Thema | Kulturation 1/2005 | Deutsche Kulturgeschichte nach 1945 / Zeitgeschichte | Alexander Holmig | „Wenn`s der Wahrheits(er)findung dient ...“ Wirken und Wirkung der Berliner Kommune I (1967-1969)*
| Anlauf: Paris - München - Westberlin
Prolog: "Revolution von innen und außen?"
Totalisierung der Politik durch Inszenierung des Scheins
Erster Akt: "Der große Tanz"
Zweiter Akt: "Imagepflege"
Schlussakt: "Körper und Konflikte"
„Was ist die Kommune, diese Sphinx, die den
Bourgeoisverstand auf so harte Proben setzt?“
(Karl Marx, Der Bürgerkrieg in Frankreich)
Kommune I. Wenn überhaupt noch im kollektiven
bundesrepublikanischen Gedächtnis aufzufinden, so ist das zunächst
einmal ein Bild: Sieben Erwachsene, drei Frauen und vier Männer, sowie
ein kleines Kind stehen nackt mit dem Gesicht zu einer Wand. Die Wand
ist, bis auf ein kleines Waschbecken links der Gruppe, weiß und kahl.
Ihre Arme sind erhoben, ihre Beine wie bei einer polizeilichen
Feststellungsmaßnahme leicht gespreizt. Abgesehen von dem kleinen Kind,
das sich im Augenblick der Aufnahme dem Fotografen zugewandt hat, sind
von den Beteiligten lediglich die unbedeckten „Rückansichten“ zu sehen.
Seit seiner ersten Veröffentlichung erhielt dieses Bild des
Fotografen Thomas Hesterberg durch die bis heute kanonische
Wiederholung in den Medien eine nahezu symbolische Dimension. [1]
Immer dann, wenn in den Medien von den sogenannten „68ern“ – einer mehr
bequemen als wirklich aussagekräftigen Sammelbezeichnung der Studenten-
und Jugendbewegung Ende der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts in der
Bundesrepublik Deutschland – die Rede ist, ist die Wahrscheinlichkeit
sehr hoch, dass jenes Bild auftaucht. Mit diesem Foto transportiert
sich auch ein bestimmtes Image der Gruppe der dort (Selbst-)
Dargestellten. Kommune I, das war und ist für Zeitgenossen und auch
Nachgeborene in spontaner Assoziation freie Liebe und Promiskuität,
groteskes sich gebärden in der Öffentlichkeit, Namen wie Teufel,
Langhans, Kunzelmann, Vollbart und Nickelbrille, wallende Locken oder
auch der tolle Körper der schönen Uschi Obermaier. Geistiger Motor
einer – keineswegs allein – bürgerlichen Neugier und Fantasiewelt.
Mythos. [2]
Innerhalb des Gesamtkomplexes Jugend- und Studentenbewegung der
60er Jahre gehörte die Berliner Kommune I zu jenen Gruppierungen, die
sich im Umfeld des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS)
herausbildeten und von innen und außen auf diesen Verband – dem „Motor
der außerparlamentarischen Opposition“ (Wolfgang Kraushaar) – und somit
auf die gesamte Bewegung maßgeblichen Einfluss ausübten. Das
wesentliche Merkmal der Kommune bestand in ihrem besonderen politischen
Selbstverständnis, der Betonung des subjektiven Faktors – amalgamiert
in der Forderung „das Private ist politisch“ – und ihren daraus
abgeleiteten Aktionsformen, seien es Regelüberschreitungen und
Provokationen direkter (Happening) und indirekter (literarischer) Art,
die Gegenstand der hier verfolgten Analyse sind.
Eine Beschäftigung mit der Kommune I fand bisher hauptsächlich im
Rahmen spezieller Darstellungen zur Erforschung der Geschichte des
Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) statt. [3] Nun
entwickelte sich die Kommune I zwar aus dem SDS heraus, wurde aber
später vom Verband ausgeschlossen. Die Zeit nach ihrem Ausschluss kommt
dort nur am Rande in den Blick. Durch die Existenz verschiedenster
Fraktionierungen innerhalb des SDS, sowie der Gruppierungen in seinem
Umfeld war außerdem das, was augenscheinlich geschlossen unter der
Bezeichnung „APO-Berlin (West)“ firmiert, durch eine ambivalente
Struktur gekennzeichnet. Soweit die Autoren der bekannten Literatur zum
Thema selbst Akteure und ehemalige Mitglieder unterschiedlicher
Fraktionen des SDS waren, ist es hier also notwendig das
Spannungsverhältnis von wissenschaftlicher Ambition, biografischen
Aspekten und zeitlichem Abstand im Blick zu behalten. Ähnliches trifft
auf Interviews, (auto-)biografische und Tagebuchaufzeichnungen
ehemaliger Kommunarden/-innen und Personen aus dem Gründerkreis und
Umfeld der Gruppe zu, die hier u. a. ausgewertet wurden.[4] Ende 2004 erschien erstmalig eine Monographie über die Kommune I. [5]
Bei der Beschäftigung mit der Literatur zum Thema Kommune I fällt
auf: ein ironischer, bisweilen sarkastischer Unterton schwingt vor
allem in älteren Publikationen mit. Präformierende Zuschreibungen für
die K I wie z.B. „existenzialistische Pseudolinke“, „Politclowns“,
„Springers Hofnarren“, „Horrorkommune“ etc. finden dabei Verwendung,
wirken von vorn herein diskreditierend und erschweren den
unvoreingenommenen Zugang zum historischen Gegenstand. [6]
Wolfgang Kraushaar hat darauf hingewiesen, dass die Mitglieder der
„Protagonisten einer Aktionsmethode [darstellten], die für eine gewisse
Zeit außerordentlich erfolgreich war“, die dabei aber „von den meisten
Zeitgenossen nicht verstanden wurde“. [7] Was genau kennzeichnet den Politikbegriff – das „Politische“ – der Kommune I?
Anlauf: Paris – München – Westberlin
1957 vereinigten sich in Frankreich verschiedene, in der Tradition
des Dadaismus, Surrealismus und der Lettristischen Internationale der
späten 40er Jahre stehende, Künstlergruppen zur Situationistischen
Internationale (S. I.), deren Kritik sich gegen die fest gefügten
Strukturen moderner europäischer Industriegesellschaften in ihren
Teilbereichen wie z.B. der Architektur, des Städtebaus, des Verkehrs,
des Kunstmarktes, der Film- und Freizeitindustrie usw. richtete, und
die sie durch die Störung bzw. „Umgestaltung“ von alltäglichen,
funktionalen Abläufen (z.B. das Verändern von Verkehrsschildern) zum
Ausdruck bringen wollten:
„Unser Hauptgedanke ist der einer Konstruktion von Situationen –
d.h. der konkreten Konstruktion kurzfristiger Lebensumgebungen und
ihrer Umgestaltung in eine höhere Qualität der Leidenschaft.“. [8]
Anders formuliert: in der Erschaffung eines experimentellen
Erlebniszusammenhangs sollten konkrete gesellschaftliche Verhältnisse,
die ihnen innewohnenden funktionalen Abläufe und Gewohnheiten durch
„spektakuläre“ Aktivitäten gezielt gestört werden. Als zentraler
Begriff in der Denkart der Situationisten stand hierfür „détournement“,
was übersetzt soviel wie „umfunktionieren“ oder „Zweckentfremdung“
bedeutet. Einer Sache wird die ihr ursprünglich zugewiesene Bedeutung
und Funktion genommen, indem sie in einem neuen, ungewohnten
Zusammenhang mit erweitertem Sinngehalt genutzt wird. Es wurde das Ziel
verfolgt, in einem Prozess des Hinterfragens gewohnter Abläufe, sowohl
bei Zuschauern als auch Beteiligten, kritisches Bewusstsein entstehen
zu lassen.
Seit sie 1959 den Münchner Kongress der Situationisten ausgerichtet
hatte, war die Schwabinger-Künstlergruppe SPUR, als deren deutsche
Sektion, Mitglied der S.I. Im Kern bestand SPUR zu diesem Zeitpunkt aus
nur vier Leuten, den Malern Hans-Peter „HP“ Zimmer, Helmut Sturm,
Heimrad Prem und Lothar Fischer. Zu ihnen gesellte sich Ende 1960
Dieter Kunzelmann, der in Schwabing das Leben eines Bohemiens führte,
dessen Interessen bis dato aber weniger der Malerei, sondern der
Literatur galten. Mit seinem autodidaktisch angeeigneten Wissen über
die Frankfurter Schule, aber auch Marx und psychoanalytischer Literatur
ergänzte er die Gruppe in ihrer gesellschaftskritischen Ausrichtung um
den Part des Theoretikers. In Flugblättern und der von ihnen
herausgegebenen Zeitschrift „SPUR“ – dem deutschsprachigen Organ der
S.I. – provozierten und kritisierten sie die lebensweltliche Realität
der Adenauer-Ära, gegen weltliche und kirchliche Autoritäten, sexuelle
Unfreiheit, Massenkonsum und Manipulation. So heißt es z.B. in einem
1961 herausgegebenen Flugblatt mit dem Titel „Januarmanifest“:
„1. Wer in Politik, Staat, Kirche, Wirtschaft, Militär, Parteien,
soz. Organisationen keine Gaudi sieht, hat mit uns nichts zu tun. (...)
14. So wie Marx aus der Wissenschaft eine Revolution abgeleitet hat,
leiten wir aus der Gaudi eine Revolution ab. (...) 18. Wir fordern
allen Ernstes die Gaudi. Wir fordern die urbanistische Gaudi, die
unitäre, totale, reale, imaginäre, sexuelle, irrationale, integrale,
militärische, politische, psychologische, philosophische ... Gaudi.“ [9]
Der spielerische Mensch, Johan Huizingas „homo ludens“, als
Sinnbild der Wiederaneignung einer durch Faschismus, Krieg und
Verdrängung verlorenen gegangenen Phantasie; einzig dem „Prinzip
Hoffnung“ (Ernst Bloch) verpflichtet. Das, was die Gruppe SPUR in ihren
Schriften aber noch hauptsächlich in ihrer Malerei transportierte, kann
als der „Beginn einer ästhetisch-politischen Opposition in der
Bundesrepublik“ bezeichnet werden. [10]
Nach dem Ausschluss von SPUR aus der S. I. wandte sich Dieter
Kunzelmann nun mehr der politischen als der künstlerischen Tätigkeit zu
und initiierte 1962 die Gründung der „Subversiven Aktion“. Die Gruppe
bildete Sektionen (sog. „Mikrozellen“) in München, Berlin (West) und
Nürnberg, später auch in Stuttgart und Frankfurt/Main. Zu ihr gehörten
in Berlin Rudi Dutschke und Bernd Rabehl, die aus der DDR nach
West-Berlin gekommen waren, um an der Freien Universität zu studieren.
Vor dem theoretischen Hintergrund der Philosophen und Soziologen der
Frankfurter Schule, Theodor W. Adorno, Max Horkheimer, Herbert Marcuse
aber auch Karl Marx und psychoanalytischen Schriften von Sigmund Freud
und Wilhelm Reich definierten sie sich als eine „direkt auf Aktion
ausgerichtete Pariaelite (...) [mit dem Ziel der] Entblößung
gesellschaftlicher Repression.“ [11] Mit ihrer Forderung
„Kritik muß in Aktion umschlagen“ wollten die Mitglieder der
Subversiven Aktion das was die kritische Theorie lediglich analysiert
hatte, nun in die Praxis umsetzen. Ihre Proteste gegen den
Vietnamkrieg, gegen die Manipulation durch die Medien (z.B. sprengten
Mitglieder der Gruppe eine Jahrestagung von Werbeleitern in Stuttgart),
Flugblätter gegen den Massenkonsum (vor allem zur Weihnachtszeit)
wurden begleitet durch Diskussionen um die richtige revolutionäre
Konzeption, woran sich die Gruppe schließlich spaltete. Der Widerspruch
wurde zur Herausforderung. Die Berliner Mikrozelle bildete schnell ein
eigenständiges Profil heraus, nannte sich „Anschlag-Gruppe“ und gab
unter gleichem Namen eine Zeitschrift für die gesamte Subversive Aktion
heraus, in der deren inhaltliche Spaltung zwischen traditionellem
Marxismus und Kulturindustriekritik deutlich wurde. [12] Bei
aller unausdiskutierten Zusammenarbeit waren hier zwei
Vorstellungswelten aufeinandergeprallt, die sich – zumindest was einige
Personen wie z. B. Kunzelmann und Dutschke betraf – magisch anzogen.
Der Berührungspunkt lag im aktionistischen Moment.
Als neue Plattform für die Durchsetzung von politischer Praxis
suchte man Anfang 1965 die Nähe des Sozialistischen Deutschen
Studentenbundes (SDS), einer ehemals SPD-nahen[13] Vereinigung,
in der zu dieser Zeit hauptsächlich traditionelle Politikformen
dominierten. Der Übertritt von Mitgliedern der Subversiven Aktion in
regionale Gruppen des SDS in München aber vor allem in Westberlin
(Dutschke, Rabehl) sollte sich schon bald als „folgenreiche
‚aktionistische‘ Symbiose“ (Karl A. Otto) für die Entstehung einer
„Antiautoritären Bewegung“ erweisen. Die sich herauskristallisierenden
Strömungen zwischen einer, wenn man so will,
subversiv-existenzialistischen Richtung um Kunzelmann („die Münchner“)
und einer subversiv-aktionistischen um Dutschke/Rabehl („die Berliner“)
veranschlagten im Jahr darauf eine seit langem fällige gemeinsame
Aussprache und weiterführende Strategiediskussion ihres
Unterwanderungskonzepts.
Mitte bis Ende Juli 1966 trafen sich in einem Landhaus am Kochelsee
in Bayern 9 Männer, 5 Frauen und 2 Kinder: die „Viva Maria“-Gruppe,
benannt nach einem anarchistisch inspirierten Film von Louis Malle. [14]
Unter ihnen Mitglieder der Subversiven Aktion, Studenten und
SDS-Mitglieder wie beispielsweise Rudi Dutschke, Bernd Rabehl, Dieter
Kunzelmann, Marion Stergar, Dagmar Seehuber, Hans-Joachim Hameister,
Eike Hemmer u.a.. Sie diskutierten eine Woche lang über Bedingungen und
Möglichkeiten von revolutionärer Praxis in Westeuropa und hierbei
rückten kollektive Wohnprojekte in den Mittelpunkt des Interesses. Die
Schlüsseltexte innerhalb der Debatten in Kochel bildeten die Schriften
Herbert Marcuses „Triebstruktur und Gesellschaft“, der Aufsatz
„Repressive Toleranz“ und sein bis dato nur in englisch vorliegender
„One-Dimensional Man“. [15] Vor dem integralen
Manipulationszusammenhang den Marcuse hier für fortgeschrittene
Industriegesellschaften entwirft, sahen die Diskutierenden nur eine
Möglichkeit der Befreiung: die bürgerliche Vereinzelung musste in
handlungsfähige politische Lebens- und Wohngemeinschaften,
revolutionäre Kommunen überführt werden. Der marxistischen
„Tendenzanalyse“ in den Theoriezirkeln des traditionell strukturierten
SDS sollte mit konkreter Praxis als neuer Form politischer Arbeit
begegnet werden, um durch die Emanzipation von der eigenen, bürgerlich
geprägten Sozialisation die Gesellschaft nachhaltig zu verändern. Die
Trennung zwischen „Freizeitsozialismus“ im SDS und „Privatexistenz“
musste aufgehoben werden.
Treibende Kraft hinter den Kommuneplänen war Dieter Kunzelmann, der
nun von den anderen erwartete, was er für sich längst vollzogen hatte:
die bürgerlichen Wurzeln kappen, die Sicherheiten aufgeben, die eigene
Persönlichkeit riskieren, Zweierbeziehungen und das Privateigentum
grundsätzlich in Frage zu stellen – kurz: das Privatleben rigoros zu
politisieren. [16] Die Meinungen der übrigen, auch die von
Dutschke, schwankten zwischen Begeisterung und Skepsis. Noch herrschten
innerhalb der Gruppe keine konkreten Vorstellungen über das „Wie“ des
Anfangens. Die „Viva-Maria“-Gruppe trug ihre Überlegungen im Herbst
1966 in den Berliner Landesverband des SDS, wo sich in den folgenden
Wochen eine sehr wortreiche und heterogene Kommune-Diskussion
entwickelte in der besonders konzeptionelle Differenzen zu Tage traten.
