Thema | Kulturation 2016 | Geschichte der ostdeutschen Kulturwissenschaft | Gerlinde Irmscher | Fremdenverkehrswissenschaft und Tourismusforschung in der DDR
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1. Einleitung
Tourismuspolitik in der DDR und die Reisen
der Ostdeutschen waren seit Mitte der 1990er Jahre Gegenstand einiger
erhellender Aufsätze in tourismusgeschichtlichen Sammelwerken[1] und
kürzerer Abschnitte in Gesamtdarstellungen.[2] In den letzten Jahren
wurden sie systematischer in überwiegend geschichtswissenschaftlichen
Arbeiten untersucht.[3] Reflexionen auf die Geschichte der
touristischen Forschung in der DDR finden sich dort nur am Rande, da
sich das Interesse vor allem auf deren Ergebnisse richtete. Eine
Ausnahme bilden die Dissertationen von Heike Wolter und Heike Bähre.
Heike Wolter untersucht auf der Basis eines umfangreichen
Literaturstudiums (siehe das opulente Literaturverzeichnis ihrer
Arbeit) sowohl die DDR-Quellen ihrer Daten zum DDR-Tourismus wie auch
„zeitgenössische Forschungen in der DDR“.[4] Die im Folgenden näher
betrachteten Institutionen werden dort in gebotener Kürze dargestellt.
Im Mittelpunkt von Heike Bähres Arbeit steht die Veränderung des
touristischen Systems der DDR nach 1990. Ein Abschnitt ihres Buches ist
der „Tourismuswissenschaft der DDR“ gewidmet, deren Besichtigung eine
„Grundlage für die empirische Untersuchung zur Transformation im
ostdeutschen Tourismus“ schaffen soll.[5]
Weitere Hinweise zum Erbe der ostdeutschen Fremdenverkehrswissenschaft
und Tourismusforschung sind einigen, nach 1990 erschienenen
Einzeldarstellungen zu entnehmen, die überwiegend von den DDR-Akteuren
selbst stammen.[6] In ihnen wurde, mehr oder weniger
wissenschaftsgeschichtlich motiviert, über die theoretische und
empirische Arbeit von Institutionen berichtet, die seinerzeit
grundlegend umgestaltet oder abgewickelt wurden.
Diese Rückblenden auf Forschungen in der DDR sind ebenso Gegenstand der
folgenden Betrachtungen wie wissenschaftsgeschichtliche Ansätze aus
DDR-Zeiten.
Für die Fremdenverkehrsgeographie sind die kritischen Bestandsaufnahmen
von Jacob und Benthien aus dem Jahre 1965 erhellend, ebenso die
fremdenverkehrsökonomischen Arbeiten von Uebel. Auch sie entsprangen
aber weniger einem wissenschaftshistorischen Bedürfnis als der Sorge um
die Zukunft ihrer Disziplinen und zwar sowohl in der DDR wie
europaweit. Dieses die Ländergrenzen transzendierende Interesse speiste
sich sowohl aus der Anerkennung der Tatsache, dass das zu beforschende
Phänomen des Fremdenverkehrs allen Industrieländern gemeinsam ist wie
aus dem Bewusstsein, dass die DDR etwas aufzuholen habe.[7] Zur
Geschichte von DDR-Tourismusforschung in einem disziplinübergreifenden
Sinn wurde in einer Arbeitsgruppe des Wissenschaftsbereichs Kultur an
der Humboldt-Universität Berlin seit Beginn der 1980er Jahre
gearbeitet. Dieses Projekt war Bestandteil einer kulturtheoretischen
Auseinandersetzung mit Konzepten und empirischen Untersuchungen zu
Freizeit und Kulturarbeit.[8]
Eine Geschichte der Fremdenverkehrs- und Tourismusforschung, die die
Zeit nach 1945 systematisch behandelt hätte, ist, so das Fazit, zu
DDR-Zeiten ebenso wenig entstanden wie eine Geschichte ihres Tourismus
selbst. Sie sind bis heute und trotz der eingangs erwähnten Arbeiten
ein Desiderat geblieben.
Ziel des vorliegenden Beitrages ist es angesichts dieser Situation, die
an der Untersuchung von Fremdenverkehr und Urlaubsfreizeit maßgeblich
beteiligten Forschungsstätten anhand ihrer Projekte und
Veröffentlichungen vorzustellen. Um Wissenschaftsgeschichte (und nicht
Tourismusgeschichte) zu betreiben, wird das Augenmerk auf theoretische
und methodologische Positionen gelegt, die, als angewandte Forschung,
meist im Zusammenhang mit empirischen Untersuchungen entwickelt wurden.
Diese entstanden wiederum häufig in staatlichem Auftrag. Sie waren
praxisorientiert, was von den beteiligten Wissenschaftlern (je nach
Fachdisziplin) auch explizit positiv bewertet wurde.[9]
Näher betrachtet werden folgende Einrichtungen:
die Hochschule für Verkehrswesen in Dresden (HfV), vor allem die Fremdenverkehrsgeographie und Ökonomik des Fremdenverkehrs,
die Universität Greifswald mit ihrer Rekreationsgeographie,
das 1962 gegründete Institut für Bedarfs- bzw. Marktforschung (IfM) in Leipzig,
die Deutsche Hochschule für Körperkultur (DHfK) und
das 1966 installierte Zentralinstitut für Jugendforschung (ZIJ).[10]
Ein zeitlicher und räumlicher Zusammenhang mit der realen Entwicklung
des Tourismus in der DDR ist nicht zu übersehen, lagen doch Greifswald
und Dresden nahe bei oder inmitten wichtiger Urlaubsgebiete der DDR,
die durch den massiven Anstieg der „Urlaubsreisetätigkeit“ in den
1960er Jahren schon bald an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gerieten.
Die in Leipzig, der alten Messestadt angesiedelten Institutionen
standen in der Tradition von Handel und Wandel oder, wie die DHfK,
einer Vorgängereinrichtung.
Obwohl durchaus beabsichtigt ist, den geschichtlichen Verlauf der
Fremdenverkehrswissenschaft und Tourismusforschung zu rekonstruieren,
sollen die identifizierbaren Schwerpunkte aber nicht chronologisch
abgearbeitet werden. Vielmehr werden sie in gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen eingeordnet, die eine angemessene Interpretation
ermöglichen sollen. In der Entwicklung der Fremdenverkehrs- und
Tourismusforschung der DDR können drei Phasen unterschieden werden.
Eine Vorbereitungsphase mit kleineren Untersuchungen in den 1950er
Jahren, eine recht stürmische und experimentelle Entstehungsphase in
den 1960er Jahren vor dem Hintergrund des sich entwickelnden
Massentourismus in seinen verschiedenen Formen und eine
Konsolidierungsphase in den 1970er und 1980er Jahren. Diese
Konsolidierungsphase ist gekennzeichnet durch differenzierte Rückblicke
auf die Entwicklung des Fremdenverkehrs und des Tourismus und auf
vorsichtigere Prognosen angesichts des Machbaren und der
gesellschaftlich gesetzten Grenzen.
Die Gründung und der Ausbau von Forschungs- und
Ausbildungseinrichtungen zu Fremdenverkehr und Tourismus in der ersten
Hälfte der 1960er Jahre hingen mit einer Konsolidierung der
Lebensverhältnisse in der DDR zusammen. Neben einer Verbesserung der
Wohnbedingungen und der Ausstattung der Haushalte mit langlebigen
Konsumgütern sollte auch das Leben in der Freizeit modernisiert werden,
wo der Urlaub zunächst angesiedelt wurde. Damit sollten wichtige
materielle Voraussetzungen zur Entfaltung einer „sozialistischen
Lebensweise“ geschaffen werden.
Bei der Staatlichen Plankommission der DDR wurden zwei für
Fremdenverkehr und Tourismus wichtige Expertengremien geschaffen: eine
Gruppe „Rationelle Nutzungen der Nichtarbeitszeit“ und eine
„Forschungsgemeinschaft Fremdenverkehr“.
Bis dahin waren Fremdenverkehr oder Urlaubsreisen nur vereinzelt
untersucht worden. Aus traditionell medizinisch-physiologischer
Perspektive wurde Mitte der 1950er Jahre das Badeverhalten von
Urlaubern an der Ostsee beobachtet. Erholungseffekte eines zweiwöchigen
Urlaubs und von Kuraufenthalten sollten „objektiviert“ werden.
Meinungen zum Winterurlaub an der See wurden mit einer kleineren
schriftlichen Befragung sondiert. Schon wenig später galten solche
Arbeiten aus methodologischen Gründen als wenig überzeugend.[11] Der
von ihnen untersuchte Zusammenhang von Urlaub und Erholung blieb jedoch
inhaltlich bis zum Ende der DDR bedeutsam. Mit dem Erholungseffekt
wurde die Notwendigkeit einer Urlaubsreise begründet, obwohl der
Nachweis ausblieb. Das störte aber nicht, denn es galt eine
Sozialpolitik zu legitimieren, die, durchaus zeitgemäß, eine
Urlaubsreise für jeden Werktätigen zum Normalfall erhoben hatte.
In ihrer Entstehungsphase hatte sich die institutionelle Forschung zu
Fremdenverkehr und Tourismus mit einem Bündel von Aufgaben und
Problemen gleichzeitig auseinanderzusetzen:
- mit der territorialen Beschaffenheit und Lage der DDR und ihrem touristischen „Erbe“
- mit dem internationalen Stand der Fremdenverkehrs- und Tourismusforschung
- mit der bisherigen touristischen Entwicklung in der DDR und ihren Perspektiven
Anhand dieser drei Aspekte sollen nun Schwerpunkte der Arbeit an den
einzelnen Forschungseinrichtungen dargestellt werden. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass sowohl an der HfV, an der Universität Greifswald
und an der DHfK gleichzeitig ein Lehraufgebot aufgebaut wurde.
Forschung diente auch immer der Lehre und umgekehrt: Studenten und
Doktoranden beteiligten sich an den empirischen Untersuchungen. Ihre
Qualifizierungsarbeiten erbrachten einen wesentlichen Teil der
Forschungsergebnisse.
2. Rahmenbedingungen der Entstehung und Entwicklung von Fremdenverkehrswissenschaft und Tourismusforschung in der DDR
2.1 Die territoriale Beschaffenheit und Lage der DDR aus der Sicht von Fremdenverkehr und Tourismus
Angesichts der Perspektive, von der aus nach 1990 auf den
DDR-Tourismus, seine Erforscher und Gestalter geblickt wurde, mag es
seltsam erscheinen, dass im Folgenden der Raumstruktur der DDR vor
allen gesellschaftlichen und politischen Bedingungen eine prominente
Position eingeräumt wird.[12] Wie in anderen volkswirtschaftlichen
Bereichen bestimmte aber auch in Fremdenverkehr und Tourismus das Erbe
die weitere Entwicklung. Zudem konstituierte sich die
Fremdenverkehrswissenschaft geschichtlich über eine Auseinandersetzung
mit geographischen Gegebenheiten der Reiseziele und Raumordnungen von
Ländern und Regionen. Das war in der DDR nicht anders.
