Report | Kulturation 1/2005 | Günther Moewes | Warum die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden Erfurter Mai-Rede 2005 auf der Hauptveranstaltung des DGB Thüringen auf dem Anger | Über die wachsende Umverteilung von unten nach oben
2,5 Billionen Euro betragen die privaten Geldvermögen von 10 % der
Deutschen. Ohne Immobilien und Sachwerte und ohne Auslandsanlagen. Am
unteren Ende der Einkommensskala leben dafür über 13 Prozent unterhalb
der Armutsgrenze. Beide Zahlen gehen nicht etwa zurück, sondern steigen
ständig. Und zwar immer schneller. Auch unter Rot-Grün. Es gibt eine
Umverteilungsautomatik von unten nach oben, einen regelrechten
Umverteilungsexzess. Die Reichen werden immer reicher und die Armen
immer ärmer. Die soziale Ungleichverteilung in Deutschland und in der
Welt ist inzwischen größer als zu Zeiten von Krösus oder Ludwig XIV.
Das wird nur nicht bemerkt, weil die Leute heute nicht mehr im eigenen
Land verhungern, sondern anderswo. Wie kommt das alles?
1,3 Billionen Euro betragen die Staatsschulden von Bund, Ländern
und Gemeinden. Der Staat hat diese Schulden nicht etwa wegen zu hoher
Sozialkosten, wie manche Konservative zynisch behaupten. Er hat diese
Schulden vielmehr, weil er jahrzehntelang tatenlos zugesehen hat, wie
die „oberen" zehn Prozent ihre 2,5 Billionen Euro weitgehend
leistungslos angehäuft haben. Jetzt muss er diesen privaten
Vermögensberg der Reichen täglich mit horrenden Zinssummen bedienen. 62
Milliarden Euro jährlich, 1,4 Milliarden Euro wöchentlich, davon
vermutlich die Hälfte auf die privaten Konten dieser zehn Prozent
Reichsten. Das ist einer der Gründe, warum die Reichen immer reicher
werden.
Alle diese Zinsen muss sich der Staat sich über Steuern
zurückholen. Ein Drittel seiner Steuereinnahmen geht inzwischen für
Zinszahlungen drauf. Und die zehn Prozent Reichsten, die selber immer
weniger Steuern zahlen, erhalten davon die Hälfte. Alle diese Steuern
müssen letzten Endes von der arbeitenden Bevölkerung aufgebracht
werden. Das gilt sogar für die Unternehmenssteuern. Denn alle
Unternehmen und Personen, die Rechnungen stellen können, wälzen alle
Zinsen und Steuern so lange nach unten ab, bis sie bei denen landen,
die keine Rechnungen mehr stellen können: bei den 33 Millionen abhängig
Beschäftigten. Bei uns. Das ist einer der Gründe, warum die Armen immer
ärmer werden. Alle Staatsschulden sind auch immer Reichenbedienung.
Die privaten Geldvermögen der Reichen steigen nicht nur ständig an.
Sie steigen vielmehr ständig immer schneller an. Sie verdoppeln sich
alle 10 Jahre, vervierfachen sich alle 20 und verachtfachen sich alle
30 Jahre. Und das weitgehend leistungslos. Das ist wie bei den
Gewinnsummen bei Günther Jauch: jeder Schritt bringt eine Verdoppelung.
Und jeder Schritt bringt so viel wie alle voraufgegangenen Schritte
zusammen. „Exponentiell" nennt man das. Das ist auch einer der Gründe,
warum die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden.
Aller Reichtum, der nur durch bloße leistungslose Geldvermehrung
erzeugt wird und nicht durch konkrete, gesellschaftsdienliche Arbeit,
kann immer nur durch die Verarmung anderer entstehen. Das ist eine der
Kernaussagen meines Buches „Geld oder Leben".