In den ersten Aktionen der inzwischen auf 25-30 Leute angewachsenen
Kommune-Gruppe, wie der Sprengung einer Diskussionsveranstaltung des
AStA der Freien Universität Berlin mit Rektor Lieber am 26. November
1966 (bei der Mitglieder der späteren Kommune 2 das sogenannte
„Fachidioten-Flugblatt“ verlasen) oder auch dem Happening der späteren
K I anlässlich einer Anti-Vietnamkriegs-Demonstration am 10. Dezember
1966 (begleitet von Sprechchören wie: „Weihnachtswünsche werden wahr,
Bomben made in USA!“ und anschließender Konfrontation mit der Polizei)
offenbarte sich zudem eine neue Art von Protestpraxis.
In der Konsequenz ihrer theoretischen Diskussionen beschlossen Ende
Dezember 1966 zwölf Mitglieder der Kommune-Gruppe künftig
zusammenzuleben. Für sieben von ihnen stand nach einer kräftezehrenden
Aussprache in den Morgenstunden des 1. Januar 1967 fest, das Wagnis
Wohngemeinschaft einzugehen. Es waren Dieter Kunzelmann (27 Jahre alt),
Dagmar Seehuber (28), Hans-Joachim Hameister (26), Fritz Teufel (23),
Volker Gebbert (27), Dorothea Ridder (24) und Ulrich Enzensberger (22).
Die „1. Berliner Kommune“: Kommune I.
Prolog (Januar – März 1967) – „Revolution von innen nach außen?“
Eine Möglichkeit zusammen zu ziehen hatte sich durch Ulrich
Enzensbergers Freundin Dagrun Enzensberger (37 Jahre), die geschiedene
Frau seines Bruders Hans-Magnus (37), ergeben, die nun auch zur K I
stieß. Sie besaß Schlüssel zur Atelier- und Arbeitswohnung des
Schriftstellers Uwe Johnson in der Niedstr. 14, dessen eigentlicher
Wohnung in der Stierstr.3, sowie dem Haus ihres Ex-Mannes in der
Fregestr. 19, alle drei in Berlin-Friedenau gelegen. Johnson, der
längere Zeit in den USA weilte, hatte ihr die Wohnung für die Dauer
seines Aufenthaltes überlassen bzw. die Atelier-Wohnung an Ulrich
Enzensberger untervermietet. Erstes Resultat gemeinsamer Praxis der K I
war Ende Januar ein „Zirkular über unsere bisherige Entwicklung“, durch
das sie die abgebrochene Diskussion mit den „noch-nicht-eingezogenen“
Teilnehmern der Gesamt-Kommunegruppe wiederaufnehmen, oder besser,
forcieren wollten. Darin wurde resümiert:
„Unser politisches Programm ist nicht weiter gediehen als bis zur
Technik. An die Inhalte, die in unserer Selbstrevolution umgewälzt
werden müssen, haben wir uns noch gar nicht herangetraut. So können wir
zwar ohne weiteres die traditionelle Praxis öffentlich destruieren und
eine neue Demonstrationsform an ihre Stelle setzen. Sobald wir aber
über die Beschreibung der Technik hinaus sagen sollen, was denn mit
Hilfe dieser Technik geschehen, wozu sie verwandt werden soll, sind wir
überfordert. Der Rekurs auf die traditionelle Theorie läßt uns den
Faden verlieren.“ [17]
Auf der anschließenden Diskussion über das Zirkular, zu der die K I
am 29. Januar, in der Wohnung Stierstr. 3 eingeladen hatte, brachen die
Gegensätze in der seit dem Treffen in Kochel gewachsenen Kommunegruppe
offen aus. „In einer explosiven Atmosphäre, die Spannung drückte sich
in Anbrüllen, Rauslaufen usw. aus“ [18] spaltete sich die
Gruppe in drei Fraktionen. Die K I-Mitglieder wollten sich im
zukünftigen Zusammenleben vor weiterer politischer Arbeit zunächst auf
sich selbst und ihre psychischen Probleme konzentrieren.
Im Gegensatz dazu bestand eine andere Fraktion antiautoritärer
SDSler darauf, dass die Widersprüche der Individuen nur nach außen in
gemeinsamer politischer Arbeit, nicht nach innen in der vordergründigen
Zuwendung zu den psychischen Schwierigkeiten aufgelöst werden könnten.
Man hoffte, durch die kollektive Arbeit allmählich auch den Zugang zu
den persönlichen Problemen zu bekommen. Daher sollten kommuneähnliche
Wohn- und Arbeitsgemeinschaften aufgebaut werden, die als „funktionale
Einheit zur Ermöglichung von Praxis“ innerhalb des SDS den
„Freizeitsozialismus“ überwinden halfen, und als neues
Organisationsprinzip an die Stelle der bisherigen Theoriezirkel und
Arbeitskreise traten. Uwe Bergmann, Klaus Gilgenmann und Rainer
Langhans ließen sich auf der ordentlichen Landesvollversammlung des
Berliner SDS, am 4. Februar 1967, in den neuen „kollektiven“
Landesvorstand wählen. Letztere gründeten wenig später gemeinsam mit
Eike Hemmer, Eberhard Schulz, Jörg Schlotterer, Jan-Carl Raspe u. a.
die Kommune 2 (auch „SDS“- bzw. „Politkommune“ genannt), die als
Arbeitskollektiv in eine Wohnung im SDS-Zentrum, ein kriegsbeschädigtes
Haus am Kürfürstendamm 140, einzog. [19]
Andere, wie die „Revolutionäre“ Dutschke und Rabehl, zogen in
keines der Wohnkollektive und mussten sich eingestehen, den bloßen
„Versuch der Revolutionierung des bürgerlichen Individuums“ nicht
leisten zu können bzw. zu wollen – die „Dialektik der Aufklärer“.
Nach dem Eklat der Zirkulardiskussion vom 29. Januar zogen sich die
K I-Mitglieder vollständig aus der linken Öffentlichkeit in die
erwähnten Wohnungen zurück, um sich, wie angekündigt, vor weiterer
politischer Arbeit zunächst auf sich selbst zu konzentrieren. Es ging
darum, sich mit den einzelnen Lebensgeschichten der Mitbewohner zu
befassen, die nun plötzlich in der gemeinsamen Wohnung zusammenliefen.
Die im „Zirkular“ angesprochenen „Inhalte“, an die man sich „noch gar
nicht herangetraut“ hatte. Ulrich Enzensberger erinnert sich an diese
Zeit so:
„Später wurde jeder richtiggehend verhackstückt. Da kam auch der
Begriff ‚Psychoterror‘ auf, und der Begriff ‚Zweierbeziehung‘ in einer
ganz abwertenden Bedeutung. Jeder wurde psychologisch
auseinandergenommen und auf seine Autoritäten, auf seine Leitbilder und
sein Verhalten hin untersucht, total überprüft.“ [20]
War es „terroristische Selbstanalyse“ oder eine Art emotional
aufgeladene „Team-Vorbesprechung“? Neuerdings geben, erst im Jahr 2003
in die Bestände des Berliner APO-Archivs eingegangene, Justizakten
Aufschluss über diese gerade für die Herausbildung des K
I-Politikbegriffs konstitutive Phase. [21] Im Zusammenhang mit
dem Vorwurf der Anschlagsplanung beim Berlin-Besuch des
US-Vizepräsidenten Hubert Horatio Humphrey waren Mitglieder der Kommune
I am 5. April 1967 von Beamten der Abteilung I (Politische Polizei)
verhaftet worden. Sie wurden der Geheimbündelei bzw. der Gründung einer
kriminellen Vereinigung gemäß damals geltenden §§ 128, 129 StGB
verdächtigt, woraufhin die Atelier-Wohnung Niedstr. 14 polizeilich
durchsucht und Beweismaterial, u. a. ein „Schnellhefter rot ohne
Aufschrift“ und ein „Schnellhefter gelb mit der Aufschrift
‚Kommune-Protokolle Dagmar‘“, sichergestellt wurde. [22]
Die Aufzeichnungen im roten Hefter, unter dem Titel „Kommune-Organisation“, beginnen am 9. März 1967. [23]
Im Abschnitt „V. Internes“, finden sich protokollartige Mitschriften
einzelner Gespräche und Diskussionsrunden innerhalb der K I im Zeitraum
vom 13. März bis 4. April 1967. Er ist der eigentlich interessante Teil
des roten Hefters – wenngleich aufgrund des stichpunktartigen
Charakters der Mitschriften oft sehr kryptisch geraten. [24]
Den ersten Eintragungen vom 13., 15. und 17.3. ist noch stark der
Einfluss der Konzentration auf sich selbst und die psychischen Probleme
anzumerken, der man sich den gesamten Februar über zugewandt hatte. Man
bekommt einen Eindruck von bestehenden Eifersüchteleien und
entstandenen Spannungen zwischen einzelnen Kommune-Bewohnern. Ein
Bericht zur momentanen Gruppensituation sollte gegeben werden. Zwischen
unleserlichen Notizen erscheinen plötzlich die Begriffe
„Hausbes.[etzung, A. H.] spielwiese“, „einzug fabrikhalle“, „aktion“
und zum ersten Mal der Name „Humphrey“.
Der Entschluss einer weiteren Kommune-Aspirantin ob des
„chaotischen Zustands“ nun doch nicht in die Wohngemeinschaft
einzuziehen, bildete den Anlass einer Grundsatzdiskussion der
restlichen Kommunarden, die sich auf den folgenden Seiten Bahn bricht,
und in deren Zentrum man sich einigte, „auf das alte Problem wieder
einzugehen“. Die Vermittlung von Privatexistenz und politischer
Existenz musste wieder zum Hauptgegenstand von Kommune gemacht werden,
und durfte nicht, wie in den letzten Wochen geschehen, auf einen der
beiden Pole beschränkt bleiben. Am Vormittag des 19.3. wurde die
Diskussion (diesmal im Beisein von Rainer Langhans, der einen Umzug von
der K 2 in die K I erwog) erneut aufgenommen. Die Beantwortung der
Frage „Wie soll es konkret weitergehen?“ sollte in den nächsten Tagen
aus der Analyse der Kommunesituation erfolgen.
Ab dem 22.3. wurde versucht, die Gesprächsrunden durch eine neue
Form der „Reihendiskussion“ ergebnisorientiert zu intensivieren und
inhaltlich zu organisieren. Jedes Mitglied äußerte sich nun
nacheinander zu einem vorher gemeinsam vereinbarten Thema. Die
vernachlässigte politische Existenz kehrte allmählich in Form von
konkreten Aktionsvorstellungen zurück. Am Nachmittag des 24.3. war in
der K I eine heftige Diskussion über die Bedeutung gemeinsamer Aktionen
entbrannt. Einige empfanden es als Widerspruch, dass sie sich zum Ziel
gesetzt hatten den Alltag zu verändern und dabei im eigenen Alltag doch
wieder das „Altgewohnte“ machten, z.B. bei der Wohnungssuche. Die Idee
einer Hausbesetzung wurde wieder angesprochen. Thema des sich
anschließenden Reihengesprächs deshalb: „Revolutionierung des Alltags
u. Agitation“. [25]
Dieter Kunzelmann, der sich während der vorangegangenen Gespräche
über die privaten Bedürfnisse eher im Hintergrund gehalten hatte, sah
hier den Zeitpunkt gekommen, da sich die Diskussion wieder in eine auch
für ihn akzeptable Richtung entwickelte. Mit seiner Kritik forderte er
die anderen regelrecht heraus: die Überlegungen zur Hausbesetzung
fielen ja wohl „objektiv als Gedankenspielerei“ aus, „weil [die]
Wohnungssuche genauso weiterläuft. Wenn wir beginnen mit dem
Revolutionieren des Alltags der Bruch mit bürgerlichen Gesellschaft
schon stattgefunden haben muss.“ Damit gelang es Kunzelmann, geistiger
Vater der Kommuneidee, einen wesentlichen Begriff innerhalb der
Diskussion zu reaktivieren. „Der Bruch mit der bürgerlichen
Gesellschaft“ den er längst vollzogen hatte und seit jeher propagierte
(Vgl. „Notizen zur Gründung...“ vom Nov. 1966) war nun wieder auf der
Tagesordnung. Fritz Teufel reimte: „Wird der Spießer nicht enteignet,
bleibt er`s selbst, auch wenn er`s leugnet.“
In der Tat geht aus den Aufzeichnungen hervor, dass gerade die
Angst vor dem selbstauferlegten „Bruch mit der bürgerlichen
Gesellschaft“ das eigentliche Motiv der thematisierten „internen
Probleme“ darstellt. In annähernd allen folgenden Redebeiträgen
(Dorothea, Hans-Joachim, Volker, Ulrich) wird diese Angst kurz
angesprochen, um darauf in den Konjunktiv neuerlicher Aktionsvorschläge
verdrängt zu werden. Dieter Kunzelmann, im roten Hefter offenbar der
Protokollant dieser Diskussion, bemängelte genau das in nachgetragenen
Stichpunkten: „jedesmal wird etwas neues entwickelt – Widerspruch Ideen
u. Konkretion“.
Am 26.3. nahm die Kommune I am Ostermarsch der Kampagne für
Abrüstung teil. Einigen antiautoritären SDSlern war es gelungen, den
Demonstrationsverlauf durch gezielte „Provo-Aktionen“ massiv zu stören.
Es gab Verhaftungen. Im Vorfeld waren auf dem Kurfürstendamm auch
Mitglieder der K I (z.B.: Dieter und Dagrun) in polizeilichen Gewahrsam
genommen worden. Kunzelmann hatte Farbeier auf Polizeifahrzeuge
geworfen. [26]
Die Demonstration wurde am folgenden Tag ausgewertet und sogleich in Beziehung zur „Revolutionierung des Alltags“ gesetzt. [27]
Dagmar gestand offen: „Eierwerfen etc war bei mir purer Aktivismus“.
Das Gefühl von Isolation im Nachhinein habe ihr aber mehr Angst
bereitet als früher. Davon hänge jedoch die künftige Aktionsfähigkeit
der K I ab: „Für mich ist es wurst was wir hier drin in der K.[ommune]
tun. Das wir aber zukünftige Aktionen planen, schon jetzt. (Humphrey)
Wie wir agieren könnten. Wenn jeder vor sich hin popelt wird nichts.“
Fritz Teufel, dem es so vorkam als sei er bis gestern „rumgelaufen wie
ein Rindvieh“, machte deutlich, dass er die augenblickliche
Aktions-Abstinenz kaum noch ertrage. Die ständige Dominanz der internen
Probleme lasse ihn bereits ernsthaft über einen Ausstieg nachdenken.
Dagrun stimmte ihm zu und bemerkte, das es Zeit wäre andere
Lösungsansätze für die internen Probleme zu finden. Sie z.B. habe durch
ihre Verhaftung „einen Bruch geschafft u. auch endlich erfahren, daß
Angst absurd ist.“ Letztlich waren alle Diskutierenden von der
Notwendigkeit einer Aktion anlässlich des bevorstehenden
Berlin-Besuches des US-Vizepräsidenten überzeugt. Einigkeit auch in
Fragen der Form: eine provokative Störung in der Art eines politischen
Happenings.
Besuche und einhergehende Gespräche in der K 2 ließen deutlich
werden: die ursprünglichen Schwerpunktsetzungen beider Kommunen hatten
sich zwischenzeitlich verschoben. In der SDS-Kommune war man vom Ziel
„die Widersprüche der Individuen nur nach außen in gemeinsamer
politischer Arbeit aufzulösen“ abgekommen, und wandte sich mittlerweile
– ganz entgegen dem eigenen Vorsatz – doch vordergründig den inneren
psychischen Schwierigkeiten der Bewohner zu. [28] In der
Kommune I hatte man aber nicht einfach die Relevanz der beiden Pole
„privat“ (innen) und „politisch“ (außen) vertauscht, sondern war auf
dem Weg, der als hemmend empfundenen Dominanz der inneren Probleme
durch die stärkere Zuwendung zu politischer Arbeit in einer gemeinsamen
Aktion zu begegnen.
In den letzten Gesprächsnotizen[29] vor dem 6. April 1967,
dem Tag des Humphrey-Besuchs, steht ganz die Vorbereitung der Aktion im
Mittelpunkt. Am 2.4. stand der Ablauf fest. Demnach sollte die
Wagenkolonne des US-Vizepräsidenten auf ihrem Weg zum Rathaus
Schöneberg – dem damaligen Sitz der Westberliner Administration –
abgefangen werden. Unter Einsatz „möglichst vieler Roter Rauchbomben“
würde man zum Auto laufen und dabei Sachen wie „Superbälle“ (kleine
Vollgummi-Springbälle), Schlagsahne, Pudding oder auch „tutti frutti“
werfen. Sobald das Fahrzeug angehalten habe, sollten Lieder wie „Hoch
soll er leben“, „Backe, backe Kuchen“ oder „Berlin ist eine Reise wert“
gesungen werden. Anschließend wolle man sich verhaften lassen und den
zu erwartenden Gerichtsverfahren entgegen sehen. Der entscheidende Satz
in diesen letzten Notizen kam von Ulrich Enzensberger, der mittlerweile
zu der Überzeugung gekommen war, dass die Humphrey-Aktion als erste
gemeinsame Aktion der Kommune I nicht in erster Linie „nach außen“
wirke, „sondern die innerste Aktion überhaupt“ darstelle.