Zunächst ein Blick auf das Erbe. Welche Landschaften mit touristischem
Potential und einer entsprechenden Infrastruktur, welche traditionellen
Destinationen fielen der DDR zu, welche gingen im Vergleich zum
Vorkriegsstand verloren? Am schmerzlichsten war wohl der Verlust der
Alpen als inländisches Urlaubsziel – der Alpinismus sah sich auf
Kletterpartien in der Sächsischen Schweiz zurückgeworfen. [13]
Bergwandern fand nur noch in Mittelgebirgen statt. Die östliche
Ostseeküste wurde polnisch, was aber angesichts der Urlauberströme vor
1938 wohl nicht so bedeutungsvoll war wie die Teilung von Usedom. Auch
die echtes „Meeresgefühl“ vermittelnde Nordsee rückte in die Ferne.
Empfindlich machte sich die Aussetzung des vor dem Krieg üblichen
kleinen Grenzverkehrs im Elbsandsteingebirge bemerkbar. Praktisch
halbiert wurde auch der Harz. Für die DDR blieben also eine
beschnittene Ostseeküste und einige Mittelgebirge übrig – Urlaubsziele
mit Tradition, jedoch ohne rechte Höhepunkte.
Das empirische Interesse der Fremdenverkehrsforscher richtete sich, in
Form einer historisch ausgreifenden Bestandsaufnahme, zunächst auf
diese „ererbten“ Destinationen. Für die in Dresden ansässigen
Wissenschaftler waren die Naherholungsgebiete um die Stadt und die
Sächsische Schweiz dabei von ähnlicher Bedeutung wie die Alpenregion
für die Arbeit am Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Institut für
Fremdenverkehr in München. Deshalb kann es nicht verwundern, wenn ein
Verkehrswirtschaftler von der Hochschule für Verkehrswesen, Joachim
Günther, im Hausblatt der Münchner 1957 einen Aufsatz über „Die
Elbeschiffahrt in ihrer Bedeutung für den Fremdenverkehr in die
Sächsische Schweiz“ veröffentlichte. Ein Blick in die Fußnoten zeigt,
dass Günther sowohl allgemeine Literatur zum Fremdenverkehr aus der
Zeit vor und nach dem Zweiten Weltkrieg benutzte wie auch historische
und aktuelle (d.h. bereits in der DDR erarbeitete) Spezialliteratur zur
betrachteten Region. Für die Mitte der 1950er Jahre wird die Sächsische
Schweiz als eine über die Maßen (mit Sonderzügen auch aus Berlin oder
Halle) touristisch genutzte Landschaft beschrieben, die eines größeren
Schutzes bedarf. Vor allem neue Straßen sollten nicht gebaut werden.
„Die Sächsische Schweiz ist nun einmal ein ausgesprochenes Wander- und
Bergsteigergebiet, das sowohl einer reinen, staubfreien Luft bedarf,
wie auch nur dem Fußgänger sich voll erschließt.“[14]
Günther profitierte in seinem Aufsatz von einer im Jahre 1957
verteidigten, viel beachteten Dissertation zur „Geographie des
Fremdenverkehrs in der Sächsischen Schweiz“. Ihr Verfasser, Erwin
Hartsch, meldete sich einiger Jahre später mit neuen Hiobsbotschaften
und Vorschlägen zu Wort. Im In- und Ausland gebe es Probleme im
Fremdenverkehr und seiner Planung, die aus Veränderungen in den
„Erholungslandschaften“ resultierten – Flächenverluste durch Industrie,
Verkehr und Wohnungsbau.[15] Im Raum Dresden seien alte Ausflugsziele
so zerstört worden, Wasserverunreinigung und Rauchgasbelastung,
Verarmung von Flora und Fauna durch die neue Technik in der
Landwirtschaft, Lärmbelastung durch eine hohe Urlauberdichte hätten
inzwischen zu einer kritischen Situation geführt. Hartsch kam zu der
Auffassung, dass auch die in der DDR dem Erholungswesen zur Verfügung
gestellten Mittel an diesem Zustand nichts ändern werden, wenn
Landschaften nicht in Zukunft in ihrer Erholungsfunktion ökonomisch
bewertet würden (wie in den USA geschehen), um Ansprüche anderer
potentieller Nutzer abzuwehren. Hier sah er eine Aufgabe sowohl der
Ökonomischen Geographie wie auch von Sozialhygienikern und
„Erholungspsychologen“ für die nächsten Jahre. Angesichts der Tatsache,
„dass der Mensch und seine Arbeitskraft das wertvollste Besitztum eines
Staates sind, so können wir den Erholungswert einer Landschaft gar
nicht hoch genug ansetzen“. Hartsch plädierte für aktive Maßnahmen zur
Wertsteigerung, die „der Franzose als `mise en valeur` bezeichnet.“[16]
Konkret trat er dafür ein, auch in der DDR Naturparks anzulegen.
Dieses Thema erwies sich als Dauerbrenner. Mitte der 1970er Jahre
berichtete der „Arbeitskreis Sächsische Schweiz in der Geographischen
Gesellschaft der DDR“ über die Entwicklung des Fremdenverkehrs in der
Region. In den hochentwickelten und dichtbevölkerten Ländern, so
stellen die Autoren eines Beitrags „Erholungsfunktion und
Interferenzproblem in der Sächsischen Schweiz“ fest, gewinne
Territorialplanung an Bedeutung. Gesellschaftliche Funktionen, die in
ein und demselben Raum zu befriedigen sind, überlagerten sich,
interferierten. Dadurch bedingte Konfliktsituationen, wie sie dann am
Beispiel der Sächsischen Schweiz behandelt wurden, sollten „im Rahmen
einer sozialistischen Gesellschaftsordnung“ gelöst werden können.[17]
In einem anderen Beitrag wurde darauf verwiesen, dass sich in der
Sächsischen Schweiz „fast alle Formen des Fremdenverkehrs“
konzentrierten: Urlaubs- und Ferienreiseverkehr, Kurverkehr,
Wanderverkehr, Sportverkehr (Klettersport).[18] Zu den Besuchern aus
der DDR kämen nun noch die aus der CSSR. Die von Hübel am Ende seiner
Analyse vorgeschlagenen Maßnahmen belegen, dass die schon lange
eingeforderte und gerade von einer sozialistischen Gesellschaft
erwartete Vernetzung der beteiligten Institutionen (vor allem der
Reiseanbieter) nach wie vor nicht funktionierte. Fast notorisch ist
auch der Hinweis auf notwendige Rekonstruktionsmaßnahmen, angefangen
von den Ferienheimen bis hin zum Wegewandernetz.
Für die Ostseeküsten zeigen Veröffentlichungen vor allem der 1960er
Jahre an, wie man sich des überkommenen Erbes, einer in mancherlei
Hinsicht geschrumpften Fremdenverkehrslandschaft versicherte. So
untersuchte Horst Gehrke das „Fremdeneinzugsgebiet des Badeortes Binz“,
das vor 1945 zu den „großen Weltbädern“ gezählt habe. „Wenn der
Terminus `Weltbad` für die Zeit nach 1945 nicht mehr zutreffend ist,
bedeutet das nicht, daß Binz seine Bedeutung als Fremdenverkehrsort
verloren hätte, sondern nur, daß nationale Belange zu einer starken
geographischen Verkleinerung des Einzugsbereiches geführt haben.“ [19]
Im Jahre 1960 seien so viele Urlauber gekommen, wie 1928 (dem höchsten
Stand in der Zwischenkriegszeit), 1964 sei dieser Vorkriegsstand fast
verdoppelt worden. Warum das Städtchen dennoch kein „Weltbad“ mehr war,
zeigt eine Tabelle mit der Überschrift „Herkunft der Fremden 1938 in
Binz, bezogen auf das Territorium der DDR“. Danach kamen fast 60% aus
Gebieten, die inzwischen außerhalb der DDR lagen, eine Neuordnung des
„Gefüges“ sei erzwungen worden.[20] Nun waren es die Industriegebiete
der DDR, aus denen sich die Urlauber rekrutierten.
Auch die Ansiedlung von Industrie im bis dahin (und auch weiterhin)
wesentlich landwirtschaftlich geprägten Norden blieb nicht ohne Folgen.
So stellte Egon Weber im Anschluss an seine Forschungen zur Entwicklung
des Ostseebades Saßnitz fest, dieses sei durch die Ansiedlung eines
Fischereikombinates “seiner früheren Funktion als Zentrum des Tourismus
auf Jasmund fast ganz verlustig gegangen“.[21]
In der Forschungsgruppe „Rekreationsgeographie“[22] an der Universität
Greifswald entstanden erste Arbeiten, die sich mit
„siedlungsgeographischen Einflüssen des Fremdenverkehrs“ an der
Ostseeküste beschäftigten und bisherige Forschungsergebnisse in
Übersichtsartikeln zusammentrugen. Das aus der Vergangenheit
überkommene „gegenwärtige Funktionsgefüge einiger Fremdenverkehrsorte“
wurde anhand von Gebäudenutzungskarten mit dem Ziel entfaltet, „einen
geographischen Beitrag zur sinnvollen Weiterentwicklung unserer
Bädergemeinden“ zu leisten.[23] Damit sollte zugleich das Feld der
überkommenen Fremdenverkehrswissenschaft erweitert werden. Legten deren
Definitionen doch das Hauptaugenmerk auf die vorüber ziehenden
„Ortsfremden“, die keine dauernde Niederlassung begründeten. Tatsache
und nur in einem scheinbaren Widerspruch dazu stehend sei jedoch, „daß
unter den landschaftlichen Veränderungen, die der Fremdenverkehr mit
sich bringt, gerade die siedlungsgeographischen die bedeutendsten und
sinnfälligsten sind.“[24]
Nach vierzig Jahren DDR zählten für Benthien die Ostseeküste, die
Landschaften des Tieflandes (vor allem die Mecklenburger und
Brandenburger Seenplatten) und die Mittelgebirge zu den „räumliche(n)
Voraussetzungen der Erholung in der DDR“. Hinzu kämen als
„gesellschaftliche Komponente des Rekreationspotentials“ die
kulturhistorischen Sehenswürdigkeiten.[25]
Neue Regionen des Massentourismus hatten sich also in der nördlichen
Hälfte der Republik entwickelt. Die Frage nach prinzipiell für
„Ferienerholung“ tauglichen Landschaften beschäftigte schon seit Anfang
der 1960er Jahre Raumplaner der Deutschen Bauakademie. Der Architekt
Gottfried Wagner beklagte das Fehlen von Kriterien zur Bestimmung des
Erholungswertes. „Wir können deshalb heute nur diejenigen Landschaften
als Erholungslandschaften bezeichnen, in denen man sich zur Zeit
erholt, und auch solche, die gleiche Eigenschaften haben, aber noch
nicht oder nicht im möglichen Maße für Erholungszwecke genutzt werden.
