Text | Kulturation 2014 | Lutz Haucke | Der Spielfilm „Die Verlobte“(1980)
Ein Höhepunkt antifaschistischer Thematik im Kinofilm
|
Die DEFA-Stiftung wird 2015 den von den DEFA-Regisseuren Günther
Rücker und Günter Reisch mit dem TV der DDR gemeinsam produzierten
Spielfilm „Die Verlobte“ (1980) als DVD herausbringen. Dieser Spielfilm
der antifaschistischen Thematik war einst auf dem Festival von Karlovy
Vary 1981 mit dem Grand Prix ausgezeichnet worden. Er wurde an der
Schwelle der achtziger Jahre von Filmkritikern in der DDR in einem
Spannungfeld von „Antifaschistischer Thematik – Widerstandsfilm –
Liebesfilm“ diskutiert.
Vorbemerkungen
- Internationale Tendenzen des antifaschistischen Themas in den siebziger Jahren
- Traditionsbewusstheit der DEFA-Regisseure und
Auseinandersetzungen um das antifaschistische Thema an der Schwelle der
achtziger Jahre
Der politische Stoff und seine filmdramaturgische Komposition
- Probleme einer Romanverfilmung
- Gliederung der Filmhandlung
- Filmdramaturgische Probleme des Figurenaufbaus
Zur schauspielerischen Verkörperung einer inhaftierten Kommunistin und einer Gefängnisaufseherin im Dritten Reich
- Das Material und die Ausdrucksbewegungen der Jutta Wachowiak in der Rolle der Hella Lindau
- Die Wachtmeisterin Olser – Rollenauffassung und Sprechweise der Schauspielerin Käthe Reichel
Regiearbeit und darstellerische Leistungen
- Besetzungsstrategie
- Raum- Zeitstrukturen der Handlung
- Inszenierungsmethoden
„Die Verlobte“ und das Rollenbild der deutschen Kommunisten im
antifaschistischen Widerstand an der Schwelle der achtziger Jahre in
der Kinokommunikation
- Wandel des Publikums – Distanzen zum ritualisierten Rollenbild der Kommunisten im antifaschistischen Widerstand?
- Staatlich sanktioniertes Rollenbild des Kommunisten im
antifaschistischen Widerstand und Popularitätsphänomene der
Filmschauspieler
Vorbemerkungen
- Internationale Tendenzen des antifaschistischen Themas in den siebziger Jahren
Erstens: Die antifaschistische Thematik hatte um 1979/80 –
verglichen mit den50er und 60er Jahren – in der Weltfilmkunst neue
Dimensionen erreicht, weil sich die politischen Formen und die sozialen
Inhalte des Faschismus verändert hatten. Der politische Massenkampf
gegen die Finanzoligarchie, gegen die Großgrundbesitzer und die
Militärs in Lateinamerika, für die Überwindung des Franquismus in
Spanien, gegen das griechische Obristenregime wurde zum Bezugspunkt
künstlerisch bedeutender Erneuerungen des antifaschistischen
Spielfilmschaffens. Gleichzeitig aktualisierte die Gefahr eines
europäischen Kernwaffenkrieges die Erinnerungen an den Kampf gegen die
faschistischen Okkupanten in den damaligen sozialistischen Ländern.
Chilenische, spanische, griechische Regisseure haben mit zum Teil
international sehr beachteten Stilentwicklungen Aufmerksamkeit auch in
der DDR-Kino-kommunikation hervorgerufen (J.A. Bardem, P. Guzmán, C.
Saura, M. Litten, T. Angelopoulos u.a.). [1] Die sowjetische Filmkunst
hielt die Erinnerung an den Großen Vaterländischen Krieg in den
siebziger Jahren wach und junge Regisseure suchten neue Zugänge zu den
historischen Stoffen (S. Bondartschuk, A. German, N. Gubenko, L.
Schepitko, A. Smirnow). [2] In den ost- und südosteuropäischen Ländern
entwickelte sich die antifaschistische Thematik in einer weit
aufgefächerten Filmlandschaft, die von episch weitläufigen Filmfabeln,
die auf eine Rekonstruktion historischer Ereignisse des
antifaschistischen Kampfes [3] zielten, bis zur psychologisierenden
Sicht auf existentielle Fragen nach Bestand und Zerstörung der Würde
des Menschen in extremen Lebenssituationen, wie sie am Faschismus
modellierbar sind, reichte. Gegen eine durch Kolportage betriebene
Entwertung der antifaschistischen Thematik wandten sich Filme, die sich
neuen Inhalten mit neuen Formen in den siebziger Jahren zu nähern
versuchten (z.B.: Z. Fabris „Plus-minus ein Tag“,1972, „Das fünfte
Siegel“, 1976, „Die Ungarn“, 1976; I. Szabós „Feuerwehrgasse 25“, 1973,
„Zimmer ohne Ausgang“, 1979, „Mephisto“, 1981; L. Schepitkos
„Aufstieg“, 1977; L. Zafranoviæs „Okkupation in 26 Bildern“, 1979; in
der DDR: R. Kirsten „Der verlorene Engel“, 1965/71 und „Ich zwing dich
zu leben“, 1978 und F. Beyers „Jakob der Lügner“, 1974).
Zweitens: Weltweit beachtete Filme wie „1900“ (B. Bertolucci,
1976), „Julia“ (F. Zinnemann, 1978), „Das Schlangenei“ (I. Bergman,
1979) und „Christus kam nur bis Eboli“ (F. Rosi, 1979/80) – alle wurden
in den DDR-Kino gezeigt –lassen den Schluss zu, dass die Zuwendung
bedeutenden Regisseure zum antifaschistischen Thema auch eine Vielzahl
dramaturgischer Fragen aufgeworfen hatte. Bertoluccis Epos über Herr
und Knecht bewies die Möglichkeiten einer epischen Dramaturgie, die
Widersprüche auf Klassenantagonismen bezog und dafür mögliche Wege der
Typisierung von Figuren aufzeigte. Zinnemanns „Julia“ ließ das Bemühen
erkennen, Zuschauern, die nicht den deutschen Faschismus erlebt hatten,
über eine Identifikationsfigur den Zugang zur Historie zu ermöglichen.
Man kann „Die Verlobte“ hierzu in dem Sinne in Beziehung setzen, dass
es sich um zwei – wenn auch verschiedene – dramaturgische Modelle der
Identifikationsfigur für den Zuschauer handelt. Im DEFA-Spielfilm wird
die Auseinandersetzung des Zuschauers mit der Historie über eine
deutsche Kommunistin (bzw. das kommunistische Paar Hella Lindau und
Reimers) geführt. Zinnemann führt die Identifikation über eine
„outsider“-Figur, eine „Bürgerliche“, deren Betroffenheit von den
Ereignissen und die daraus erwachsende Handlungsbereitschaft, gegen
Faschismus anzugehen, eine humanistische, eine „aktivistische“
Botschaft ermöglicht.
Für den DEFA-Spielfilm, der in Coproduktion mit dem Fernsehen der
DDR entstand, galt das Anliegen, eine „Politische“, eine deutsche
Kommunistin in den Mittelpunkt der Rezeption zu stellen, eine
Perspektive zu vermitteln, die helfen sollte, die Leiden und die Opfer,
die Erniedrigungen und die Würde deutscher Kommunisten für neue
Zuschauergenerationen zu erschließen. Daraus abzuleiten, dass Rücker
und Reisch ein in der DDR weit verbreitetes Klischee der
antifaschistischen Thematik bedienen wollten, ist falsch. DDR-Kritiker,
die nach 1990 den Gebrauch des antifaschistischen Themas als verengende
Herrschaftsideologie der DDR-Führung kritisierten, sollten nicht an dem
historischen Faktum vorbeigehen, dass die deutschen Kommunisten im
antifaschistischen Widerstandskampf 1933-45 die meisten Opfer gebracht
haben. Dies wurde um 1980 in den Diskussionen zum antifaschistischen
Thema im DEFA-Studio betont. Ob „Die Verlobte“ um 1980/81 zu einem
Höhepunkt der antifaschistischen Thematik in den DDR-Kinos werden
konnte, kann aus heutiger Sicht differenzierter als zu DDR-Zeiten
hinterfragt werden. Zumindest gilt es zu bedenken, dass seitens der
HV-Film des Ministeriums für Kultur und seitens der Leitung des
DEFA-Studios für Spielfilme der seit den fünfziger Jahren in der DEFA
verfolgte Aspekt der führenden Rolle von Kommunisten im deutschen
antifaschistischen Widerstand im Vordergrund stand (nicht zuletzt
bekräftigt durch die Vorbereitungen zum 35.Jahrestag der Befreiung vom
Faschismus), während die beiden Regisseure Rücker und Reisch vor allen
Dingen die hilflose Liebe, das schutzlose Leben einer jungen Frau
betonten. Sie schrieben vor der Premiere: „Wir wären sehr unglücklich,
wenn man mit dem Film nichts anderes anzufangen wüsste als das Publikum
aufzufordern, zum wiederholten Maße anzusehen, was Kommunisten alles
aushalten können.“[4]
Bergmans „Schlangenei“ war der einzige internationale Spielfilm der
siebziger Jahre, der am historischen Modell (die Handlung ist im
November 1923 angesiedelt), die Zukunftsdimensionen faschistoider
Massenmanipulation warnend entwarf. Rosis „Christus kam nur bis Eboli“(
Verfilmung des gleichnamigen Romans von Carlo Levi, 1945) ist in seiner
Weiterführung der Traditionen der italienischen Filmrealisten ein
großartiger Verzicht auf monumentale Kinobilder. Die schlichte
Schönheit dieses Films (vielleicht auch geschuldet dem Anliegen, für
das Fernsehen zu produzieren) und die soziale und psychologische
Genauigkeit, die mit der realistischen Erzählweise erreicht wird, spart
philosophische Tiefen nicht aus. Rosi lässt über die Hauptfigur, den
italienischen Schriftsteller Carlo Levi (gemäß dessen
autobiographischen Romans), das Verhältnis der Bauern zum Staat und der
Intellektuellen zur sozialistischen Revolution philosophieren. Es geht
von diesem Film und der Haltung Rosis zum Zuschauer eine große Warnung
an alle Regisseure aus, die eine große Kinofilmstory und eine
überschaubare Fabel mit Psychoeffekten und überzogener Melodramatik ins
Kino und ins Fernsehen lancieren wollen. Man wird eine solche Warnung
für Rücker und Reisch nicht unbedingt annehmen müssen, obwohl eine
Melodramatik sowohl für die Beziehung des Paares Lindau-Reimers als
auch für das Geschehen in dem Frauenzuchthaus, in das die Lindau für
zehn Jahre verbannt ist, nicht übersehen werden kann.
- Traditionsbewusstheit der DEFA-Regisseure und
Auseinandersetzungen um das antifaschistische Thema an der Schwelle der
achtziger Jahre
Ende der siebziger Jahre und an der Schwelle der achtziger Jahre
erfolgte unter den Filmschaffenden der DDR, insbesondere seitens jener
Regiegeneration, die in den fünfziger Jahren angetreten war (Konrad
Wolf, Günther Rücker, Günter Reisch, Ralph Kirsten, Frank Beyer), eine
in öffentlichen Diskussionen ausgetragene Rückbesinnung auf die
politische Notwendigkeit und die künstlerische Produktivität der
antifaschistischen Thematik. Den Auftakt gab Konrad Wolf mit seinem
Referat auf der Plenartagung der Akademie der Künste „Kunst im Kampf
gegen den Faschismus – gestern und heute“ (7.Mai 1979). [5] Wolfs
historisierende Bestandsaufnahme der „Künste als Rüstzeug des aktiven
Antifaschismus“ [6] diente dem Ziel, das weltweit in den siebziger
Jahren gewachsene Interesse an der Geschichte mit dem Blick auf die
Traditionen antifaschistischer Thematik in den Künsten in der DDR zu
orten. Gemeinsam mit den Verbänden der sozialistischen Länder führte
der Verband der Film- und Fernsehschaffenden der DDR in Weimar vom
1.-4.9.1980 ein internationales Kolloquium „Antifaschismus und Film.
Geschichte, Gegenwart, Aufgabe“ [7] durch.
In den Diskussionen über die Tendenzen des DDR-Spielfilmschaffens
(DEFA und Fernsehen der DDR) an der Schwelle der achtziger Jahre
kristallisierte sich das Bemühen politischer Leitungskader in der DDR
heraus, „Die Verlobte“ als positives Beispiel gegen die in den
siebziger Jahren verloren gegangene Kontinuität des antifaschistischen
DDR-Spielfilms aufzuwerten. Es wurde die These vertreten, dass „Die
Verlobte“ die Analyse des „gewöhnlichen Faschismus“ in Deutschland mit
dem seit den endvierziger und fünfziger Jahren in der DEFA entwickelten
thematischen Figurenmotiv von den Kommunisten als jenen Kämpfern gegen
den deutschen Faschismus verbindet, die in der vordersten Reihe
gekämpft, gelitten haben und gestorben sind (z.B.: „Stärker als die
Nacht“, S. Dudow, 1954; „Sie nannten ihn Amigo“, H.Carow, 1959; „Der
Fall Gleiwitz“, G.Klein, 1961; „Nackt unter Wölfen“, F. Beyer, 1963
u.a.). Es spricht zweifellos für Traditionsbewusstheit, dass Rücker und
Reisch auf dramaturgische Formlösungen zurückgriffen, die bei der DEFA
bereits in den 50er Jahren vorhanden waren. Den Satz des
Kriminalkommissars Hensch zu Reimers „Diesmal bezahlen Sie voll,
diesmal wird nichts geschenkt“ und „um das machen wir Sie kürzer, und
zwar von oben nach unten“[8] kann man in Beziehung setzen zu dem Satz
„Das wird Sie den Kopf kosten!“, der in Dudows „Stärker als die Nacht“
mit einer mehrfach sich wiederholenden Ranfahrt an das Gesicht Lönings
(W. Koch-Hooge) gekoppelt war und damals als eine dramaturgische
Neuerung diskutiert wurde. Dazu gehört auch die Verwendung von
Dokumentarfilmzitaten durch Rücker. [9] Dudow setzte
Dokumentarfilmzitate ein, um gegen die Gedankenwelt deutscher
Kleinbürger und Mitläufer (die Globigs in „Stärker als die Nacht“) zu
argumentieren. Rücker und Reisch überwinden aber – verglichen mit Dudow
– die schematisch-monumentale Typisierung von Figuren. Als Beispiel sei
genannt Hegewalds plastische Figur des Kriminalkommissars Hensch 1980
im Vergleich zu Schreiters wirkungsvoll typisierten Gestapokommissar in
„Stärker als die Nacht“, 1954. Die Verschränkung von „privater
Lebenssphäre“ und politischer Funktion war für die Wirkungsabsichten
Dudows bestimmend. Sie hatte für den Aufbau von kontrastierenden
Figurenpaaren (Ehepaar Loening/Ehepaar Bachmann)
kompositorisch-dramaturgische Konsequenzen. In abgewandelter Form ist
diese Wirkungsabsicht auch in dem Rücker-Reisch-Film zu entdecken (so
in den Beziehungen zwischen Reimers und Hella und Reimers und Hilde).