Zusammenfassend lässt sich feststellen:
Die internen Aufzeichnungen und Gesprächsprotokolle der Kommune I
dokumentieren die entscheidende Phase der Beschäftigung mit sich
selbst, die drei Wochen vom 13. März bis 4. April 1967. Die
ursprünglich schwerpunktmäßig verfolgte Auseinandersetzung mit den
internen Problemen der Kommunarden wurde in diesem Zeitraum zugunsten
einer konkreten politischen Aktionsplanung anlässlich des
Berlin-Besuchs von US-Vizepräsident Hubert Horatio Humphrey
zurückgenommen. Dabei ist die K I nicht – wie ihr später von
verschiedenen Seiten vorgeworfen wurde – an der Lösung der persönlichen
Probleme ihrer Mitglieder gescheitert, die nun einfach in Aktionen nach
außen kompensiert wurden. [30]
Vielmehr ist ihnen erstmals in der Praxis des gemeinsamen
Zusammenlebens bewusst geworden, das die beabsichtigte „Aufhebung der
Trennung von Privatsphäre und Öffentlichkeit“ nicht in der aufeinander
folgenden Einzelbearbeitung beider Felder zu leisten ist. Die
persönlichen (privaten, internen) Probleme resultierten schließlich, so
die Argumentation der Kommunarden, aus den gleichen Ängsten, die den
einzelnen an der Ausführung einer politischen Aktion, d.h. am
Aufbringen des nötigen Mutes gegen sich selbst und die eigene
Konditionierung auf bürgerliche Norm- und Wertvorstellungen, hemmen.
Die „Aktion“ wurde nicht zum Surrogat, um ungelöste persönliche
Probleme, unbewältigte Ängste zu verdrängen, sondern in der Aktion bzw.
im Mut der Teilnahme an ihr lag für die Kommunarden der Schlüssel zur
Problemlösung.
Bei dem Versuch die Ebenen „privat“ und „politisch“ vermitteln,
bildete die „Aktion“ den Transmissionsriemen. Die Außenwirkung der
Kommune bewirke zugleich eine innerliche Veränderung ihrer Mitglieder.
Das war es, was Ulrich Enzensberger auf den Punkt brachte, als er die
erste gemeinsame Aktion der K I nach außen zugleich als „innerste
Aktion überhaupt“ bezeichnete. Dadurch, dass die Sphäre des Privaten
auf der politischen Agenda der Kommune I verblieb, entwickelten sie
einen existenziellen, allumfassenden Politikbegriff.
Totalisierung der Politik durch Inszenierung des Scheins
In einer Ausgabe der Zeitschrift „Konkret“ von 1968 findet sich
eine Werbeanzeige, in der Bernward Vespers „Voltaire-Verlag“ das dort
soeben erschienene Buch „Klau mich“ der Kommune I anpreist. [31]
Darin ist die Rede von einem „Franktireur-Angriff auf die geheiligten
Piedestale‚ unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung‘ (...) Die
Satire will hier nicht Justizkritik üben, sie ersetzt in ihrer
Totalität die antiquierten Rechtsnormen bereits.“ Wer auch immer diese
Zeilen zu diesem Zeitpunkt verfasst hatte, er erfasste hier bereits den
Politikbegriff der Kommune I in seinem Kern.
Das Franktireur-Motiv taucht wieder auf bei Klaus Hartung, seit
Mitte der 1960er selbst Mitglied des Berliner SDS, der 1977 in seinem
„Versuch, die Krise der antiautoritären Bewegung wieder zur Sprache zu
bringen“ die Rückkehr eines längst überwunden geglaubten,
traditionellen Politikbegriffs beklagt. Eines Begriffs von Politik der,
so Hartung:
„die besten Fähigkeiten des Ichs, die List, das Tricksen, die
Freude, den Gegner an seiner schwächsten Stelle zu treffen, für nichts
erachtet – Fähigkeiten, die wir, wenn wir sie entwickelt haben, doch
nur mit schlechtem Gewissen gegen unsere Konkurrenten anwenden.
Politische Partisanen sind nicht gefragt.“ [32]
Genau diese „Politischen Partisanen“ [33] seien sie, die Antiautoritären und mehr noch die Kommunarden im Berliner SDS, aber zehn Jahre zuvor gewesen:
„Wir waren Subjekt und Objekt der Bewegung zugleich. Was wir gerade
begriffen hatten, hatten wir dem anderen voraus.“ Dies unterstreichend
fügte Hartung hinzu: „Die Auftritte von Rainer Langhans waren
sorgfältig inszeniert.“
Subjekt und Objekt zugleich – Privat ist gleich politisch. Einige
Jahre später hat Klaus Hartung seine Überlegungen zum Politikbegriff
der K I weiter präzisiert als „die Totalisierung der Politik“ [34]
bezeichnet. Darum sei es den Kommunarden im Kern gegangen. Nicht die
Verwirklichung eines individuellen Glücksanspruchs stand im
Vordergrund, sondern das Politische in seiner Gesamtheit neu zu
formulieren. Bringt man das mit den vorangegangenen Überlegungen in
Einklang, so könnte man auch sagen:
„Total“, also auf mehreren Ebenen gleichzeitig agieren kann nur,
wer sich in der Gestalt des Partisanen außerhalb jeglicher Norm stellt,
bisher gültige Spielregeln durchbricht, trickst, sich des „schönen
Scheins“ oder eines Kunstgriffs bedient. Genau diese Elemente
beinhaltete der Politikbegriff der Kommune I.
Wolfgang Kraushaar beschrieb diese „Neuformulierung des
Politischen“ (Hartung) als „immer das Gegenteil von dem, was
Realpolitik zu sein beanspruchte [betrieben durch] Bluff, Imitation und
Simulation.“ [35] Gerd Koenen nennt als wesentliches
Charakteristikum der Kommune I deren Fähigkeit der „Düpierung einer
bigotten Öffentlichkeit“. [36]
Das diese „Totalisierung von Politik“ keinen durchweg
kontrollierbaren Vorgang darstellte, darüber war man sich innerhalb der
K I sehr früh im Klaren. Der bekannte Sozialpsychologe Alexander
Mitscherlich bemerkte richtigerweise schon 1968, dass das Experiment
Kommune I eine Art „testing the limits, eine Erprobung der
Tragfähigkeit konstruierter neuer Situation“ darstelle. [37]
Als Resultat der Diskussionen Ende März 1967 hatten die Kommunarden
eine augenscheinliche Tatsache bereits erkannt: Wenn die äußere
(politische) und die innere (private) Wirkung einer Aktion gekoppelt
sind, so ist durch Steigerung des einen auch eine Zunahme des anderen
zu erwarten. In den Blick kam also das Feld des Wirkens, die Frage nach
dem „Wie?“ einer Aktion. Die Antwort lautete „Inszenierung“. In einer
Definition von Erika Fischer-Lichte zielt der Begriff der Inszenierung
„als ästhetische und zugleich anthropologische Kategorie [auf]
schöpferische Prozesse, in denen etwas entworfen und zur Erscheinung
gebracht wird – auf Prozesse, welche in spezifischer Weise Imaginäres,
Fiktives und Reales (Empirisches) zueinander in Beziehung setzen.“ [38]
Als kommunikatives Mittel für diesen Zweck hatte sich ja bereits im
Vorfeld die „Provokation“ als wirksam erwiesen. Deren Bedeutungskern,
so der Politikwissenschaftler Franz Schneider, beinhalte jenes
„Herausrufen, Herausfordern aus dem üblichen und Hereinholen in
Regelwidriges und Regelfremdes.“ [39] Schneider weist in diesem
Zusammenhang auf den Begriff der „Verfremdung“ hin, den Bertolt Brecht
einst für das Theater erfand, der sich aber inzwischen zu einer
„Kommunikationsstrategie allgemeiner Art“ entwickelt hätte, was
insbesondere für den Zeitraum Ende der 1960er Jahre gelte:
„Was Brecht meinte, ist dies: Verfremdung soll das
Selbstverständliche und Gewohnte wieder so fremd machen, daß man
disponiert wird zu einer neuen Eroberung und Erschließung seines Sinnes
und seiner Bedeutung. Verfremden heißt neue Distanz gewinnen zu allzu
Bekanntem, damit ein kritischeres Kennenlernen ermöglicht wird. Das
Staunen über sich selbst und die Zustände, die man aktiv oder passiv
formt, soll Veränderungsbewußtsein schaffen, das sich gegebenenfalls
zum Veränderungswillen verlängert.“ [40]
Das entspricht exakt jenen Merkmalen des situationistischen
„détournement“ – einer Tradition, die sich innerhalb der Kommune I vor
allem in Person eines Dieter Kunzelmann, manifestiert hatte.
Fassen wir einmal zusammen: Der Politikbegriff der Kommune I
erstrebte in seiner totalen Ausrichtung eine Neuformulierung des
Politischen. Sein Ziel war die Bewusstseinsveränderung – zunächst bei
den Kommunarden selbst, danach bei ihren Rezipienten. Die Auflösung und
Veränderung autoritärer Charakterstrukturen. Der Zweck ist die
Inszenierung, durch die das bewirkt werden sollte. Das Mittel hierfür
stellte die Provokation dar.
Kommune I, das war eine regelrechtes „Konzept spielerischer
Inszenierungen und ironischer Provokationen“, so der Kulturhistoriker
Wolfgang Ruppert, welches den „Normenbruch in symbolischen Formen“
beinhaltete. [41]
Die Kommune I verfolgte eine Kommunikationsstrategie, die mit Hilfe
der Theorie des Dortmunder Politikwissenschaftlers Thomas Meyers als
„Symbolische Politik“ beschrieben werden kann. Symbolische Politik in
dieser Lesart meint nicht das Handeln mit Symbolen, sondern „die Tat
als Symbol, als das andere ihrer selbst“. „Symbolische Politik ist
Kommunikation, die sich als Handeln verstellt.“ [42] Während in
der symbolischen Politik von oben ein Handeln zum Tragen kommt, in dem
nichts Wirkliches verdichtet und auf nichts Wirkliches verwiesen wird –
eine „Inszenierung des Scheins“ – , die die Strategie einer bloß
vorgetäuschten, „placebo-artigen“ Kommunikation (Manipulation)
verfolgt, geht die symbolische Politik von unten als
„Meta-Inszenierung“ darüber hinaus. Der Schein, der hier inszeniert
wird, behauptet nicht er sei real. Vielmehr soll er als
„Dramatisierungsritual einer gestörten Verständigung“ wirken. Eine
Placebo-Politik die – so paradox es zunächst klingen mag –
Reflexionsprozesse beim Publikum hervorrufen will. Hierzu noch einmal
Meyer:
„Symbolische Politik von oben lebt davon, daß wir das Placebo
schlucken, als wäre es gute Medizin. Symbolische Politik von unten
bietet es uns augenzwinkernd an, damit wir uns auf das, was wir tun,
neu besinnen. Symbolische Politik von unten enthüllt das, was die von
oben verschleiert. Das ist der klassische Unterschied zwischen
Manipulation und Aufklärung.“ [43]
Dadurch, dass etwas in der Art seiner Präsentation besonders
dramatisiert, überspitzt ist oder ad absurdum geführt wird – so durch
„Verfremdung“ im Brechtschen oder „détournement“ im situationistischen
Sinne –, soll der Schein durchschaubar, und eine „wirkliche
Kommunikation“ hergestellt werden.
Mittels Symbolischer Politik kann Kommunikation also entweder in
manipulativer oder aufklärerischer Absicht verzerrt werden. Die
Voraussetzung dafür liegt, so Meyer, im „Zutritt zu den Bühnen der
Massenkommunikation“, sprich: den Medien.
„Symbolische Inszenierung von unten ist daher nur als eine Ausnahme möglich. Ziviler Ungehorsam[44]
ist symbolische Politik von unten, aber eine, die durch öffentliche
Selbstthematisierung den Schein, den sie hervorbringt, selbst wieder
aufhebt. Sie nutzt die Gesetze der wirksamen Medienpräsenz, um
verdrängten Themen dramatische Öffentlichkeit zu verschaffen, und sorgt
durch das Arrangement ihrer Inszenierungen und deren Interpretation
dafür, daß der im Handeln erzeugte Schein nur zu dem Zweck genutzt
wird, den politischen Diskurs wiederherzustellen. Sie nutzt die Regeln
der Regie der Wahrnehmung, nicht um Fakten oder Argumente
vorzutäuschen, sondern, um ein gefährdetes Gespräch zu retten. Sie
macht den symbolischen Status ihrer Aktionen selbst noch zum Gegenstand
des Arrangements der Inszenierung.“ [45]
Diese Art der symbolischen Regelverletzung ist es, was von der K I
im Idealfall beabsichtigt wurde. (Zu den unangenehmen
Begleiterscheinungen jeglicher Praxis gehört aber auch die Tatsache,
mit wiederkehrender Regelmäßigkeit vom Ideal abzuweichen.) Der
Politikbegriff der Kommune I zeigt sich demnach in ihrem
inszenatorischen Wirken, als auch in der dadurch entfalteten Wirkung.
Erster Akt (April 1967 - Dezember 1967) – „Der Große Tanz“ [46]
Die erste, am Ende ihrer „Mammut-Diskussion“ minutiös geplante,
symbolische Inszenierung der Kommune I anlässlich des Besuchs von
Lyndon B. Johnson-Vize Hubert Humphrey wurde bereits beendet, bevor sie
überhaupt stattgefunden hatte. Am Mittwoch dem 5. April 1967, Tag der
letzten entscheidenden Vorbereitungen der Aktion, wurden 11 Kommunarden
„unter dem Verdacht, daß sie unter verschwörerischen Umständen
verabredet hätten, den Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten, H.
Humphrey, bei seinem Besuch durch Einsatz von Sprengkörpern oder
anderen gefährlichen Tatmitteln an Leib oder Leben zu gefährden“ von
der Berliner Politischen Polizei verhaftet.
Die CIA hatte die Telefon- und Raumgespräche der Wohnung Uwe
Johnsons (dessen Frau Elisabeth man des Kontakts zum Tschechischen
Geheimdienst verdächtigte) abgehört und in den Gesprächen der
Kommunarden über Rauchkerzen, Pudding und Törtchen die Vorbereitung
eines Attentats vermutet. Wie es sich für einen Nachrichtendienst
gehört, wurden diese „brisanten“ Informationen an die zuständigen
deutschen Behörden (Staatsschutz) weitergeleitet, die daraus für den
Bericht ein Bombenattentat konstruierten und an die Presse
weiterleiteten.
Die Zeitungsmeldungen am 6.4., allen voran die der Springerschen
Boulevardzeitungen, überschlugen sich förmlich. „Bild“ titelte:
„Geplant – Berlin: Bombenanschlag auf US-Vizepräsidenten – Elf
Verschwörer gefaßt“. Andere Blätter schwenkten in den Kanon der
Hysterie mit ein. Schon bald war klar, was da statt der vermuteten
Bomben geworfen werden sollte. Hierüber hielt sich die
Berichterstattung dann in Grenzen, besonders bei denen, die am
lautesten Zeter und Mordio geschrieen hatten. Über Rundfunk und
Fernsehen (ARD-Sendung „Panorama“) verbreitete sich die Meldung
weltweit. Selbst die „New York Times“ hatte die Kommune I auf ihrer
Titelseite.
Die Verhafteten mussten einen Tag nach dem Humphrey-Besuch wegen
fehlender Haftgründe wieder entlassen werden. Eine verhinderte
Scheininszenierung hatte, dank geheimdienstlicher Mithilfe und medialer
Eigendynamik, eine Wirkung entfaltet, wie sie sich die Kommunarden
nicht im Traum ausgemalt hatten. „Ein Nicht-Ereignis wurde zum weltweit
beachteten Spektakel (...).“[47] Zwar war das „Puddingattentat“,
wie es von jetzt an hieß, „bedauerlicherweise nicht zur Ausführung
gekommen“ (Kunzelmann) – was den Kommunarden, ob des
nichtzukalkulierenden Sicherheitsrisikos durch diensteifrige Secret
Service Leute sehr entgegen gekommen sein dürfte – doch mittels des
überraschenden Publizitätsschubs eröffneten sich nun inszenatorisch
noch breitere Möglichkeiten.