„Exponentielle" Kurven steigen zu Anfang immer horizontal und
harmlos an. Am Ende aber schießen sie vertikal ins Nichts und sterben
irgendwann den Sternentod. Vor dieser Supernova kommt die
Reichenherrschaft, die Herrschaft der Milliardäre, der Rückmarsch in
das Zeitalter der Maharadschas. „Plutokratie" nennt man das oder
„spätes Rom". In den USA ist dieser Zustand bereits erreicht. 60
Milliardäre besitzen dort so viel wie zwei Milliarden Menschen. 385
Milliardäre in der Welt besitzen so viel, wie die halbe Menschheit
jährlich verdient.
Über den „Vorreiter" USA
In den USA ist die gesamte Politik längst zum Steigbügelhalter der
neuen Maharadschas geworden. Jeder Milliardär, jedes Unternehmen hat
dort „seinen" eigenen Abgeordneten. Ohne die Millionen der Milliardäre
kann dort niemand mehr Abgeordneter oder Gouverneur werden, geschweige
denn Präsident. „Wahlkampf' ist bei denen nur noch der Kampf zwischen
Ölmilliarden und Ketchup-Milliarden. Diese Art der Demokratie wollen
die neuen Maharadschas dann unter dem Etikett der „Freiheit" der
übrigen Welt aufzwingen. Notfalls mit Lügen, Folter und Waffengewalt.
„Neue Weltordnung" nennen sie das. Schon sind sie dabei, die Medien
unter ihre Kontrolle zu bringen. Sie wehren sich gegen jede Aufdeckung
ihrer Machenschaften, ihrer Einkommen und ihrer schamlosen
Selbstbereicherungen. Journalisten, die aufzuklären und aufzudecken
versuchen, werden mit Gefängnis bedroht.
Über die immer neuen Forderungen der Wirtschaft
Auch bei uns hat der Marsch in die Plutokratie, in die Herrschaft
der Milliardäre bereits begonnen. Das Kapital und die Konzerne wittern
Morgenluft. Jeden Tag sehen wir ihre Vertreter von morgens bis abends
im Fernsehen, wo sie immer weitere neue Forderungen aufstellen. Obwohl
Deutschland trotz seiner bei den Unternehmenssteuern Exportweltmeister
ist, fordern sie immer weitere Steuersenkungen. Weil das angeblich
Arbeitsplätze schaffe. Dabei haben alles Wachstum, alle
Exportüberschüsse, alle Steuersenkungen und alle Erfüllung von
Forderungen in der Vergangenheit seit 1962 noch nie zu mehr
Arbeitsplätzen geführt, sondern immer und immer nur zu immer wenigeren.
Und bei den Nettoreallöhnen ist von den ganzen Mehreinnahmen auch
nichts angekommen, zumindest nicht in den letzten zehn Jahren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir dürfen nicht weiter
zurückstecken, denn alles Zurückstecken in der Vergangenheit, alle
Opfergaben auf dem Altar des Neoliberalismus haben nichts gebracht.
Während die Vertreter der Kapitalseite für sich immer nur neue
Vergünstigungen fordern, wollen sie alle Errungenschaften, die unsere
Eltern und Großeltern im letzten Jahrhundert erkämpft haben, wieder
rückgängig machen:
die Verkürzung der Arbeitszeit
den Kündigungsschutz
die Arbeitgeberbeteiligung an den Sozialbeiträgen
die Tarifautonomie
die Steuerfreiheit von Feiertags- und Nachtzuschlägen
die Elternzeit
die Witwenrenten
Das alles begründen sie damit, dass das Lohndumping bei uns noch
lange nicht so groß sei wie in Estland oder China. Sie wollen für sich
Managergehälter wie in den USA und für uns Hungerlöhne wie in China.
Und wer das kritisiert und die Übermacht des Kapitals anprangert, wird
von ihnen als „realitätsfremd" abgetan.
Über die Politik
Was tun nun die Politiker in dieser Situation? Stemmen sie sich der
immer schneller wachsenden sozialen Ungleichverteilung entgegen?