Der menschliche Bezugspunkt für eine Annäherung der Zuschauer an den
politischen Charakter Hella Lindau ist ihr Glaube, ihre Liebe an ihren
Verlobten. Andere Regisseure und Szenaristen, die in den fünfziger,
sechziger Jahren in der DEFA mit der antifaschistischen Thematik sich
profiliert hatten, haben in den siebziger Jahren vom kommunistischen
Helden Abstand genommen. Es sei darauf verwiesen, dass dieser Imperativ
des antifaschistischen Themas in der DDR beispielsweise von Konrad Wolf
in „Mama ich lebe“ (1976/77) nicht mehr eingehalten wurde, obwohl im
zugrunde liegenden Hörspiel von Wolfgang Kohlhaase „Erinnerungen an ein
Foto“ (1969) diese politische Dimension im Figurenaufbau noch verfolgt
wurde.
„Die Verlobte“ enthüllt den „gewöhnlichen Faschismus“ in
Deutschland in einer ungewöhnlich dramatischen Szenerie. Das Zentrum
ist ein „gewöhnliches“ Frauenzuchthaus. Schrille Steigerungen in
szenischen Abläufen werden von Erinnerungen und Ruhepunkten
durchbrochen. Gipfelpunkte von Freude, Trauer, Schmerz, Wahnsinn stehen
sich mitunter gegenüber. Dieser Spielfilm hätte auch in eine
Typenstaffage angesichts der um Hella Lindau gruppierten
Frauengestalten (altjüngferliche und opportun-kalte
Zuchthausbeamtinnen, gefangene Nonnen, die Prostituierten, die
Mörderinnen) und dem morphiumsüchtigen Gefängnisarzt ausarten können,
in eine Art „Frauenzuchthaus-Psychothriller“ unter antifaschistischem
Vorzeichen. Rücker legte Wert auf außergewöhnliche Schicksale, auf
Psychologie. Die Abscheu, die Anteilnahme und das Ergriffensein der
Zuschauer kann sich immer auf Charaktere und nicht auf Typen beziehen.
Und: Rücker entwickelt gemeinsam mit Jutta Wachowiak ein Pathos der
Hella Lindau, das aufmerksam macht. Dieses Pathos erwächst nicht aus
einer geschichtlich begründeten sozialistischen Emphase, wie es
kennzeichnend für nicht wenige DEFA-Spielfilme der fünfziger und viele
Mehrteiler des DDR-Fernsehens in den sechziger Jahren war. Dieses
Pathos lebt nicht mehr von ideologisch-wortsprachlicher
Argumentationsemphase. Es ist durchweg von der Subjektivität der
Zentralfigur, von der psychischen Prozesshaftigkeit der Vorgänge
bestimmt. Es ist ein emotional betontes Pathos, das durch den Reichtum
darstellerischer Bezeichnungen (Jutta Wachowiak!) vermittelt wird.
Rücker suchte deshalb in der Zusammenarbeit mit Jutta Wachowiak nach
nichtsprachlichen Ausdrucksformen (der hohe Stellenwert des
Gebärdenspiels, aller körperlich-gestischen Ausdrucksbewegungen).
Dieses Pathos überzeugt, weil die Regisseure Rücker/Reisch dramatische
Handlungssituationen der Zentralfigur und damit verbundene
Spannungsbögen schufen, die emotionale Intensität dem Zuschauer
vermitteln. Es lassen sich hierfür viele Episoden nennen. Ich verweise
auf die Parteinahme der Hella Lindau für die erniedrigten Nonnen [10],
die Hella Lindau in der Arrestzelle [11], ihre Begegnung mit Reimers im
Zuchthaus und ihr Zusammenbruch [12], der innere Aufruhr, den die
Nachricht vom Nichtangriffspakt zwischen Hitler und Stalin bei ihr
auslöst [13], ihr Aufbegehren mit dem Bügeleisen gegen die Aufseherin
Konrad [14], der emotional aufwühlende letzte Besuch Reimers im
Zuchthaus [15] u.a. Alle diese szenischen Vorgänge teilen Pathos mit
über die inszenierte Dramatik. So hebt sich Günther Rücker als
Drehbuchautor und beide Regisseure Rücker und Reisch ab von einem
dokumentaren Lakonismus und auch von einer stilistisch überhöhten
Bilderzählung.
Daran lassen sich Probleme der Filmkonzepte in der DEFA in den
siebziger und achtziger Jahren erkennen. Die Zuwendung zum und das
Bekenntnis für ein emotionales Pathos erfolgte in der „Verlobten“ über
die Subjektivität des „Einzelhelden“, d.h. auch über den
„Schauspielerfilm“. Angemerkt sei, dass Horst Seemann in „Levins Mühle“
(ebenfalls 1980) Pathos neuartig über Tanzszenen vermittelte (z.B.: der
Tanz der Polin bei der Kindstaufe in Malken, der große Aufzug nach der
Neumühler Zirkusvorstellung mit dem Gesang „Großes Wasser ist gekommen“
u.a.). Solche Differenzierungen im Pathosgebrauch der DEFA-Filme
unterscheiden sich von jenem Pathos, das Günter Reisch in seinen
Revolutionsfilmen in den sechziger und frühen siebziger Jahren
inszeniert hat, wo vor allem die Massenszenen das Pathos der
revolutionären Aktionen vermitteln sollten(hierzu muss man wissen, dass
Pontecarvos „Schlacht um Algier“,1965, und das darin von einem Konzept
des Kollektivheldens verfolgte Pathos für Günter Reischs
Regieentwicklung ein wichtiger Bezugspunkt in dieser Zeit gewesen ist).
Der politische Stoff und seine filmdramaturgische Komposition
- Probleme einer Romanverfilmung
Rücker schrieb das Drehbuch „Die Verlobte“ nach der Romantrilogie
von Eva Lippold „Haus der schweren Tore“ .[16] „Günter Rücker hat über
seine Begegnung mit Eva Lippold geschrieben: ‘Ich kannte Eva Lippold
seit vielen Jahren…Aber ich wusste nichts, aber auch gar nichts aus
ihrem Leben, außer – das ist ein schlimmes und ungutes Wort, aber es
trifft einen Zustand über den viel nachzudenken ist – dass sie elf
Jahre in Zuchthäusern Hitlers verbringen musste. Dann las ich ihre
Bücher… Mich trafen Seite um Seite, Szene um Szene. Solches hatte mir
noch nie einer erzählt.‘ “[17]
Liegt hier erneut eine Literaturverfilmung der DEFA und des
Fernsehens der DDR vor? Vergleiche von Spielfilmen(und
Drehbuchfassungen) mit dem zugrundeliegenden Roman erweisen sich meist
als unproduktiv, wenn man die Spielfilmversion, die Komposition und die
Rezeptionsstrategie am Roman misst. An der Schwelle der achtziger Jahre
gab es Literaturverfilmungen bei der DEFA, die Romane ausschließlich
als Stoffvorlagen verstanden, aus denen man eine Kinofilmstory zu
gewinnen suchte (neben der „Verlobten“ muss „Levins Mühle“ nach dem
gleichnamigen Roman von Johannes Bobrowski,1964, genannt werden).
Zwischen der Komposition der Spielfilme und der Komposition der Roman
ist eine solche Verschiedenheit zustande gekommen, dass
komparatistische Fragen der Gattungsspezifik nicht möglich sind. Bei
der Trilogie von Eva Lippold kam Günther Rücker die reflexive
Essayistik entgegen. Rücker konnte die Erzählstruktur des Romans
weitgehend unbe- rücksichtigt lassen, um daraus eine Kinofilmfabel zu
entwickeln. Dieses Vorgehen – das m.E. bei der Verfilmung des Romans
„Levins Mühle“ von Bobrowski zu einer weitgehenden Vereinfachung führte
– könnte den Schluss gestatten, dass Fabelelemente eines Romans zum
Stoff für eine Filmfabel werden können, ohne dass deshalb Formprobleme
verschiedener Gattungen zu diskutieren wären. Das bedeutet nicht, dass
Eva Lippolds Trilogie kein Sprachkunstwerk wäre, aber hier lag der
günstige Fall vor, dass Fabelelemente des Romans zum Stoff werden
können und gattungstheoretische – und daraus sich ergebende
dramaturgische- Probleme nicht zu berücksichtigen waren. Der Spielfilm
„Die Verlobte“ war das Ergebnis einer Auswahl. Die Episoden und
Figuren, die Rücker übernommen hatte, folgen einer dramaturgischen
Logik, die nicht mehr der des Romans entspricht. Der Unterschied
zwischen dem Spielfilm und dem Roman setzt also bereits ein mit dem je
verschiedenen medialen Verhältnis zum Stoff und zu den Figuren. Für den
Film ist charakteristisch, dass die Zentralfigur und ihre Wirkung auf
den Zuschauer strikter als im Roman betont wird. Der Figurenaufbau
betont die Erlebniswelt der Hella Lindau, indem er eine in
Spannungsbögen sich steigernde Dramatik anstrebt. D.h. auch, dass in
der Filmstory Kollisionen in Spannungskurven direkter als in der
epischen Erzählung ausgetragen werden. Dies soll an der Übernahme von
Figuren der Romanhandlung in die Spielfilm-Story belegt werden.
Erstens: In der Trilogie wird in dem Abschnitt „Haus der schweren
Tore“ [18] erzählt, wie Hella Lindau ohne Buch und ohne Arbeit seit
einem Jahr als Gefangene 47 die Qualen der ersten Monate der Einzelhaft
erträgt. Es heißt: „Oh, Hella, diese ersten Monate, diese abgrundtiefen
Schluchten der Verlassenheit. Wer sie erträgt, kann viel ertragen.“
[19] Obwohl zeitliche Angaben die Erzählzeit markieren (Silvester 1936,
die ersten Monate der Einzelhaft, verzweifelt in einer Nacht und an
einem Morgen; der Schrei der fast irrsinnigen Mitgefangenen Bertram am
Morgen, die sich von den Kalfaktorinnen befreit hatte und im Hof sitzt
und schließlich mit Eisenketten gefesselt davon geschleppt wird) ist
zweierlei bedeutsam: - Der Kontrast zwischen der Einsamkeit in der
Zelle und der Intensität der gedanklichen Auseinandersetzung, die den
Raum aufsprengt, ist in der literarischen Darstellung bestimmend, so
dass die gedanklichen Auseinandersetzungen zum eigentlichen
Handlungsraum in der Zelle werden. Im Ergebnis steht eine Entscheidung
der Lindau, eine Sinnerkenntnis ihrer Möglichkeiten, neun Jahre
durchzustehen. „Dass du begannst zu suchen und zu durchdringen, dass du
Leises und Lautes einfängst, Schicksale, Menschen, Verhältnisse, das
allein zählt, das allein macht dich schöpferisch, das allein wird
bestehen. Es erzeugt in dir eine Welt, groß, lebendig und reich genug,
um neun Jahre Kerkerenge in ihr fruchtbar zu machen.“ [20]
Bezeichnenderweise sieht die literarische Darstellung ab von einer
Beschreibung des szenischen Raums. Die Autorin konzentrierte sich auf
die inneren Auseinandersetzungen ihrer Zentralfigur. So wird der innere
Auseinandersetzungsprozess der Hella Lindau im Roman mit der
bestialischen Folterung der irrsinnig werdenden Bertam verbunden und
erhält so eine zusätzliche dramatische Kulminationsepisode. Während im
Roman die kompositorische Verknüpfung mit den Bertram-Episoden über die
Erinnerungsebene der Lindau vollzogen wird („Vor sechs Wochen etwa, im
Juli muss es gewesen sein…“ [21], wurde in der Spielfilmhandlung auf
Bertram-Episoden weitgehend verzichtet. [22] Die Kompositionstechnik
der Lippold kam dem Filmszenaristen entgegen (a) beim Umgang mit
raum-zeitlichen Ebenen. Rücker vereinfacht. So trifft die Lindau bei
Rücker am Beginn ihrer Haft auf dem Zellengang auf die sie vor dem
Gefängnisarzt warnende Bertram. Die Fesselung der Bertram ist die
„Warnung“ für die Lindau, vom Selbstmord Abstand zu nehmen. Rücker
zeigt, wie die Lindau mit einem Messer umgeht und deutet diese
Möglichkeit an. Diese einzige Bertram-Episode erhält außerdem in der
linear sich steigernden Dramatik im ersten Teil des Films (bis zur
Arrestzelle [23] und der Begegnung mit Reimer [24] einen besonderen
Stellenwert. Sie setzt einen ersten Höhepunkt und ihr wird in der
Parteinahme der Lindau für die gedemütigten Nonnen [25] ein weiterer
folgen. Man kann also schlussfolgern: Der im literarischen Erzählen
mögliche freie Umgang mit Zeitebenen bot dem Drehbuchautor die
Möglichkeit, Szenen wegzulassen, Handlungslinien der Zentralfigur zu
vereinfachen, die reflexive Ebene der literarischen Figur zugunsten von
Dialogen in Szenen aufzugeben.(b) Die Lippold bietet in vielen Episoden
Anknüpfungspunkte für dramatische Strukturen, für innere Konflikte der
Zentralfigur, für deren Zuspitzung und Lösung in szenisch von
Schauspielern spielbaren Vorgängen. Bedenkenswert ist, dass die
Trilogie aber insgesamt nicht einem geschlossenen dramatischen Konzept
folgt. Vielmehr steht der geschlossenen dramatischen Struktur der
Spielfilmstory eine aufgefächerte epische Struktur der Trilogie
gegenüber, die in ihren Handlungsabschnitten verschiedene Filmstories
ermöglicht hätte (z.B.: im Roman die Fahrt von Jauern durch
verschiedene Zuchthäuser zum Gerichtsprozess nach Ulm und zurück [26].
Andererseits beschränkt sich Rücker im Drehbuch auf das Waschhaus im
Zuchthaus (plus Trockenboden, Nähstube, Bügelraum), wo er im 2.Teil den
bestimmenden Handlungsstrang ansiedelt [27]. Die Autorin belegte mit
ihrer Lebensgeschichte und mit den Erlebnissen der Hella Lindau, wie
die Justiz der deutschen Faschisten funktionierte. So ließ Rücker die
Biografie des Zuchthausdirektors aus dem Roman weg.[28] Statt solcher
biografischer Exkurse legte Rücker Wert auf szenische Vorgänge und auch
auf kommentierende Dokumentarfilmmontagen.
Eine Diskussion wert wäre auch, warum gerade die Konfrontation der
„Politischen“ mit solchen Figuren, an denen sich ihr weltanschaulicher
und politischer Standpunkt und Selbstverständigungsprozess im Roman
profiliert, von Günther Rücker weitgehend ausgeklammert wird. Z.B.: die
dreiunddreißigjährige Ruth, die aus einer jüdischen großbürgerlichen
Familie stammt und als illegales Mitglied der SAP verurteilt wurde
[29]; die Äbtissin, die zu 7 Jahren Zuchthaus verurteilt worden war und
über die im Roman ein Diskurs über Macht, Gott und Utopien ausgetragen
wird [30]; die Figur der Mutter Kohlhaupt, der Wiedertäuferin [31]
sowie die von der Lippold erzählten Episoden der authentischen
kommunistischen Widerstandskämpferin Lilo Herrmann [32].