Die Kommune I nutzte sie. Nach einer ersten Pressekonferenz im
SDS-Zentrum im Anschluss an ihre Freilassung (7.4.) traf sich die K I
am darauffolgenden Vormittag mit Reportern des Magazins „Stern“ zum
Lokaltermin Niedstr. 14. [48] In dem daraus resultierenden
Artikel wurden die Eckpfeiler des künftigen K I-Medienimages gesetzt.
Zu richtigen „Medien-Profis“ sollten sich die Kommunarden allerdings
erst noch entwickeln. Auf der einen Seite rangiert in dem Stern-Artikel
die expressive Selbstdarstellung der Kommunarden, fassbar in rein
provokativen Aussagen wie z.B. „Maos Politik ist die einzige
realistische Formel für die Zukunft der Welt“ (Kunzelmann) oder „Die
sexuellen Probleme sind im Kommuneleben entkrampft“ (Langhans). [49]
Dem gegenüber steht die interpretierende Fremdwahrnehmung eines Autors,
von dem sich die Kommunarden das „inszenatorische Zepter“ stellenweise
noch zu leicht aus der Hand nehmen ließen. Aus der Langhans-Äußerung
wurde „ungezwungene Liebe im Kollektiv“ oder die erotisierende
Feststellung, dass die beiden verbliebenen Kommune-Frauen Dagmar und
Dorothea „theoretisch die Gefährtinnen sämtlicher männlicher Maoisten“
seien.
Obwohl die Inszenierung der K I hier noch sehr zaghaft und eher
unprofessionell vonstatten ging – besonders den Fotos merkt man ihre
„Gekünsteltheit“ und den Zeitdruck unter dem sie entstanden sind an
(Kunzelmann zog seine Jacke gar nicht erst aus) – verfehlte sie ihre
Wirkung nicht. Der „Mythos Sexualität“, ein Klischee von Partnertausch,
Gruppensex, Promiskuität und „freier Liebe“, war geboren, ein Placebo,
an dessen Entstehung die Kommunarden nur geringen Anteil hatten.
Als man in der Kommune I festgestellt hatte, dass sich mit der halb
lüsternen, halb moralisch sich entrüstenden Neugier des bürgerlichen
Publikums arbeiten ließ, wurde begonnen, Sexualität bewusst zu
inszenieren. Der Schein, der hier produziert wurde, war nicht so
einfach zu durchschauen, und das sollte er auch nicht, wohnte ihm doch
eine nützliche mediale Verstärkungsfunktion inne. Es wurde „geprotzt
mit etwas, womit die Kommune in der gerade anhebenden Ära des
Bettaufklärers Oswalt Kolle die allgemeine Phantasie und Neugierde auf
sich ziehen konnte.“ [50] Ein Beispiel, das berühmte Foto, der „kollektive Rückenakt“ der K I. Dazu die damalige Kommunardin Dagmar Seehuber:
„Im Sommer 1967 [Anfang Juni, A. H.] wurde ich darüber informiert,
dass ein Fotograf kommt und wir uns alle ausziehen sollten, um ein
Nacktfoto zu machen. Meine Idee war es sicherlich nicht, und ich weiß
nicht einmal mehr ganz genau, wie es zustande kam. Aber irgendjemand
muss den Fotografen [Thomas Hesterberg, A. H.] bestellt haben. Ich war
schon aus der Kommune I ausgetreten und weiß noch, wie ungeheuer
paradox ich das Ganze fand. Die Kommune I, die sich da nackt
hingestellt hat, bestand in der Form gar nicht mehr. Zu der Zeit wurde
zwischen Kommune I und 2 ziemlich hin und her gependelt, und offenbar
hat sich halt ausgezogen, wer gerade von den beiden Kommunen erreichbar
war.
Bei dieser Gelegenheit habe ich zum ersten Mal alle nackt gesehen
und bin überzeugt, dass es den anderen genauso ging. Es war wirklich
ein Foto für diese Geier vom ‚Spiegel‘. Aber es sollte sicherlich
sexuelle Tabus brechen, und so kam es ja auch draußen an. (...) Niemand
konnte ahnen, dass wir alle ein ziemlich verklemmter Haufen waren.“ [51]
In dem man den Fotografen mit der Herstellung dieses Fotos quasi
„beauftragt“ hatte, konnte die K I gleich „zwei Fliegen mit einer
Klappe schlagen“. Bevor das Bild - mit retuschierten Geschlechtsteilen
und unmissverständlicher Erläuterung, es handele sich um einen
bildlichen Protest gegen disziplinarische und strafrechtliche Verfahren
– verkaufsfördernd im Spiegel erschien, wurde es für ein eigenes
Projekt genutzt. Als rosa getöntes Deckblatt ihrer Mitte Juni 1967 im
Eigendruck hergestellten Broschüre „Kommune I – Gesammelte Werke gegen
uns“, einer Sammlung von an die Kommunarden gerichtete Briefe der
Eltern, des Disziplinarausschusses der FU, des Landgerichts Berlin,
diente das Foto (ganz ähnlich wie dem Spiegel) dazu, die „Kauflust und
Anteilnahme der Berliner Intelligenz in die rechten Bahnen zu lenken“. [52]
Das „Sex-Image“ der K I wirkte daneben durch den Verkauf von
Raubdrucken wie z.B. Wilhelm Reichs „Die Funktion des Orgasmus“ bis
hinein in die eigene studentische peer group, wo allein schon der Titel
„für an Kolles unbekannten Wesen geschulten Ohren eine
rasierklingenhafte Direktheit hatte.“ [53]
Ein weiteres Beispiel für die Inszenierung von Sexualität ist ein
Artikel in der Zeitschrift „pardon“ vom August 1967. Bezüglich des
„Männerüberschusses“ in der K I heißt es dort:
„Offensichtlich hat das Rezept eines Ex-Kommunarden nicht die
erhoffte Wirkung gehabt, um neue Gespielinnen einzugemeinden: ‚Es ist
wie bei der Pferdedressur. Erst muß einer das Tier einreiten, dann
steht es allen zur Verfügung. Erst ist es Liebe oder so was Ähnliches,
nachher nur noch Lust. Der Trick ist schrecklich einfach: Man macht ein
Mädchen verliebt, schläft mit ihr und markiert nach einer Weile den
Enttäuschten oder Desinteressierten. Dann überläßt man sie der
Aufmerksamkeit der anderen und das Ding ist gelaufen. So ist sie
vollwertiges Mitglied‘.“[54]
Auch wenn hier nicht einmal deutlich wird, welcher „Ex-Kommunarde“
das gesagt haben soll (vermutlich Hans-Joachim Hameister, denn Teufel,
Kunzelmann, Langhans, Enzensberger, Gebbert waren zu diesem Zeitpunkt
noch dabei), so ist hingegen klar, dass kein Körnchen Wahrheit in
dieser, wenngleich nicht sonderlich gelungenen, Provokation enthalten
war.
Einer der dieser Inszenierung aufsaß, war der Soziologe und spätere
Psychoanalytiker Reimut Reiche. In seinem Buch „Sexualität und
Klassenkampf“(zuerst 1968) verwendet er jenes „Pferdedressur-Zitat“ als
argumentativen Beleg seiner Kritik an den Kommunarden, die, so Reiche,
„die gesellschaftsüblichen Repressionen bei sich selbst noch nicht
einmal zu dem unmittelbar noch notwendigen Existenzniveau an
repressiven Zwängen und Verdrängungen abgebaut haben, sondern durch
viel grausamere Zwangssysteme ersetzt“ hätten. [55] Er hätte
gut daran getan, den auf jeder Ausgabe abgedruckten Untertitel der
Zeitschrift „pardon“ genauso ernst zu nehmen, wie die (vermeintlichen)
Äußerungen der Kommunarden. Dort steht: „die deutsche satirische
Monatsschrift“. [56]
Die Medienwissenschaftlerin Kathrin Fahlenbrach hat in ihrer
Untersuchung der Rolle visueller Kommunikation am Beispiel der
Studenten- und Jugendbewegung Ende der 1960er Jahre herausgearbeitet,
dass ein „zunehmend paradoxes Wechselverhältnis“ die Wirkung der
Protestakteure, so der K I, begleitete. Sie vertritt die These, dass es
dabei zur Überschneidung der expressiven Selbstdarstellung der Bewegung
und der ästhetischen Fremddarstellung durch die Medien auf der Ebene
der Gestaltung von Intensität, Dynamik und Gestalttypologien der
Protestsymbole gekommen sei. [57] Insofern wurde Reiche in
seinem Bezug auf das „pardon“-Zitat gewissermaßen zu einem „Opfer“ der
entstehenden Kluft zwischen Wirklichkeit und ihrer medial vermittelten
Wahrnehmung. Kommune I in den Medien entsprach einer inszenierten
Wirklichkeit, einerseits von ihr selbst und andererseits von den Medien
inszeniert.
Übersteigerte Artikel, wie der von Konkret-Herausgeber und Meinhof-Ehemann Klaus Rainer Röhl[58],
trugen somit auch in der linken Leserschaft ursächlich dazu bei, dass
die Inszenierungen der K I für wahr genommen, ihr Politikbegriff
letztlich – auch innerhalb der verschiedenen SDS-Fraktionen – nicht
verstanden wurde.
Am 3. Mai verteilte die Kommune I an der FU die Flugblätter Nr.
1-5, die zum Boykott einer Urabstimmung aufriefen und mit „SDS“
unterzeichnet waren. [59] Die K I wollte die Studentenschaft
und damit die Hochschulpolitik radikalisieren, sie verfolgten „die
Zerstörung von Mitbestimmungsillusionen und die Loslösung möglichst
vieler Studentinnen und Studenten von einer Fixierung auf
pseudoparlamentarische Spielwiesen in den Universitätsgremien bzw. im
Konvent der FU“ (Kunzelmann). Am 12. Mai fand eine
SDS-Landesvollversammlung statt, auf der über den Ausschluss der K I
abgestimmt wurde. In seinem „Referat zur Begründung des Antrags auf
Ausschluß der Kommune I aus dem Berliner SDS“ setzte sich Wolfgang
Lefèvre zunächst gegen den rechten Flügel der sogenannten
„Alte-Keulen-Riege“ und dann gegen die „pseudo-Linke“ der Kommune I ab,
der er eine „falsche Unmittelbarkeit“ bescheinigte. [60] Der
Vorwurf suggeriert, das die K I mit zu wenig „politischem“ Ernst
agierte. Doch gerade darum ging es ja, das war der entscheidende
Unterschied in der Wahrnehmung von Politik. Ein „altes Problem“ wurde
wieder evident: die Kluft zwischen einem „totalen“ und einem
„rationalen“ Politikbegriff lies sich nicht überbrücken, und spaltete
letztlich die Antiautoritären im Berliner SDS. [61] Am
eigentlichen Verhältnis Berliner SDS und K I änderte der Rauswurf indes
gar nichts. Man nahm wie gehabt an Mitgliederversammlungen teil und
pflegte dieselben Kontakte.
Die Kommune I hatte in den vorangegangenen zwei Monaten derartig an
Erfahrung und Selbstbewusstsein gewonnen, dass sie den SDS als Basis
gar nicht mehr benötigte. Mit dem bewusst in Kauf genommenen Ausschluss
trieb sie ihre „Idee der ironischen Entfernung vom revolutionären
Kalkül“ weiter voran, und vollzog den entscheidenden Schritt zur
„Autonomie der Theaterzelle in der Frontstadt“. [62] In ihrem folgenden Coup, dem Beispiel für symbolische Politik von unten par excellence, sollte sie das unter Beweis stellen.
Am 22. Mai 1967 ereignete sich im Brüsseler Kaufhaus „A
l`Innovation“, wo gerade eine Sonderausstellung amerikanischer Waren
gezeigt wurde, eine Brandkatastrophe mit über 300 Todesopfern. Am 24.
Mai verteilte die Kommune I auf dem Gelände der FU die Flugblätter Nr.
6-9, die, Elemente der Werbung und der Springertypischen
„Bild“-Berichterstattung aufgreifend, den Brand als ein „Großhappening“
belgischer Vietnamkriegsgegner darstellten. Hier Auszüge:
„Neue Demonstrationsformen in Brüssel erstmals erprobt
In einem Großhappening stellten Vietnamdemonstranten für einen
halben Tag kriegsähnliche Zustände in der Brüsseler Innenstadt her.
(...) Ich sprach mit dem Mitglied der pro-chinesischen Gruppe ‚Aktion
für den Frieden und Völkerfreundschaft‘ Maurice L. (21): ‚Wir
vermochten uns bisher mit unserem Protest gegen die amerikanische
Vietnampolitik nicht durchzusetzen, da die hiesige Presse durch ihre
Berichterstattung systematisch den Menschen hier den Eindruck
vermittelt, daß ein Krieg dort unten notwendig und zudem gar nicht so
schlimm sei. Wir kamen daher auf diese Form eines Happenings, die die
Schwierigkeiten, sich die Zustände beispielsweise in Hanoi während
eines amerikanischen Bombenangriff vorzustellen, beheben sollte.‘“
[Flugblatt 6]
„NEU ! UNKONVENTIONELL ! Warum brennst du, Konsument ? NEU ! ATEMBERAUBEND !
(...) Mit einem neuen gag in der vielseitigen Geschichte
amerikanischer Werbemethoden wurde jetzt in Brüssel eine amerikanische
Woche eröffnet: ein ungewöhnliches Schauspiel bot sich am Montag den
Einwohnern der belgischen Metropole:
Ein brennendes Kaufhaus mit brennenden Menschen vermittelte zum
erstenmal in einer europäischen Grossstadt jenes knisternde
Vietnamgefühl (dabeizusein und mitzubrennen), das wir in Berlin bislang
noch missen müssen.“ [Flugblatt 7]
„Wann brennen die Berliner Kaufhäuser?
Bisher krepierten die Amis in Vietnam für Berlin. Uns gefiel es
nicht, dass diese armen Schweine ihr Cocacolablut im vietnamesischen
Dschungel verspritzen mussten. Deshalb trottelten wir anfangs mit
Schildern durch leere Strassen, warfen ab und zu Eier ans Amerikahaus
und zuletzt hätten wir gern HHH in Pudding sterben sehen. (...) Unsere
belgischen Freunde haben endlich den Dreh heraus, die Bevölkerung am
lustigen Treiben in Vietnam wirklich zu beteiligen: sie zünden ein
Kaufhaus an, dreihundert saturierte Bürger beenden ihr aufregendes
Leben und Brüssel wird Hanoi. Keiner von uns braucht mehr Tränen über
das arme vietnamesische Volk bei der Frühstückszeitung zu vergiessen.
Ab heute geht er in die Konfektionsabteilung von KaDeWe, Hertie,
Woolworth, Bilka oder Neckermann und zündet sich diskret eine Zigarette
in der Ankleidekabine an. (...) Wenn es irgendwo brennt in der nächsten
Zeit, wenn irgendwo eine Kaserne in die Luft geht, wenn irgendwo in
einem Stadion die Tribüne einstürzt, seid bitte nicht überrascht.
Genausowenig wie beim Überschreiten der Demarkationslinie durch die
Amis, der Bombardierung des Stadtzentrums von Hanoi, dem Einmarsch der
Marines nach China. Brüssel hat uns die einzige Antwort darauf gegeben: burn, ware-house, burn!
Kommune I (24.5.67)“ [Flugblatt 8]
Die Folgen dieser provokativen Inszenierung ließen nicht lange auf
sich warten. Polizei und Presse (z. B. „BZ“ vom 26. und 27. Mai 1967)
reagierten sofort – auf die Kaufhaussatire folgte die Anklagesatire. Am
9. Juni 1967 bekamen die Kommunarden Post vom Generalstaatsanwalt des
Berliner Landgerichts, in der Fritz Teufel und Rainer Langhans
angeklagt wurden,
„durch Verbreitung von Schriften zur Begehung strafbarer
Handlungen aufgefordert zu haben, nämlich zum vorsätzlichen
Inbrandsetzen von Räumlichkeiten, welche zeitweise dem Aufenthalt von
Menschen dienen, und zwar zu einer Zeit während welcher Menschen in
denselben sich aufzuhalten pflegen. Die Aufforderung ist bisher ohne
Erfolg geblieben.“ [63]
Die Scheininszenierung war erfolgreich. Polizei, Presse und Justiz
hatten das Placebo geschluckt. Das Spektakel konnte beginnen.
Am 6. Juli 1967 begann vor der 6. Großen Strafkammer im,
überwiegend mit studentischem Publikum (ca. 80 Personen) und
Pressevertretern (ca. 60) gefüllten, Saal 500 des Landgerichts
Berlin-Moabit der Prozess „wegen Aufforderung zur menschengefährdenden
Brandstiftung“. Den Vorsitz hatte Landgerichtsdirektor Schwerdtner.