Zusammen bilden sie das gegenwärtig bekannte Potential der DDR an
großräumigen Erholungslandschaften.“[26]
Angesichts von Disproportionen in der „Belastung von
Erholungslandschaften“ (saisonale Überlastung traditioneller und
geringe Nutzung anderer möglicher Gebiete) und in Erwartung eines
steigenden Bedarfs galt das Interesse der Etablierung von Alternativen.
Hier spiele, so Wagner, aber offensichtlich weniger die touristische
Erschließung, als die Attraktivität der Natur eine Rolle, vor allem das
Wasser. Schrittmacher seien Zelturlauber, die zunächst vereinzelt,
danach in Massen auftreten und die Errichtung von
Gemeinschaftseinrichtungen wie Verkehrsanlagen forcierten. Schließlich
könnten diese, von den Urlaubern selbst ausgewählten neuen
Erholungslandschaften durch feste Unterkünfte sogar fast ganzjährig
genutzt werden.[27] Das zielte besonders auf die Mecklenburger und
Brandenburger Seenplatten, denen in Zukunft die Aufmerksamkeit der
Fremdenverkehrsforscher galt. Diese neuen Möglichkeiten eingerechnet,
besitzen die „Erholungslandschaften der DDR eine hohe Qualität und
eignen sich zur Befriedigung vielfältiger Erholungsbedürfnisse“.[28]
Von der Rekreationsgeographie wurde die Installierung dieser neuen
Urlaubslandschaften forschend begleitet. Für den Bezirk Neubrandenburg
ließ sich schon Mitte der 1960er Jahre eine Steigerung der
Urlauberzahlen um etwa das 15fache ausmachen – an der Spitze Camper,
gefolgt von der fast stetig wachsenden Zahl von Urlaubern in
Betriebsferienheimen und in Wochenendsiedlungen. Zu Beginn der 1980er
Jahre überstieg die Zahl der Urlauber die Zahl der Einwohner des
Bezirks.[29] Eine im Jahre 1981 durchgeführte Fallstudie ergab, dass
85% der Erholungssuchenden aus den Städten der Bezirke Leipzig, Halle,
Gera und aus Berlin kamen.[30]
Nicht erfüllt hat sich die Erwartung Wagners nach einer Ausdehnung der
Saison durch „feste Bebauung“ – das Mecklenburger Binnenland habe sich
als „ausgesprochenes „Sommerurlaubsgebiet“ entwickelt.[31]
2.2. Neues Land – neue Wissenschaft? Erbe und neue Akzente in der Fremdenverkehrswissenschaft und Tourismusforschung
2.2.1 Fremdenverkehrs- und Rekreationsgeographie
Fremdenverkehrswissenschaft hatte auf dem der DDR zugefallenen Gebiet
vor 1945 kaum stattgefunden – die Hochburgen der Disziplin lagen
woanders.[32] Nun galt es, entsprechende Forschungs- und
Lehreinrichtungen aufzubauen und gleichzeitig das wissenschaftliche
Selbstverständnis zu entwickeln. Das geschah gleichsam als
Verfassungsauftrag. In frühen Publikationen wird immer wieder darauf
hingewiesen, dass (neben der Arbeit) auch die Erholung der Werktätigen
zu garantieren sei.[33] Ein Platz im Wissenschaftsgefüge der DDR und in
der internationalen Gemeinschaft der Tourismusforscher musste gefunden
werden.
Den Traditionen bisheriger Fremdenverkehrsforschung entsprechend lässt
sich eine Ausrichtung auf die Schwerpunkte Geographie und Ökonomie
ausmachen. Auf zwei Konferenzen Mitte der 1960er Jahre wurden
Fundamente für die weitere Entwicklung gelegt und erste Ergebnisse
eigener Bemühungen vorgestellt. Vor allem verwies man aber auf Defizite.
Die Initiatoren beider Tagungen, Günter Jacob und Horst Uebel, lehrten
an der Hochschule für Verkehrswesen „Friedrich List“ in Dresden (HfV).
Jacob war Leiter des Instituts für Verkehrsgeographie. Im Namen der
Geographischen Gesellschaft der DDR hatte er für den Herbst 1965 zu
einer „Informationstagung zur Geographie des Fremdenverkehrs“
eingeladen, zu der über 200 Teilnehmer „aus vielen Ländern Europas“
erschienen waren[34]. Er referierte, dem damaligen Duktus entsprechend,
über den „gegenwärtige(n) Stand und die Aufgaben der Geographie des
Fremdenverkehrs“[35] aus europäischer Perspektive. Jacob konstatierte
zunächst ein Übergewicht des Historischen. In jeder grundlegenden
Arbeit zur Geographie des Fremdenverkehrs werde nicht nur eine eigene
Definition ihres Gegenstandes angeboten, sondern auch die Geschichte
der Disziplin ausgebreitet. Mit einer von ihm angeregten „Geschichte
der fremdenverkehrsgeographischen Lehrmeinungen“ könne dieser Ballast
zugunsten aktueller Strukturanalysen abgeworfen werden. Im
deutschsprachigen Raum (Westdeutschland, Österreich, Schweiz, DDR)
seien zudem in neueren Arbeiten „mit wenigen Ausnahmen keine
Grundgedanken zum Gegenstand und zur Aufgabenstellung der Geographie
des Fremdenverkehrs“ geäußert worden, die nicht schon in früheren
Arbeiten aufgetaucht wären.[36] So hielt es auch Jacob selbst. Er
schloss sich der Definition von Grünthal aus seiner Dissertation von
1934 an, Geographie des Fremdenverkehrs sei in erster Linie eine
Geographie der Fremdenverkehrsorte und –gebiete und Teil der
Ökonomischen Geographie. Unter „sozialistischen Bedingungen“ solle sie
zudem die Fremdenverkehrspolitik beraten, um eine „optimale
territoriale Entwicklung des Fremdenverkehrs“ zu sichern.[37] Sie dürfe
aber, zur Vermeidung von Substanzverlusten, nicht mit
Fremdenverkehrsplanung zusammenfallen.
Für die DDR sah er nicht nur den Fremdenverkehr, sondern auch Lehre und
Forschung auf dem Gebiet des Fremdenverkehrs im internationalen Maßstab
zurückgeblieben. Von der neu gegründete Forschungsgemeinschaft
Fremdenverkehr beim Ökonomischen Forschungsinstitut der Staatlichen
Plankommission wurde erwartet, den „Tempoverlust aufzuholen“. Gute
Voraussetzungen würden, so Jacob, die zahlreichen vorliegenden
Einzeluntersuchungen (Dissertation, Diplomarbeiten) bieten. Allerdings
dienten diese in ihrer Masse aber entweder zu sehr der konkreten
Erholungsplanung oder wären zu historisch. Im sozialistischen Ausland
wie Polen oder der CSSR seien bahnbrechende Arbeiten erschienen,
während in der Sowjetunion, Ungarn, Rumänien und Bulgarien trotz
stürmischer Entwicklung des Fremdenverkehrs nur unzureichend geforscht
werde. In der kapitalistischen Welt sind „zweifellos Westdeutschland,
Österreich und die Schweiz führend“, aber auch Italien und Frankreich.
Wenn es dort „gewisse propagandistische Tendenzen“ gäbe, die aus
ökonomischen Interessen resultierten, so sei das doch nicht typisch.
„Typisch ist, daß diese Untersuchungen eine Fülle neuer methodische
Gesichtspunkte ergeben haben, die auszuwerten wir allen Grund haben.
Wenn auch das historische Element in den Arbeiten dieser Länder noch in
sehr starkem Maße auftritt, so ist doch ein deutlicher Trend erkennbar,
den Fremdenverkehr und seine Auswirkungen mit dem Ziel zu untersuchen,
Beiträge zur Landesplanung, Raumordnung usw. zu liefern.“[38]
Auf beiden Seiten gäbe es allerdings nicht genügend Arbeiten mit
Übersichtscharakter, um Vergleichbarkeit zu schaffen und alle
territorialen „Wechselbeziehungen zwischen Natur und Gesellschaft im
Fremdenverkehr“ aufzudecken. Voraussetzung dafür sei eine
aussagekräftige Fremdenverkehrsstatistik – Basis für ein von Jacob als
Aufgabenkatalog formuliertes ehrgeiziges Rahmenprogramm zur Entwicklung
von Fremdenverkehrspraxis, -ausbildung und -theorie gleichermaßen.
Nahziel ist eine „thematische kartographische Erfassung des
Fremdenverkehrs“, bei deren Vorstellung er sich an internationalen
Erfahrungen orientierte.[39]
Ein zweiter Schwerpunkt in der Tourismusforschung aus geographischer
Sicht entwickelte sich, wie bereits erwähnt, in Greifswald. Unter der
Leitung von Bruno Benthien wurde die „Rekreationsgeographie“
installiert.[40]
Die dort erarbeitete Konzeption ist Gegenstand von Beiträgen in
Standardwerken zur Ökonomischen Geographie und vor allem seiner
„Geographie der Erholung und des Tourismus“ von 1997.[41] Sie entstand
in Auseinandersetzung mit der historischen Entwicklung des Phänomens,
dem internationalen wissenschaftlichen Diskurs zum Thema (und dessen
Geschichte) und den Aufgaben, die sich angesichts des räumlichen Erbes
und der „territorialen Ressourcen- und Siedlungsstruktur“ in der DDR
stellten.
„Unter den Teildisziplinen der gesellschaftswissenschaftlichen Richtung
in der Geographie gehört die Rekreationsgeographie (oder Geographie der
Erholung und des Tourismus) zu den jüngsten Zweigen.“[42] Im Rückblick
auf die internationalen Geographenkongresse[43] seit Mitte der 1950er
ergebe sich, dass erst die stürmische Entwicklung des
„rekreationsbedingten Fremdenverkehrs“ dem Thema zu Relevanz verholfen
habe.
Inzwischen, so resümierte Benthien in einem Übersichtsartikel aus dem
Jahre 1985, gebe es „teils übereinstimmende, teils sehr
unterschiedliche Auffassungen über die zweckmäßigste Art und Weise des
Herangehens an die territorialen Probleme der Erholung und des
Tourismus“.[44] Mehrere Seiten sind der „Fremdenverkehrsgeographie“ der
1920er und 1930er Jahre und der „Herausbildung einer Geographie der
Freizeit/des Freizeitverhaltens in Westeuropa nach dem Zweiten
Weltkrieg“ gewidmet. Es habe sich gezeigt, dass die vor 1939
entwickelten Konzeption angesichts der wachsenden Bedeutung von
„Freizeit und Erholung“ und der Tatsache, dass aus dem „Fremdenverkehr“
nun „Massentourismus“ geworden sei, nicht mehr ausgereicht hätten.