Kämpfen sie gegen den immer mehr um sich greifenden Sozialabbau? Weisen
sie die Gier des Kapitals und der Konzerne in die Schranken? Sie tun
das nicht. Im Gegenteil. Sie machen mit ihnen gemeinsame Sache. Sie
erfüllen nicht nur einen Teil ihrer ständig neuen Forderungen. Sie
verwandeln ihre Forderungspapiere direkt in Gesetze, zum Beispiel das
Hartz-Papier des Industriellen Hartz in die Hartz-Gesetze.
Wer jahrzehntelang gearbeitet hat und im Vertrauen auf den Staat
seine Beiträge in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, dem wird
jetzt das Arbeitslosengeld materiell und zeitlich radikal gekürzt. Er
wird auf Sozialhilfeniveau gesetzt, mit dem Verlust der Wohnung bedroht
und an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Und das in einer Zeit, in
der Volkseinkommen, Sozialprodukt, Exportüberschüsse und Gewinne immer
noch ständig ansteigen.
Anstatt für eine gerechte Verteilung der immer weniger werdenden
Arbeit zu sorgen, wollen sie uns weismachen, die Arbeitslosen seien an
ihrer Arbeitslosigkeit selber schuld und sie könnten die
Arbeitslosigkeit durch Erhöhung der Zumutbarkeit überwinden. Oder durch
Umbenennung der Arbeitsämter in .Agenturen" oder „Service-Center". Herr
Clement will damit das Kunststück vorführen, gar nicht vorhandene
Arbeitsplätze ohne Arbeitszeitverkürzung und nur durch mehr Bürokratie
in vorhandene zu verwandeln.
Die Schuld geben sie aber immer ihren Opfern. So, wie sie den
Arbeitslosen die Schuld für ihre Arbeitslosigkeit geben und den
Obdachlosen die Schuld für ihre Obdachlosigkeit, geben sie den von
ihnen arm Gemachten dann die Schuld an der vermeintlichen
Konsumverweigerung.
Und schließlich muss auch noch die zunehmende Zahl jener Politiker
erwähnt werden, die sich bereits ungeniert als politische Hilfstruppen
der Plutokraten verstehen und sich an der großen, schamlosen
Selbstbereicherung zu beteiligen suchen. Die sich ohne jede Leistung
fünfstellige Schmiergelder von den Konzernen zustecken lassen, von
Stromkonzernen, Autokonzernen und Müllfirmen.
Das sind die gleichen, die dann sagen, 331,- Euro monatlich für
einen Arbeitslosen seien genug. Und es sind die gleichen, die die
Unternehmenssteuern senken, und von den Arbeitslosen verlangen, dass
sie von ihren sogenannten Zuverdiensten 80 Prozent an den Staat
abführen.
Es ist auch diese Art von Politik, die die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer macht.
Neulich habe ich einen Zusammenschnitt im Fernsehen gesehen von
Aussagen aller Wirtschaftsminister seit Ludwig Erhardt. Alle sagten
völlig wortgleich immer das Gleiche: „Die Wende auf dem Arbeitsmarkt
steht unmittelbar bevor." So prophezeien sie seit über 40 Jahren den
Rückgang der Arbeitslosigkeit und der Staatsschulden. Beide sind aber
nie zurückgegangen und sie werden natürlich auch nie mehr zurückgehen.
Für teures Geld bestellen sie Sachverständige und auch die sagen immer
das Gleiche: Lohnzurückhaltung - dann wird alles besser. Es ist aber
trotz Lohnzurückhaltung nie etwas besser geworden. Daraus kann man nur
zwei mögliche Schlüsse ziehen: entweder sie wollen uns verdummen oder
sie verstehen nichts von Wirtschaft.