Oberstaatsanwalt Kuntze und ein weiterer Staatsanwalt waren Beisitzer.
Verteidiger der Kommunarden: Rechtsanwalt und „Alt-SDS-Mitglied“ Horst
Mahler.
Die Angeklagten wurden zur Sache befragt und erklärten, nichts habe
ihnen ferner gelegen, als zur Brandstiftung aufzurufen, sie wollten
lediglich in schockierender Form auf das amerikanische Vorgehen in
Vietnam aufmerksam machen. Ihre Antworten waren stellenweise so
geschickt, dass es ihnen gelang die Autorität „Gericht“ lächerlich zu
machen, sie zur Selbstentlarvung zu bringen und Reaktionen zu
provozieren, die einzig den Kommunarden zum Vorteil gereichten. Hier
einige Auszüge aus der „1. Moabiter Seifenoper“: [64]
„SCHWERDTNER: Warum wurden nun gerade diese Flugblätter
veröffentlicht, in denen es um den Brand des Warenhauses in Brüssel
ging?
TEUFEL: Es hat uns gereizt, die moralische Empörung der Leute
hervorzurufen, die sich niemals entrüsten, wenn sie in ihrer
Frühstückszeitung über Vietnam oder andere schlimme Dinge lesen.
SCHWERDTNER: Sie demonstrieren also gegen Vietnam? [sic!]
TEUFEL: Nicht nur, wir demonstrieren auch gegen die Saturiertheit und Selbstzufriedenheit...
SCHWERDTNER: Wer ist denn saturiert?
TEUFEL: Man kann es auch anders formulieren. Die Deutschen sind ein
demokratisches, freiheitliches, tüchtiges Völkchen. Sie haben zwar eine
Menge Juden umgebracht, aber dafür werden jetzt mit deutschen Waffen
Araber umgebracht, das ist eine Art Wiedergutmachung. – Es ist doch so:
Je mehr von den Schwarzen oder Gelben da unten verrecken, desto besser
ist es für uns.
SCHWERDTNER (erschrocken): Das meinen Sie aber doch nicht ernst?
Gelächter im Saal
TEUFEL: Doch – doch!
SCHWERDTNER: Und deswegen haben Sie das Flugblatt geschrieben?
TEUFEL: Wir wollten den Leuten mal wieder Gelegenheit geben, die
Wirrköpfe und Radikalinskis angewidert zu beobachten und nach dem Kadi
zu schreien.
StA KUNTZE: Und wenn nun irgendjemand auf den Gedanken gekommen
wäre, das zu probieren, was in den Flugblättern steht, eine Zigarette
in einer Umkleidekabine eines Warenhauses anzuzünden?
TEUFEL: Ich muß sagen, es ist keiner auf den Gedanken gekommen, daß
man das tun könnte – bis auf den Herrn Staatsanwalt. Der hat es aber
auch nicht getan, sondern eine Anklageschrift verfaßt.“
Am Nachmittag dieses ersten Verhandlungstages wurden von der
Verteidigung bestellte Gutachter gehört, die übereinstimmend zu dem
Ergebnis kamen, dass es sich im Falle der Flugblätter um Dokumente
bitterer Ironie, Parodie, Satire oder auch schwarzem Humor, aber
keinesfalls um Aufforderungen zur Brandstiftung handele. [65]
Am zweiten Verhandlungstag versuchte die nun arg in die Defensive
geratene Berliner Justiz mit einem – wie sich herausstellen sollte
unglücklich gewählten – Entschluss die Notbremse zu ziehen. Um Zeit zu
gewinnen, der mangelhaften Vorbereitung und dem schon erlittenen
Imageverlust der Justiz zu begegnen, ordnete die Strafkammer die
psychiatrische und neurologische Untersuchung der Angeklagten durch
Obermedizinalrat Dr. Spengler an, der ein ausführliches, schriftliches
und wissenschaftlich begründetes Gutachten einreichen sollte. Die
Hauptverhandlung wurde ausgesetzt.
Der Sommer 1967 wurde zum „Sommer der Kommune I“, die trotz (in der
Regel demobilisierend wirkender) Semesterferien die antiautoritäre
Bewegung in Berlin am laufen hielt, ihre eigenen symbolischen
Inszenierungen weiter perfektionierte, und zu einem regelrechten
„ästhetischen Schein des Kommunetheaters“ (Briegleb) verdichtete, wobei
ihre bekanntesten Protagonisten den Status von Popstars erreichten.
Wichtigste Voraussetzung der Wirksamkeit ihrer symbolischen Politik
von unten war die detaillierte Vorbereitung jeder Aktion. Dazu Langhans
(1977):
„Unsere freudigen Mienen, unser Spaß, unsere intellektuellen
Fähigkeiten waren sehr ausgeklügelt. Da war nichts ungeplant. Diese
ganzen Gerichtsgeschichten waren eine unendlich durchkalkulierte
Veranstaltung – immer mit dem Gefühl, daß sie uns Punkte liefern
mußte.“ Als ausgezeichnete Schauspieler zehrten sie dabei von der
Überwindung der Trennung von privat und politisch: „Wir konnten, wenn
sich jemand aufs Gefühl zurückzog, den Intellekt einsetzen. Und wenn
sich jemand auf seinem Intellekt ausruhte, dann konnten wir ihn so
verunsichern, daß plötzlich sein Intellekt nicht mehr hielt. Die Folge
war immer eine mangelhafte Reaktion.“ [66]
Aktionsvorbereitend auch das legendäre „K I-Pressefrühstück“ mit
anschließender akribischer Archivarbeit. Morgens arbeitete man sich
systematisch durch sämtliche Tageszeitungen. Berichte über eigene
Aktionen, Aktionen der antiautoritären Bewegung oder anderweitig
inspirierende Ereignisse wurden markiert, ausgeschnitten und im
Wohnzimmer-Büro der Kommunarden in Ordner geheftet. Hier herrschte nach
Aussagen eines Spiegel-Reporters „adrette Ordnung“, schließlich handele
es sich bei der K I ja um „eine deutsche Kommune“. [67]
Aktionsplanung durch Medienanalyse: Worin für die Kommunarden, analog
zu ihrem Politikbegriff, ein wichtiges Element politischer Arbeit
bestand, glaubten andere in erster Linie die Eitelkeit des
Zeitungslesers zu erkennen, der im Betrachten seines Konterfeis die
Erfüllung sieht.
Zweiter Akt (Januar 1968 – Oktober 1968) – „Imagepflege“
Der erste größere Höhepunkt der Kommuneaktivitäten 1968 bestand in
der, nach eigenen Aussagen, „Neu-Inszenierung des
Brandstifterprozesses“. Die Fortsetzung der im Juli 1967 ausgesetzten
Hauptverhandlung begann am 4. und endete am 22. März 1968. Während der
eigentlichen 8 Verhandlungstage zeigte sich, dass sich beide Seiten,
sowohl Justiz als auch die Angeklagten Teufel und Langhans, gut
vorbereitet hatten. Austragungsort diesmal: der bedeutend kleinere Saal
101 des Landgerichts. Lediglich 12 Plätze waren von Journalisten
besetzt, und zwar von solchen, die mehrheitlich als ständige
Gerichtsreporter wirkten. Fünf Uniformierte Polizisten und weitere
Beamte in zivil nahmen beinahe die Hälfte der verfügbaren
Publikumsplätze ein und sorgten so dafür, dass eine „nichtbegrenzte
Öffentlichkeit“ kaum möglich wurde. Wie hatte der
Spiegel-Gerichtsreporter Gerhard Mauz den Beginn jener „2. Moabiter
Seifenoper“ so treffend beschrieben: „Über die Toppen geflaggt,
illuminiert mit einem Scheinwerfer in jedem Bullauge und hunderttausend
Tonnen Wasser verdrängend, fährt das Zielschiff vor zwei mit
Spatzenbüchsen ausgerüsteten Fischdampfern auf.“ [68]
Aber die „Fischer“ verstanden sich im Umgang mit ihren
„Spatzenbüchsen“. In ihren verbalen Darbietungen perfektionierten die
beiden Angeklagten ihre, aus dem ersten Teil des Prozesses bekannten,
Vorgaben. Eine Auswahl:
„LANGHANS (weiter): Es geht mir jetzt darum, Sie zu fragen, wie Sie
darauf kommen können, daß das eine Aufforderung zur Brandstiftung sein
könne, das ist doch blödsinnig.
SCHWERDTNER: Was soll das heißen?
LANGHANS: Das heißt, das wir Leute, die sich zur Brandstiftung
aufgefordert fühlen, nur für blöd halten können – und da hat sich das
Gericht ja sehr hervorgetan.
StA TANKE: Auch in dieser Formulierung ist ein ungebührliches
Verhalten – ich stelle Antrag auf eine Ordnungsstrafe von einem Tag
Haft.
(...)
TEUFEL [an den Schweizer Psychiater Dr. Georgi, einem Zeugen der
Verteidigung, A. H.]: Eine Zusatzfrage: Gibt es in der Psychiatrie eine
Krankheit, die man umschreiben könnte mit krankhaftem Verhängen von
Ordnungsstrafen. Sind Fälle bekannt und welche Therapie würden Sie
vorschlagen?
SCHWERDTNER (lachend): Das ist wieder eine Unverschämtheit.
Beschluß: 2 Tage Haft.“
Gerade auch jenes psychiatrische Gutachten – der Grund für die Vertagung des Prozesses im Juli 1967 – bot beste Angriffsflächen[69]:
„RA MAHLER: Was verstehen Sie als normales sexuelles Verhalten und was als abnormes, ganz allgemein?
SPENGLER: Wo da die Grenze liegt, ist sehr schwer zu sagen. (...)
RA MAHLER: Sie müssen aber doch die Tatsachen nennen können, auf denen das Gutachten basiert.
SPENGLER: Ich habe gesagt, ich habe Herrn Teufel in der damaligen Verhandlung wegen Landfriedensbruchs und auch hier beobachtet.
RA MAHLER: Und Sie meinen, daß sich da ein abnormes sexuelles Verhalten gezeigt hat?
TEUFEL (sanft): Habe ich etwa dem Vorsitzenden unsittliche Anträge gemacht?“
Sie hatten ihr Ziel erreicht: die Justiz zu provozieren, deren
häufig absurd-bürokratische Formen durch Bloßstellung lächerlich zu
machen und zu entlarven. Den Kommunarden war es ein weiteres Mal
gelungen, den Gerichtssaal zu einer Bühne ihrer symbolischen Politik
umzufunktionieren. Die Angeklagten wurden auf Kosten der Landeskasse
Berlin freigesprochen.
Auf einen anderen inszenatorischen Aspekt der K I-Symbolpolitik sei
im Zusammenhang mit dem Prozess hingewiesen. Nennen wir ihn
„Äußerlichkeiten“. Folgende Episode ereignete sich zu Beginn des ersten
Prozesses gegen die Kommunarden im Juli 1967: einem jungen Mann mit
dicht gelockten – und für damalige Verhältnisse langen – Haaren, der
Sandalen, hellblaue schmutzige Jeans, ein weißes Frotté-Hemd, eine rosa
Leinenjacke und ein Mao-Abzeichen trug, wurde von einem Wachtmeister
(zunächst) der Zutritt zum Gerichtsgebäude verwehrt, da „Gammler hier
keinen Zutritt hätten“. Bei dem jungen Mann handelte es sich um den
Angeklagten Rainer Langhans.
Im März 1968 hatte man die Garderobe wiederum sehr sorgfältig
zusammengestellt. In der einerseits präzisen Beschreibung des Äußeren
der beiden Angeklagten durch den Gerichtsreporter Gerhard Mauz schwingt
zugleich schon die Wirkung mit, die hierdurch erreicht werden sollte:
„Rainer Langhans, 27, gleicht unter einem Atompilz von – eigens zur
Sitzung vom Figaro hergerichteten – Locken einem Papua-Medizinmann. Zu
einem lindgrünen Litewka-Jäckchen [Uniformrock mit Umlegekragen, A. H.]
mit orangenen Knöpfen, mit Mao-Kragen und Manschetten in blau trägt er
hellblaue Jeans. Durch Lockenstrudel hinter kreisrunden Brillengläsern
hervor späht er mit den Augen eines melancholischen Mäuserichs.
Fritz Teufel, 24, ist in einem fast knielangen Kittel oder
Frisiermantel gekleidet, auf dessen Orange silberne Knöpfe blitzen,
während Manschetten und Mao-Kragen in Violett erstaunliche Akzente
setzen. Haar und Bart dieses Angeklagten, eine perfekte Rundumfrisur,
sind vergleichsweise dezent und erinnern an nicht mehr als den
Klabautermann oder Oberammergau. Auch lassen die eher elliptischen
Brillengläser Fritz Teufel stillvergnügt wie Disneys Porky und nicht
wie Karl Luxemburg blicken. Erst zwischen Kittelsaum und Boden gelingt
ihm die totale Schändung der abendländischen Kleiderordnung [sic!],
trägt er doch dunkle Hosen mit Nadelstreifen, unter denen gelbe Socken
in Wildlederschuhen stecken.“ [70]
Ein Charakteristikum von Kleidung ist, neben dem rein funktionalen
Aspekt, die mit ihr transportierte Symbolhaftigkeit. So kann mittels
Textil eine Einstellung, die Zugehörigkeit und Position innerhalb eines
bestimmten Wertekanons, ein „Abgrenzungsbedürfnis“ zum Ausdruck
gebracht werden. [71] Diese seit frühester Zeit allgemein
bekannten Tatsachen hatten die K I-Mitglieder bereits in die
Überlegungen ihrer großen Diskussionsrunden im März 1967 mit
aufgenommen. Ein weiteres, in der „Abgrenzung“ gleichsam schon
enthaltenes, Motiv ist „Selbstdarstellung“. Für die K I wurde dieses
Motiv das Ausschlaggebendere im Umgang mit Kleidung. Möglich war damit
die gezielte Provokation, so Kunzelmann, durch „Verkleiden und
Entkleiden und auch durch Verkleidung etwas zu entkleiden.“ [72]
Durch „Maskerade“ sollte gesellschaftliche Maskerade ad absurdum
geführt werden (so bei weiteren K I-Aktionen am 9., 12., 18.8. und
15.9. 1967). Gerade bei den Kommune-Prozessen wurde deshalb, neben der
inhaltlichen Vorbereitung, gesonderter Wert auf die Kleidungs-Auswahl
gelegt, wie Kunzelmann weiter bestätigt.
Analog dem oben beschriebenen Politikbegriff der Kommune I
verbindet sich in dieser Art der „Selbstdarstellung“ das Mittel, die
Provokation, mit dem Zweck, der Inszenierung.
Kathrin Fahlenbrach vertritt in ihrer Studie die These, dass die
Jugend- und Studentenbewegung der 1960er Jahre, die sie als
„habituellen Generationenkonflikt“ beschreibt, als erste soziale
Bewegung in der BRD ihren Widerstand gegen die kulturelle Ordnung („die
Lebensformen der ‚Alten‘“) auf die „sichtbaren Signale der
individuellen und kollektiven Selbstdarstellung der Aktivisten“
ausgeweitet habe. [73] Konkret kann man die These dahingehend
zuspitzen, dass es hierbei gerade die Protagonisten der Kommune I
waren, die es am besten verstanden mittels „sichtbarer Signale“
(bekleidet oder unbekleidet) die „etablierten Repräsentationsregeln“ zu
durchbrechen. In der Bundesrepublik waren sie die ersten, die das große
Feld der „Protestkommunikation“ dauerhaft und zukunftsweisend auf den
Bereich „Selbstdarstellung“ konzentrierten. Die eigene Person als
Transparent – privat gleich politisch.
Nach dem Attentat auf Rudi Dutschke am 11. April 1968 und den sich
daran anschließenden „Osterunruhen“, mit Aktionen gegen Einrichtungen
des Springer-Verlages und schweren Auseinandersetzungen zwischen
Demonstranten und der Polizei, geriet die APO in einen Zustand
kopfloser Desorientierung, ein Nebeneinander von Handlungsdruck und
(organisatorisch bedingter) Handlungsunfähigkeit, aus dem sie bis
zuletzt nicht wieder herausfinden würde.
Die K I machte ihrem eigenen Stil folgend so weiter wie bisher.