Zweitens: Wie verändern sich im Spielfilm die Beziehungen zwischen
der Lindau und dem Umfeld? Ist eine filmdramaturgische Logik der
Ereignisse von der kompositorischen Logik des Romans abzuheben?
EvaLippold gab in ihrem Roman nahezu keine detaillierte
Beschreibungen von Interieurs, von Räumen. Sie gestaltete diese aus der
Innenwelt der Lindau, aus ihren Reflexionen in sprachlicher Gestalt.
Dagegen gewinnt für den Spielfilm die konkrete Gegenständlichkeit vom
Gesicht, vom Ausdruck der Gefangenen bis zum Interieur zentrale
Bedeutung - die Zuchthauswände mit den Zellenluken, die wie Katakomben
nachts aussehen im Film, das Treppenhaus des Zuchthauses, in dessen mit
dem Weitwinkelobjekt betonter Weite sich der Schrei der Lindau
vervielfältigt, die Gegenlichtaufnahmen u.a. Wahrscheinlich war gerade
das „ungegenständliche“ Erzählen und das Beschreiben der Vorgänge – der
äußeren wie der inneren Vorgänge – durch die Lippold für Rücker eine
günstige Ausgangssituation. Beides ermöglichte, dass der Roman nicht
Zwänge für eine filmdramaturgische Logik setzte. Hinzu kommt, dass die
Lippold auf literarische Leitmotivtechnik in der Komposition des Romans
verzichtete. Sie betonte das Diskursive und reihte innerhalb einer
Chronologie von 1934/35 bis 1944/45 eine Vielzahl von Episoden aus dem
Zuchthausleben aneinander, unter denen der Drehbuchautor für seine
filmdramaturgische Logik dramatischer Situationen relativ frei
auswählen konnte.
- Gliederung der Filmhandlung
Bei der Filminterpretation können drei Handlungskurven
unterschieden werden (nach der Exposition [33]). Als ein erster
Abschnitt könnte angesehen werden der Zeitraum von der Einlieferung der
Lindau in das Zuchthaus über ihre Begegnung mit ihrem Verlobten Reimers
bis zu ihrem Zusammenbruch. [34] Es ist ein durchweg in sukzessiver
Zuspitzung der Kollisionen sich entfaltender dramatischer
Handlungsabschnitt. Kollisionen sind der Zusammenstoß mit der
Gefängnisaufseherin, weil man die Begegnung mit Reimers untersagt, ihre
Parteinahme für gedemütigte Nonnen und die darauf folgende Einlieferung
in die Arrestzelle und schließlich ihre Begegnung mit dem Verlobten im
Zuchthaus. Ein zweiter Handlungsabschnitt ließe sich beschreiben von
der Arbeitsaufnahme im Waschhaus bis zu dem Dialog mit dem
Gefängnisarzt, der endet mit Hellas Worten: „Das werden wir ihnen nicht
vergessen.“ [35] Auch in diesem Handlungsabschnitt wird die Figur
mittels dramatischer Kollisionen entwickelt, aber es setzt die
Schilderung eines breit gefächerten Figurenensembles (sowohl des
Zuchthauspersonals als auch der Häftlinge zwischen Waschhaus,
Schlafsaal, Trockenboden, Nähstube u.a.) ein. Wenn auch einzelne
Figurenbeziehungen durch die Lindau-Figur kulminieren – z.B.in den
Diskussionen mit der Wachtmeisterin Olser, in der Bügeleisen-Episode
mit der zur SS übergewechselten Aufseherin Konrad -, so dominiert doch
hier eine episodische Struktur. Dies wird unterstrichen durch die
verwendeten Dokumentarfilmzitate (vom Russlandfeldzug) und durch die
Verschränkung des Geschehens im Zuchthaus mit parallelem Geschehen um
die Reimers-Figur. In diesem Handlungsabschnitt dominieren
Montageverfahren, die zusätzliche Kommentierungen der Figuren
ermöglichen. In all diesen Episoden entwickelt sich ein thematisches
Motiv der Zentralfigur: das des Aufstiegs. Dies setzt ein mit dem
menschlichen Kontaktieren mit der Wachtmeisterin Olser, die sie, die
Politische, als Persönlichkeit akzeptiert und endet beim großen
politischen und weltanschaulichen Dialog, der eigentlich ein Monolog
des Gefängnisarztes ist. Bloßgelegt wird die intellektuelle
Physiognomie eines deutschen Faschisten nach der Schlacht von
Stalingrad. Die Auseinandersetzung wird während dieses Aufstieges von
einer unmittelbar menschlichen Ebene bis zur weltanschaulichen
Alternative geführt.-
Es sei darauf verwiesen, dass der Monolog des Gefängnisarztes in
der DEFA-Geschichte seinen Vorläufer hat: den des Landschaftsgestalters
in Konrad Wolfs „Ich war neunzehn“ (1968). Dieser war ein Versuch von
Wolfgang Kohlhaase, die geistige Physiognomie eines deutschen
Bildungsbürgers zu sezieren, der in seiner Hoffnungslosigkeit und in
seinem Geschichtspessimismus Wirkungen des Faschismus offenbarte, die
bis dato im antifaschistischen Spielfilm der DEFA nicht diskutiert
worden waren. Damit wird die eingangs getroffene Einschätzung
bekräftigt, dass der Film „Die Verlobte“ in einer großen
Traditionslinie der DEFA steht und diese auch von den Filmschöpfern
gesucht worden ist (was bis zu Rückers Erfahrungen in der
Dokumentarfilmarbeit bei den Thorndikes in den fünfziger Jahren
zurückgeht). Den dritten Handlungsabschnitt würde ich thematisch „Das
letzte Gefecht“ nennen wollen. Das bezieht sich sowohl auf die
dokumentarischen Bilder von der Schlacht bei Seelow als auch auf die
letzte Begegnung mit Reimers, jene tief beeindruckende Szene, in der
die Wachowiak unter den Fesseln hindurch schlüpft und beide voneinander
Abschied nehmen. Dazu zählt die Fahrt Reimers zur Hinrichtungsstätte,
sein Sich-Entfernen, wie es die in die Bildraumtiefe fahrende
Straßenbahn bedeutet und die große Schlussszene des Films: das
zerstörte Berlin, die Caféhausmusik und dann die befreite Hella Lindau
und ihr Lied. Und wie sich durch das Lied die Trauer in den Gesten, mit
denen sie ihre Schuhe anzieht, ihre Kette anlegt, dem Zuschauer
mitteilt.[36]
Diese drei Abschnitte werden durch die Montage eines Sinnbildes wie
in einem Rahmen gehalten. Hella Lindau, die kommunistische
Widerstandskämpferin, sitzt im „tiefsten Keller“ Deutschlands – so die
Bedeutung der Lichtstrahlepisode (in der Arrestzelle)- während die
Kamera den Blick auf das Berlin der dreißiger Jahre freigibt und
Caféhaus-, Salonmusik liegt unter den Bildern. Und im Finale die
Umkehrung dieses Bildes: sie sitzt auf der Treppe, ist frei und wieder
eine Montage: nun sind es Bilder des zerstörten Berlins und wiederum
die Caféhausmusik darunter. In dieser Klammer, in dieser Verschränkung
von prozessierender deutscher Geschichte und der moralischen Integrität
der Hella Lindau, wird die historische Zeit zitiert.
- Filmdramaturgische Probleme des Figurenaufbaus
Es mussten Material- und Verfahrensfragen entstehen, als die
Regisseure daran gingen, die politischen Momente des Stoffes für die
Fabel zu organisieren. Im Film sind Bilder zu sehen, die den
Freudentaumel der Massen für Hitler und die Wehrmacht belegen. Es wird
der Überfall auf die Sowjetunion mit den markigen Frontberichten
faschistischer Wochenschauen belegt. Es folgt später – parallel zum
Geschehen im Zuchthaus- die Widerlegung mit dem Dokumentarmaterial von
der Stalingrader Schlacht, von den Gefangenenkolonnen und von der
Oderoffensive der sowjetischen Armee. Dieses Dokumentarfilmmaterial
informiert nicht nur über die historische Zeitachse der zehnjährigen
Zuchthaus-Zeit der Hella Lindau. Es dient auch dem Aufbau von
Figurenperspektiven und ermöglicht, einzelne Figuren in ihrem
ideologischen Habitus deutlicher voneinander abzusetzen. Für die
Absicht der Regisseure, nicht nur über Zeitereignisse zu informieren,
sondern Reaktionen auf diese Ereignisse zu betonen, spricht auch die
dramaturgische Funktion historischer Ereignisse in Episoden (z.B. die
innere Auseinandersetzung der Hella Lindau als sie vom Abschluss des
Nichtangriffspaktes zwischen Hitler und Stalin erfährt [37]. Als eine
dramaturgisch außerordentlich interessante Lösung halte ich die
Verwendung des Dokumentarfilmmaterials, das den Freudentaumel für
Hitler und für die Wehrmacht zeigt. Dies deshalb, weil die Verknüpfung
mit der Figur der Wachtmeisterin Olser, mit ihrem Glauben an Hitler
(„Der will keinen Krieg!“) und mit ihrer Biographie (Mitglied einer
Arbeitereinkaufsge-nossenschaft einst gewesen, nicht geheiratet worden
usw.) und mit der Angst, denunziert zu werden, zur Analyse verquaster
Lebensansprüche und –hoffnungen und massenpsychologischer Phänomene den
Zuschauer herausfordert. Das heißt, die Figur wird selbst ein Argument
gegen die „schönen“ Bilder der faschistischen Wochenschau. Weniger
überzeugen mich dagegen Figurenkontraste zum Dokumentarfilmmaterial wie
sie mit der Elsie-Episode, mit ihrem Angehen einer Politischen auf der
Treppe nach dem Dokumentarfilmzitat (im Drehbuch wurde nur eine
dokumentare Lautsprecherdurchsage vorgegeben) faschistischer
Siegesmeldungen szenisch gewollt sind. [38] Obwohl die Logik dann
bestechend ist, wenn wir – auf das Dokumentarfilmzitat folgend „Von
Finnland bis zum Schwarzen Meer- Vorwärts!“- Hella Lindau in die
Nähstube folgen können. Das Bild von der weinenden Genossin (Irma
Münch) teilt die Betroffenheit der politischen Gefangenen mit und der
Gegensatz zur Reaktionsweise der Kriminellen Elsie wird damit deutlich
hervorgehoben. Bezeichnend ist, dass solche Verfahren der
Kontrastierung auch Zäsuren in der Handlung sichtbar machen, die die
Zentralfigur und ihre Stellung im Figurenensemble positionieren. Das
Interessante am Aufbau der Lindau-Figur besteht ja darin, dass nicht
sie sich verändert, sondern in dem Maße, in dem sie sich den
Bedingungen im Zuchthaus stellt, vollzieht sich ein Aufstieg von der
erniedrigten, schutzlosen Gefangenen zu einer Frau, die sich die
Achtung des Zuchthauspersonals und fast aller Kriminellen erringen
kann, ohne sich selbst, ihrer kommunistischen Gesinnung untreu zu
werden. Dass Rücker diesen Prozess bis zur weltanschaulichen Kollision
mit dem Gefängnisarzt (Rolf Ludwig) führt und mit der Analyse der
Hohlheit faschistischer Phrasen vom „deutschen Menschen“ die Analyse
des „gewöhnlichen Faschismus“ enden lässt [39], war ein großer Gewinn
in der Entwicklung des antifaschistischen Themas in der DDR an der
Schwelle der achtziger Jahre, die arm an weltanschaulicher Polemik war.
Zynisch sagt der Zuchthausarzt, der Reimers nur einen Blick durch das
Zellenfenster auf die schwerkranke Hella Lindau werfen lässt: „Die
Besuchszeit ist zu Ende!“ Die Regisseure haben am Schneidetisch diesen
Satz für eine dialektische Wendung genutzt. Sie montieren hierzu
Dokumentarfilmzitate über die Festnahme deutscher Soldaten in
Stalingrad. Dann setzen sie mit der Analyse der faschistischen Phrasen
und der Hohlheit ihrer Verfechter in dem Dialog zwischen dem
Zuchthausarzt und der Hella Lindau ein. Dieser Mann, der Morphium sich
spritzt, um mit „Schrott“ umgehen zu können, wie er es in einer Szene
formuliert, - dessen Handlungen sind Indiz der historischen Situation.
Sie ergänzen den Ausverkauf der Nazis. Sein Monolog über die Frage,
warum sie alle Schwierigkeiten im Zuchthaus überwinden konnte – er
betont den Mythos, den ewigen Zwang der Deutschen, etwas
zurückzuerobern, schön zu sein – wird von Rücker mit einer großartigen
Inszenierungsidee unterlaufen. Die Wachowiak löffelt Bienenhonig, den
Reimers (er wird in den Gesprächen mit dem Gestapokommissar als
intelligenter Imker charakterisiert) ihr zustellen ließ, während der
Tirade. Sie ist zwar voll auf disziplinierten Gehorsam ausgerichtet,
aber sie sagt auch doppeldeutig-ironisch: „Das werden wir Ihnen nie
vergessen!“
Zur schauspielerischen Verkörperung einer inhaftierten Kommunistin und einer Gefängnisaufseherin im Dritten Reich
- Das Material und die Ausdrucksbewegungen der Jutta Wachowiak in der Rolle der Hella Lindau
Meine bisherige Diskussion zielte auf die sprachlichen
dramaturgischen Inhalte. In der Massenkomunikation und in der Rezeption
von Spielfilmen kommt aber dem Schauspieler, seiner Verkörperung der
dramaturgischen Inhalte die entscheidende Rolle zu. Dies kann
insbesondere bei überlastigen ideologischen Attributierungen der Figur
dann zu einer Verschiebung führen, wenn emotionale Ausdruckswerte der
dargestellten Figur eher vom Zuschauer „übersetzt“ werden in eine ihm
genehmere Lesart der Figuren und der Story.
Rücker und Reisch reagierten mit ihrem Film auch auf eine in der
DEFA langfristig ausgeprägte Stereotypisierung der Vorbild- und
Leidensrolle von Kommunisten im deutschen antifaschistischen
Widerstand. Sie betonten das menschlich erschütternde Schicksal von
Verlobten, die in die faschistische Straf- und Vernichtungsmaschinerie
geraten. Der Filmkritiker Fred Gehler schrieb: „Die Medien haben
Stereotypen erzeugt: Illegale Treffs - Verhaftung - Verhöre -
physischer und psychischer Terror - Haft, Terror - Haft. Es
entwickelten sich jederzeit abrufbare filmische Versatzstücke - eine
für wahrhaftige Wirkungen tödliche Angelegenheit - wenn es bei den
Versatzstücken bleibt. Was ist anders bei ‚Der Verlobten‘?....Primär
und bedeutend ist für mich die menschliche Dimension des Films, das
Begreifbarwerden einer Zeit durch ein ungewöhnliches menschliches
Schicksal.“ [40] Man darf deshalb nicht nur dramaturgisch-sprachliche
Fragen diskutieren. Wichtig ist die Frage: Was zeichnet die
Theaterschauspielerin Jutta Wachowiak als Filmschauspielerin aus? Wie
gelingt es ihr, eine emotional bewegende Figur Hella Lindau in „Der
Verlobten“ zu erschaffen?