Inzwischen gibt es ganze Bataillone von alternativen
Wirtschaftswissenschaftlern, die ihnen sagen, wie es wirklich ist und
deren Voraussagen immer eintreffen. Sie werden nicht gehört, nicht
gelesen und von den Medien totgeschwiegen. Ich gehöre auch dazu.
Politik ist an diesem wildgewordenen Kapitalismus maßgeblich
beteiligt. Alle wissen, dass es so nicht ewig weitergehen kann mit dem
gleichzeitigen Anwachsen der privaten Reichenvermögen, der
Staatsschulden und der Arbeitslosigkeit. Nur die Politiker wissen es
offenbar nicht. Es kann nicht so weitergehen, dass die einen immer die
ganze Arbeit machen und die anderen immer das ganze Geld einstecken.
Die sogenannten „Volksparteien" vertreten immer weniger die
Interessen des Volkes und immer mehr nur noch die der Konzerne und der
sogenannten „Global Players". Wer noch die Interessen der Bevölkerung
zu vertreten versucht, wird als .Abweichler" diskriminiert. Inzwischen
ist dieser Begriff „in diesem unserem Lande" eine Auszeichnung. Mit der
Agenda 2010 und den Hartz-Gesetzen wollen sie uns zurück ins 19.
Jahrhundert befördern. Sie schaffen eine Atmosphäre dauernder Angst:
Angst um den Arbeitsplatz, Angst um die Rente, Angst vor der Krankheit,
Angst vor dem Verlust der Wohnung, Angst um die Zukunft. Sie zerstören
unsere Würde. Sie machen uns zum bloßen Kostenfaktor. Sie schieben
alles auf den Markt, übernehmen für nichts mehr die Verantwortung und
geben uns dann die Schuld, weil wir angeblich zu wenig
Eigenverantwortung übernehmen. Im Grundgesetz steht aber nicht: „Die
Würde des Kapitals ist unantastbar", sondern: „Die Würde des Menschen
ist unantastbar".
Je reicher die Gesellschaft wird, desto besser funktioniert die
Umverteilung von unten nach oben. Für die Globalisierungsgewinner gibt
es Steuererleichterungen und für die Globalisierungsverlierer gibt es
die Hartz-Gesetze. Für die oben geht es immerzu aufwärts und für die
unten immerzu abwärts.
Über die Widersprüche der Politik
In jahrzehntelanger Kleinarbeit haben die Politiker die großen
Widersprüche unseres Systems geschaffen und nun behaupten sie immerzu,
wir müssten uns nach diesen Widersprüchen richten.
Wir müssen ihnen deshalb sagen:
Man kann nicht vorne immer mehr Steuererleichterungen für
die Reichen schaffen und dann hinten die unfreiwillig Arbeitslosen um
ihre eingezahlten Beträge betrügen und sie auf 331,- Euro monatlich
setzen.
Man kann nicht vorne unsere Sozialsysteme an private Profiteure ausliefern und uns dann hinten mangelnde Eigenverantwortung vorwerfen.
Man kann nicht vorne 2010 und die Hartz-Gesetze machen und dann hinten schicke Armutsberichte schreiben.
Man kann nicht vorne 5,2 Millionen Arbeitslose zwingen, ihr
bisschen Zuverdienst an den Staat abzuliefern und sie dann hinten als
Konsumverweigerer beschimpfen, die den Arbeitsplatz ihrer Nachbarn
gefährden.
Man kann nicht vorne den Irrweg des Neo-Liberalismus in der
EU-Verfassung festschreiben und hinten dann fünf Minuten vor einer
Landtagswahl bloß verbal ein bisschen auf den Kapitalismus schimpfen.