Seit dem 1. Mai 1967 bewohnten die Kommunarden ein 7-Zimmer-Domizil am
Stuttgarter Platz. Die Wohnung Kaiser-Friedrich-Straße 54a, direkt am
S-Bahnhof Charlottenburg, hatte sich mittlerweile zu einem regelrechten
„Zentrum mit institutionellen Charakter“ entwickelt. [74] Neben
festen Mitgliedern, wie dem Ur-Triumvirat Kunzelmann, Teufel, Langhans
und „Neu-Mitgliedern“, wie z. B. Antje Krüger herrschte ein
fluktuierender Durchlauf von Hospitanten einer sich verbreiternden
Subkultur. [75] Diese galt es aufzunehmen und in für die ganze
Bewegung fruchtbare Prozesse zu überführen. Bereits im Februar 1968
hatte die K I dazu aufgerufen, ein „Kommuneumfeld“ mit „Vorformen,
Zugangswegen und Übergängen“ zu schaffen, das auf die Besonderheiten
dieser neuen Form des Zusammenlebens vorbereitet, um längerfristig
weitere, im netzwerkartigen Austausch befindliche, Kommunen entstehen
zu lassen. Die K I suchte nun nach geeigneten Räumlichkeiten, in denen
ein Zentrum mit Kneipe, Disco, Druckerei, Wohnmöglichkeit oder einfach
Treffpunkt entstehen sollte, und fand sie in Gestalt eines alten
dreistöckigen Hinterhof-Fabrikgebäudes in Berlin-Moabit. Der Umbau und
die Renovierung der, ab dem 1. August 1968 gemieteten, „K I-Fabrik“ in
der Stephanstr. 60 (heute ein Domizil des SOS-Kinderdorfs) beschäftigte
die Kommunarden den größten Teil des Sommers. Einer, der den Einzug ins
große „Matratzenlager in der offenen Fabrikhalle“ (Kunzelmann) nicht
mehr mit vollzog war Fritz Teufel. Er befand sich seit Ende Juli in
München und wollte dort eine „Politkommune“ gründen. [76] Zum
Bruch mit der Gruppe, vor allem mit Rainer Langhans, war es gekommen,
weil dieser der entstandenen Fürsorgetätigkeit für die von seinem
„Popstar-Kollegen“ Teufel nach kurzer Liaison überdrüssig gewordenen
„Groupies“ nicht länger nachzukommen gedachte. Teufel wiederum – der im
Zuge seiner langandauernden Untersuchungshaft einen beachtlichen
„Nachholbedarf“ entwickelt zu haben schien – war die Diskussionen mit
Langhans leid. Sein Bekanntheitsgrad bereitete ihm offensichtlich
Vergnügen, dem er in München noch besser nachkommen konnte. [77]
Den verbliebenen K I-Mitglieder in Berlin war indes auch daran
gelegen, die Medienpräsenz nicht abreißen zu lassen und neben der
Imagepflege ihrer Vorstellung von Politik wieder einmal Nachdruck zu
verleihen. Pünktlich zur herbstlichen Buchmesse in Frankfurt
platzierten sie mit ihrem Buch „Klau Mich“ eine weitere intelligente
Inszenierung. Das Buch versammelte neben den
Gerichtsverhandlungsmitschriften der beiden Brandstifter-Prozesse und
Materialien aus dem K I-Archiv eine „pikante“ Besonderheit: jedem Band
war ein Blatt mit vier Porno-Bildern (zwei Fotos, zwei
Comic-Darstellungen) beigelegt. Die Fotos zeigten aber nicht etwa
Kommunarden und Kommunardinnen, sondern einen unbekleideten Herrn, Typ:
„gutbürgerlich“ mit Fassonschnitt, Scheitel, Brille, Ehering und Socken
(!), den Verkehr vollziehend mit einer Dame, Typ: Hausfrau und Mutter
in plüschigen Hausschuhen. Das alles findet vor dem Hintergrund einer
anheimelnden kleinbürgerlichen Wohnzimmeratmosphäre, mit 50er Jahre
Sitzgarnitur, Schrankwand und Gummibaum, vor – natürlich zugezogenen! –
Vorhängen, statt. Die „Beilage“ hatte also nicht allein eine
verkaufsfördernde Funktion, sondern entlarvte einmal mehr bürgerliche
Doppelmoral. Trotz Ermittlungen der Westberliner Kriminalpolizei gegen
den Verlag „Edition Voltaire“ und dessen Verleger Bernward Vesper, „die
Sau“ – wie er im Impressum des Buchs betitelt wird – und trotz eines
für damalige Verhältnisse hohen Taschenbuchpreises von 10 DM wurden die
ersten 20.000 Exemplare von „Klau mich“ bereits vor der Buchmesse
verkauft und machten es zu einem Bestseller des Herbstes. Polizei und
Staatsanwaltschaft hatten noch Wochen zu tun, bei den Auslieferern und
in Buchhandlungen „Beilagen“ zu konfiszieren (was deren Wert in
Sammlerkreisen über die Jahre natürlich steigen ließ). [78]
Schnell ist man hier geneigt, den gänzlich unpolitischen Ausverkauf
zu vermuten. Dennoch darf eines nicht vergessen werden: die Mitglieder
der Kommune I waren Pioniere einer Methode künstlicher
Aufmerksamkeitserzeugung, die heute in nahezu jede Werbeagentur oder
Consulting-Unternehmen Eingang gefunden hat. Es handelte sich hierbei
nach wie vor um symbolische Politik und zwar in Form „subversiver
Medienstrategien entlang der Grenze von Negation und Affirmation“, wie
Fahlenbrach in ihrer Studie aufzeigt. <79>[1]
Das dialektische Verhältnis zu den Medien, das hier zum Ausdruck
kommt, brachte Fritz Teufel 1997 mit einfachen Worten auf den Punkt:
„Die Springerleute waren unsere Mitarbeiter. Wir brauchten die. Die
brauchten uns.“ [80] Seine Mitkommunardin Antje Krüger äußerte sich ähnlich:
„Wir konnten nur bestehen, weil sie [die Presse, A. H.] so
hysterisch reagiert haben. Das war wie ein Pingpongspiel, das sich zu
Squash entwickelte, immer härter und schneller wurde auf beiden
Seiten.“ [81]
Illustrierten-Artikel in denen auch schon mal die Gagen der K I
thematisiert werden, bezeichnen zweifellos den mehr affirmativen Teil
ihrer Medienstrategie, so ein Feature im Stern oder Teufels (fast)
Nacktauftritt in der Zeitschrift twen, für den er 1000 DM verdiente. [82]
Vordergründig handelte es sich bei derlei Auftritten um einen
„Subsistenz-Kompromiss“, oder wie es ein Leserbriefschreiber zum
Teufel-Akt ausdrückte: „ein karitativer Eingriff in die Finanzkrise
eines bärtigen Ex-Studenten“. [83]
Bei den 1.Essener Songtagen im Spätsommer 1968 machte Kommunarde
Langhans die Bekanntschaft einer jungen Frau, die zur Münchner
Musik-Kommune „Amon Düül“ gehörte. Ihr Name, Uschi Obermaier (22 Jahre
alt), gelernte Fotoretuscheurin und, dank eines nicht unattraktiven
Äußeren, mittlerweile Fotomodell für Zeitschriften wie twen (z.B.
Titelbild 11/1968), Konkret u. a. Langhans und Obermaier wurden ein
Paar, sie zog im Oktober in die Kommune I ein. Die
„kulturell-symbolische Vereinnahmung durch den Zeitgeist“ (Fahlenbrach)
schritt unaufhaltsam vorwärts.
Schlussakt (November 1968 - November 1969) – „Körper und Konflikte“
1969 – Letzte Phase des Bestehens der Kommune I und zugleich das
„Jahr der Großen Konfusion“ (Dieter Kunzelmann). Die Jahreszahl
kennzeichnet den Beginn einer markanten Entwicklung, für Gerd Koenen:
„die entscheidende Phase jenes ‚Roten Jahrzehnts‘ [1967-1977, A.H.]
in der Mentalitätsgeschichte der Bundesrepublik, in der die sich
auflösende und zugleich stets verbreiternde APO-Bewegung sich in eine
Unmenge radikaler Politsekten und utopischer Sozialprojekte verpuppte
und einen virulenten Underground terroristischer Gruppen aus sich
entband.“ [84]
Der selbstgesetzte Handlungsdruck und die mangelnde Fähigkeit einer
organisatorisch nicht fassbaren Bewegung gemeinschaftlich zu agieren
auf der einen Seite, sowie die mangelnde Fähigkeit des Staates auf
diese Bewegung angemessen zu reagieren auf der anderen Seite, hatten im
Verlauf des Jahres 1968 dazu geführt, dass Gewalt als fester
Bestandteil in der Auseinandersetzung zwischen beiden Seiten immer mehr
etablierte. Ein circulus vitiosus.
Am Abend des 5. März 1969, eine knappe Woche nach dem Berlin-Besuch
von US-Präsident Richard Nixon und just am Tage der Wahl des neuen
Bundespräsidenten Gustav Heinemann durch die Bundesversammlung im
Palais am Funkturm, wurde bei einer Hausdurchsuchung im weitläufigen
Kommune I-Areal in der Stephanstr. eine selbstgebaute Bombe gefunden.
Gegen Langhans und Kunzelmann erging Haftbefehl. Alles deutete darauf
hin, dass die beiden, denen ein „versuchter Bombenanschlag auf ein
Verfassungsorgan“ – namentlich: der Bundesversammlung – vorgeworfen
wurde, eine längere Gefängnisstrafe zu erwarten hätten. Mit Hilfe ihrer
Verteidiger Horst Mahler und Klaus Eschen, sowie einer unterstützenden
Justizkampagne, kamen sie Anfang April wieder auf freien Fuß. Eines
stellten Polizei, Staatsanwaltschaft und Verfassungsschutz (deren
Verbindungsmann Peter Urbach seit Mitte 1967 im Kommune-Umfeld agierte)
tatkräftig unter Beweis: in Sachen „Scheininszenierungen“ hatte man
mittlerweile von der K I gelernt. [85] Dennoch waren die
Anstrengungen zur Zersetzung der Kommune übertrieben – in der K
I-Fabrik hatte man längst von selbst damit begonnen.
Im Frühjahr 1969 fand die Kommune 2, von den K I-Mitgliedern
zuletzt spöttisch „SDS-Außenposten mit WG-Charakter genannt“, ihr Ende.
Überall das gleiche Motiv: „die Realität der Auflösung, des Zerfalls“
(Kunzelmann) – eine Realität, die die Akteure zwar wahrnahmen, aber
nicht wahr haben wollten. Auch in der Kommune I hatten sich die
Interessenlagen hin zum vermehrten Konsum von Rockmusik und Drogen
verändert. Vor allem letztere trieben den Auflösungsprozess voran. In
Peter Moslers Satz, „Die Linke und die Droge wollten das Gleiche: die
Veränderung der Sache durch ihr Gegenteil“ [86], kommt auch zum
Ausdruck, wie man seinerzeit die emanzipatorische Funktion
bewusstseinserweiternder Substanzen überbewertet, ihre destruktive
Wirkung ausgeblendet hatte.
Der Frankfurter Beat-Poet, Head-Shop-Betreiber und zeitweilig
„gewerbsmäßige“ Dealer P.G. Hübsch – seit seiner Konvertierung zum
Islam 1970 unter dem Namen Hadayat-Ullah Hübsch – beschreibt in dem
Kapitel über ihn in Moslers Buch seine Zeit in der Kommune I. Bereits
bei einem seiner ersten Besuche in der K I 1967 hatte er versucht sie
„anzutörnen“, aber „sie wollten nicht kiffen“. Als er Ende 1968 für
einen längeren (diesmal garantiert nicht drogenfreien) Aufenthalt
zurückkehrte, „war die Kommune eine festgefügte Gruppe unter der Magie
des Rituals, des Zeremoniells geworden“, so Hübsch. Es herrschte das
Gesetz einer „prästabilisierten Harmonie, die nicht ins Wanken geraten
durfte“:
„Wir hatten genug Geld und ein riesiges Haus, und waren Könige und
rauchten unendlich viele kunstvoll gedrehte Joints mit langen, langen
Filtern.“ [87]
Darüber hinaus wurde auch STP konsumiert, eine auf Amphetaminbasis
hergestellte, „verstärkte“ Variante von LSD, dessen halluzinogene
Wirkung intensiver war, länger andauerte und leichter zu psychotischen
Dauerzuständen führen konnte.
Die Kommune I war in der Stephanstr. 60 auf dem Rückzug in den
Hedonismus einer Subkultur, als deren Zentrum man sich (hier in Berlin)
ja sah. Die damit einhergehende hohe Fluktuation von „Sinnsuchern“, der
stellenweise exzessive Drogengebrauch, sowie die neuerlichen
Justizerfahrungen unter dem Damokles-Schwert einer längeren Haftstrafe,
verursachten besonders zwischen den beiden verbliebenen Köpfen der K I,
Kunzelmann und Langhans, psychische Spannungen und führten zu
Konflikten innerhalb der Kommune. [88] Die „prästabilisierte
Harmonie“ kippte. Anfang Juli 1969 warf eine Gruppe unter der
Federführung von Rainer Langhans (darunter auch Holger Meins) Dieter
Kunzelmann und dessen Freundin Ina Siepmann aus der Kommune I hinaus.
Die Kommune I hatte mit dem Weggang Fritz Teufels und spätestens seit
dem Umzug in die „K I-Fabrik“, Stephanstr. 60 aufgehört in ihrer
ursprünglichen Form zu existieren. In einem ansonsten sehr
„boulevardesken“ Artikel über „Das Ende einer Kommune“ stellten die
Konkret-Autoren Werner Borsbach und Kai Ehlers schon 1969 treffend
fest:
„Das Haus [Stephanstr. 60, A.H.] erwies sich mehr und mehr als
bloße formale Klammer, die die auseinanderstrebenden Einzelinteressen
der Gruppenmitglieder nur noch auf einer materiellen Grundlage
miteinander verband und so jedem einzelnen auch den nötigen Schein
einer Existenzberechtigung verschaffte.“ [89]
Bereits vor dem Rauswurf Kunzelmanns hatte die Kommune I ihre
Aktivitäten zunehmend von der Straße auf die Wohnung verlagert. Nun
ging die Rest-Kommune unter der Führung von Rainer Langhans dazu über,
die in den zwei vorangegangenen Jahren herausgebildete „Corporate
Identity“ der K I zu vermarkten. Obwohl das ursprüngliche Projekt ja im
Grunde nicht mehr existierte, prägt erstaunlicherweise gerade diese
Periode bis heute das Bild, den Mythos K I. Auf das Stichwort „Kommune
I“ folgt häufig als erster Kommentar „Uschi Obermaier“. Der Grund darin
ist nicht zuletzt in zwei reichbebilderten Illustriertenartikeln zu
finden, die von der Rest-Kommune im Juni und November des Jahres 1969
für die Zeitschriften twen und Stern inszeniert wurden. [90]
Auf den Inhalt der beiden Artikel braucht nicht näher eingegangen
werden. Eingebettet in belanglose Beschreibungen des Kommune-Alltags,
wird hier wesentlich in beiden Fällen die Person Uschi Obermaier
behandelt. Entscheidend dabei: die visuelle Art der Selbstdarstellung
in Jeans mit freiem Oberkörper und in den „eigenen vier Wänden“.
Kathrin Fahlenbrach nimmt in ihrer Studie auf diese beiden Artikel
Bezug und resümiert:
„Spätestens als das twen-Model Uschi Obermeier [eigtl. Obermaier,
A.H.] in die Kommune einzieht, ist die Grenze zwischen subversiver
Gestaltung der öffentlichen Selbstinszenierung und ihrer Assimilation
durch die Zeitgeistmagazine fließend. Im Umgang mit den Medien
professionell geschult, bietet Obermeier den Medien eine ideale
Projektionsfläche zur visuellen Personalisierung des
Kommune-Experiments. Die von Anfang an im Fokus des medialen Interesses stehenden
expressiven Grenzverletzungen werden so zunehmend in kanonisch
wiederkehrenden visuell-symbolischen Modellen standardisiert. (...) Nachdem die ‚Subversiven‘ ihre Kapitalismus- und Konsumkritik
bewusst in der Inszenierung ihres eigenen medialen ‚Warencharakters‘
demonstriert haben, erschöpft sich ihr Protestpotential schließlich in
ihrer ästhetischen Ikonologisierung.“ [91]
Die subversive Medienstrategie, welche die K I auf der Basis ihres
Politikbegriffs so spielerisch beherrscht und perfektioniert hatte,
jene Gratwanderung entlang der Grenze von Negation und Affirmation,
wurde jetzt in Richtung des letzteren überschritten.