Jutta Wachowik verfügt über die Fähigkeit, ihr Stimmvolumen
beträchtlich zu modulieren. Rücker, der durch seine Hörspielpraxis
wahrscheinlich ein Gespür für die Ausdrucksmöglichkeiten von Stimmen
erworben hatte, hat diese Möglichkeit der Wachowiak genutzt (z.B.: man
vergleiche die Melodik, mit der sie in der im Off eingeblendeten
Verteidigungsrede „Ein Richter des Dritten Reiches…“ die innere
Festigkeit und Überzeugtheit der Lindau bezeichnet; mit den montierten
Weinlauten in der ersten Wiedersehensszene mit Reimers im Zuchthaus;
ebenso der träumerisch-verhaltene Gestus, wenn sie sich erinnert „Mit
dem arbeiten…“; mit der Sprachgestaltung in der Bügeleisenepisode
„Mördern gebe ich nicht die Hand!“[41]) . Die Wachowiak kann eine
emotionale Charakteristik ihrer Figur durch eine Vielzahl von
Ausdrucksbewegungen geben. Unwillkürliche Ausdrucksbewegungen,
Gemütsbewegungen, Gebärdenspiel – all dies ergab sich aus dem
Vertrauensverhältnis zu Rücker, denn sie stellt ihre Reaktionen „blank“
für die Kamera dar. Sie verfügt über die Fähigkeit, in szenischen
Vorgängen Gipfelpunkte mit der Melodie der Ausdrucksbewegungen zu
formulieren. Dabei wird stilistische Reinheit ebenso erkennbar wie sich
mitteilende psychische Intensität.
Für diese sie auszeichenden Gestaltungsweisen braucht die Wachowiak
Sprachmaterial und Arrangements, die sie herausfordern. Rücker kam ihr
hierbei entgegen. Er hat für die Lindau-Gestalt Volksliedtexte,
Sprüche, Rilke-Verszeilen genutzt, weil über dieses Sprachmaterial
emotionales Befinden (und affektive Reaktionen) gestaltet werden
können. Als Beispiel sei hier verwiesen auf die Funktion solcher Zeilen
wie „Wird schon werden mit Mutter…und… ist auch geworden…die Schmitten,
die hat gelitten“. Diese Zeilen spricht die Lindau, wenn sie von
Reimers den Auftrag erhält, der ihr zum Verhängnis wird. Bezeichnend
ist, dass die Wachowiak diesen Text mit Verschleifern spricht, einzelne
Worte sind im Kino gar nicht zu verstehen. Das heißt, solche und andere
Lautreihungen (ihre Weinlaute in der Wiedersehensszene mit Reimers oder
auch angesichts des menschlichen Drecks, wenn ihr Lola die
Lebensgeschichte der Kriminelle Elsie erzählt) sind
Bezeichnungsmöglichkeiten, die bis zum Verzicht auf die Begrifflichkeit
der Sprache gehen können. Zusammenfassend lässt sich hervorheben:
- Jutta Wachowiak verfügt über die Fähigkeit, in szenischen
Vorgängen Gipfelpunkte durch die Melodik der Körperbewegungen zu
formulieren. Ihr ist eine beträchtliche Modulation des Stimmvolumens
möglich. Rücker, der durch seine Hörspielpraxis ein Gespür für die
Ausdrucksmöglichkeiten der stimmlichen Gestaltung besitzt, hat diese
Besonderheiten der Wachowiak genutzt.
- Die Wachowiak kann die emotionale Charakteristik ihrer Figur
durch Ausdrucksformen gestalten, die die psychischen Vorgänge vor allem
mittels Ausdrucksbewegungen bezeichnen. Vor allem unwillkürliche
Ausdrucksbewegungen und Gebärdenspiele kennzeichnen Gemütsbewegungen.
An ihr kann man studieren, wie die Filmkunst durch ihre
fotografisch-kinematografischen Möglichkeiten– wie keine andere
darstellende Kunst- den menschlichen Ausdruck in seiner unmittelbaren
Einheit der Mienen, der Phone (bis zu Weinlauten) und Gesten in
zeitlich-rhythmischen Folgen abbilden kann.
Interpretationsbeispiele
Wie gestaltet die Wachowiak die Begegnung mit Reimers? [42]
Rücker/Reisch inszenieren auf den dramatischen Punkt der Begegnung zu,
zeigen aber nur ihren Zusammenbruch, um den Zuschauer voll auf die
Figurensituation zu lenken. Diese Szene wird zugleich zu einem
Drehpunkt der Fabel. Denn danach bestimmen zwei Linien den Fortgang der
Handlung: die Ebene des antifaschistischen Widerstandskämpfers Reimers
und des Gestapo-Kommissars Hensch einerseits und andererseits der
moralische„Aufstieg“ der inhaftierten Antifaschistin und Kommunistin
Hella Lindau. Rücker gestaltete von den Annäherungen der Olser bis zu
ihrer Parteinahme für die „Politische“ in der Bügeleisenepisode, von
den Kollisionen mit den Kriminellen bis zur weltanschaulichen
(indirekten) Kollision mit dem Gefängnisarzt den Aufstieg von der
erniedrigten Gefangenen zu einer Frau, die sich die Achtung von
Mitläufern des Naziregimes ebenso wie die Autorität gegenüber den
Kriminellen erringen kann, ohne sich selbst und ihrer Gesinnung untreu
zu werden. Wie die Wachowiak die Lindau in der Begegnungsepisode
gestaltet, ist ein Schlüssel zum Verständnis der Figurensituation: sie
nimmt die Kraft, zu überstehen, aus der Liebe zu diesem Mann. Der
Zuschauer sieht anfangs die Wachowiak/Lindau mit den Augen von
Reimers(dargestellt von Adomaitis). Sie kommt die Treppe herab und
tritt in den Raum.
Phase 1: die Schauspielerin arbeitet mit den Händen und mit lautsprachlichem Weinen.
Phase 2: Verlagerung des Ausdrucks auf das Mienenspiel. Das
Übergehen in ein Lächeln. Mögliche Bezeichnungen der Figurensituation:
Hoffnung ringend mit dem Wissen, dass sie sich in einer hoffnungslosen
Situation befindet. Deshalb Ausdrucksweisen, die bezeichnen:
Verwundetsein, aufkeimende Freude und schließlich Überwältigtsein von
dem seelischen Schmerz.
Phase 3: Haltsuchen mit den Händen, verharren.
Phase 4: Übergang in die physische Aktion zur weiteren Bezeichnung
des psychischen Zustandes: Festhalten am Tisch, langsames
Sichfallenlassen und und der Satz: „Ich kann nicht mehr!“ Der Zuschauer
blickt mit der Kameraperspektive von oben auf den Kopf der am Boden
Liegenden.
Kommentar:
Die Wachowiak kann das Innere der Figur, die Gefühlslagen
eindringlich darstellen, weil sie eine Bewegung der Ausdrucksformen
herstellt, mit der wie auf einer Linie Höhepunkte der Gefühlsbewegung
durch jeweils anderes Körper- und Stimmmaterial gesetzt werden. Die
Wachowiak montiert den Ausdruck mimisch-gestisch und entwickelt
Bezeichnungen für die Figurenbefindlichkeit aus verschiedenen Tempis
des Gehens, Verharrens und schließlich des Zusammenbrechens, des
In-sich-Kriechens der seelisch verwundeten Frau. Dabei ist
hervorzuheben, dass die Wachowiak die innere Situation der Hella Lindau
problematisieren kann, weil sie eine Beschleunigung durch ständig sich
verstärkende Elemente der Ausdrucks-Darstellung bringt. Entscheidend
ist die Bewegung des Ausdrucks der Schauspielerin. Dies wird belegt
durch a) die Handbewegungen unterstreichen nicht den Gesichtsausdruck,
sie bezeichnen innere Vorgänge (sie sind Aktionstendenzen affektiver
Reaktionen auf Reimers) und b) das Gehen ist wesentliches Element
dieser Konzeption und c) die Mimik bezeichnet Reaktionen. Aber
bemerkenswert ist, dass die inneren Handlungen nicht primär durch die
Mimik zu einem sichtbaren Element des szenischen Vorgangs werden,
sondern hier arbeitet neben dem Bewegungsausdruck des Körpers die
Stimme (Intonation, Lautreihung und ihre dramatische Steigerung durch
das Weinen) und die Sprechweise viel mehr als der Gesichtsausdruck an
der Figurencharakteristik. Bezeichnenderweise wird in der Schlussphase
mit der physischen Aktion des Sichfallenlassens gearbeitet und das
Gesicht ist gar nicht mehr Gestaltungsmaterial. Der Zuschauer blickt
(mit der Kameraperspektive) nur noch auf den Hinterkopf der am Boden
Liegenden.
Diese Episode ist mit ihrer Dominanz der schauspielerischen Aktion
auch ein Beispiel für die Funktionalität der Filmmontage in der
Vermittlung des Geschehens an den Zuschauer. Diese den Ausdruck des
Schauspielers verstärkende Aufgabe der Montage hat Lew Felonow so
benannt: „In gewisser Weise redigiert die Montage die
Schauspielerführung, sie gibt dieser einen zusätzlichen Rhythmus,
akzentuiert die Wirkungen, nimmt Längen weg, streicht überflüssige
Repliken. Die Partien, in denen die Handlung kulminiert, verlangen eine
besonders gut durchdachte Montagekonzeption. Dies kann bedeuten, dass
die Montage rigoros vereinfacht werden muss, um das Spiel des
Darstellers zur Geltung zu bringen.“[43]
- Die Wachtmeisterin Olser – Rollenauffassung und Sprechweise der
Schauspielerin Käthe Reichel
Während Jutta Wachowiak die Kraft der Lindau aus einer imaginierten
Liebe erspielen muss und dabei sich mit Erniedrigung, menschlichem
Dreck und eigener Krankheit konfrontiert sieht, muss die Reichel den
Prozess des Bewusstwerdens und der Parteinahme für die „Politische“ und
damit gegen ihre Amtskollegin Konrad, die später zur SS überwechselt,
gestalten. Die unterschiedlichen Aufgaben der Schauspielerinnen haben
gegensätzliche Mittel zur Konsequenz. Während die Wachowiak die
emotionalen Bezeichnungsmöglichkeiten von Ausdrucksbewegungen
herleitet, werden die Widersprüche der Wachtmeisterin Olser von Käthe
Reichel in hohem Maße auf der wortsprachlichen Theatralisierung (im
positiven Sinne als Stilisierung gemeint!) ausgetragen. Die von der
Schule bei Brecht geprägte Reichel arbeitet mit einem verfremdenden
Sprechgestus. Sie deckt Widersprüche dieser Figur mit einer
Widersprüche in der Intonation entwickelnden Sprechweise auf. Man achte
auf den verfremdenden Gestus in der Sprechweise, wenn sie über folgende
Sätze huscht: „Die Arbeit hat doch einen Sinn hier…Mörder kann man doch
nicht einfach frei herumlaufen lassen. Nein. Bis vor fünf Jahren war
für mich hier alles in Ordnung. Dann gibt es plötzlich solche wie sie
hier.“ Käthe Reichel befördert durch ihre Sprechweise die Analyse des
„gewöhnlichen Faschismus“. Sie führt vor, dass die Olser ihr Leben
theatralisieren muss. Sie muss erst noch zu einer Lebenshaltung finden,
die sie aus ihrer Anpassung an faschistische Ordnungsprinzipien
herausführen könnte. Deshalb auch diese Gegensätze zwischen leisem,
huschendem Sprechen und dem Umkippen in überzogenes Schreien. Die
Reichel nimmt mit ihrer kunstvollen Sprechweise die Maskierungen der
Olser auf’s Korn. Und sie erwartet für ihre Figur jenes Verzeihen der
Zuschauer, das sie auch für ihre Josephs-Figur in Horst Seemann „Levins
Mühle“ (nach dem Roman von Johannes Bobrowski) von den Zuschauern
erwirken konnte.
In der Bügeleisenepisode, wenn die Lindau herauspresst: „Mördern
gebe ich nicht die Hand!“, wird die Theatralisierung der Olser, die in
dieser Situation die Gefahren für die Lindau mit ihrem Schreien,
Kommandieren, Befehlen zu überspielen sucht, schließlich zum Zentrum
ihrer schauspielerischen Verkörperung. Die Wachtmeisterin Olser läuft
der nun SS-Angehörigen Konrad nach und ringt sich – in einer für sie
völlig verblüffenden Weise- zu einer erpresserischen Drohung durch und
damit zu einer offenen Parteinahme für die „Politische“. Die
Sprechmelodie der Reichelt verdeutlicht dieses Durchringen zur
Zivilcourage ebenso wie das eigene Erschrecken darüber, das in einer
physischen Handlung, im befreienden Durchatmen, aufgelöst wird. Nicht
nur Jutta Wachowiak – auch Käthe Reichelt hat mit ihrer
Rollenauffassung und ihrer von Brecht beeinflussten Sprechweise für den
hohen Rang dieser vom DDR-Theater geprägten Schauspielkunst Zeugnis
abgelegt.
Regiearbeit und darstellerische Leistungen
- Besetzungsstrategie
Entsprechend der dramaturgischen Konzeption zum Figurenensemble
werden in der Besetzungsstrategie physiognomische und
phonetisch-sprachmelodische Gegensätze geltend gemacht (letzteres auch
bei den Besetzungen für die Synchronisation). Dies trug dazu bei, dass
die Zuschauer zu den Schauspielerinnen, zu ihrem Erscheinungsbild und
zu den verkörperten Figuren sehr differenzierende Wertungen einbringen
konnten. Als solche durch die Besetzungskonzeption realisierte
Gegensätze sehe ich an: die habituelle Gegensätzlichkeit von Slavka
Budinová (Lola) und Christiane Gloger (Frenzel), von Käthe Reichel
(Olser) und Katrin Martin (Konrad), von Barbara Zinn (Elsie) und Katrin
Saß (Barbara). Während Irma Münch (inhaftierte Kommunistin,
Nähsaalepisode), Eva Zietek (Reimers Freundin Hilde) und Inge Keller
(Irene, die Gestapo-Kollaborateurin) als Nebenfiguren exponiert werden,
sind die oben genannten gegensätzlichen habituellen Erscheinungen von
entschiedenem Gewicht, weil jede dieser Frauen – ob nun Kriminelle oder
die „Politischen“ ein bewegendes Schicksal offenbart. Rücker und Reisch
haben es vermieden, die inhaftierten Frauen auf Typen mit je
verschiedenem pathologischen Habitus festzuschreiben. Sie haben, in der
Absicht, Schicksale zu erzählen, eine der künstlerischen Idee dienliche
Besetzungskonzeption verfolgt.