Verschiedene (und unterschiedlich benannte) Varianten einer neuen
geographischen Teildisziplin hätten sich herausgebildet.
Auch in den sozialistischen Ländern hätten sich unterschiedliche
Akzentuierungen entwickelt. „In Ländern, für die der einreisende
Tourismus ökonomisch eine besonders wichtige Rolle spielt, wie z. B.
die Volksrepublik Bulgarien, besitzt dieser auch in der geographischen
Literatur ein besonderes Gewicht. In anderen Ländern, z. B. der UdSSR
und der DDR, liegt der Akzent auf den territorialen Problemen der
Erholung der eigenen Bevölkerung.“[45] Diesen Unterschieden stünden
aber Gemeinsamkeiten gegenüber. Zunächst die Aufgabe der Wissenschaft,
der sozialistischen Gesellschaft „konstruktive Beiträge“ zur Leitung
und Planung zu liefern.[46] Daraus resultierte das Bemühen, eine
(zeitgemäß) systemtheoretisch fundierte geographische Forschung zu
installieren.
Die Greifswalder Forschungsgruppe „Rekreationsgeographie“ habe sich
(anders als manche Forscher in anderen sozialistischen Ländern) am
sogenannten Preobrashenskij-Modell als „Basismodell“ orientiert und
dieses abgewandelt. Neben der Tatsache, dass hier
systemtheoretisch-funktionalistisch gedacht wurde, ist wohl die
wichtigste Botschaft, dass alle „ökonomischen Effekte“ der Aufgabe
unterzuordnen seien, bestmögliche Voraussetzungen zur Erholung zu
schaffen.[47] Hinzu kommt, dass man im Osten (und nach Meinung der
Forscher dort zum ersten Mal) in (touristischen) Regionen zu denken
begann und nicht entsprechend staatlich-administrativer Grenzen.
In seiner oben erwähnten, sich an Studierende wendenden „Geographie der
Erholung und des Tourismus“ von 1997 geht Benthien einleitend von einem
„Daseinsgrundbedürfnis Erholung“ aus, dem die Rekreationsgeographie zu
entsprechen habe. Das betreffe sowohl die Quell- wie Zielgebiete des
Tourismus. Unter der Überschrift „Erholung im Blickfeld der Geographen
von der beschreibenden bis zu systemorientierten Geographie“ werden die
Betrachtungen zur Geschichte der Disziplin fortgesetzt. Schon in den
1980er Jahren habe sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die
Geographie der Freizeit und des Fremdenverkehrs einer eigenen
Systematik bedürfe, sich „zu einem komplexen und eigenständigen
Forschungssektor“ innerhalb der Geographie entwickelt habe.[48]
Umso verwunderlicher musste es dem Nestor dieser Disziplin in der DDR
erscheinen, wenn Kulinat und Steinecke noch 1984 davon sprachen, dass
es der „’derzeitige Forschungsstand’“ noch nicht erlaube, „’Freizeit-
und Fremdenverkehr als integriertes räumliches System
darzustellen’“[49]. In den „damaligen sozialistischen Ländern
Osteuropas“ habe „die These der Existenz räumlicher Rekreationssysteme
(Hervorhebung im Original – G.I.) in Theorie und Praxis der Geographie“
bereits Eingang gefunden. „War es nur die Sprachbarriere, die dazu
führt, dass russischsprachige Veröffentlichungen weniger oder überhaupt
nicht zur Kenntnis genommen wurden? Die komplexe Untersuchung der
Struktur von Ausschnitten der Geosphäre und der in ihnen ablaufenden
natürlichen, ökonomischen und sozialen Prozesse war nach dem
Selbstverständnis der Geographen in diesen Ländern das Grundanliegen
ihrer Wissenschaft und führte sie durch ein an HEGEL (Hervorhebung im
Original – G.I.) geschultes (und nicht nur verordnetes!) dialektisches
Denken auch sehr früh zu systemtheoretischem Denken.“[50]
Die Darstellung des wissenschaftlichen Erbes der DDR erfolgte mit dem
Ziel, seine Gültigkeit mit Blick auf die neuen Bedingungen zu
überprüfen – ein singulärer Vorgang im Umgang mit diesen
Überlieferungen. Andere, wie etwa Ingeburg Wonneberger oder Edelfrid
Buggel von der DHfK beschränkten sich darauf, von westdeutschen
Wissenschaftlern vor oder nach 1990 verfasste Untersuchungen zur
Situation ihres Fachgebietes in der DDR zu kritisieren und, aus ihrer
Sicht, richtig zu stellen.[51]
2.2.2 Ökonomie des Fremdenverkehrs/Tourismus
Die Fremdenverkehrsforschung an der Hochschule für Verkehrswesen
„Friedrich List“ in Dresden begann mit einer Dozentur für „Grundlagen
und Sondergebiete des Transportwesens“, womit vorrangig der
Fremdenverkehr gemeint war. „Die erste Forschungsaktivität bestand in
der Erarbeitung einer Methodik zur statistischen Erfassung des
Fremdenverkehrs in der DDR.“[52] Es folgte 1961 die Gründung einer
Forschungsstelle für Fremdenverkehr mit dem Auftrag, Lehrmaterialien
für eine neue Studienrichtung zu erarbeiten, die zwei Jahre später ihre
Arbeit begann. 1964 wurde ein Lehrstuhl für „Ökonomik des
Fremdenverkehrs“ eingerichtet. Dieser Lehrstuhl bestritt auf den von
der Hochschule durchgeführten 6. Verkehrswissenschaftlichen Tagen im
Sommer 1966 seinen ersten öffentlichen Auftritt. Von den neunzehn
Vortragenden kamen sieben aus dem Ausland, darunter Paul Bernecker aus
Wien und Walter Hunziker, der Nestor der Fremdenverkehrswissenschaft
aus der Schweiz.[53] Leitthema war die „Ausnutzung von Reserven im
Fremdenverkehr“, ein für Ost und West gleichermaßen interessantes
Thema. Horst Uebel, Leiter des erwähnten Lehrstuhls, hielt den
einleitenden Vortrag und blickte zunächst auf die Entwicklung des
Fremdenverkehrs. Der habe in den letzten zwei Jahrzehnten rasant
zugenommen und erfasse nun auch Territorien, die nicht zu den
„klassischen“ Fremdenverkehrsländern gehörten.[54] In der DDR sei vor
allem der „rekreationsbedingte Fremdenverkehr, also der Tourismus und
der Kurverkehr, auf eine sozialistischen Bedingungen entsprechende
Grundlage gestellt“ worden.[55] Hier brauche das Land zwar den
internationalen Vergleich nicht zu scheuen, aber die Deckung des
Bedarfs sei angesichts der „Nachfragestruktur“ nicht mehr
gewährleistet. In Zukunft sei zudem ein Anwachsen der Bedürfnisse nach
„touristischen Leistungen“ zu erwarten.
Zur Begründung wird eine Denkfigur angeführt, die, mit sich
verändernder Akzentuierung, bis zum Ende der DDR Bestand haben sollte.
Ausgegangen wird vom Wandel im Produktionsprozess (hier unter dem Label
der „technischen Revolution“), der auch die reproduktiven Bedürfnisse
verändere, die zu befriedigen oberstes politisches Ziel sei. Gemeint
sind neue Anforderungen an Erholung durch andersartige, geistige
Arbeitsbelastungen, aber auch die Erwartung neuer, darüber
hinausweisender Bedürfnisse, „erweiterte Reproduktion“. Das wird in der
heutigen Rezeption gern so ausgelegt, als habe man nur die schnöde
Wiederherstellung der physischen Arbeitskraft im Sinn gehabt. Es ging
aber um den arbeitsteiligen Beitrag der Ökonomie des Fremdenverkehrs
zur Förderung neuer Bedürfnisse und Fähigkeiten, um die Ausbildung der
„allseitig entwickelten Persönlichkeit“, die als Alternative zum
westlichen Konsummodell mit ihren Auswirkungen auf das herrschende
Menschenbild verstanden wurde.[56] Das konnten Ökonomen aber nur
„ökonomistisch“ ausdrücken: „Konsumtionsseitig“ sei die erweiterte
Reproduktion durch vermehrte Freizeit und höhere Kaufkraft gegeben,
„produktionsseitig“ könnten durch die erwartete Steigerung der
Arbeitsproduktivität neue Möglichkeiten für den Fremdenverkehr
geschaffen werden.[57] Allerdings werde, da die Nachfrage immer
vorauseilen wird, stets nur eine relative Deckung des Bedarfs möglich
sein. Durch eine Erhöhung der „Leistungskapazität“ wie auch ihre
bessere Ausnutzung könnten Angebot und Bedarf aber ebenso einander
näher gebracht werden wie durch ein verändertes Verhalten der
Konsumenten. Zur Bewältigung der Aufgaben bedürfe es einer
einheitlichen „Planung und Leitung des Gesamtkomplexes Fremdenverkehr“.
Davon sei man, mit verhängnisvollen wirtschaftlichen Folgen, noch weit
entfernt.[58]
Theoretische und statistische Grundlagen für realistische
Einschätzungen und Prognosen zum Fremdenverkehr samt ihren ökonomischen
und verkehrlichen Implikationen zu schaffen, kann als Hauptanliegen der
Ökonomie des Fremdenverkehrs an der HfV angesehen werden.
Die theoretischen Grundlagen wurden vor allem in den 1960er Jahren
ausgebildet. Der studentischen Öffentlichkeit wurden sie in Lehrbriefen
zugänglich gemacht, einer weiter gehenden Fachöffentlichkeit in
einschlägigen Zeitschriften.[59]
Als besonders ergiebig erwies sich die im Jahre 1968 gegründete
Zeitschrift „DDR-Verkehr“ in ihren ersten Jahrgängen. Sowohl 1968 als
auch 1969 erschien in fast jedem Heft ein Beitrag von Wissenschaftlern
der HfV, dominierend: Horst Uebel.
Zunächst wurden die Beziehungen zwischen Fremdenverkehr und Verkehr zum
Thema und zwar anhand dessen, was seit Mitte der 1950er Jahre
Tourismusforscher in den führenden westlichen Ländern angesichts der
realen Veränderungen diskutierten. Es ging um die Dominanz des
individuellen Kraftfahrzeugs bei touristischen Reisen, die Motive
seiner Nutzer und theoretischen Folgen für das Verhältnis von
Fremdenverkehr und Verkehr. Je weniger die Reise (Ortsveränderung)
dadurch zur Strapaze werde, umso mehr rücke sie „aus dem Bereich des
Mittels in den Bereich des Zweckes“.[60] „Wenngleich man Krapf und
Amstutz auch nicht so weit folgen kann, um nicht mehr im Aufenthalt,
sondern ausschließlich in der Reise das Essentielle der Erholung zu
erblicken, so muß man andererseits feststellen, dass durch den
individuellen Kraftverkehr das ausschließlich dynamische Element des
touristischen Vorgangs im Prozess der Bedürfnisbefriedigung eine viel
unmittelbarere Funktion erhalten hat und damit, auch von der
gestaltenden Seite her gesehen, zu einem integrierenden Bestandteil des
touristischen Gesamtprozesses geworden ist, der sich eben in der
Einheit seiner beiden Grundelemente dokumentiert.“[61] Das Auto habe
für Touristen nicht nur eine technisch-qualitative und ökonomische
Bedeutung, sondern vor allem eine „psychologische“ - immerhin eine
zarte Andeutung, dass auch kulturelle Aspekte im Tourismus ihren Platz
haben.