Hinzu trat, so Fahlenbrach weiter, eine „Re-Inszenierung
expressiver Protestcodes“ in den Bildstrecken der Magazine. Doch es
waren nicht allein die Medien, die hier „re-inszenierten“. Die im
Rampenlicht stehenden Akteure waren daran gleichsam beteiligt. Eine
ursprüngliche „Corporate Identity“ der Kommune I wurde – durch
beiderseitiges Zutun – auf das Paar Langhans/Obermaier reduziert und
fand Eingang in ein „kulturelles Gedächtnis“ (Jan Assmann), dessen
Fähigkeit optische Reize zu speichern seit jeher ausgeprägter
funktionierte. Die ästhetisch-symbolischen Protestformen der Kommune I
werden letzten Endes in einem Kommerzialisierungsprozess assimiliert,
„der die Zeichen des Widerstandes und des Aufbegehrens entleert und sie
als Markenzeichen eines kommerzialisierten Anspruchs zurücklässt.“ [92]
Was die Bewertung der Bedeutung der Kommune I für die Geschichte
der APO in der Bundesrepublik Deutschland betrifft, so wurde die Gruppe
mit dem „Salz in der Suppe“, der „Hefe im trägen Teig des SDS“ oder
auch dem „Sauerteig der Bewegung“ verglichen“. Den Charakterisierungen
gemeinsam ist die Betonung eines die Wirksamkeit steigernden Moments,
das von der Kommune I ausging. K. D. Wolff, SDS-Bundesvorsitzender
1967/68, hatte bereits 1985 darauf hingewiesen, dass ein wichtiger
Anteil der K I bislang in der Betrachtung der APO immer unterschätzt
worden sei: ihre „Massenwirksamkeit“. [93] Das was der SDS und
die infolge seiner Auflösung zahlreich entstandenen „K-Gruppen“ meist
vergeblich versucht hatten organisatorisch umzusetzen, war der Kommune
I in den Jahren 1967/68 gelungen:
„Die Lust zur Selbstdarstellung und Selbststilisierung, die die
Kommune I vormachte, wurde zwar gleich vom Bannstrahl des SDS
getroffen. Aber die Bewegung kümmerte sich nicht sehr darum. Nicht nur
Fritz Teufel und Rainer Langhans, Tausende entdeckten erst in dem
kollektiven Gebrodel von 1968 ihre persönlichen Eigenarten. Die
persönlichen und die politischen Bedürfnisse, die sich später in
feindliche Lager aufspalteten, waren nicht voneinander getrennt, und
darin lag die Kraft dieses Aufbruchs.“ [94]
Kommune I, das war eine Fortsetzung des politischen Verkehrs, ein Durchführen desselben mit anderen, – erweiterten – Mitteln.
Am 24. November 1969 meldete das (wiederholt erstaunlich gut
informierte) Nachrichtenmagazin aus Hamburg die endgültige Auflösung
der Kommune I – das hatte es etwas voreilig im Oktober 1967 schon
einmal getan. Dieses Mal würden sie Recht behalten.
Anmerkungen
* Kurzfassung einer Magisterarbeit im Fach Neuere und Neueste
Geschichte am Institut für Geschichtswissenschaften der Philosophischen
Fakultät I der Humboldt-Universität zu Berlin
1 Als Titelbild der Eigendruck-Broschüre „Kommune I – Gesammelte
Werke gegen uns“ Juni 1967, anschließend: Spiegel Nr. 27, 26.06.1967,
S. 20 unter der Überschrift: „Kahle Maoisten vor einer kahlen Wand.“
Hier bereits das erste Mal mit retuschierten Geschlechtsteilen.
2 Mythos in dieser Lesart „verkürzt das historische Wissen in der
Rückschau auf wenige einprägsame Zeichen und Symbole“, welche „als
Brücke zwischen dem historischen Ereignis und dem kollektiven
Gedächtnis der Gegenwart“ weiterwirken. Franz-Werner Kersting:
Entzauberung des Mythos? Ausgangsbedingungen und Tendenzen einer
gesellschaftsgeschichtlichen Standortbestimmung der westdeutschen
‚68er‘-Bewegung, in: Karl Teppe (Hg.): Westfälische Forschungen –
Zeitschrift des Westfälischen Instituts für Regionalgeschichte des
Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, 48/1998, Münster 1998, S. 1-19,
hier: S. 1 u. 6.
3 Tilman Fichter/Siegward Lönnendonker: Kleine Geschichte des SDS.
Der Sozialistische Deutsche Studentenbund von 1946 bis zur
Selbstauflösung, Berlin 1977; 2. überarb. Aufl. unter dem Titel: Macht
und Ohnmacht der Studenten: kleine Geschichte des SDS, Hamburg 1998.
Etliche Titel zum Bereich „68“, in denen Kommune I thematisiert wird,
beziehen sich hierauf. Daneben u.a.: Siegward Lönnendonker (Hg.):
Linksintellektueller Aufbruch zwischen „Kulturrevolution“ und
„kultureller Zerstörung“: der Sozialistische Deutsche Studentenbund
(SDS) in der Nachkriegsgeschichte (1946-1969); Dokumentation eines
Symposiums, Opladen 1998; Siegward Lönnendonker/Bernd Rabehl/ Jochen
Staadt: Die antiautoritäre Revolte. Der Sozialistische Deutsche
Studentenbund nach der Trennung von der SPD, Band 1: 1961-1967,
Wiesbaden 2002.
4 Eine Auswahl: Interview mit Dieter Kunzelmann, in: Wolfgang
Dreßen/Eckhard Siepmann (Hg.): Nilpferd des höllischen Urwalds.
Situationisten, Gruppe SPUR, Kommune I, Gießen 1991, S. 116-143,
154-166, 194-212; Interview mit Antje Krüger: die tageszeitung v.
10.04.1993; Interview mit Rainer Langhans: Joachim Soyka: Die
wunderbare Wandlung des Rainer Langhans, in: Johann August Schülein
(Hg.): Kommunen und Wohngemeinschaften: Der Familie entkommen?, Gießen
1978, S. 65-73; Interview mit Dagmar Przytulla (geb. Seehuber) in: Ute
Kätzel: Die 68erinnen, Berlin 2002, S. 201-219; desw. Biografien:
Dieter Kunzelmann: Leisten Sie keinen Widerstand! Bilder aus meinem
Leben, Berlin 1998; Ulrich Chaussy: Die drei Leben des Rudi Dutschke,
Berlin 1993; Rudi Dutschke: Jeder hat sein Leben ganz zu leben. Die
Tagebücher 1963-1979 (hg. v. Gretchen Dutschke), Köln 2003.
5 Ulrich Enzensberger: Die Jahre der Kommune I. Berlin 1967-1969,
Köln 2004. Die autobiographische Darstellung des jüngsten
Gründungsmitglieds der K I erschien nach der Fertigstellung
vorliegender Analyse, und fand hier noch keinen Eingang.
6 Fichter/Lönnendonker, Kleine Geschichte, S. 103; Peter Brügge:
Die wilden 68er. Spiegel-Serie über die Studentenrevolution,
Spiegel-Spezial 1/1988, S. 50; Tobias Mündemann: Die 68er ...und was
aus Ihnen geworden ist, München 1988, S. 103; Rechenschaftsbericht des
SDS-Bundesvorstands zur 22. Delegiertenkonferenz, September 1967, zit.
nach: Kommune 2: Versuch der Revolutionierung des bürgerlichen
Individuums, Berlin 1969, S. 44; Neue Kritik Nr.41, April 1967, S. 21.
7 Wolfgang Kraushaar: Symbolzertrümmerung. Der Angriff der
Studentenbewegung auf die Insignien universitärer Macht, in: ders.:
1968 als Mythos, Chiffre und Zäsur, Hamburg 2000, S. 196-209, hier S.
203. Mit den „meisten Zeitgenossen“ meinte Kraushaar hier nicht allein
die bürgerliche Öffentlichkeit, sondern gleichfalls Angehörige der
Linken.
8 Guy Debord: Rapport zur Konstruktion von Situationen, Paris 1957,
zit. nach: Dreßen/ Siepmann, Nilpferd, S. 76. Umfassend: Roberto Ohrt:
Phantom Avantgarde – Eine Geschichte der Situationistischen
Internationale und der modernen Kunst, Hamburg 1990; Situationistische
Internationale 1958-69, Gesammelte Ausgaben des Organs der
Situationistischen Internationale, 2 Bde., Berlin 1977.
9 In: Frank Böckelmann/Herbert Nagel (Hg.): Subversive Aktion. Der
Sinn der Organisation ist ihr Scheitern, Frankfurt/a.M. 1976, S. 43.
10 Eckhard Siepmann im Vorwort zu: Dreßen/Siepmann, Nilpferd, S. 14.
11 Aus dem Manifest der Gruppe „Unverbindliche Richtlinien 2“,
München/Berlin/Assens, Dezember 1963; in: Böckelmann/Nagel, Subversive
Aktion, S. 89 ff.
12 Dutschke und Rabehl schrieben z.B. über Sozialimperialismus und
Sozialdemokratie, Theorie und Praxis; Böckelmann und Kunzelmann über
James Bond, Oben ohne, Tramper etc.; Anschlag Nr. 1, August 1964, Nr.2,
November 1964, wiederabgedruckt in: Böckelmann/Nagel, Subversive
Aktion.
13 Diese bundesweit agierende Organisation suchte in
intellektuellen Zirkeln (Arbeitskreise) nach einer zeitgemäßen und
alternativen sozialistischen Theorie jenseits der beiden Pole
Sozialdemokratie und KPD/SED. In einem „Unvereinbarkeitsbeschluss“ war
der SDS seiner politischen Zielrichtung wegen 1961 aus der SPD
ausgeschlossen worden, nachdem sich die Mutterpartei bereits 1959 in
den Godesberber Beschlüssen von ihrer ehemals marxistisch geprägten
Programmatik verabschiedet hatte. Vgl. Fichter/Lönnendonker, Macht und
Ohnmacht, S. 83 ff.
14 In diesem, mit Jeanne Moreau und Brigitte Bardot besetzten Film
führt eine wandernde Schauspieltruppe eine Revolution ausgebeuteter
Landarbeiter in einem mittelamerikanischen Land an.
15 Herbert Marcuse: Triebstruktur und Gesellschaft, Frankfurt/a. M.
1956; Robert Paul Wolf/Barrington Moore/Herbert Marcuse: Kritik der
reinen Toleranz, Frankfurt/a. M. 1966; Herbert Marcuse: The
One-Dimensional Man. Studies in the Ideology of Advanced Industrial
Society, Boston 1964 (dt.: Der eindimensionale Mensch. Studien zur
Ideologie der fortgeschrittenen Industriegesellschaft,
Darmstadt-Neuwied 1967, hier: München 1998).
16 Chaussy, Drei Leben, S. 134 f.
17 Kommune I: Quellen zur Kommuneforschung, Berlin 1968, o. S.
18 Kommune 2, Versuch der Revolutionierung, S. 36.
19 Lönnendonker/Rabehl/Staadt, Antiautoritäre Revolte, S. 314 ff.
20 Ulrich Enzensberger (1982) zitiert nach: Chaussy, Drei Leben, S. 162.
21 Es handelt sich um Kopien der Originalakten aus dem Besitz von
Detlef Michel (war bis Ende März K I-Mitglied). Dieser hatte 1992 von
einem unter dem Aktenzeichen 2 P Js 689/1967 gegen ihn eingeleiteten
Ermittlungsverfahren aus dem Jahre 1967 Kenntnis erlangt, und daraufhin
seine Rechtsanwältin Ulrike Kolneder-Zecher mit der Klärung des
Sachverhaltes beauftragt. Die Akteneinsicht ergab, dass das
Ermittlungsverfahren (eingestellt am 5. Juni 1967) auf einer
Strafanzeige vom 18. April 1967 basierte. Aufgrund eines der Berliner
Polizei bereits fünf Tage vor Veröffentlichung zugespielten Artikels
über die K I in der illustrierten Wochenzeitschrift „Stern“ (Nr.
17/1967, 23.04.1967, S. 21/22) hatte ein diensteifriger
Kriminalobermeister, namens Gutjahr, „von Amts wegen“ Strafanzeige
gegen Rainer Langhans u. a. erstattet. Er glaubte in dem Stern-Artikel
„mit Strafe bedrohte Handlungen der interviewten Personen“ erkannt und
herausgelesen zu haben, „daß die Anhänger der ‚Kommune‘ der Kuppelei
nach § 180 StGB frönen“. In: APO-Archiv, Ordner K I, Justiz I.
22 „Da Wesen und Zielsetzung der Kommune sowie Hinweise auf
geplante bzw. durchgeführte strafbare Handlungen aus diesen
Aufzeichnungen hervorgehen, wurden die Aufzeichnungen auf hiesiger
Dienststelle wörtlich abgeschrieben und die Leseabschriften als
Beweismittel zum anliegenden Vorgang [der Kuppelei-Anzeige, A. H.] in
Fotokopie beigegeben. Das Original der Aufzeichnungen befindet sich als
Asservat beim Hauptvorgang, Az.: GenStA Bln.- 1 P Js. 236/67 [dem
Vorwurf der Anschlagsplanung gegen Humphrey, A. H.].“, Ebd., S. 7.
23 Die Leseabschriften beider Hefter wurden auf der
Polizeidienststelle als „Bl. 11-73“ durchnummeriert. Es muss hier
darauf hingewiesen werden, dass der Beamte, der die Auswertung und
Nummerierung der Unterlagen vornahm, diese lediglich in der Reihenfolge
bearbeitet hatte, wie er sie auf den Tisch bekam. D.h., da die
Aufzeichnungen offenbar durcheinander geraten waren, ergab sich eine
chronologisch schlüssige und inhaltlich logische Sortierung erst nach
nochmaliger genauer Durchsicht. Als Seitenangabe beziehe ich mich auf
die von mir vorgenommene Neunummerierung mit Angabe der ursprünglichen
Nummerierung in Klammern. Bernd Rabehl, der diese Unterlagen als erster
in seinem Aufsatz „Provokationselite“ (in: Lönnendonker/Rabehl/Staadt,
Antiautoritäre Revolte, S. 400-512) verwendete, hat diesen Fakt nicht
beachtet, weshalb dessen Interpretationen stellenweise mit Vorsicht zu
behandeln sind.
24 Problematisch ist die Frage nach der jeweiligen Urheberschaft
der einzelnen Abschnitte. Anhaltspunkte finden sich in dem zweiten, dem
gelben Hefter, der die Aufschrift „Kommune-Protokolle Dagmar“ trug
(Ebd., S. 42 (52) – 63 (71)). Dagmar Seehuber hat hier in ihren eigenen
Stichpunkten einen Teil der Gespräche kommentiert, die zeitgleich im
roten Hefter dokumentiert wurden. Die Quelle „gelber Hefter“ bildet
gewissermaßen ein Pendant – ein besonders für den Historiker
erfreuliches Vergleichsmuster – zur Quelle „roter Hefter“.
25 Vgl. im Folgenden: Roter Hefter, S. 17 (36) u. 18 (37); Gelber Hefter, S. 46 (64) - 49 (67).
26 Vgl. Kunzelmann, Widerstand, S. 63, Auswertungsbericht der Kriminalpolizei.
27 Vgl. im folgenden: Roter Hefter, S. 28 (38) - 30 (40) u.
parallel dazu Gelber Hefter, S. 50 (68), 51 (69), 52 (53) - 56 (57).
28 Vgl. Kommune 2, Versuch der Revolutionierung, S. 41.
29 Die Protokoll-Notizen vom 1. – 4. April. Vgl. Roter Hefter, S.
35 (45) bis 40 (50) und Gelber Hefter, S. 59 (72), 60 (73) u. 61 (60).
30 Vgl. Kommune 2, Versuch der Revolutionierung, S. 41 ff.; Rabehl, Provokationselite, S. 445 ff.
31 Konkret Nr. 13, 21.10.68, S. 35. Das Buch, ein bunter Mix aus
gesammelten Zeitungsartikeln über die K I und Mitschriften ihrer
Gerichtsverfahren, war zur Buchmesse 1968 vorgestellt worden und dank
der mittlerweile sehr publicity-trächtigen Namen seiner (zumindest auf
dem Cover vermerkten) Autoren zu einem Top-Seller avanciert. Rainer
Langhans/Fritz Teufel: Klau mich, Frankfurt/a.M./Berlin 1968 (in
unveränderter Nachauflage beim Verlag Trikont, München 1977).
32 Klaus Hartung: Versuch, die Krise der antiautoritären Bewegung
wieder zur Sprache zu bringen, in: Kursbuch 48/1977, S. 14-43, hier S.
15.