Die Zurückhaltung, mit der der sowjetische Schauspieler Regimantas
Adomaitis die Reimer-Rolle spielt, bekommt in den Episoden mit dem
Gestapo-Kommissar Hensch, den der DDR-Schauspieler Hans-Joachim
Hegewald verkörpert, ihre eigentliche gestalterische Kraft. Hier sind
zwei Schauspieler aufeinander getroffen, die knapp und präzise ihre
Figuren gestalten, die ein kraftvoll-beherrschtes Spiel auszeichnet.
- Raum-Zeitstrukturen der Handlung
Die Regisseure entwickelten verschiedene Raum-Zeit-Schichten, um
die Gedanken- und Gefühlswelt der Zentralfigur reich zu differenzieren.
Dabei kommt den Erfahrungen Rückers im Funkmedium und in der Gestaltung
von Hörspielen eine besondere Bedeutung zu. So werden eine Vielzahl von
Toneinstellungen und –montagen gestaltet, in denen die raumanzeigende
Funktion des Tons für die ganzheitliche Wahrnehmung sehr wichtig wird
(z.B.: die Eingangssequenz des Films: der Zuschauer sieht das Zuchthaus
und er hört, wie Zellen aufgeschlossen werden, Schritte auf
Metalltreppen, das Klappern von Löffeln in Schüsseln im Hall eines
Speisesaals u.a.. Durch diese Montage von Ton- und Bildeinstellungen
sieht der Zuschauer das Zuchthaus und er ist gleichzeitig im Innern des
Zuchthauses auf der auditiven Ebene. Weiteres Beispiel: der Zuschauer
sieht Hella Lindau in ihrer Zelle und der Zuschauer hört simultan wie
sie auf die Anklage des Staatsanwaltes antwortet). Der Film nutzt,
insbesondere zu Beginn, für die Erinnerungsebene der Inhaftierten die
Simultaneität von Vorgängen mittels der raumanzeigenden Möglichkeiten
der auditiven Schicht. Diese Möglichkeiten intensivieren die Atmosphäre
und die Figurensituation (z.B.: Funktion der Geräuschstimulierungen,
die den inneren Aufruhr und die Situation der Hella Lindau gleichzeitig
bezeichnen – so beim Heraushetzen aus der dunklen Arrestzelle und bei
der Nachricht vom Abschluss des Nichtangriffspaktes).
Die Zeitdimension der Handlung wird zwar durch die Chronologie des
Kriegsverlaufes mitbestimmt, aber in Bezug auf die beiden Verlobten
wird der Unterschied zwischen den Zeitdimensionen im Zuchthaus und den
zeitlichen Dimensionen der Vorgänge, die sich mit Reimers verbinden,
dramaturgisch bedeutsam. Hier entstehen auch Interpretationsfragen. Die
Zeitebenen, in denen die Reimers-Figur handelt, beziehen zwar die vor
der Zuchthaushaft liegende Zeit ein (sie wird mit der Erinnerungszeit
der Hella Lindau erzählt), aber es dominiert eine in knapp exponierten
Zwei-Personen-Szenen entwickelte Linie, die das Außen in diesem
Nazi-Deutschland zum Innen des Zuchthauses in Beziehung bringt. Betont
wird in der Reimers-Linie der ruhige Fluss der Zeit (der stakend
vorangebrachte Kahn in der Ruhe und Abgeschiedenheit der
Spreewaldlandschaft; die Wiederholung und die Gewöhnung an das Rituelle
der Gespräche zwischen Reimers und dem Gestapo-Kommissar Hensch; die
getragenen Tempi der Ausdrucksbewegungen von Reimers und Hilde, wenn
sie aufeinander treffen). Die Zeitstrukturen der konspirativen Treffen
Reimers weisen keine Besonderheiten auf. Sie sind kontinuierlich
verlaufend (z.B.: Am See [44] und Waldrand mit Bienenhaus [45]). Diese
Szenen sind zwar Bestandteil der dramatisch sich auf das Finale hin
zuspitzenden Handlung, aber sie sind epische Elemente mit
informierender Funktion. Im Gegensatz hierzu ist die auf das
Zuchthauserleben der Hella Lindau bezogene Zeitdimension der Handlung
betont diskontinuierlich. Zum einen erfordert die Absicht der
Regisseure, gegen und mit dem Dokumentarfilmmaterial (wechselnde
historische Zeitebenen in chronologischer Folge) zu argumentieren,
Diskontinuität von Zeitebenen. Dies oftmals verbunden mit anderen
Zeitebenen (historische Zeit, Zuchthauszeit-ebenen [Morgen-Tag-Nacht]).
Es ist auch der Sprung von der durch die Dokumentarfilmmaterialien
vermittelten historischen Zeitebene (der realen politischen Ereignisse)
in die Zeitdimensionen des Zuchthauslebens mit einem Morgen und der
Nacht (als die Zeitebene, in der die Gespräche der Kriminellen und der
damit zur Sprache kommende menschliche Dreck aus den
Zuchthauskatakomben hervorquellen). Morgen und Nacht – das sind in
diesem Film auch dramaturgische Möglichkeiten, um Gegensätze zwischen
der „Politischen“ und den Kriminellen in sehr individuellen
Ausprägungen erzählen zu können. (Anmerkung: Bezeichnenderweise griff
Ferenc Kosá in „Jenseits der Zeit“, Ungarn 1977, nicht zu diesen
Zeiträumen von Morgen und Nacht sondern zum Wechsel der Jahreszeiten,
was sich für die von ihm gewählte Parabelstruktur als geeigneter, weil
symbolträchtiger erwies.) Auffallend ist aber, dass in diesem Film das
Zeitempfinden(-wahrnehmen) einer „Politischen“ nicht Anlass war, die
Wahrnehmungsweise des Zuchthauses durch eine Gefangene, ihre Seh- und
Hörweisen in der Erzählweise des Films umzusetzen. Das Zeitempfinden
der Zentralfigur wird in konventioneller Weise thematisiert: so durch
Rückblenden zu vergangenen bzw. voraus gegangenen Geschehnissen, durch
das Darstellen von Erinnerungen (entweder als durch den Schnitt
vermittelten Sprung zwischen Zeiten oder im Dialog mit anderen Figuren
in der Szene vorgetragene wortsprachlich formulierte Erinnerungsbilder;
so werden z. B: auch die Biografien bzw. Schicksale von Mitgefangenen
auf diese Weise erzählt). Immer blieb man in der dramatischen Handlung,
gar nicht stieß man zu der subjektiven Zeitdimension der Hella Lindau
mit einer für diesen Zweck gefundenen Dramaturgie der Kamera vor. Die
Regisseure suchten also in dieser Frage der Zeitstruktur der Handlung
nicht die internationale Diskussion. A.Tarkowski, M. Jancsó u.a. hatten
die Zeitstruktur zu einem Schlüsselproblem filmisch-moderner
Bildsprachen in den siebziger Jahren erhoben. Dem folgen beide
Regisseure nicht. Sie setzen in der Dramaturgie auf Vereinfachungen.
Ich stimme der von Wolfgang Gersch vorgetragenen Einschränkung zu,
wonach ein Widerspruch zwischen der von Jutta Wachowik gespielten
Haltung der Figur zu einer „Phantom-Liebe“ und
dramaturgisch-inszenatorischen Vereinfachungen zu konstatieren sei.
[46] Andere dramaturgische Vereinfachungen sehe ich z.B. in der für
mein Empfinden kitschigen Parallele der „Zuckerepisode“ zwischen Lola
und Elsie und der Mitteilung in Reimers Brief, er werde ihr Zucker
schicken. Hier wird eine Kontrastierung zwischen Figurenpaaren
angestrebt, die aber eine schematische Überhöhung der
Reimers-Lindau-Bindung anstrebt. Szenische Aufsetzer sehe ich auch in
der Komposition einzelner Einstellungen z.B.: die Lindau im
Krankenbett, dem Tode nahe und dann die Verknüpfung mit dem
Zeichencharakter eines in der Ecke stehenden Holzsarges. Das ist eine
etwas plumpe Zustandsbeschreibung.
- Inszenierungsmethoden
Günther Rücker und Reisch haben in diesem Film erneut bewiesen, wie
wichtig der Regisseur für schauspielerische Spitzenleistungen sein
kann. Günther Rücker hat in diesem Film eine so selten in der DDR in
einer Person so glücklich vereinte Synthese zwischen dem Autor, der
sich in verschiedenen Medien auskennt (Spiel- und Dokumentarfilm,
Hörfunk, Theater), und dem Filmregisseur, der Arrangements und
montierte Handlungslinien einfallsreich bauen kann, vollziehen können.
Er hat das szenische Detail [47] für das Handeln der Schauspieler
betont (z.B.: das Öffnen der Falltür, wenn Hella Lindau in die
Dunkelzelle steigen muss: zwar epische Beschreibung aber Dynamisierung
durch Gegenlichtaufnahmen auf der Treppe, durch Lichtwechsel und dann
in der Arrestzelle der Eimer und die Asseln und dann die Fortführung
der Emotionen des Zuschauers durch das Spiel der Schauspielerin, ihre
Angstreaktionen beim Hasten an den Gitterstäben).
Die Regisseure haben die soziale und historische Charakteristik der
Figurensituation durch Bild-Ton-Kompositionen von bedeutender
Vielschichtigkeit der Mittel und eindeutiger Aussage für den Zuschauer
erfunden (z.B.: die Kontrastmontagen zwischen dem Panoramablick über
Berlin, begleitet von Caféhausmusik, und der in der Arrestzelle
einsitzenden Hella Lindau, dann diese Befindlichkeit für den Zuschauer
wertend ein Schwenk an einem Waldstück vorbei und mit dem Blick über
deutsches Land endend, danach Fortsetzung der Lichtstrahlepisode in der
Arrestzelle und ihr Lied „Dann kommst du aber wieder, Herzallerliebster
mein“). Die Sensibilität für Bild- und Sprachbedeutungen, über die
Rücker verfügt, schließt allerdings auch unterschiedliche
Interpretationsmöglichkeiten von einzelnen Arrangements in
Zuschauerdiskussionen nicht aus.
Interpretationsbeispiele zur Textgestaltung im Arrangement und der
Gestaltung des Untertextes: Vortrag des Gedichts „Ich ging im Walde so
für mich hin“ durch die Zuchthausbeamtin Konrad (Katrin Martin) und die
Inhaftierte Hella Lindau (Jutta Wachowiak) [48]
Die Zuchthausbeamtin Konrad begleitet die Gefangene Lindau zu einem
Drahtschrank, in dem Utensilien, auch Bücher, verschlossen werden
sollen. Beide kommen über ein Gedicht („Ich ging im Walde so für mich
hin“) ins Gespräch. Die Beamtin stellt die Frage: „Sie lesen solche
Bücher und sind hier?“ Das Unverständnis wird durch den Untertext der
Szene präzisiert. So wie die Kathrin Martin das Gedicht, das auch sie
in der Schulzeit gelernt hat, aufsagt, sagen der Regisseur und die
Schauspielerin viel über die Beziehung dieser Zuchthausbeamtin zu
diesem Gedicht. Sie verfällt in die Repetitionshaltung ihrer Schulzeit.
Sie agiert als Vollzugsorgan. Das heißt, der Konrad kommt es gar nicht
in den Sinn, die eigene soziale Rolle zu problematisieren. Was sich da
als Gemeinsamkeit durch beider Kenntnis des Gedichts anfänglich ergibt,
täuscht nicht darüber hinweg, dass für beide der Sinngehalt des
Gedichts verschieden ist. Das Alleinsein der Lindau ist ein anderes als
das der Konrad. Die Bügeleisenepisode, die als Kollision zwischen der
Lindau und der Konrad (die inzwischen als SS-Frau im Zuchthaus
auftritt) gestaltet wurde, nimmt im Untertext der Szene mit dem obigen
Gedicht ihren Anfang. Bezeichnenderweise geht der Konrad-Lindau-Szene
ein Gespräch der Lindau mit der Wachtmeisterin Olser voran, in dem
ebenfalls eine Verszeile die Beziehung der Figuren zueinander
vermittelt. Sie lautet: „Ich bin allein mit aller Menschen Gram, den
ich durch dich zu lindern unternahm, der Du nicht bist.“ [49] Die
Lindau packt ein Bücherpaket im Beamtenzimmer der Olser aus, das ihr
ihr Verlobter ins Zuchthaus geschickt hat. In dieser Episode wird die
Olser erstmals verunsichert durch die Lindau und wird sich zugleich der
Gefahr bewusst, der sie sich dabei ihrer Kollegin Konrad gegenüber
aussetzt. Der Kontrast der beiden genannten Episoden ermöglicht es, das
je unterschiedliche Verhältnis zweier Zuchthausbeamtinnen zu der
„Politischen“ zu erkennen, zu werten.
Arrangements können als Rezeptionsvorgaben gewertet werden. Das
Arrangement schafft eine Raumstruktur für die Schauspielerinnen, mit
der Bedeutungen dem Zuschauer vermittelbar sind. Z.B.: findet das
Gespräch zwischen der Lindau und der Olser in räumlicher Nähe statt.
Dagegen schafft die Kamerasicht in dem Gespräch zwischen der Konrad und
der Lindau räumliche Distanz. Die Konrad wird frontal gezeigt und die
Lindau gebückt, sich zur Seite wendend. Beim Zitieren des Gedichts
spricht die Konrad in die Kamera, was eine Kommunikation mit der Lindau
nicht möglich macht. Man wird beim Beschreiben solcher Arrangements
immer unvollständig bleiben, weil auch hier verschiedene
Rezeptionsvarianten beim Publikum möglich sind. Festzuhalten bleibt
aber, dass die Regisseure mit den inszenierten Dialogtexten um die
Verszeilen in den Arrangements vielschichtigere Untertexte gestalten
konnten.
„Die Verlobte“ und das Rollenbild der deutschen Kommunisten des
antifaschistischen Widerstandes an der Schwelle der achtziger Jahre in
der Kinokommunikation
Wandel des Publikums – Wandel des ritualisierten Rollenbildes der Kommunisten im antifaschistischen Widerstandskampf?
Konrad Wolf, Präsident der Akademie der Künste der DDR, betonte
1980 in einer Diskussion: „Die in den letzten Jahren mit immer größerer
Hartnäckigkeit gestellte Frage von jungen Leuten läuft darauf hinaus,
dass sie sagen: Alles schön und gut, aber nun hört doch einmal auf mit
diesen Pflichtübungen der antifaschistischen oder Kriegsfilme und
versucht nicht, unbewältigte Probleme eurer Generation auf uns
abzuschieben…Vielleicht ist es der entscheidende Vorwurf, den uns junge
Leute machen, dass sie, wenn man ein bisschen nachbohrt, sagen: Von
euch erfahren wir ja doch nicht die volle Wahrheit. Und in der Tat, wir
konnten sie oftmals nicht mitteilen – aus subjektiven, aber mitunter
auch aus objektiven Gründen nicht. Doch jetzt können und müssen wir es.