Man kann nicht vorne über Lohndumping schimpfen und dann hinten zur Eröffnung von Billiglohnfabriken nach Indien oder China fliegen
Man kann nicht vorne Arbeitszeitverlängerung im öffentlichen
Dienst betreiben, 200 000 Leute aus öffentlichem Dienst und
Bundesunternehmen entlassen und dann hinten der Wirtschaft die Schuld
an der Arbeitslosigkeit in die Schuhe schieben
Man kann nicht vorne die deutschen Arbeitslosen mit
Hartz-Gesetzen zu untertariflichen Ein-Euro-Jobs zwingen und hinten
polnische Arbeiter per Entsende-Gesetz zu Mindesttarif-Löhnen
beschäftigen
Man kann nicht vorne die deutschen Meisterbriefe abschaffen und sich dann hinten über polnische Dumpinglohn-Arbeiter ohne Meisterbrief beschweren
Man kann nicht vorne Hedgefonds in Deutschland zulassen und sich dann hinten über deren Methoden aufregen
Man kann nicht vorne das immer größere Geld, das immer mehr
Maschinen statt der Menschen verdienen, einseitig in die Taschen des
Kapitals stopfen, und dann hinten zu den immer weniger Arbeitenden
sagen: für eure Sozialversicherung und für die immer mehr Alten da
müsst ihr gefälligst selber aufkommen, weil das Bismarck nun einmal so
geregelt hat. Ausgerechnet Bismarck.
Man kann nicht vorne nur die einen die Früchte der Industrialisierung ernten und die anderen dann hinten die Folgen tragen lassen
Über Kapitalismus-Kritik
Viele üben seit Jahren massive Kapitalismus-Kritik: der Papst, die
Gewerkschaften, die Kirchen, attac, Heiner Geissler, Norbert Blüm,
Horst Seehofer und nicht zuletzt auch meine Wenigkeit. Ja, sogar
Liberale wie Ralf Dahrendorf, Gräfin Dönhoff oder Hildegard
Hamm-Brücher. Jetzt hat sich auch Franz Müntefering dieser Kritik
angeschlossen. Sie wäre gewiss glaubwürdiger, wenn sie nicht fünf
Minuten vor einer Landtagswahl erfolgte und wenn sie sich nicht gegen
das Politikergebnis der eigenen Partei richtete. Gleichwohl:
Müntefering hat es als erster geschafft, dem Thema endlich die
gebührende Resonanz zu verschaffen.
Kapitalismus-Kritik - das galt ja bisher als Angelegenheit von zwei
Prozent linken Spinnern. Nun stellt sich auf einmal heraus, dass diese
Ansicht von 74 Prozent der Bevölkerung geteilt wird. Darauf müssen wir
aufbauen. Kann ja sein, dass Franz Müntefering in Deutschland die
längst überfällige Wende im Denken schafft, die dem Papst nie gelungen
ist. Wir dürfen nur nicht zulassen, dass das Feuer nach der NW-Wahl von
Schröder und Clement wieder ausgeblasen wird.
Geht es wirklich um eine Kritik am Kapitalismus? Oder am
Neoliberalismus? Geht es um eine Kritik am System? Oder geht es nur,
wie manche uns weismachen wollen, nur um Exzesse und einige wenige
Bösewichte? Ich war das letzte Mal vor 16 Jahren in Erfurt.
Da war das eine graue, etwas trostlose Stadt. Jetzt ist es wieder
eine der schönsten Städte Deutschlands geworden. Ist also Kapitalismus
vielleicht doch nichts Schlechtes?
Liebe Kolleginnen und Kollegen. Diese Fragen, die täglich in den
Medien hin- und hergeschoben werden, sind alles Scheinfragen. In
Wirklichkeit geht es ganz präzise um eine einzige Frage: Kann und will
die Politik die rasant und exponentiell wachsende Ungleichverteilung
zwischen Arm und Reich, dem Marsch in die Plutokratie stoppen oder
nicht? Diese Frage hat nichts mit einzelnen Bösewichten oder mit
Detailfragen zu tun. Sondern mit legalem Shareholder value, mit
leistungsloser Geldvermehrung, mit Staatsschulden, Sozialabbau und
Gesetzen. Zu dieser Frage habe ich weder von der Politik noch von der
Wirtschaft bis heute irgend etwas Vernünftiges gehört. Ich empfehle
denen mein Buch. (Günther Moewes, Geld oder Leben. Signum-Almathea
Verlag, Wien/München 2004.)
