur
Demonstration der Einheit der Generationen ist - gebaut. Dies geht
soweit, dass Kundera einen Essay über die Herkunft des böhmischen
Liedgutes einbaut. Vgl. Milan Kundera "Der Scherz". Suhrkamp:
Franfurt/Main 1989,S.152-157.
9 Vgl. den Begriff bei Siegfried Kracauer: Von Caligari zu
Hitler. Eine psychologische Geschichte des deutschen Films. Siegfried
Kracauer, Schriften, herausgegeben von Karsten Witte Bd. 2, Suhrkamp:
1979, S.12.
10 Ebd., S.14.
11 Vgl. den Überblick über verbotene Filme: Galina Kopanevá:
Offene Tresore, offene Grenzen. In: Film und Fernsehen 11/90, S.26-29;
vgl. außerdem den Überblick über die Tschechische Neue Welle bei Jan
Zalman: Filmprofile der tschechoslowakischen Gegenwart. Orbis: Prag
1968,S.103-115.
12 1963: Gründung des "Studio Ypsilon" durch Jan Schmidt in
Liberec; Gründung des poetischen Theaters "Viola" durch Jirí Ostermann;
1965: Gründung des "Cinoherní Klub" / Schauspielklub, in dem die
Filmregisseure Jirí Krejcík, Jirí Menzel, Ewald Schorm mit
Inszenierungen gastierten; Entstehung des "Divadlo za Branou" /
"Theater hinter dem Tor" unter Leitung von Otomar Krejcas; Gründung der
Laiengruppe "Dostavník" in der Malostranská Beseda (Choreograf: F.
Towen, Autor: E. Hrych); 1966: Gründung der Theatergruppe "Excelsior"
durch Jirí Hladký; 1967: Start - anfangs als Laiengruppe - des Brnoer
Theaters "Husa na provázku" / Die Gans am Schnürchen; 1967: Gründung
der Theatergruppe von Jára Cimrman mit Zdenek Sverák, Ladislav Smoljak,
Jirí Šebánek.
13 Vgl. Bärbel Westermann: Nationale Identität im Spielfilm der
fünfziger Jahre. Europäische Hochschulschriften, Reihe XXX, Bd/Vol. 39,
Peter Lang: Frankfurt/Main, Bern, New York, Paris 1990,S. 9-25.
14 Bärbel Westermann richtete ihre Interpretationen der Erfolgsfilme an folgenden Fragen aus
„- Welche Traditionen bringen die Filme zum Ausdruck?
- Welche Verhaltensmuster demonstrieren die Filmhelden?
- Inwiefern verkörpern die Positivhelden die Ingroups und die Negativhelden die Outgroups der Bundesrepublik?
- Welche Parallelen und welche Differenzen existieren zwischen den
Handlungsmotiven der Filme und den Motiven politischen Handelns während
dieser Zeit?“ Ebd.,S.25.
15 Vgl. Frieda Grafe: Eine Rückwärtsbewegung mit einer gewissen
Tendenz nach vorn. In: F. Grafe (Hg.): Nouvelle Vague. Ein Projekt von
Hundertjahrekino, Viennale und Filmcasino, Wien 1996,S.10-11.
16 DIE LIEBE EINER BLONDINE. In: film, Heft 10 (3. jg.), Oktober 1965, S.14.
17 Kristin Thompson / David Bordwell: Film History. An Introduction. McGraw-Hill: New York 1994, p.517.
18 Diese Zäsur wird durch die Regieklasse der FAMU, die von
1957-62 studierte, bestimmt. Dazu gehörten u.a. Vera Chytilová, Jirí
Menzel, Evald Schorm, Jan Nemec. Ein Jahr später beendete auch
Drahomira Vihanová die FAMU, aber ihr erster Spielfilm ZABITÁ NEDELE /
EIN TOTGESCHLAGENER SONNTAG wurde 1969 abgeschlossen und gleich
verboten. Juraij Jakubisko studierte 1959-66 (Absolventenfilm CAKUJU NA
GODOTA / WARTEN AUF GODOT,1965). Andere Regisseure hatten ihr Studium
an der FAMU bereits in den 50er Jahren abgeschlossen z. B. Milos Forman
(Dramaturgiestudium 1951-56), Jaromil Jires (1954-60), Ivan Passer
(1954-58).
19 Jan Zalman: Die Wahrheit des Individuums. Filmprofile der
tschechoslowakischen Gegenwart, Prag 1989. In: Die Filme des Prager
Frühlings 1963-1969. KINEMATHEK (29.Jg.) 79, September 1992, S.21.
20 Karel Divis: Kommunikative Strukturen im tschechischen Drama
der 60er Jahre. Symbolae Slavicae hrg. von Wolfgang Gesemann und Helmut
Schaller Bd.16, Franfurt/Main u. Bern: Lange 1983, S.10.
21 Vgl. dazu die Gesichtspunkte in: Raymond Wiliams: Theorie und
Verfahren der Kulturanalyse.In: Raymond Williams: Innovationen. Über
den Prozesscharakter in Literatur und Kunst. Ffm 1977,S.45-48
22 Antonín Novák: Der neue tschechoslowakische Film. Ein
Phänomen und seine Probleme. Referat auf der Konferenz des Verbandes
der tschechoslowakischen Film- und Fernsehschaffenden vom 29. bis
30.März 1988. In: Die Filme des Prager Frühlings 1963-1969. KINEMATHEK
(29.Jg.), 79, September 1992, S.17.
23 Vgl. auch Douglas Kellner: Media Culture. Cultural studies,
identity and politics between the modern and the postmodern. Routledge:
London and New York 1995, p.31.
24 Von Bohumil Hrabal wurden verfilmt:
1965 durch Jirí Menzel, Jan Nemec, Ewald Schorm, Vera Chytlivá, Jaromil
Jires : PERLICKY NA DNE / PERLEN AUF DEM MEERESGRUNDE (1963)
1966 durch Jirí Menzel: OSTRE SLEDOVANÉ VLAKY / SCHARF BEOBACHTETE ZÜGE (1965)
1969 als Szenarist für Jirí Menzel SKRIVÁNCI NA NITI / LERCHEN AM FADEN
(Uraufführung Retrospektive des Festivals von Karlovy Vary 1990)
25 Jan Zalman: Filmprofile. Orbis: Prag 1967, S.94.
26 Wolfgang Spitzbardt: Zur Erzählweise Bohumil Hrabals und
ihrer Wiedergabe im Deutschen. Diplomarbeit 1985, Reg. nr. HS 1937. HU
Berlin, Institut für Slawistik, S.29.
27 Volker Roloff: Film und Literatur. Zur Theorie und Praxis der
intermedialen Analyse am Beispiel von Buñuel, Truffaut und Antonioni.
In: Peter V. Zima: Literatur intermedial. Darmstadt 1995, S.284.
28 Vgl. Claude Chabrol: ‘Evolution du film policier’, Cahiers du
Cinéma 54, Chrismas 1955, vgl. auch in der englischsprachigen
Textauswahl zu den Cahiers du Cinéma: Jim Hillier: Cahiers du Cinéma.
Volume 1: The 1950s: Neo-Realism, Hollywood, New Wave.
Routledge&Kegan Paul: London, Melbourne and Henley 1985, p.126-155.
29 Alicja Helman: Wie soll man Filmgeschichte schreiben? In:
Filmwissenschaftliche Beiträge, Potsdam-Babelsberg, Berlin 1/1981,
S.107.
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