Im Folgenden untersuchte Uebel, inwiefern der Bedeutungswandel der
Ortsveränderung den Aufenthalt beeinflusst. Neue Beherbergungsformen
(Wohnwagen, Motel) mit einer veränderten räumlichen Verteilung würden
sich herausbilden.
Derlei Entwicklungen zeigten sich allerdings in der DDR erst
tendenziell. Mit dem absoluten Wachstum des Fremdenverkehrs würden dort
auch die öffentlichen Massenverkehrsmittel bedeutsamer. Im Interesse
„bestimmter prognostischer Schlußfolgerungen“[62] sei eine Einschätzung
des Gebrauchswertes der einzelnen Verkehrsmittel durch den Konsumenten
wünschenswert und zwar sowohl hinsichtlich seiner ökonomischen wie
außerökonomischen Aspekte. Ökonomisch erscheint die Nutzung des
privaten PKW für den Tourismus, wie Uebel vorrechnet, keineswegs so
ungünstig, wie man angesichts der niedrigen Preise für die öffentlichen
Massenverkehrsmittel annehmen könnte. Doch müsste die außerökonomische
Bewertung des Gebrauchswertes der ökonomischen übergeordnet werden. Im
Rückgriff auf entsprechende westliche Untersuchungen nimmt Uebel an,
dass die Wertschätzung des Autos als eines „ästhetisch gelungenen
persönlichen Gebrauchsgegenstandes“, als eines Konsumtionsobjekts, das
dem Nutzer „ein Gefühl der Unabhängigkeit von Raum und Zeit“
vermittelt, auch für die DDR geltend zu machen ist. Das sei, im
Gegensatz zum Streben nach Individualismus und sozialer
Differenzierung, dem Sozialismus nicht „wesensfremd“. Aber auch
letzteres sei (noch) nicht überwunden. Im Ergebnis sei „nicht nur eine
starke Beeinflussung der Entwicklung des individuellen Kraftverkehrs
durch die Entwicklung des Tourismus, sondern ebenso eine entsprechende
quantitative und qualitative Wandlung des touristischen Vorgangs durch
das Eindringen des individuellen Kraftverkehrs“ zu erwarten.[63]
Der starke Bezug auf die westliche, vor allem deutschsprachige
Fremdenverkehrsforschung erklärt sich auch daraus, dass für die DDR
noch keine repräsentativen Untersuchungen über im Fremdenverkehr bzw.
Tourismus benutzte Verkehrsmittel gab. Um eine sinnvolle Prognose
hinsichtlich der Rolle des individuellen Kraftverkehrs (wozu auch
Motorroller und Motorräder zählten) wagen zu können, bezog sich Uebel
vor allem auf die Kaufkraftentwicklung der DDR-Bevölkerung und,
wichtiger noch, auf die geplante Pkw-Produktion. Das bis in das Jahr
1990 blickende Ergebnis war einigermaßen ernüchternd. Schon 1980 könne,
wenn es bei den Produktionszahlen bliebe, „infolge der touristischen
Gebrauchswertschätzung der Pkw sowie der finanziell beim Konsumenten
gegebenen Voraussetzungen in keiner Weise der Bedarf gedeckt
werden.“[64]
Neben diesen der Zuarbeit für politische Entscheidungsträger
verpflichteten angewandten Themen ging es auch um Grundsätzliches –
etwa die Begrifflichkeit im Fremdenverkehr. Einerseits schloss man sich
explizit der auf einem Kongress der „Association Internationale
d’Experts Scientifiques du Tourisme“ (AIEST) im Jahre 1954 bestätigten
und auf Hunziker und Krapf zurückgehenden „Universaldefinition“ an,
jedoch unter Einschluss des dort ausgeklammerten Geschäftsverkehrs.[65]
Werde der Begriff Fremdenverkehr „zur Bezeichnung eines
gesellschaftlichen, insbesondere wirtschaftlichen Bereiches verwendet“,
meine man damit das „Fremdenverkehrswesen“. Dies wurde „unter
sozialistischen Bedingungen definiert“ als „Gesamtheit derjenigen
Einrichtungen, Maßnahmen und Erscheinungen, die einzeln oder in ihrem
Zusammenwirken die Aufgabe haben, den Aufenthalt von Ortsfremden –
einschließlich der damit verbundenen Ortsveränderung – entsprechend dem
Bedürfnis der Gesellschaft als Ganzes und in Übereinstimmung damit auch
ihrer einzelnen Glieder optimal zu gewährleisten und zu gestalten.“ Aus
der Perspektive beider Seiten des „Fremdenverkehrsvorganges“, der
„Leistungsträger“ und der Konsumenten, habe man es deshalb mit
differenzierten Motiven und den daraus folgenden Unterschiede in Art
und Form dieses Vorganges zu tun.[66] Die Teilnahme sei
rekreationsbedingt, berufsbedingt oder in sonstiger Weise motiviert.
Beim rekreationsbedingten Fremdenverkehr unterscheidet Uebel dann den
Kurverkehr und den „Tourismus (Erholungsverkehr im engeren Sinn“. Für
letzteren scheine wiederum eine Aufspaltung in Touristik,
Veranstaltungstourismus und Normaltourismus (Tourismus im engeren Sinn)
„zweckmäßig“.[67] Aus der Perspektive des Anliegens, das
Fremdenverkehrswesen in der DDR planmäßig und „harmonisch“, also ohne
Verschwendung und bei optimaler Nutzung von Ressourcen zu planen und zu
leiten, erscheint eine solche Bestimmung sinnvoll. Gelingt es doch auf
diese Weise die Nutzung derselben Übernachtungsstätten oder
Verkehrsmittel durch Urlauber, Kurgäste und Dienstreisende in den Blick
zu nehmen. Das war angesichts der knappen Ressourcen in den
touristischen Hochburgen ein brisantes praktisches Problem. So
antwortete der damalige Stellvertreter des Generaldirektors des
Reisebüros der DDR 1967 in einem Interview auf die Frage, wie der
Besuch der DDR durch Ausländer einzuschätzen sei: Starke
Entwicklungstendenzen zeigen sich im Tourismus mit Schweden, Dänemark,
Finnland und Frankreich, leider war es auch hier dem Reisebüro nicht
möglich, alle Nachfragen zu befriedigen, zumal die Hotels noch stark
für Tagungen und Kongresse in Anspruch genommen werden. Im letzten Jahr
wurden allein 170 000 Übernachtungen für Tagungen und Kongresse
benötigt, konzentriert auf Städte, die gleichzeitig touristische
Zentren sind.“[68] Die Wissenschaftler in Dresden hatten diese, von
ihnen auch untersuchte Situation, vor der eigenen Haustür.
Mit dem vorgestellten System des Fremdenverkehrs war natürlich kein
reibungsfreies Funktionieren des Fremdenverkehrswesens garantiert - das
wurde nicht nur fast gebetsmühlenartig kritisiert, sondern motivierte
zur ständigen Suche nach neuen Wegen der Vernetzung. Zumindest in der
Wissenschaft hat das weitgehend geklappt, wie vorliegender Beitrag
belegen kann.
Die von Uebel vorgestellte und allgemein akzeptierte begriffliche
Systematik zum Fremdenverkehr widerspiegelte nicht nur den
internationalen Erkenntnisstand und seine „Anwendung“ auf die DDR,
sondern auch eine spezifische historische Situation. Noch rangierte in
der Nennung der „Kurverkehr“ vor dem „Tourismus“ – Ausdruck einer
spezifischen politischen Einstellung wie der realen Entwicklung. Im
Statistischen Jahrbuch der DDR tauchte der von Uebel „Tourismus“
genannte „Erholungsverkehr im engeren Sinn“ im Jahre 1956 erstmals auf
und zwar als „Feriendienst“ unter der Rubrik „Gesundheitsfürsorge“,
worunter auch die Kuraufenthalte fielen. Ab 1959 hieß das „Erholung und
Wandern“, weil auch die Betriebsferienheime erwähnt wurden. Vier Jahre
später findet sich der „Tourismus“ unter der Rubrik „Sport und
Erholung“(ab 1974 „Sport, Erholung und Touristik“, ab 1986 „Sport,
Erholung, Tourismus“). Er wurde also aus dem engeren Zusammenhang der
Wiederherstellung von Gesundheit und Arbeitsvermögen herausgelöst, ohne
dass dieser Bezug verloren ging.[69] Noch 1989 reflektierte der neue
Leiter des Wissenschaftsbereichs, Armin Godau, auf dem 39.
AIEST-Kongress in Budapest die „Einordnung des Kur- und Bäderwesens in
den Tourismus der DDR“. Zwar bestimme das Gesundheitswesen „den Inhalt
einer Kur“. Der Tourismus betreibe aber die „territoriale Infrastruktur
des Kurbereichs“. „Die tourismustypische Infrastruktur als Basis für
die begleitende Programmgestaltung im engeren Sinne wird dabei als
immanenter Bestandteil der territorialen Infrastruktur betrachtet.“ In
diesem Sinne sollte sich „der Tourismus noch stärker mit dem Kur- und
Bäderwesen identifizieren.“[70]
2.2.3 Sportpädagogik und Soziologie
Die neue statistische Vereinigung des Tourismus mit Sport und sportivem
Wandern war allerdings nicht nur eine Modernisierung, sondern knüpfte
an alte Bande an. Es ist das kulturelle Erbe des Arbeitersports (bis
hin zum Nutzen des sportlichen und erholten Körpers im „Kampf“) und der
im Kulturbund organisierten Naturfreunde, auf das Bezug genommen wurde.
Das Wandern sollte aber nicht nur der Versicherung der
Klassentraditionen dienen, sondern ein Heimatgefühl für die DDR
konstituieren helfen. Zugleich wurde durch Einbeziehung des Reisebüros
und des Auslandstourismus auf Verhaltensänderungen und neue Bedürfnisse
reagiert.