33 Auch wenn eigentlich klar wird, wie Hartung den Begriff
„Politische Partisanen“ hier verstanden wissen wollte, nämlich mehr als
metaphorische Abgrenzung der „politisch irregulär, also von der Norm
abweichend Agierenden“ zu den „politisch regulär bzw. traditionell
Agierenden“, so soll hier doch darauf hingewiesen werden, dass die
Gestalt des Partisanen per se politisch ist. Die „gesteigerte
Intensität des politischen Engagements“ zählt neben der Irregularität,
erhöhter Mobilität und dem tellurischen Charakter (Carl Schmitt,
Theorie des Partisanen, 1963) zu seinen wesentlichen Merkmalen. Der
Begriff „Politische Partisanen“ ist daher etwas irreführend. Vgl. z.B.
Herfried Münkler (Hrsg.): Der Partisan. Theorie, Strategie, Gestalt,
Opladen 1990.
34 Klaus Hartung: Die Psychoanalyse der Küchenarbeit.
Selbstbefreiung, Wohngemeinschaft und Kommune, in: Heiss und Kalt: die
Jahre 1945-69; das BilderLeseBuch, (Red. Eckhard Siepmann u.a.), Berlin
1986, S. 556-560.
35 Kraushaar, Symbolzertrümmerung, S. 203.
36 Gerd Koenen: Das rote Jahrzehnt. Unsere kleine deutsche Kulturrevolution 1967-1977, Köln 2001, S. 158.
37 Alexander Mitscherlich: Vaterlose Gesellen, in: Spiegel Nr. 15,
08.04.1968, S. 81-84, hier S. 84. Die K I hat diesen Fakt auch nie
geleugnet. Vgl. Selbstdarstellung der Kommune, in: FU-Spiegel Nr. 57,
Mai 1967, S. 6.
38 Erika Fischer-Lichte: Inszenierung und Theatralität, in: Herbert
Willems/Martin Jurga (Hg.): Inszenierungsgesellschaft, Opladen 1998, S.
81-90, hier S. 88.
39 Franz Schneider (Hg.): Dienstjubiläum einer Revolte: „1968“ und 25 Jahre, München 1993, S. 31.
40 Ebd., S. 31; vgl. auch: Bertolt Brecht: Über eine
nichtaristotelische Dramatik, Gesammelte Werke, Frankfurt/a. M. 1967,
S. 302.
41 Wolfgang Ruppert (Hg.): Um 1968: die Repräsentation der Dinge, Marburg 1998, S. 22 f.
42 Thomas Meyer: Die Inszenierung des Scheins. Voraussetzungen und Folgen symbolischer Politik, Frankfurt/a. M. 1992, S. 177.
43 Ebd., S. 63.
44 Meyer definiert zivilen Ungehorsam als „symbolische Inszenierung
des Widerstandes einer Minderheit gegen die Politik der Mehrheit.“
Ebd., S. 100.
45 Ebd., S. 185.
46 Rainer Langhans: In einer gemeinsamen ekstatischen
Erfahrungsmöglichkeit, in: Gerd Conradt: Starbuck Holger Meins. Ein
Portrait als Zeitbild, Berlin 2001, S. 100-102.
47 Kunzelmann, Widerstand, S. 64.
48 Vgl., ebd. S. 67 f. Faksimile eines Berichts der Kriminalpolizei
vom 8. April 1967. Daraus geht hervor, dass Uwe Johnsons Nachbar Günter
Grass, den er mit dem Rauswurf der Kommunarden aus seiner Wohnung
beauftragt hatte, dieser Bitte zwar nachkam, er der K I jedoch die
Möglichkeit gab, die Wohnung nach der „Entsiegelung“ durch einen
Polizeibeamten nochmals zu betreten. Mit dabei: Stern-Reporter Wilfried
Ahrens (im Bericht fälschlicherweise mit „Ahrendt“ angegeben). Resultat
ist der Artikel „Pack die Sahnetörtchen ein“ in: Stern Nr. 17, 23. 04.
1967, S. 20-22.
49 Ebd., S. 22. Wie aus den Protokollen der vorangegangenen
Diskussionen in der K I hervorging, spielte zu diesem Zeitpunkt weder
Mao eine theoretische Rolle, noch waren die sexuellen Probleme in
irgendeiner Weise „entkrampft“ worden.
50 Peter Brügge in: Joachim Preuß (Red.): Spiegel-Spezial: Die
wilden 68er. Die Spiegel-Serie über die Studentenrevolution, Hamburg
1988, S. 51.
51 Dagmar Przytulla (geb. Seehuber) in: Kätzel, 68erinnen, S. 213
f. Auf dem Bild sind v. l. n. r. zu sehen Dieter Kunzelmann, Gertrud
„Agathe“ Hemmer von der K 2, Volker Gebbert, Dagmar Seehuber, Rainer
Langhans, Dorothea Ridder, Ulrich Enzensberger und Nessim, der
dreijährige Sohn von Gertrud Hemmer.
52 Spiegel-Autor Peter Brügge in: „Lieber Fritz! Wem soll das nützen?“, Spiegel Nr. 31, 24.07.1967, S. 37-39.
53 Eckhard Siepmann: Genital versus Prägenital. Die Großväter der
sexuellen Revolution, in: Che, Schah, Shit: die Sechziger zwischen
Cocktail und Molotow, (Redaktion E. Siepmann u. a.), Berlin 1984, S.
101.
54 Heinrich Mehrmann: Erobern Kommunen Deutschlands Betten? Mehr Sex mit Marx und Mao, in: pardon Nr. 8, August 1967, S. 16-23.
55 Reimut Reiche: Sexualität und Klassenkampf. Zur Abwehr repressiver Entsublimierung, Frankfurt/Main 1971 (1968), S. 155 f.
56 Daneben spielen hier offenbar Gründe eine Rolle, die nahe legen,
wie „politisch“ das „Private“ per se immer war: der gebürtige Berliner
Reiche war 1964 nach Frankfurt/Main übergesiedelt und auf der 21.
Delegiertenkonferenz des SDS im September 1966 zum neuen
Bundesvorsitzenden (Stellvertreter: Peter Gäng) gewählt worden.
Startschwierigkeiten im Amt, Fraktionskämpfe oder die durch die
Berliner Antiautoritären verursachte und für den SDS turbulente
Kommunediskussion (Vgl. Lönnendonker/Rabehl/Staadt, Antiautoritäre
Revolte, S. 149-169) bildeten Reiches zeitnahen Erfahrungshintergrund
und prägten sein Bild der K I (Reiche im Spiegel Nr. 29, 10.07.1967, S.
27: „Neurotiker mit Sohn-Vater-Komplexen und Sexualschwierigkeiten“).
Auch in späteren Arbeiten Reiches erscheint die K I als eine Art
„geliebter Feind“, wenn es darum geht, seine, mitunter doch
eigenwilligen, Thesen zur „Sexualisierung“ der „68er“-Bewegung zu
untermauern. Vgl. Ders.: Die sexuelle Revolution - Erinnerung an einen
Mythos. In: Die Früchte der Revolte. Über die Veränderung der
politischen Kultur durch die Studentenbewegung, Berlin 1988, S. 45-71.
57 Kathrin Fahlenbrach: Protest-Inszenierungen. Visuelle
Kommunikation und kollektive Identitäten in Protestbewegungen,
Wiesbaden 2002, S. 164 f.
58 „Sie küßten und sie trennten sich. Klaus Rainer Röhl über die
Berliner Liebeskommune“ in: Konkret Nr. 8, August 1967, S. 6 f. Eine
hochgradig überzeichnende und subjektiv-diffamierende, bisweilen
chauvinistische „Innenansicht“, die fast wie eine K I-typische
Inszenierung daherkommt. Vgl. auch: Leserbrief des Schriftstellers
Peter Handke zu diesem Artikel, in: Konkret Nr. 10, Oktober 1967, S.
29, einer energischen Gegendarstellung und zugleich brillanten
Medienanalyse des Röhl-Artikels.
59 Flugblätter Nr. 1-26 und unnummerierte Exemplare komplett in: APO-Archiv, Ordner K I.
60 Wolfgang Lefèvre: Referat zur Begründung des Antrags auf
Ausschluß der Kommune I aus dem Berliner SDS, in: Siegward
Lönnendonker/Tilman Fichter (unter Mitarbeit von Claus Rietzschel):
FREIE UNIVERSITÄT BERLIN 1948-1973. Hochschule im Umbruch, Teil IV
1965-1967: Die Krise, Berlin 1975 (FU-Dokumentation Teil IV), Dokument
702.
61 Vgl. die Diskussion „Provokation und Öffentlichkeit“ zwischen
Dirk Müller und Dieter Kunzelmann in: Siegward Lönnendonker/Jochen
Staadt (Hg.): 1968. Vorgeschichte und Konsequenzen. Dokumentation der
Ringvorlesung vom Sommersemester 1988 an der FU-Berlin, Berlin 1998,
Ringvorlesung am 18. Mai 1988. Interessant ist nämlich, wer da im Mai
1967 wen ausschließt. Auch Lefèvre war 1966/67 in der Ur-Kommunegruppe
(Vgl. Soyka, Die wunderbare Wandlung, S. 69). Das Referat ist somit
zugleich eine Verabschiedung der antiautoritären Berliner SDSler –
zumindest derjenigen, die den Einzug in eines der Wohnkollektive nicht
vollzogen hatten – von der Kommune-Idee als potentiellem
Organisationsprinzip.
62 Klaus Briegleb: 1968 - Literatur in der antiautoritären Bewegung, Frankfurt/a.M. 1993, S. 64-66.
63 Anklageschrift Landgericht Berlin (Az. (506) 2 P Js 749/67
(55/67)), 9. Juni 1967, in: Kommune I, Gesammelte Werke gegen uns, S.
29. Angesichts dieser Zeilen drängt sich einem die Frage auf, wer hier
den ausgeprägteren Sinn für sprachliche Satire besaß, [A. H.].
64 Bei den hier zitierten Protokollen über die
Gerichtsverhandlungen, wie sie die K I in „Klau mich“ abgedruckt hat,
handelt es sich um Mitschriften des Ehepaares Hans-Joachim Frohner und
Frau, die zum damaligen Zeitpunkt die Rundfunk-Sendung "procontra -
Menschen und Paragraphen" machten und daher eine ganze Reihe
zeitgemäßer Verhandlungen in einer zum eigenen Gebrauch entwickelten
Stenogrammschrift sinngemäß dokumentierten, die sie glücklicherweise im
Anschluss ins Hochdeutsch übertrugen. In: APO-Archiv, blaue Mappe,
Frohner-Unterlagen: Prozessmitschriften K I, Kurras u.a. (unsortiert).
65 Neben den vier Sachverständigen vor Gericht, den FU-Professoren
Fritz Eberhard (Institut für Publizistik: „geschmacklos, töricht –
zweifelsfrei satirisch“), Peter Szondi (Vergleichende
Literaturwissenschaft: „fingierte Reklame-Satire wurde als direkte
Äußerung der Verfasser mißverstanden“), Jacob Taubes (Philosophisches
Seminar, Abt. Hermeneutik: „Surrealistische Dokumente – K I Objekt für
Religionsgeschichte und Literaturwissenschaft, aber nicht für
Staatsanwalt und Gericht“) und Peter Wapnewski (Germanisches Seminar,
Philologe: „...in dem berühmten Wort des Götz von Berlichingen sehe ja
auch niemand eine Aufforderung zur Aktion“), lagen weitere Gutachten
von Günter Grass, Hans-Werner Richter, Dr. Alexander Kluge (Hochschule
für Gestaltung Ulm), Prof. Dr. Michael Landmann (FU), Prof. Dr.
Eberhard Lämmert (FU), Prof. Charles H. Nichols (FU), Prof. Dr. Walter
Jens (Tübingen) sowie Prof. Helmar G. Frank (Pädagogische Hochschule
Berlin) u. a. vor.
66 Langhans in: Soyka, Die wunderbare Wandlung, S. 70.
67 Peter Brügge in: Spiegel Nr. 31, 24.07.1967, S. 39.
68 Spiegel Nr. 11, 11.03.1968, S. 68.
69 Die Angeklagten ließen eine körperliche Untersuchung zu, eine
psychiatrische verweigerten sie erwartungsgemäß, weshalb sich Spenglers
„Gutachten“ im wesentlichen auf Akteneinsicht des ersten Prozesses,
Beobachtungen des Landfriedensbruch-Prozesses gegen Teufel Ende
November 1967 und Eindrücken aus der aktuellen Hauptverhandlung
stützte.
70 Spiegel Nr. 11, 11.03.1968, S. 68; Langhans und Teufel sind in
diesen Outfits abgebildet z. B. in: Michael Ruetz. 1968. Ein Zeitalter
wird besichtigt, Frankfurt/M. 1997, S. 154 f. sowie Teufel in besagter
Jacke in Farbe auf einem Bild von Werner Kohn, Sammlung Werkbundarchiv,
in: Dreßen/Siepmann, Nilpferd, S. 190.
71 Marion Grob: Das Kleidungsverhalten jugendlicher Protestgruppen in Deutschland im 20. Jahrhundert, Münster 1985, S. 239-253.
72 Zit. nach: Grob, Kleidungsverhalten, S. 247.
73 Fahlenbrach, Protest-Inszenierungen, S. 12.
74 Michael „Bommi“ Baumann: Wie alles anfing, Berlin 1991 (zuerst München 1975), S. 27.
75 „In Erzählungen 3000, tatsächlich nicht mehr als 25.“ Kunzelmann (sinngemäß) in: Dreßen/Siepmann, Nilpferd, S. 212.
76 Berliner Extra-Dienst (BED) Nr. 58, 20.07.1968, S. 2.
77 Kunzelmann, Widerstand, S. 101; Gespräch Langhans u. Teufel in:
Spiegel Nr. 25, 15.06.1998, S. 80-85. Vgl. auch: Spiegel Nr. 31,
29.07.1968, S. 29, Teufels erste publicity-trächtige „Aktion“ in einem
Münchner Lokal: eine Portion Leberkäse mit Salat und Ei ins Gesicht des
Wirtes, der sich lautstark weigerte „Gammler“ zu bedienen.
78 Vgl. BED Nr. 80/II, 05.10.1968, S. 3 u. BED Nr. 96/II,
30.11.1968, S. 2. Aktueller Wert einer Erstausgabe von „Klau mich“ mit
der „Beilage“: je nach Zustand zwischen 52,50 und 106 EUR; gesehen bei
http://www.zvab.com (13.07.2004).
79 Fahlenbrach, Protest-Inszenierungen, S. 189.
80 Spiegel Nr. 24, 09.06.1997, S. 76.
81 die tageszeitung, 10. April 1993, S. 48; Vgl. auch Kunzelmann in: Zitty Nr. 20/1984, S. 62.
82 Stern Nr. 15, 14.04.1968, S. 64-66; twen Nr. 11, November 1968, S. 86/87; twen Nr. 4, April 1969, S. 7.
83 twen Nr. 2, Februar 1969, S. 14.
84 Gerd Koenen: Vesper, Ensslin, Baader. Urszenen des deutschen Terrorismus, Köln 2003, S. 13.
85 Zu Einzelheiten und der Rolle des V-Mannes Urbach vgl. Konkret
Nr. 6, 10.03.1969 u. Konkret Nr. 9, 22.04.1969; Kunzelmann, Widerstand,
S. 107 ff.; Koenen, Jahrzehnt, S. 173 f.
86 Peter Mosler: Was wir wollten, was wir wurden. Studentenrevolte – zehn Jahre danach, Reinbek bei Hamburg 1977, S. 98.
87 Hübsch in: Mosler, Was wir wollten, S. 114.
88 Vgl. Kunzelmann, Widerstand, S. 110 ff.
89 Konkret Nr. 1 (1970), 31.12. 1969, S. 20.
90 Julia Müller/Guido Mangold (Fotos): Miss Kommune und ihr Leben
zu acht, in: twen Nr. 6, Juni 1969, S. 6-11 u. Hannelore von der
Leyen/Werner Bokelberg (Fotos): Das ist die Liebe der Kommune, in:
Stern Nr. 46, 09.11.1969, S. 26-35.
91 Fahlenbrach, Protest-Inszenierungen, S. 222 f.
92 Karl-Heinz Stamm: Alternative Öffentlichkeit : die
Erfahrungsproduktion neuer sozialer Bewegungen, Frankfurt/a.M. [u.a.]
1988, S. 127, zit. nach: Fahlenbrach, Protest-Inszenierungen, S. 223.
93 Vgl. Beitrag von K. D. Wolff in: Lönnendonker, Linksintellektueller Aufbruch, S. 211.
94 Der Schriftsteller Peter Schneider: Kultur in Revolte, in:
Zeitung für eine Neue Linke (ehem. Langer Marsch) Nr. 1 (28), Juli
1977, S. 15.
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