Über das Recht auf Notwehr
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir dürfen nicht zulassen, dass
Zustände wie in den USA auch bei uns einreißen. Dagegen müssen wir uns
zur Wehr setzen. In den USA können sie sich bereits nicht mehr zur Wehr
setzen, weil sie den Zeitpunkt ein für alle Mal verpasst haben. Wir
dürfen diesen Zeitpunkt nicht verpassen. Wenn sie uns ins 19.
Jahrhundert zurückkatapultieren wollen, dann müssen wir eben die Kämpfe
des 19. Jahrhunderts noch einmal kämpfen. Noch stehen wir in diesem
Kampf ziemlich allein. Die meisten haben sich bereits auf die Seite der
neuen Maharadschas geschlagen. Auf der Gegenseite stehen die
Aktienbesitzer, die Konzerne, das private Großkapital, die
Wirtschaftsparteien, der größte Teil der Medien und unser
Bundesarbeitgeberpräsident Köhler. Man sieht sie nicht bei den Armen,
sondern nur bei den Reichen. Nicht in den Obdachlosenheimen und nicht
in den Suppenküchen oder auf den Arbeitsämtern. Sondern auf dem Wiener
Opernball, oder auf den Parties der Arbeitgeber, wo man sich neuerdings
gegenseitig Araberhengste schenkt.
Von den 100 größten Wirtschaftseinheiten der Welt sind bereits 52
Konzerne und nur noch 48 Nationalstaaten. So kann man die Demokratie
auch kaputtmachen. In Deutschland gibt es bereits elf Millionen
Aktionäre, aber nur noch sieben Millionen Gewerkschafter. Liebe
Kolleginnen und Kollegen: Dann müssen wir ihnen eben zeigen, daß
leistungslose Aktionäre notfalls entbehrlich sind, arbeitende Menschen
aber nicht.
Die staatlich verordnete Entsolidarisierung unserer Gesellschaft
muss rückgängig gemacht werden. Wir müssen die Exzesse der Geldsäcke
stoppen. Wir wollen eine andere Verteilung der Arbeit, der Einkommen
und der Lasten.
die Reichensteuern müssen wieder rauf und die Armensteuern wieder runter - bis hin zu Negativsteuer und Niedriglohnergänzung
die Privatisierung und Entsolidarisierung der Sozialsysteme muss
rückgängig gemacht werden. Reiche und Kapitalbesitzer müssen zu ihrer
Finanzierung mit herangezogen und die Lohnnebenkosten auf diese Weise
gesenkt werden
Die immer weniger werdende Arbeit muss durch Arbeitszeitverkürzung neu verteilt werden
Entweder 2010 und Hartz müssen weg oder Schröder und Clement müssen weg
Wir werden in diesem Kampf nicht alleine bleiben. In Frankreich,
Italien und Spanien bringen sie bereits Hunderttausende auf die Straße.
Der Kampf hat erst begonnen. Wir werden Kaufboykotte organisieren. Und
wir werden die sogenannten .Abweichler" wählen. Wir werden den neuen
Maharadschas klarmachen, dass Menschen wichtiger sind als Geldsäcke.
Wenn wir diesen Kampf nicht kämpfen, werden wir die Zukunft nicht
gewinnen, sondern sie den Plutokraten überlassen. Wer in diesem Kampf
nicht mitmacht, um bei der Gegenseite nicht aufzufallen, hat schon
verloren. Er schadet nicht nur sich, sondern auch unseren Kindern und
Enkeln. Lasst uns deshalb noch einmal zur Wehr setzen und kämpfen,
damit unsere Kinder nicht zu den neuen Heloten von morgen werden!
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