Es gibt zu wenig Analysen aus unserer heutigen Sicht über den
Faschismus und die sehr komplizierten psychologischen Mechanismen, die
es den Nazis möglich machten, ein ganzes Volk in solchen Wahnsinn zu
treiben; das zu untersuchen, wäre sehr notwendig.“ [50]
In der DDR hatte die Tragik der deutschen Nationalgeschichte im
20.Jahrhundert zu einem besonderen Funktionsverständnis der DEFA in
Bezug auf die Rolle der deutschen Kommunisten im antifaschistischen
Widerstand geführt. Ihnen wurde eine Vorbild- und Leidensrolle seit der
Gründung der DEFA im Jahre 1946, aber insbesondere seit den frühen
fünfziger Jahren eine auch quantitativ führende Rolle im
antifaschistischen Widerstandskampf zugeschrieben (man bedenke aber,
dass beispielsweise in den Konzentrationslagern ab 1943/44 nur noch ca.
10% der Insassen Kommunisten waren; die überwiegende Mehrzahl der
Verfolgten des Naziregimes waren nun endgültig die Juden und es kamen
1944 bürgerliche und adlige Gruppen, die im antifaschistischen
Widerstand tätig waren, hinzu – was im Geschichtsbewusstsein der DDR
tendenziös zugunsten des Rollenbildes der Kommunisten sehr relativiert
wurde). Was anfangs als eine Aufarbeitung historischer Erfahrungen der
deutschen Arbeiterbewegung funktionierte, führte im Verlaufe der
Entwicklung der DDR hin zu einem ritualisierten und mythologisierten
Rollenbild der Kommunisten. Mit dem Übergang von der Diktaturphase des
Aufbaus des Sozialismus zur Konzeption der entwickelten sozialistischen
Gesellschaft nahm die Ritualisierung der Vorbildrolle der Kommunisten
in allen Bereichen der Gesellschaft zu. Die „Einübung“ einer historisch
legitimierten Rolle der deutschen Kommunisten durch das Bildungswesen,
die Medien und insbesondere die Institutionen der SED war verbunden mit
einem Verschweigen von Widersprüchen. In der DDR war jegliche kritische
Hinterfragung der Geschichte der KPD und ihres antifaschistischen
Widerstandskampfes tabuisiert. Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre
trug Günter Reisch sich mit dem Gedanken, einen Spielfilm über einen
Tag im Leben Thälmanns in den endzwanziger Jahren zu machen. Er bezog
sich dabei auf eine authentische kurzzeitige Fehlentscheidung der
KPD-Führung im tagesaktuellen Klassenkampf. Ihn interessierten die
Konflikte, die Kommunisten in dieser Situation austrugen. Dies hätte an
der Schwelle der achtziger Jahre auch eine kritische Befragung der
ehemals von Maetzig in den Thälmann-Filmen (1954,1955) vereinfachten
Rolle Thälmanns bedeutet. Das Filmprojekt von Reisch war unter den
gegebenen Verhältnissen in der DDR nicht machbar.
Der Ritualisierung und Mythologisierung des Rollenbildes der
Kommunisten im antifaschistischen Widerstandskampf in der öffentlichen
Meinungsbildung in der DDR stand gegenüber ein zunehmender Verlust an
diesbezüglichen Themen und Figuren im DEFA-Spielfilm. Es hatten sich
beim Kinopublikum und in der gesellschaftlichen Psychologie seit den
endsiebziger Jahren Wandlungen vollzogen, denen mit einer rituellen
Rolle der Kommunisten nicht mehr beizukommen war. Dazu trug auch bei,
dass das Erscheinungsbild der SED, die zu einer Partei von
DDR-„Staatssozialisten mit preußischen Tugenden“ nach Prinzipien Erich
Honeckers wie Pflichterfüllung, Untertanengeist, Treue zur Sache der
Arbeiterklasse und zu internationaler Solidarität mutiert war, mit dem
mythologisierten Rollenbild der deutschen Kommunisten in der
widerspruchsvollen Realität des DDR-Alltages nicht mehr glaubhaft zu
verbinden war. Der Spielfilm „Die Verlobte“ wurde deshalb von der
Leitung des Studios für Spielfilme, von der HV Film des Ministeriums
für Kultur, dem Fernsehen der DDR u.a. Institutionen als ein Projekt im
35. Jahr der Befreiung vom Faschismus hoch bewertet, dass diesen
Tendenzen entgegen wirken sollte. Kurz nach der Premiere des Films
wurde er als ein „Liebesfilm“ diskutiert, mit dem der
antifaschistischen Thematik neue Wirkungsmöglichkeiten erschlossen
worden seien. Die Verbandszeitschrift „Film und Fernsehen“ überschrieb
ihr Heft 10/1980 mit der Frage: „Antifaschistische
Thematik-Widerstandsfilm-Liebesfilm?“ Im „Sonntag“ betonte der
Filmkritiker Fred Gehler: „Was ist anders bei der ‚Verlobten‘? Erzählt
der Film Dinge, die bislang…‘tabuisiert‘ waren, vorher nur peripher,
wenn überhaupt Kunstwirklichkeit wurden? Auch das, sicherlich. Die
grause Unterwelt faschistischer Zuchthäuser kam so noch nie auf die
Leinwand…Und doch sind solche neuen stofflichen Bereiche das Sekundäre.
Primär und bedeutend ist für mich die menschliche Dimension des Films,
das Begreifbarwerden einer Zeit durch ein ungewöhnliches individuelles
Schicksal.“ [51]
Rücker und Reisch wandten sich in einem „Offenen Brief“ an die
„Kollegen von Presse, Rundfunk und Fernsehen“ auf der Schau der Filme
des 2.Kinohalbjahres im Mai 1980, der mit den Sätzen begann: „ Legen
Sie ihn…bitte nicht in den so leicht zugänglichen und so oft gezogenen
Fächern ab, die da ‚Widerstandsfilm‘‚ Antifaschistische Traditionen
fortführender Film‘ heißen, auch wenn sich leicht nachweisen ließe,
dass er Elemente dieser Gattung enthält. Wenn unser Film eine Wirkung
auf sie hatte, dann in erster Linie, glauben wir, weil sich in Ihnen
Angst regte um eine Frau, ihr schutzloses Leben, ihre hilflose,
ausgelieferte, arme und unendliche Liebe. Helfen Sie Ihren Lesern,
dieses zu sehen, zu hören, zu fühlen.“ [52]
Eine Umfrage des DDR-Jugendmagazins „Neues Leben“ zum Filmpreis
1980 – an ihr beteiligten sich 25 305 Leser – ermittelte als
populärsten TV-Film die Serie „Archiv des Todes“. 6807 Leser gaben für
diese Serie ihre Stimme. Der DEFA-Film „Die Verlobte“ konnte für sich
7065 Stimmen verbuchen und belegte unter den DEFA-Filmen in dieser
Umfrage den 2.Platz (auf den 1.Platz kam mit 10 412 Stimmen „Und
nächstes Jahr am Balaton“ und auf den 3.Platz mit 4 203 Stimmen „Solo
Sunny“). [53]
In Bulgarien bestanden zu diesem Zeitpunkt ähnliche Wertungen, wenn
man bedenkt, dass einer der Hauptpreise des XVI. Nationalen
Spielfilmfestivals von Varna, eine Goldene Rose, an die stilistisch und
dramaturgisch mittelmäßige TV-Serie „Allein unter Wölfen“ („Odni sredi
wolkow“) vergeben wurde (4.10.1980). Angemerkt sei, dass Horst Drinda,
der in der Umfrage des DDR-Jugendmagazins mit 4065 Stimmen als der
populärste DDR-Filmschauspieler ermittelt wurde, in dieser bulgarischen
TV-Serie den deutschen Spionagegeneral Canaris verkörperte.
Dieser Widerspruch zwischen dem Abwandern der antifaschistischen
Thematik in die Kolportagemuster unterhaltsamer Abenteuerfilme und
andererseits sensiblen, auch parabelhaften Neuansätzen (z.B. im
ungarischen Filmschaffen), denen das Massenpublikum sich verschließt,
hat in den siebziger Jahren in der Kinokommunikation in der DDR- und
nicht nur in der DDR- die Aufmerksamkeit für die antifaschistische
Thematik absinken lassen. Angesichts dieser Tendenz wird verständlich,
warum die Auszeichnung des TV- und Kinospielfilms „Die Verlobte“ mit
dem Grand Prix des Festivals von Karlovy Vary (Juli 1981) für die DEFA
richtungweisend war. Von einem Höhepunkt der antifaschistischen
Thematik in der Kinokommunikation in der DDR konnte angesichts der
Tatsache, dass „Die Verlobte“ ein Einzelfall war – also nicht auf einer
Welle von Spielfilmen antifaschistischer Thematik getragen wurde – aber
nicht die Rede sein.
Einige Besucherzahlen unterstreichen, dass insgesamt relativ
niedrige Zahlen in den DDR-Kinos zustande kamen [54]: „Jakob der
Lügner“ (Einsatz: 1975), Vorstellungen: 2850, Besucher: 202 598 (im
DDR-TV über 2 Millionen Zuschauer); „Mama, ich lebe“ (Einsatz: 1977),
Vorstellungen: 9163, Besucher: 1 498 985; „Ich zwing dich zu leben“
(Einsatz: 1978), Vorstellungen: 1963, Besucher: 146 294; „Die Verlobte“
(Einsatz : 1980), Vorstellungen: 7133, Besucher: 967 706.
In Veröffentlichungen führender Dramaturgen des
DEFA-Spielfilmstudios wurde als Grund für den Bruch in der Entwicklung
des antifaschistischen Themas angegeben, dass sich die jüngsten
Regisseure und Szenaristen vor allen Dingen ihren vom
antifaschistischen Kampf nicht betroffenen Generationserfahrungen und
darauf fußenden Themen zuwandten.[ 55] Diese Begründung, die die
Haltung der zweiten Regiegeneration der DEFA zum antifaschistischen
Thema als normgebend ansieht (K. Wolf, G. Rücker, G. Reisch, R.
Kirsten, F. Beyer u.a.), würdigt nicht, dass seit Mitte der siebziger
Jahre neue Wege der Dramaturgie, der Stofffindung und neue Filmhelden
sowohl bei historischen Stoffen als auch bei Gegenwartsstoffen in allen
Regiegenerationen bei der DEFA einsetzten (wobei man die 1965
unterbundene Entwicklung der Vorstöße zu einer „Neuen Welle“ des
DEFA-Spielfilms mitdenken sollte). Eine Ursache für diese Wandlungen in
der DEFA besteht darin, dass in den sechziger, siebziger Jahren
Umschichtungen in Lebensweisetendenzen der Bevölkerung einsetzten, die
auch Umschichtungen in der gesellschaftlichen Psychologie zur Folge
hatten.
Bedenkenswert ist, dass die Filme antifaschistischer Thematik, die
von K.Wolf, F. Beyer und R. Kirsten in den siebziger Jahren realisiert
wurden, nicht auf der Grundlage von Originalszenarien entstanden,
sondern auf literarische Vorarbeiten der sechziger Jahre zurückgehen.
K. Wolfs Film „Mama, ich lebe“(1977) ist die Bearbeitung des Hörspiels
„Fragen an ein Foto“(1969) von Wolfgang Kohlhaase. Beyers „Jakob der
Lügner“ geht auf ein Szenarium Jurek Beckers von 1966 zurück, das von
ihm erst einmal zu einem Roman verarbeitet wurde. Kirstens „Ich zwing
dich zu leben“ (1978) ist die Weiterführung von Bild- und thematischen
Motiven seiner Fühmann-Verfilmung „Der verlorene Engel“(1966/1971) und
basiert auf Karl Sewarts Erzählungsband „Gambit“(1972). Diese
Regisseure versuchten Neuansätze im antifaschistischen Thema der DEFA
(im Vergleich zu den 50er Jahren) mit Blick auf die neuen, die jungen
Kinopublikumsschichten.
Bei Wolf und Kohlhaase führte das dazu, neue Zugänge zu den neuen
Publikumsschichten zu suchen. Die Besetzung mit sehr jungen
Schauspielern in „Mama, ich lebe“ war dieser Wirkungsabsicht ebenso
geschuldet wie dann der Versuch im Gegenwartsfilm mit „Solo Sunny“
durch die Story, die Figuren und die Musik. Aber auch die
Regiegeneration, die in den sechziger Jahren in der DDR angetreten war,
wandte sich historischen Stoffen zu und versuchte mit Blick auf die
jungen Publikumsschichten, neue Annäherungen an das Publikum. Genannt
seien hier L. Warnekes Büchner-Film „Addio piccolo mio“ (1978), der
weniger den historischen Büchner nahe brachte als vielmehr auf eine für
die DDR-Jugend in den 70er Jahren verfolgbare „Frage nach dem
revolutionären Verhalten“ zielte. Weiterhin das neuartige Verhältnis
von Individuum und Geschichte in Dramaturgie und Figurenaufbau bei H.
Seemanns Filmen „Beethoven-Stationen aus einem Leben“ (1976) und „Fleur
Lafontaine“ (1978) und in B. Stephans „Jörg Ratgeb - der Maler“ (1977).
Dem war vorausgegangen die völlig neue – für die
DEFA-Spielfilmgeschichte neue – Sicht auf den Filmhelden im
historischen Revolutionsfilm bei G. Rücker und G. Reisch mit dem Film
„Wolz - Leben und Verklärung eines deutschen Anarchisten“ (1974). Die
neue Wirkungsstrategie wurde aus der Frage abgeleitet: „Kann der
Geschichtsprozess selbst zum Gegenstand der Kunst werden oder lässt er
sich nur über den subjektiv wirkenden künstlerischen Helden darstellen“
(G. Reisch, 1977). [56] Rücker und Reisch hatten sich also schon Jahre
vor dem DEFA-Film „Die Verlobte“ für das dramatische Einzelschicksal,
für die große überschaubare Kinostory und ihren Einzelhelden
entschieden.
Filmgeschichtlich ist aufschlussreich, dass – zumindest ist die
These eine Diskussion wert – Regisseure und Autoren wie H. Seemann, G.
Rücker, G. Reisch, K. Wolf und W. Kohlhaase Neuansätze im
antifaschistischen Thema mit Bezug auf Lebensfragen der jüngeren
Zuschauergenerationen versuchten, die anhand von Gegenwartsfilmen
bereits diskutiert wurden.