Wie eng sich die Beziehungen zwischen Sport, Gesundheit und Urlaub zu
Beginn der 1960er Jahre für die Wissenschaftler noch darstellten, zeigt
sich darin, dass die erste öffentliche Mitteilung über ein neues
Forschungsprojekt in der Fachzeitschrift „Das Deutsche
Gesundheitswesen“ veröffentlicht wurde, obwohl der Autor Sportpädagoge
und Angehöriger der DHfK in Leipzig war.[71] Dort war im März 1961 eine
internationale Forschungsgemeinschaft gegründet worden, um sich mit den
Möglichkeiten von Sport und Touristik in Ferien- und
Erholungseinrichtungen zu beschäftigen. Beteiligt waren von Seiten der
DDR zahlreiche Institute und „Praxispartner“ mit deutlichem Schwerpunkt
im Raum Leipzig und Dresden.[72]
Leitinstitut war die 1962 an der DHfK geschaffene Abteilung
Volkssportforschung, die sich dem lebenslangen Erwachsenensport in
Betrieben, Wohnbezirken, auf dem Lande und in den Ferien- und
Erholungseinrichtungen lehrend und forschend widmen sollte. Einer
modernisierten Perspektive entsprechend wurde das ganze Leben in den
Blick genommen. Man interessierte dafür, ob und inwieweit sich ein
Bedürfnis nach „gesunder und kulturvoller Lebensweise“ entwickelt
habe.[73] Zugleich ging es um Hemmnisse für diese Bedürfnisbefriedigung
und natürlich auch die Ausbildung eines erwünschten Verhaltens. Hier
trafen also ein pädagogisches (man möchte fast sagen
„freizeitpädagogisches“) und ein soziologisches Anliegen zusammen. Die
Volkssportforscher der DHfK überschritten den engen Rahmen ihrer
Disziplin bzw. definierten diesen neu. Nicht zu Unrecht stellte Buggel
deshalb rückblickend fest, dass hier ein Beitrag für die noch in ihren
Kinderschuhen steckende Soziologie in der DDR geleistet wurde, der sich
aber gleichwohl international nicht zu verstecken brauchte.[74] Sowohl
die weltweit relevante Freizeitforschung wie auch spezielle
Untersuchungen zum lebenslangen Sporttreiben Erwachsener oder von
Tourismus und Sport wurden begleitend ausgewertet und genutzt.
Neu war aus der Perspektive der Volkssportforscher, dass neben
Untersuchungen zum sportlichen Verhalten während der Arbeit (z.B.
Pausengymnastik, aber auch Betriebssport als Freizeitsport von
Werktätigen) und im Wohngebiet (Sporthallen, Schwimmbäder etc.) nun
auch die Freizeit im Erholungsgebiet relevant wurde, wobei darunter
sowohl die Wochenenderholung als auch die Naherholung an Sonn- und
Feiertagen verstanden wurde.
Die erwähnte „Untersuchung der aktiven Erholung durch Sport und
Touristik in der Urlaubsfreizeit“ war auf mehrere Jahre ausgelegt
(1961-1965) und in vier Etappen gegliedert.
Sie tangierte die Interessen verschiedener Institutionen, die damalige
Forschungsfelder zur Urlaubsfreizeit repräsentierten. Es waren:
- das Institut für Gebiets-, Stadt- und Dorfplanung der Deutschen
Bauakademie Berlin mit zwei Vertretern, die sich mit Standards für die
Erholungsplanung in der DDR und mit Standards für die Einrichtung von
Zeltplätzen beschäftigten,
- das Institut für Arbeitsökonomik und Arbeitsschutzforschung Dresden,
deren Beteiligten es um philosophische und arbeitsökonomische
Grundlagen der Urlaubsfreizeit ging,
- das Institut für Ökonomie des Binnenhandels der Universität Leipzig,
das Standards für die Versorgung auf Zeltplätzen entwickeln wollte,
- die Medizinische Akademie Dresden, der es um Methoden und Ergebnisse der Objektivierung von Urlaubseffekten ging,
- das Bioklimatische Institut Berlin-Buch mit Interesse für die bioklimatischen Bedingungen in Urlaubsgebieten,
- das Institut für Sozialhygiene an der Universität Halle/S, das sich
mit sozialhygienischen und gesundheitserzieherischen Problemen der
Urlaubsfreizeit beschäftigte,
- das Ministerium für Volksbildung mit Interesse für Freizeitgestaltung in Jugendherbergen und
- das Institut für Fremdenverkehr der HfV Dresden, in dem Standards für den Urlaubsreiseverkehr entwickelt wurden.[75]
Ilse Buggel nennt darüber hinaus: die Sportmedizinische
Hauptberatungsstelle Leipzig, das FDGB-Sanatorium Graal-Müritz,
Mitarbeiter des Deutschen Turn- und Sportbundes (DTSB), der FDJ, des
Deutschen Kulturbundes und des FDGB.[76]
Zunächst wurden 1962 in Graal-Müritz (Ostsee) und in Friedrichroda
(Thüringer Wald) in größerem, in Bad Schandau (Sächsische Schweiz) und
Varna (Bulgarien) in kleinerem Umfang Pilotstudien auf Zeltplätzen
durchgeführt. Die Urlauber wurden gebeten, offene Zeitprotokolle
auszufüllen, die dann entsprechend der gefundenen Tätigkeiten und
Verhaltensweisen gruppiert und in einem geschlossenen Zeitprotokoll
zusammengestellt wurden. Ermittelt wurde so das Zeitbudget der Urlauber
im Verlauf einer Woche.
Nach Geschlecht differenziert wurden die Reaktionen der Urlauber auf
sportliche Angebote am Urlaubsort getestet, wozu an der DHfK einige
Diplomarbeiten entstanden.[77]
In der dritten Etappe 1963 war als spezielle Aufgabe formuliert worden,
neben Interessen, Einstellungen und Verhaltensweisen der Urlauber „see-
und gebirgsspezifische Optimalprogramme zur aktiven Urlaubsgestaltung“
zu ermitteln. Zugleich sollten Werbemittel und –maßnahmen für eine
„aktive psycho-physische Erholung“ auf ihre Wirksamkeit überprüft
werden. Das geschah durch Experimente (Veränderungen des sportiven
Angebots), durch Fragebogen, Interviews, Gespräche, Einstellungs- und
Verhaltenstests, teilnehmende Beobachtung, einen
„Werbewirksamkeitstest“ und Dokumentenanalyse – alles getragen von dem
Ziel, über die im Westen gängigen Methoden hinaus „geeignete
Forschungsmethoden, -verfahren und -techniken“ für den beforschten
gesellschaftlichen Bereich zu finden und auszuprobieren.[78]
Im November 1963 – Juni 1964 wurde dann die vierte Etappe eingeläutet.
Ein Teil der Probanden bekam Fragebogen zugesandt, um zu überprüfen, ob
sich ein Einstellungs- und Verhaltenswandel zum Sport in der Freizeit
durch die Bemühungen am Urlaubsort ergeben hatte. Nun wurden die drei
Lebensbereiche: Arbeitsstätte, Wohnbereich und Erholungsgebiet im Sinne
des Anliegens zusammengeführt, das Leben als Ganzes zu betrachten,
obwohl natürlich auch die Unterschiede und Wechselwirkungen dieser
Bereiche von Interesse waren.
In den folgenden Jahren wurde die Zeitbudgetforschung zu einer
Hauptmethode empirischer Sozialforschung in der DDR, wenn es um
Untersuchungen der Lebensweise ging.[79]
Das war für die Tourismusforschung nicht hilfreich, denn
„Urlaubsfreizeit“. gehörte gerade nicht zu den Gegenständen von
Zeitbudgetuntersuchungen, die sich traditionell auf das tägliche und
wöchentliche Zeitverhalten konzentrierten.[80]
Soweit ersichtlich, blieb das eben besprochene Projekt zur
Urlaubsfreizeit die einzige größere Untersuchung der DHfK zum
Thema.[81] Über sie wurden seitens der DHfK vor allem von Buggel
zahlreiche Artikel in Fachzeitschriften veröffentlicht, das galt auch
für die Beteiligten aus den anderen Institutionen, die hier nicht näher
betrachtet werden.[82] Zahlreiche Diplomarbeiten, Dissertationen und
Habilitationsschriften erwuchsen aus den Ergebnissen, Karrieren wurden
begründet.
Die Studien zum Sport in der Urlaubsfreizeit galten als Pre-Test und
Ergänzung für eine ungleich bedeutendere und umfangreichere
DDR-Erhebung aus dem Jahre 1965 „DDR-repräsentative
komplex-territoriale Stichprobenerhebung für den Bereich der
Körperkultur“ – repräsentativ für die 16- bis 75-jährigen
DDR-Bürger.[83]
Die praktischen Auswirkungen auf das Verhalten wurden eher als gering
eingeschätzt. Volkssport blieb ein problematisches Feld und das, was
Buggel 1964 seinen Zuhörern auf einem Absolvententreffen der
Fachrichtung Garten- und Landeskultur an der Humboldt-Universität zu
Berlin mitteilte, dürfte noch für einige Jahre gegolten haben: „Viele
Menschen scheuen sich geradezu, in der Freizeit außer Atem und ins
Schwitzen zu kommen, weil sie meinen, dass diese körperlichen
Reaktionen Prädikate der Arbeit seien und damit einer Erholung
abträglich sind.“[84]
Gemäß dem Anliegen, zwischen Theorie und Praxis zu vermitteln, wurde an
der DHfK weiter zum Thema Volkssport geforscht[85], doch nicht speziell
zur Urlaubsfreizeit (obwohl die Ausbildung von Skilehrern in den
Mittelgebirgen des Öfteren thematisiert wurde). Buggel und die
Mitarbeiter des Instituts traten seinerzeit mit
populärwissenschaftlichen Ratgebern für aktive Erholung hervor, die
sich an Pädagogen und andere mit der Leitung sportlicher touristischer
Ereignisse befasste Menschen im Lande richteten.[86] Wie an der HfV
galt es aber auch, politischen Entscheidungen (in diesem Falle des
Staatlichen Komitees für Körperkultur und Sport, des DTSB und anderer
Massenorganisationen) zuzuarbeiten, während andererseits
Forschungsprojekte durch die entsprechenden Einrichtungen auch
politisch und finanziell gefördert wurde. Nicht zuletzt die keineswegs
konfliktfreie Mitwirkung vieler Wissenschaftler in diesen Institutionen
und Organisationen belegt den engen Zusammenhang.
2.3 Lebensstandard, Freizeit und Reisen
2.3.1 Erhebungen des Instituts für Marktforschung Leipzig
Das eben beschriebene Projekt zur aktiven Erholung im Urlaub konnte als
repräsentativ für die städtische Bevölkerung der DDR (18-65 Jahre)
gelten. Es erregte die Aufmerksamkeit eines bei der Staatlichen
Plankommission der DDR installierten Arbeitskreises „Ausarbeitung
wissenschaftlicher Grundlagen der planmäßigen Entwicklung des
Lebensstandards“, mit dessen Hilfe Konzeptionen für die Entwicklung des
Dienstleistungsbereichs bis 1970 zur Verfügung gestellt werden sollten.