Seemann hatte sich beispielsweise bei der Verfilmung des Romans von
Dinah Nelken „Das angstvolle Heldenleben einer gewissen Fleur
Lafontaine“ entschieden, den Glücksanspruch einer Frau und seine
Entwicklung zwischen 1900 und 1948 in den Mittelpunkt zu stellen. Damit
verband sich die Wirkungsabsicht, den seit 1977/78 in der
Kinokommunikation in der DDR in Gang gekommenen Dialog der Zuschauer
über individuelle Lebensansprüche auf die deutsche Nationalgeschichte
auszudehnen. Dieses Herangehen an den historischen Stoff
korrespondierte in gewisser Weise mit dem Kommunikationswert des zur
gleichen Zeit beim DDR-Kinopublikum sehr populären Gegenwartsfilms von
H. Carow „Bis dass der Tod euch scheidet“, der bei der Umfrage des DDR
– Jugendmagazins „Neues Leben“ zum Filmpreis 1979 als der populärste
DEFA-Spielfilm des Jahres ermittelt wurde.[57] Das thematische
Grundmotiv vom Glücksanspruch von Frauen rückte mit den
Gegenwartsfilmen wie „Solo Sunny“, „Glück im Hinterhaus‘‘, „P. S.“ –
alle kamen 1979/80 in die DDR-Kinos – in den Mittelpunkt des
öffentlichen Interesses. Auch das thematische Grundmotiv in den
Diskussionen um den Film „Die Verlobte“, Bestand oder Zerfall einer
großen Liebe, wurde von großen Teilen des Kinopublikums in der DDR seit
dem Erfolg von „Bis dass der Tod euch scheidet“ (1979) diskutiert.
Das heißt: zwischen dem Kommunikationswert einer Reihe von
Gegenwartsfilmen und der variierten Wiederkehr thematischer Leitmotive
in DEFA-Spielfilmen ergab sich in der Kinokommunikation eine
Wechselwirkung. Ich möchte deshalb die These aufstellen, dass der
Erfolg des DEFA-Spielfilms „Die Verlobte“ in den DDR-Kinos nicht in
erster Linie aus einem Ende der siebziger Jahre beim Kinopublikum
gewachsenen Interesse für die antifaschistische Thematik resultierte.
Erst dadurch, dass Gegenwartsfilme seit 1977/78 und besonders im Jahre
1979 für die DDR-Kinobesucher einen bestimmten Kommunikationswert in
der Öffentlichkeit bekamen, der sich auf Veränderungen in der
gesellschaftlichen Psychologie, auf den Wandel soziokultureller
Identität - beispielsweise mit dem sozialen Rollenbild der Frau in der
DDR - Gesellschaft – begründete, erhielt dieser DEFA-Film eine
besondere Aufmerksamkeit, so dass das Massenpublikum wieder für die
antifaschistische Thematik interessiert werden konnte. Diese These kann
auch dadurch gestützt werden, dass die Besucherstatistik für
international bedeutsame Spielfilme antifaschistischer Thematik wie von
B. Bertolucci („Novecento“), F. Zinnemann („Julia“) und I. Bergman
(„Das Schlangenei“) keine überdurchschnittlichen Besucherzahlen in der
DDR auswies. Gleichzeitig erstarrte das staatlich sanktionierte
Rollenbild der Kommunisten im antifaschistischen Widerstand mit der
Selbstzufriedenheit und der Saturiertheit nicht weniger „alter“
KPD-Genossen und ihren Ritualen (Auftritte in den Schulen, Gedenkfeiern
in ehemaligen KZs und an Denkmälern etc.) und führte bei vielen jungen
Kinozuschauern in den achtziger Jahren zu Distanzen und Skepsis.
F. Zinnemanns „Julia“ (1977) kam 1979 in die DDR-Kinos, wurde in
2879 Vorstellungen gezeigt und wurde nur von 148 744 Zuschauern
gesehen. Der 1. und 2.Teil von Bertoluccis „1900“ (1976) kam 1978 in
die DDR-Kinos. Der erste Teil wurde in 4588 Vorstellungen gezeigt und
erreichte 497 477 Zuschauer. Der zweite Teil lief in 4027 Vorstellungen
und erreichte nur noch 376 677 Zuschauer. I. Bergmans „Schlangenei“
(1979) kam 1980 in die DDR Kinos, wurde in 2934 Vorstellungen gezeigt
und hatte 329 245 Zuschauer. [58] Interessant ist, dass die
Aufmerksamkeit der DDR-Bevölkerung für DEFA-Schlüsselfilme des
antifaschistischen Themas (der vierziger bis sechziger Jahre) auch noch
Ende der siebziger Jahre ungebrochen war, wobei zu vermuten ist, dass
die älteren Generationen dominierten in der TV-Rezeption. Die 25
DEFA-Spielfilme umfassende Retrospektive, die das DDR-Fernsehen im
Jahre 1979 ausstrahlte, hatte eine durchschnittliche Sehbeteiligung von
29% bis 48% der Gesamtzuschauerschaft. Im Einzelnen wurden folgende
Prozentzahlen ermittelt: Montagsfilme: „Die Mörder sind unter uns“(W.
Staudte, 1946) 48,4%; „Der Rat der Götter“ (K. Maetzig, 1950) 47,6%;
„Die Abenteuer des Werner Holt“ (J. Kunert, 1965) 45,5%.
Donnerstagsfilme: „Nackt unter Wölfen“ (F. Beyer, 1963) 36,6% ; „Ehe im
Schatten“ (K. Maetzig, 1947) 36,4% ; „Die Buntkarierten“ (K. Maetzig,
1948) 34,0% ; „Prof.Mamlock“ (K. Wolf, 1961) 31,3%. Diese Filme waren
für ein Drittel der Zuschauer neu, fünfzig Prozent hatten sie schon
einmal gesehen und fünfzehn Prozent mehrfach. [59]
Hieraus können zwei Hypothesen abgeleitet werden:
Erstens: Die Kinokommunikation in der DDR wurde von einem hohen
Anteil Jugendlicher getragen. Verglichen mit der sozialdemografischen
Struktur der TV-Massenkommunikation bedeutet dies, dass die
Kinokommunikation Ende der siebziger, Anfang der 80er Jahre in der DDR
eine jugendspezifische Modifikation von Lebensweisen und
Kinoerwartungen vermittelte. Der Umgang mit Kinospielfilmen könnte
folglich durch andere Kommunikationswerte bestimmt sein als sie für das
TV-Massenpublikum damals galten.
Zweitens: Die wiederholte Zuwendung zu den oben aufgezählten
DEFA-Spielfilmen antifaschistischer Thematik in der
TV-Massenkommunikation kann auch dadurch motiviert sein, dass für den
Kommunikationswert dieser Filme Erinnerungen alter und mittelalter
Zuschauer an die Rezeptionsgeschichte dieser Filme bestimmend wurden.
Bezeichnenderweise war „Ehe im Schatten“ der größte Publikumserfolg
unter den Nachkriegsfilmen (Zuschauerzahl bis 1950: 10 125 385). Danach
kam „Die Mörder sind unter uns“ (Zuschauerzahl bis 1950: 5 251 982) und
„Die Buntkarierten“ wurden bis 1950 von 3 205 959 Zuschauern gesehen.
[60]
Staatlich sanktioniertes Rollenbild der Kommunisten im
antifaschistischen Widerstand und Popularitätsphänomene der
Filmschauspieler
Betrachtet man die Popularität von DDR-Filmdarstellern 1979/80 wie
sie am Filmpreis des Jugendmagazins „Neues Leben“ ablesbar ist, so
ergibt sich folgendes Bild:
Filmpreis 1979 ( 28 153 Teilnehmer)[61]
Schauspielerinnen : 1. Marija Agischewa 6921; Schauspieler : 1.
Jürgen Heinrich 5431; 2.Angelika Waller 3416; 2. Erik S. Klein 4792;
3.Agnes Kraus 3344; 3. Walter Plathe 1913; 4. Katrin Saß 2345;
4.Herbert Köfer 1632; 5. Angelika Domröse 1953 ; 5. Dieter Mann 1412 ;
6. Jesay Rameik 1712; 6. Martin Seifert 1407. Populärster
Laiendarsteller (Nachwuchstalent) wurde Dirk Wäger („Schatzsucher“).
Diese Popularitätsskala wurde maßgeblich von dem TV-Spielfilm
„Martha, Martha“ (Regie: M. Mosblech) bestimmt, an dem offensichtlich
Jugendliche vor allen Dingen ihre soziokulturelle Identität entdecken
konnten.
An der Umfrage zum Filmpreis 1980 nahmen 25 305 Zuschauer teil
[62]. Bei Schauspielerinnen und Schauspielern ergab sich auf den
Plätzen 1-3 folgende Favorisierung: Schauspielerinnen: 1. Jutta
Wachowiak (5504 Stimmen), 2. Agnes Kraus (3717 Stimmen), 3. Barbara
Dittus (3304 Stimmen); Schauspieler: 1. Horst Drinda (4056 Stimmen),
Ulrich Thein (3517 Stimmen), Heinz Rennhack (2609 Stimmen). Populärste
Laiendarstellerin (Nachwuchstalent) wurde Kareen Schröter(3316
Stimmen), was mit dem in der DDR populären Spielfilm der Umfrage 1980
korrespondiert „Und nächstes Jahr am Balaton“.
Es lassen sich folgende Verallgemeinerungen formulieren:
Erstens: Das DDR-Kinopublikum – insbesondere Jugendliche-
tolerierte dramaturgische Schwächen, ja auch eine Kolportagesicht auf
die Wirklichkeit, wenn Darsteller soziokulturelle Identitäten und
Mentalitäten von Zuschauergruppen bestätigten (Beispiel Kareen Schröter
in „Nächstes Jahr am Balaton“). D.h. der Persönlichkeitstyp des
Darstellers (nicht schlechthin die dramaturgische Filmfigur) kann in
der Kinokommunikation zu einem Idealtypus des Ausdrucksgebarens, der
Bedürfnisse nach mimischen, gestischen und stimmlichen Ausdrucksformen
seitens der Zuschauer werden. Zwischen Ausdrucksbedürfnissen des
Kinopublikums (einzelner Zuschauergruppen) und der Popularität von
Filmschauspielern besteht ein Zusammenhang, der als Indikator für
Lebensweisen (auch für Wandlungen in der gesellschaftlichen
Psychologie) gewertet werden kann, was von der soziologischen Forschung
bislang kaum beachtet worden ist. In der DDR ist für die siebziger
Jahre die Herausbildung eines generationsspezifischen Zeit-Typs des
jugendlichen Filmdarstellers charakteristisch. Auf diese Tendenz hat
Konrad Wolf mit der Besetzung des Kollektivheldens in „Mama, ich lebe“
reagiert. Er entschied sich für vier junge Schauspielstudenten (Uwe
Zerbe, Peter Prager, Eberhard Kirchberg, Detlef Gieß) und nahm Abstand
von jeglicher Historisierung in der Ausdrucksdarstellung. Er nutzte die
so gewonnene Authentizität der jungen Persönlichkeiten für das
Rollenbild und die Wirkung des Films.
Zweitens: Der Kommunikationswert eines Films kann in erster Linie
durch den Bezug zu aktuellen Lebensfragen der Masse der Zuschauer
bestimmt sein, so dass die Darsteller für das Zuschauerinteresse am
Film nicht den Ausschlag geben oder eine nicht gelungene
Darstellerführung oder eine verfehlte Besetzungsentscheidung den
Kommunikationswert des Films für einzelne Zuschauergruppen nicht
herabmindern. Beispiel: Der Filmpreis 1979 wurde für „Bis dass der Tod
euch scheidet“ vergeben, obwohl Martin Seifert und auch Katrin Saß auf
den unteren Plätzen der Popularitätsskala zu finden sind. Das heißt:
die Zuschauer suchten in diesem Falle die Identifikation mit „ihren“
Lebenserfahrungen über die Filmhandlung und die Figurenbeziehungen,
nicht primär über den Zeit-Typ der Darsteller.
Die geringen Zuschauerzahlen für F. Beyers „Jakob der Lügner“
(1974) und R. Kirstens „Ich zwing dich zu leben“ könnten auch so
gedeutet werden, dass Kommunikationswerte weder an Lebensproblemen der
Zuschauer noch durch soziokulturelle Identitäten mit den Darstellern
festgemacht werden konnten. F. Beyer unterschied bezeichnenderweise
zwischen zwei Wirkungsmöglichkeiten in seiner Filmarbeit.
„…beispielsweise ist die ‚Dona Juanita‘ eine völlig andere Art von
Film, in jeder Hinsicht, als der ‚Jakob‘. ‚Jakob der Lügner‘ ist nicht
unbedingt ein Film für große öffentliche Diskussionen, vielleicht nicht
mal für großes Kino. Er ist, wie viele andere, auf stille, intensive
Wirkung orientiert, braucht individuelles Erleben und Verarbeiten. Die
öffentlichen Aussprachen über ‚Dona Juanita‘ haben mir gezeigt, dass da
mit einer Sache latente Probleme aufgerissen wurden und eine im besten
Sinne publizistische Reaktion ausgelöst wurde… Die Leute redeten sich
die Köpfe heiß über Ehe, sozialistische Moral, Zusammenleben, bezogen
sich dabei immer wieder auf die Figur und ihre Geschichte, aber sie
diskutierten nicht über einen Film, sondern über sich und ihr Leben.
Ich kann nur sagen, mich interessieren beide Wirkungsmöglichkeiten und
ich halte beide für gleich wichtig für uns.“ [63]
Drittens: Das Massenpublikum in der DDR honorierte die große, aber
überschaubare dramatische Kinostory. Es leitete eine Filmerlebnisse
versprechende psychologische Dimension des Filmhelden, der Filmheldin
mit ab von der Popularität des/der Schauspieler/in. Es erhebt sich die
Frage, ob die Popularität von Jutta Wachowiak ausschließlich auf die
dramaturgischen Gehalte und das Rollenbild der Kommunistin Hella Lindau
in dem Film „Die Verlobte“ zurückzuführen ist oder welche
schauspielerischen Faktoren auszumachen sind, die als
Popularitätsphänomene weit über das Rollenbild der Kommunistin hinaus
gewirkt haben, die also die politischen Kommunikationswerte in
allgemein-menschlichen Kommunikationswerten aufgelöst haben.
Jutta Wachowiak hatte in ihren Filmrollen seit der Mitte der
siebziger Jahre Frauen gestaltet, die immer an einem Schicksal zu
tragen hatten. Erinnert sei an die Tochter in „Bankett für Achilles“
(R. Gräf, 1976), an die Jugendfürsorgerin in P. S. (R. Gräf, 1979), an
die Ehefrau Elisabeth in „Glück im Hinterhaus“ (H. Zschoche, 1979). Sie
brachte die Fähigkeit mit, Widersprüche zwischen Verbissenheit und
unbedingter Reinheit des Glücksanspruchs, zwischen Herbheit und
Zartseinwollen, zwischen verzweifeltem Ausbruch und Dulden in einer in
den DEFA-Filmen damals neuartigen und einzigartigen Emotionalität
darzustellen. Sie konnte so sukzessive einen neuen Frauentyp in der
DDR-Kinokommunikation mit ihrem Persönlichkeitstyp festmachen. Sie
entwickelte einen Zeit-Typ, der mit ihrer Hella-Lindau-Figur in „Die
Verlobte“ ihre bereits vorgeprägten Personifikationen auf einen für das
Massenpublikum in der DDR gültigen Nenner brachte. Das ritualisierte
Rollenbild der deutschen Kommunisten im antifaschistischen
Widerstandskampf, wie es in Geschichtsbüchern und in den öffentlichen
Ritualen des Gedenkens in der DDR staatlich sanktioniert (und auch
zensiert) wurde, verkörperte sie nicht. Sie machte mit ihrer
Emotionalität neue, allgemeinmenschliche Horizonte von existentiellen
Grundsituationen einer Gefangenen in Nazideutschland auf. Insofern
arbeiteten ihre Popularitätsphänomene gegen staatlich sanktionierte
Rollenbilder. Diese Widersprüche rechtfertigen die Frage, ob „Die
Verlobte“ tatsächlich – wie von staatlichen Leitungen bei der
Produktion verfolgt – an der Schwelle der achtziger Jahre zu einem
Höhepunkt der antifaschistischen Thematik in der Kinokommunikation der
DDR wurde. Zumindest war der „Liebesfilm“ von Rücker und Reisch ein
Bruch mit vielen Stereotypisierungen des Themas. Und die Regisseure
haben selber betont, dass sie nicht das ausgeprägte Stereotyp in der
DEFA von der Opfer- und Leidensrolle der Kommunisten fortsetzen
wollten. Es kam ihnen auf eine Liebe unter extremen, die moralische
Existenz bedrohenden Umständen an.
Für den Zusammenhang von DEFA-Spielfilmen antifaschistischer
Thematik und Wandlungen in Mentalität und Lebensweisen in der DDR an
der Schwelle der achtziger Jahre, wie er in der Kinokommunikation
sichtbar wurde, ließe sich hypothetisch formulieren, dass Neuansätze
zum antifaschistischen Thema beim DDR-Publikum nicht in erster Linie
Beachtung und Zuspruch fanden, weil seinerzeit ein allgemeines
Interesse an einer Faschismus-Diskussion in der DDR-Gesellschaft
bestanden hätte oder dass das Bewusstsein von den Traditionen des
antifaschistischen Widerstandes, wie sie von der KPD geprägt worden
sind, aus der Ritualisierung befreit worden wäre. Es ist vielmehr so,
dass erstens die Popularität von DEFA-Gegenwartsfilmen die
Aufmerksamkeit für „Die Verlobte“ und Jutta Wachowiak mitbestimmte. Das
heißt eine insgesamt dem DEFA-Spielfilm positiv zugewandte
Erwartungshaltung wirkte sich auch auf den Besuch der „Verlobten“ aus.
Zweitens: Die Aufmerksamkeit seitens des Kinopublikums und einiger
Filmkritiker für „Die Verlobte“ wurde von der Popularität der Jutta
Wachowiak und ihrem „Zeit-Typ“ bestimmt und nicht primär von dem
staatlich und seitens der SED sanktionierten Rollenbild des deutschen
Kommunisten im antifaschistischen Widerstand.
Das Interesse anderer DEFA-Regisseure an der antifaschistischen
Thematik ging dann nach der „Verlobten“ in die Richtung der
Psychologisierung der komplizierten Grenzsituationen. Verwiesen sei auf
die Auseinandersetzung mit dem Verrat unter Kommunisten und mit dem
Roman von Willi Bredel „Dein unbekannter Bruder“ (Regie: Ulrich Weiß,
1982). Ulrich Weiß und Wolfgang Trampe hatten im Gegensatz zu Bredel
einen Genossen zum Verräter der antifaschistischen Widerstandsgruppe
werden lassen und so eine existentielle Zuspitzung der Situation und
des in der DDR ritualisierten Rollenbildes des Kommunisten im
antifaschistischen Widerstandskampfes erreicht. In der Zeitschrift „Der
antifaschistische Widerstandskämpfer“ [ 6/1982], wurde diese
Darstellungsweise zurückgewiesen („So war es nicht!“). Gegen Ulrich
Weiß wurde vom Staatssicherheitsdienst eine „Operative
Personenkontrolle“ eingeleitet.
Anmerkungen
1] Hier sei auch verwiesen auf die chilenischen Filme
„Aufzeichnungen aus Marusia“, Miguel Littin, 1975; „Die Schlacht um
Chile“, Dokumentarfilm von Patricio Guzmán, 1974,1976,1979; auf den
bolivianischen Regisseur Jorge Sanjinés mit „Der Mut des Volkes“,1971,
„Der Hauptfeind“, 1974, „Raus hier“, 1977; auf die Filme des Griechen
Theo Angelopoulos „Die Rekonstruktion“, 1970, „Tage von 36“, 1972, „Die
Jäger“, 1977, von Takis Papayannides „Das Alter des Meeres“,1978, sowie
auf den Niko Belojannis gewidmeten Film „Der Mann mit der Nelke“ von
Nikos Tzineas, 1980; auf die gesellschaftskritischen Filme von Carlos
Saura „Anna und die Wölfe“,1973, und „Cousine Angelica“,1973; Juan
Antonio Bardem „Sieben Tage im Januar“, 1979; auf den ersten Versuch
einer Analyse des antifaschistischen Widerstandskampfes in Portugal von
Rogério Coitil „O Trunfo é Copas“, 1976. Weitgehend unbekannt blieben
in der DDR die montierten Dokumentarfilme des Spaniers Basilio M.
Patino: „Lieder für eine Nachkriegszeit“,1971, Erstaufführung 1976, „
Geliebte Henker“ ,1974, „Caudillo“, 1975
2] Verwiesen sei auf Andrej S. Smirnow „Der Belorussische Bahnhof“,
1969; Sergej Bondartschuk „Sie kämpften für die Heimat“, 1975; Nikolai
Gubenko „Gebrochene Schwingen“, 1977, Alexej German „Zwanzig Tage ohne
Krieg“, 1977, Larissa Schepitko „Aufstieg“, 1977
3] Vgl. Jurij Oserow „Befreiung“, 1966, Sergej Bondartschuk
„Soldaten der Freiheit“, 1977, Ljudmil Staikow „Das Attentat in der
Kathedrale“, Bulgarien 1977. Es wären aber auch Filme chilenischer
Emigranten zu nennen: Sergio Alarcon „Nacht über Chile“, SU 1977,
Orlando Lübbert „Der Übergang“, DEFA 1978, Helvio Soto „Es regnet über
Santiago“, Bulgarien/Frankreich 1976.
4] In: Erziehung der Gefühle. Rundschreiben der Regisseure Rücker
und Reisch an die Kollegen von Presse, Rundfunk und Fernsehen. In:
Peter Glaß: Kino ist mehr als Film. Die Jahre 1976 – 1990, Berlin 1999,
S.89; vgl. außerdem die öffentliche Diskussion zur antifaschistischen
Thematik in der DDR: Wie lebendig ist Geschichte? Kurt Maetzig, Konrad
Wolf, Lothar Warneke und Ruth Herlinghaus im Gespräch(1). In: Film und
Fernsehen, Heft 1, 1980, S.3-8; „…aber das Werden entwickelt sich
widerspruchsvoll“. Kurt Maetzig, Konrad Wolf, Lothar Warneke und Ruth
Herlinghaus im Gespräch (2). Ebd., Heft 7, 1980, S.3-7; Dieter Wolf:
Die Lebendigkeit eines großen Themas. In: Film und Fernsehen, Heft 5,
1980, S.4-9; Konrad Schwalbe: Herausforderung und Antwort. Zur
antifaschistischen Thematik im DEFA-Spielfilm. In: Film und Fernsehen,
Heft 9, 1979, S.15-17; vgl. insbesondere das thematische Heft von Film
und Fernsehen „Antifaschistische
Thematik-Widerstandsfilm-Liebesgeschichte?“. Film und Fernsehen, Heft
10, 1980
5] Vgl. Neues Deutschland vom 9. Mai 1979, S.4
6] Ebd.
7] Vgl. Beilage „Antifaschismus und Film – Geschichte, Gegenwart,
Aufgabe“. Texte des Internationalen Kolloquiums in Weimar 1980. In:
Film und Fernsehen, Heft 4, 1981, S.25-40
8] Günther Rücker: Die Verlobte. Texte zu sieben Spielfilmen, Berlin 1988, S.434
9] Ebd., S.375, S.380, S.416, S.428, S.439
10] Ebd.,S.377-79
11] Ebd., S.379/80
12] Ebd.,S.385
13] Ebd.,S.400/01
14] Ebd.,S.420
15] Ebd., 406/07
16] Eva Lippold: Haus der schweren Tore, Berlin 1971; Eva Lippold: Leben, wo gestorben wird, Berlin 1974
17] Zit. nach: Fred Gehler in: Ralf Schenk (Hg.): Cui bono, Fred
Gehler? Texte und Kritiken aus fünf Jahrzehnten, DEFA-Stiftung, Berlin
2012, S.180
18] Eva Lippold: Haus der schweren Tore, Berlin 1971, S.123-131
19] Ebd., S.125
20] Ebd., S.127
21] Ebd., S.127
22] Vgl. im Drehbuch die einzige Episode mit der Bertram: Günther
Rücker: Die Verlobte. Texte zu sieben Spielfilmen, Berlin 1988,
S.373/74
23] Vgl. ebd., S.379-381
24] Ebd., S.385
25] Ebd., S.379
26] Vgl. den Abschnitt „Transport“ im ersten Band der Trilogie. Eva Lippold: Haus der schweren Tore, Berlin 1971, S.209-266
27] Vgl. allein quantitativ die Waschhausepisoden: Günther Rücker:
Die Verlobte. Texte zu sieben Spielfilmen, Berlin 1988, S.388/89,
396/97, 400/01, 404, 408/12, 421
28] Vgl. den Abschnitt „Der Tyrann“. In: Eva Lippold: Haus der schweren Tore, Berlin, 1971, S.132f; vgl. aber auch S.105f.
29] Vgl. ebd., S.177f.
30] Vgl. ebd., S.197-207
31] Vgl. ebd., S.229f.
32] Vgl. ebd., S.253f.
33] Vgl. Die Verlobte. Drehbuch. In: Günther Rücker: Die Verlobte. Texte zu Sieben Spielfilmen, Berlin 1988, S.363-71
34] Ebd., S.371-85
35] Ebd., S.388-430
36] Ebd., S.432-41 (die Endfassung des Spielfilms weist Abweichungen vom Drehbuch auf)
37] Vgl. ebd., S.400 „Die Gedanken Hellas sollen nicht das Problem
des Paktes vor dem Zuschauer klären. Man soll sehen, wie quälend es sie
beschäftigt…“
38] Ebd., S.413/14
39] Vgl. ebd., S.429
40] Ralf Schenk(Hg.): Cui bono, Fred Gehler? Texte und Kritiken aus
fünf Jahrzehnten. Schriftenreihe der DEFA-Stiftung, Berlin 2012, S.181
41] Alle Zitate aus Dialogen und Monologen erfolgen auf der
Grundlage eines von mir angefertigten Tonbandmitschnitts der auditiven
Ebene des Spielfilms.
42] Vgl. nach dem Drehbuch in: Günther Rücker: Die Verlobte. Texte zu sieben Spielfilmen, Berlin 1988, S.385
43] Lew Felonow: Film als Montage. In Reihe: INFORMATION der HFF, Heft 3 und 4/ 1972, S.190
44] Vgl. nach dem Drehbuch in: Günther Rücker: Die Verlobte. Texte zu sieben Spielfilmen, Berlin 1988, S.430
45] Vgl. nach dem Drehbuch in: Günther Rücker: Die Verlobte. Texte zu sieben Spielfilmen, Berlin 1988, S.431
46] Vgl. Wolfgang Gersch: Selbstgefühl und Typus. Schauspieler in Film und Fernsehen. In: Film un d Fernsehen 9/1981, S.19
47] Vgl. zum Problem auch: Betriebsakademie des VEB DEFA Studio für
Spielfilme (Hg.): Alexander Mitta: Das Detail in der Struktur des
Films. Aus Theorie und Praxis des Films Heft 2/1982
48] Vgl. nach dem Drehbuch in: Günther Rücker: Die Verlobte. Texte zu sieben Spielfilmen, Berlin 1988, S.396/97
49] Ebd., S.396
50] „…aber das Werden entwickelt sich widerspruchsvoll“. Kurt
Maetzig, Konrad Wolf, Lothar Warneke und Ruth Herlinghaus im Gespräch
(2). In: Film und Fernsehen, Heft 7/1980, S.4
51] „Die Verlobte“. In: Sonntag, 37/1980. In: Ralf Schenk (Hg.):
Cui bono, Fred Gehler? Texte und Kritiken aus fünf Jahrzehnten.
Schriftenreihe der DEFA-Stiftung, Berlin 2012, S.181
52] Erziehung der Gefühle. In: Peter Glaß: Kino ist mehr als Film. Die Jahre 1976 – 1990, Berlin 1999, S.88
53] Vgl. Filmpreis 1980. In: Jugendmagazin „Neues Leben“, 6/81, S.20-21
54] Lt. Auskunft der HV Film im Ministerium für Kultur, Abt. Kulturpolitische Arbeit mit dem Film, Laufzeit bis 30.4.1981
55] Vgl. Rudolf Jürschik: Streitbare Spielfilme – sozialistisches
Lebensgefühl. In: Film und Fernsehen Heft 9/79, Beilage; Dieter Wolf:
Die Lebendigkeit eines großen Themas. In: Film und Fernsehen Heft
5/1980, S.8
56] Das Gespräch geht weiter. Der Film – Abbild oder Entwurf?
Interview mit Günter Reisch. In: Film und Fernsehen 9/1979, Beilage,
S.4; vgl. auch: Lutz Haucke: Die Filme des Günter Reisch. Ein Versuch
zu Problemfeldern der DDR-Filmgeschichte. In: Weimarer Beiträge 1979,
Heft 9, S.88-116
57] Filmpreis 1979. In: Jugendmagazin „Neues Leben“, 5/1980, S.42/43
58] Lt. Angaben der HV Film des Ministeriums für Kultur, Abt. Kulturpolitische Arbeit mit dem Film (Laufzeit bis 30.4.1981)
59] Mitteilung auf der Kulturbund-Tagung „Sozialistisches
Spielfilmschaffen der DDR. Wirkungen-Aspekte-Tendenzen-Ausblicke“ vom
7.12.1979 in Berlin(Ost)
60] Vgl. Zur Geschichte des DEFA-Spielfilms 1946-1949. Eine
Dokumentation. Reihe INFORMATION Nr. 3/4/5/6 - 1976, herausgegeben von
der Hochschule für Film und Fernsehen der DDR, Potsdam-Babelsberg, S.63
61] Vgl. Jugendmagazin „Neues Leben“, 5/1980, S.42-43
62] Vgl. Jugendmagazin „Neues Leben“, 6/1981, S.20-21
63] Über Jakob und andere. In. Film und Fernsehen 2/1975, S.24.
Beyer bezieht sich hier auf den vierteiligen TV-Spielfilm „Die sieben
Affären der Dona Juanita“(1973)
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