Eine Expertengruppe „Rationelle Nutzung der Nichtarbeitszeit“ wurde ins
Leben gerufen (wie auch eine Arbeitsgruppe zum Fremdenverkehr
existierte). Zur Methode der Wahl avancierte die Zeitbudgetanalyse. Der
Arbeitskreis knüpfte Kontakte zu Buggel, für dessen Arbeitsergebnisse
und methodologische Erfahrungen man sich interessierte. Studenten der
DHfK beteiligten sich an der Zeitbudget-Studie der UNESCO von 1964/1966
in Hoyerswerda.
Federführend waren Wissenschaftler der Hochschule für Ökonomie in
Berlin (HfÖ), die 1966 auch einen ersten Überblick über bereits
vorliegende größere soziologische Untersuchungen des Zeitfonds in der
DDR vorlegten.[87] Werner Bischoff, einer der Autoren, war Mitarbeiter
am Institut für Marktforschung Leipzig, dem die Staatliche
Plankommission eine Erhebung zur Urlaubs- und Freizeitgestaltung
finanzierte.[88]
Im Zusammenhang mit solchen Projekten wurden am IfM Methoden diskutiert
und ausprobiert, theoretisch orientierte man sich an den Vorgaben der
Lebensstandard- bzw. Lebensweiseforscher. Die inhaltlichen Interessen
des Instituts konzentrierten sich auf zwei Problemkreise. Einmal würden
speziell durch den Urlaubstourismus „Kauffondsrelationen zwischen
Warenkauf und Inanspruchnahme entgeltlicher Leistungen“ verändert, zum
anderen ging es um den Bedarf bei einzelnen, urlaubsrelevanten
Handelssortimenten.[89] Stompler erläuterte in einem Übersichtartikel
Untersuchungsschritte, Informationsquellen, die Rolle repräsentativer
Bevölkerungsbefragungen und die Vorteile von Teilerhebungen – billigere
Studien und schnellerer Zugriff auf die Ergebnisse.
Von Interesse für die Vergleichbarkeit ist aus heutiger Sicht die
Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes: welche Mindestdauer hat eine
Urlaubsreise, zählt ein längerer Aufenthalt auf dem Wochenendgrundstück
dazu, wann sollen Reisen zu Verwandten und Bekannten einbezogen werden
und nicht zuletzt: Wann sind Haushaltsbefragungen und wann sind
Personenbefragungen sinnvoller?
In der DDR überwiege die gemeinsame Durchführung von Urlaubsreisen in
den Haushalten bzw. Familien. Allerdings ergäbe sich dann ein
zusätzlicher Aufwand für die Alleinreisenden und nahezu „unvertretbar
hoch ist der Befragungs- und Auswertungsaufwand für die Ermittlung der
Anzahl der durchgeführten Reisen im Sinne der jährlichen
Reisehäufigkeit…“.[90]
Für die Bestimmung der finanziellen Aufwendungen, ihrer Relation zu
anderen Ausgaben und der sozialen Unterschiede werde vom IfM die
Haushaltsbefragung vorgezogen, wobei vor allem (wegen der hohen
Ausfallquote bei schriftlichen Formen) mündliche Befragungen mit
standardisierten Frageprogrammen angewendet würden.
Die Staatliche Plankommission und ihr Arbeitskreis „Lebensstandard“
finanzierte die erste größere Untersuchung, deren „Erkenntnisse und
Einschätzungen der Bedarfsfaktoren“ bis Mitte der 1970er Jahre gültig
blieben.
Eine Befragung von Campingurlaubern (dieses Mal mit Hilfe von
Fragebögen) folgte 1969. „Besonders aufschlussreich waren die
Befragungsergebnisse hinsichtlich der sozialen und demografischen
Struktur der Campingreisenden, der Größe der Reiseeinheiten sowie der
Urlaubsdauer.“[91]
Mit den 1970er Jahren war die Erprobungsphase vorbei, man trat in die
Ära von im zweijährigen Turnus durchgeführten Wiederholungsbefragungen
ein, um durch „Zeitreihen“ verlässlichere Prognosen aufzustellen zu
erreichen. Informationen zur Urlaubsreisetätigkeit privater
Bevölkerungshaushalte lägen, so Stompler, für 1969 und 1972. Der dritte
Befragungszyklus (1973/74) werde 1975 ausgewertet sein. Angaben zur
Urlaubsreisetätigkeit von Erwachsenen ab 15 Jahren (getrennt nach
Geschlecht) würden die Ergebnisse ergänzen und zwar mit Schwergewicht
auf der Organisationsform des Reisens und der Trennung nach In- und
Auslandsreisen.
Eine Spezialbefragung gab es 1973 nach der Öffnung der Grenzen zur CSSR
und Polen. Auch innerhalb einer Studie zur Entwicklung der
Freizeitbedürfnisse im Jahre 1973 nehme der kurz- und langfristige
Tourismus als Teil des Freizeitlebens einen breiten Raum ein.
Schon nach der ersten Studie wagte das Institut eine Prognose bis 1980.
Gerechnet wurde mit einem jährlichen Anstieg der Ferienreisen um 4-7%.
Auslandsreisen würden einen Anteil 30-40% erreichen. Erwartet wurde
auch ein Wachstum privat organisierter Reisen mit
Hotelübernachtung.[92]
Das Institut für Marktforschung untersuchte aber nicht nur für die
Geldausgaben für Ferienreisen und ihren Anteil an den Gesamtausgaben
der Haushalte. Auch die sozialen und kulturellen Folgen wurden beachtet
und kommentiert. So verreisten 1966 im Urlaub Angehörige von Zwei- und
Dreipersonenhaushalten mit einem Nettoeinkommen von 1000 M pro Familie
praktisch schon jedes Jahr, während noch reichlich 10 Jahre später
Familien mit einem Haushaltsnettoeinkommen unter 600 Mark nur zu 42%
eine langfristige Ferienreise planten.[93] Es stellte sich außerdem
heraus, dass Angehörige der Intelligenz mehr als doppelt so häufig
verreisten wie ungelernte Arbeiter und mehr als dreimal so oft wie
LPG-Mitglieder. Waren das nun „gruppentypische“ Verhaltensweisen? Zum
größten Teil resultierten sie tatsächlich aus der Einkommenshöhe und
der Familiengröße. Damit ließ sich allerdings das Reiseverhalten der
Intelligenz etwa nicht allein erklären. „Mit steigendem Bildungsgrad
und allgemeinem Lebensniveau steigt die Neigung zur Durchführung von
Ferienreisen.“[94]
Die verschiedenen Reiseformen generierten, wie erwähnt, einen Bedarf an
Konsumgütern, etwa für Camping und Wassersport. Diesen zu erfassen war
naturgemäß Gegenstand von Studien am IfM, so 1967, 1977 und 1980, meist
im Zusammenhang der Verbrauchsentwicklung im Freizeitbereich. Im
Rückblick wurde 1981 festgestellt, dass sich in den letzten zehn Jahren
die Ausgaben für Konsumgüter aus dem Freizeitbereich fast verdoppelt
hätten. „Sättigungstendenzen zeichnen sich noch nicht ab.“[95]
2.3.2 Das Übergewicht des Inlandstourismus und die Wochenenderholung
Etwa zeitgleich mit dem IfM hatte die Zentralverwaltung für Statistik
in Zusammenarbeit mit dem Reisebüro der DDR eine Repräsentativerhebung
(90% aller Haushalte ohne Nichtberufstätige im Rentenalter) für 1966/67
durchgeführt, um den Mangel an umfassenden Fremdenverkehrsstatistiken
in der DDR auszugleichen. Neben dem Reiseverhalten, dem Bedarf und
seiner Deckung (einschließlich von Gründen fürs Nichtreisen) und der
sozialen Zusammensetzung der Urlauber wurde auch die Struktur des
touristischen Angebots und seine Nutzung erfasst. Danach kamen im
Inland 28% der Urlauber privat unter, im Ausland 25% bei Verwandten.
Für die Verkehrswissenschaftler bedeutsam war die Erfassung der
genutzten Verkehrsmittel. Im Inland verreisten 53% mit der Bahn und 23%
mit dem eigenen Kraftfahrzeug, bei Auslandsreisen lagen Bahn, Kfz und
Flugzeug fast gleichauf mit jeweils etwa 25%.[96]
In Dresden wurde die mangelhafte Datenbasis, vor allem eine fehlende
Fremdenverkehrsstatistik, immer wieder beklagt. Auch die Erhebungen des
IfM und der Zentralverwaltung für Statistik seien als Datenbasis für
prognostische Berechnungen zu schmal. Mit Hilfe einer
Regressionsanalyse versuchten Uebel und Freudenberg dennoch,
Entwicklungstendenzen des lang- und kurzfristigen Tourismus bis 1980 zu
bestimmen.
Es ergab sich folgendes Bild: Für den Inlandstourismus rechnete man mit
einer wachsenden Reiseintensität u. a. durch Beteiligung von Rentnern
und Kindern und das bei stagnierenden Beherbergungsmöglichkeiten des
FDGB und des Reisebüros durch den Wegfall von Privatquartieren, die
allerdings durch Betriebsferienheime ausgeglichen werden könnten.
Hinzu kamen der Ausflugsverkehr am arbeitsfreien Wochenende, die
zunehmende Anzahl von Kurzreisen (gerade auch bei den
Bevölkerungsteilen, die ansonsten wenig unterwegs waren),von
Mehrfachreisen und die höhere Mobilität der Urlauber, die sich im
Prinzip derselben touristischen Infrastruktur bedienten wie die
Urlauber (Eisenbahnen, Straßen, Gaststätten,
Übernachtungsmöglichkeiten).
Zwar wurde damit gerechnet, dass sich ein Teil des Tourismus ins
Ausland wenden würde (30-40%), allerdings waren im Gegenzug
ausländische Touristen in der DDR zu erwarten.
Das dauerhaft zu bewältigende Übergewicht des Inlandstourismus
(bestärkt durch Neubauten von FDGB-Heimen, Ausbau von
Betriebsferienheimen, Bungalowsiedlungen, Zeltplätzen) bestimmte viele
Untersuchungen. So befasste sich Sigrid Scharf mit den Schwankungen im
Urlaubstourismus und ihren Ursachen. Für die Ostsee wurde ermittelt,
dass von 1960 bis 1965 zwischen 60-65% der Urlauber in den Monaten Juli
und August anreisten (von Oktober bis April waren es nur 1,9%). Etwas
besser sah es im zweitgrößten Urlaubsgebiet der DDR, im Thüringer Wald
aus. Aber auch hier kamen etwa 45% der vom Reisebüro vermittelten
Urlauber im Hochsommer, nur knapp 5% im Februar. Die Ursachen haben
zunächst mit der Geographie zu tun: in der Ostsee kann man nur im
Hochsommer baden, der Thüringer Wald ist nur relativ kurze Zeit
schneesicher.[97] Die Reisenden selbst verhielten sich aus
medizinischer Sicht nicht unbedingt rational, wenn sie in der größten
Sommerhitze Urlaub am Meer machen wollten. Sie folgten „Gewohnheiten
und Gefühlen“, etwa der Vorstellung, Erholung hänge vom „schönen
Wetter“ ab.[98]
Die Schwankungen resultierten aber auch aus der Ferienregelung und der
Preisgestaltung der Reiseanbieter, die kaum Anreize für ein
gegenläufiges Verhalten boten, die Werbung sei unentwickelt. Zudem
könne man sich in den mies ausgestatteten Unterkünften (vor allem den
Privatquartieren) bei schlechterem Wetter nicht aufhalten.[99] Die
öffentlichen Verkehrsmittel offerierten für die Zeit außerhalb der
Saison ein schlechteres Angebot.
Diese saisonalen Spitzen brachten andererseits Leerstand während großer
Teile des Jahres mit sich. Auf der einen Seite unerfüllbare
Ferienwünsche, auf der anderen eine geringe durchschnittliche
Auslastung. Hinzu kam ein gestiegenes Qualitätsbewusstsein, das sich
schon relativ früh bemerkbar machte. Der FDGB-Feriendienst, so hieß es
schon Mitte der 1960er Jahre, müsse aus Mangel an eigenen Kapazitäten
Privatquartiere anmieten, die wären aber immer schwerer zu bekommen und
bei den Urlaubern zunehmend unbeliebt. Auf der anderen Seite werde aber
ein „großer Teil der vorhandenen Einrichtungen nicht oder nicht voll
genutzt“.[100]
Das fremdenverkehrstypische Problem jahreszeitlicher Schwankungen in
der Auslastung von touristischen Kapazitäten beschäftigte die
Fremdenverkehrsökonomen bis zum Ende der DDR. Festgehalten wurde am
Anliegen, „die Inanspruchnahme des Leistungsangebotes im
Sozialtourismus“ dürfe „nicht durch fehlende zeitliche und/oder
finanzielle Voraussetzungen beim Konsumenten verhindert werden.“[101]
Es wurde erfolgreich daran gearbeitet, die Gründe für „Nichtteilnahme“
durch spezielle Angebote zu senken. Auch wenn nur 30-50% des
gesellschaftlichen Arbeitsaufwandes für den Sozialtourismus durch den
Preis gedeckt würden, gebe es doch so etwas wie eine „Effektivität des
Sozialtourismus“. „Aus gesellschaftlicher Sicht hat die
Tourismuswirtschaft bei der Durchführung des Sozialtourismus
politische, rekreative und soziale Ziele der Gesellschaft zu
realisieren, zugleich aber die ökonomische Effektivität im Sinne der
rationelleren (sparsameren und qualitativ wirksameren) Verwendung der
gesellschaftlichen Konsumtionsfonds zu garantieren.“[102]
2.3.3 Jugend und Fernweh
Der von den Ökonomen so genannte „passive“ Auslandstourismus, also die
Ausreise von DDR-Bürgern vorwiegend ins sozialistische Ausland war
sowohl an der HfV wie am IfM ein beständig diskutiertes Thema.[103]
Von Anfang an gab es hier massive und nicht allein von der DDR zu
verantwortende Probleme. So wurden in dem erwähnten Interview mit dem
Stellvertreter des Generaldirektors des Reisebüros der DDR, Adolf Pilz,
schon 1967 die viel zu geringen Steigerungsraten bei Auslandsreisen
kritisiert. Während international in den letzten Jahren ein Wachstum
von 12% pro Jahr zu verzeichnen war, plane das Reisebüro nur eine
Steigerung von 25% bis 1980.[104]
Auf der Basis eigener Untersuchungen, der auf den
„Verkehrswissenschaftlichen Tagen“ 1974 in Dresden vorgetragenen
Ergebnisse und von Informationsmaterial des Reisebüros der DDR wurden
am IfM „Tendenzen des Tourismus in den sozialistischen Ländern“
erarbeitet. Neben schnellem Wachstum wurden folgende Trends belegt:
eine steigende Bedeutung individuell organisierter Reisen, ein
differenzierter werdender Bedarf im organisierten Tourismus, die
steigende Beliebtheit von Kurzreisen und zweiten Urlaubsreisen, ein
neues Bedürfnis nach aktiven Formen (Sport, Wandern), eine
Dezentralisierung der Touristenströme.[105]
Aus soziologischer Sicht am aufschlussreichsten sind die Untersuchungen
am Zentralinstitut für Jugendforschung Leipzig (ZIJ), angesiedelt beim
Amt für Jugendfragen beim Ministerrat der DDR. Nicht ganz zutreffend
ist jedoch die 1990 geäußerte Meinung des Leipziger Jugendforschers
Harald Schmidt: „Soziologisch arbeiteten die Jugendforscher als einzige
in der ehemaligen DDR auf dem Gebiet der Freizeitmobilität; also zu
ausgewählten Fragen des Reisens im Rahmen der Freizeitforschung.“[106]
„Empirische Untersuchungen zu Problemen des Freizeitverhaltens von
Jugendlichen wurden in der DDR in einem größeren Umfang erst seit
1964/65 durchgeführt. Das erfolgte zunächst durch die
Arbeitsgemeinschaft „Freizeitbetätigung und Freizeitlenkung der Jugend“
unter der Leitung von Günter Röblitz.[107] Im Rahmen dieser
Arbeitsgruppe entstanden einige empirische Studien und nicht zuletzt
die Habilitationsschrift von Röblitz zur Freizeitnutzung
Jugendlicher.[108] Zwar enthielten schon die ersten ZIJ-Untersuchungen
„einzelne Indikatoren zum Freizeitverhalten“, jedoch seien die meisten
Analysen zwischen 1976 und 1985 von einer Abteilung durchgeführt, die
sich speziell der Freizeitforschung widmete. Von Anfang an sei großer
Wert auf zuverlässige Forschungsmethoden gelegt worden.[109] Im Rahmen
der Freizeitforschung gab es mehrere Studien zum Jugendtourismus, so
„Jugendtourist 79“, „Jugend und Touristik 83“, „Jugendtouristik `88“,
„Tourist 89“.[110] Die Untersuchungen von 1979 und 1988/89 waren
Auftragsarbeiten des Jugendreisebüros, um „die vorhandenen Urlaubs- und
Reisemöglichkeiten in der DDR noch besser auf die Wünsche der
Jugendlichen abzustimmen.“[111] Diese groß angelegten Studien
untersuchten eine Vielzahl von Fragen, angefangen vom tatsächlichen
Reiseverhalten über Reisewünsche und -motive und die Struktur einer
„Idealreise“ bis hin zum „idealen Reiseleiter“ und den Mühen der
Urlaubsvorbereitung.[112]
Das Interesse an touristischen Freizeittätigkeiten war bei den
Jugendlichen an die „Spitze der Freizeitinteressenhierarchie“ gerückt,
vor allem auch der Auslandstourismus. „Der Wunsch, im Urlaub andere
Länder kennenzulernen, war bei DDR-Jugendlichen schon immer groß.
Allerdings hat sich dieser Wunsch in den 80er Jahren zunehmend
verstärkt. Zudem beginnt die Auslandsreiseerfahrung im Vergleich zu den
Jugendkohorten der 70er Jahre früher.“[113]
Jedoch wurden auch große Differenzen innerhalb der Jugend festgestellt,
die in etwa denen Erwachsener entsprachen. So verreisten 1988 Studenten
häufiger und vor allem öfter ins Ausland als Lehrlinge oder junge
Facharbeiter(65% zu 39% zu 50%).[114]
Verblüffend war jedoch die starke Wirkung der territorialen Herkunft.
Nicht nur reisten die Bewohner der südlichen Bezirke generell öfter als
die der nördlichen, sondern, was teilweise damit zusammenhängt,
Jugendliche vom Land weniger als Städter. Selbst Studenten aus
ländlichen Wohnorten bekundeten „weniger Interesse an Auslandsreisen im
Vergleich zu ihren in der Großstadt aufgewachsenen Kommilitonen, obwohl
sie doch zum Zeitpunkt der Befragung an einer Universität oder
Hochschule in der Stadt studierten.“ Touristische Grundinteressen
würden sich früh entwickeln und sich in der Jugendzeit „nur wenig und
allmählich verändern.“[115]
In Zusammenarbeit mit der DHfK und anderen sportwissenschaftlichen
Sektionen (Halle, Jena, Berlin), bewegte man sich am ZIJ auch im
vertrauten Rahmen von Sport und Touristik, so bei der Untersuchung
„Jugend und Sport 1978“ und „Jugend und Sport 1987“. Vor allem der
damit verbundene Aufforderungscharakter mag dazu geführt haben, dass
dieses Thema auch in den eher populärwissenschaftlichen
Veröffentlichungen des ZIJ einen breiten Raum einnahm, so in „Die
Freizeit der Jugend“ von 1981 und dem Ratgeber „Freie Zeit – was nun?“
von 1986.[116]
Epilog: Urlaubsreisen und Tourismus - ein legitimer Gegenstand kulturwissenschaftlicher Forschung
Im Jahre 1988 wurde mit einem Heft der institutseigenen
Publikationsreihe das Phänomen „Tourismus“ als kulturwissenschaftlicher
Forschungsgegenstand am Wissenschaftsbereich Kultur an der
Humboldt-Universität zu Berlin inauguriert. Das war eine Erweiterung
der Gegenstände, die in den bisherigen Arbeiten zu Alltag und
Lebensweise arbeitender Menschen im 19. und 20. Jahrhundert behandelt
worden waren. Ausgangspunkt war die Beobachtung, dass um 1900 Arbeiter
und kleine Angestellte ihre „Reiselust“ bei den unterschiedlichsten
Gelegenheiten befriedigten. Das geschah natürlich nicht auf dem Wege
der traditionellen Urlaubsreise, sondern im Umfeld eigener
Klassenorganisationen und Vereine und beschränkte sich im Wesentlichen
auf Ausflüge an verlängerten arbeitsfreien Wochenenden.[117]
Im einleitenden Übersichtsartikel wurde diese Ausgangsbasis verbreitert
und vertieft, nicht zuletzt, um die Beiträge der in der Publikation
versammelten Autoren zum proletarischen bzw. Arbeitertourismus
einzuordnen.[118] In erster Linie ging es aber darum, über diesen noch
mit vielen Forschungsdesideraten bedachten Schwerpunkt der
Tourismusgeschichte hinaus ein generelles kulturwissenschaftliches
Interesse am Tourismus anzumelden. Hier berührten „sich mehrere Linien
kulturwissenschaftlicher Forschung“.[119] Neben dem bereits erwähnten
kulturhistorischen Interesse wurden zur Begründung die wachsende
Bedeutung des Tourismus und der mögliche kulturwissenschaftliche Anteil
bei der interdisziplinären Untersuchung dieses Gegenstandes angeführt.
Speziell sollte es um die „gesellschaftlichen und individuellen
Triebkräfte für die touristischen Bedürfnisse und Aktivitäten der
Individuen“ gehen.[120]
Deutlich ist die Absicht zu erkennen, die westlichen Diskurse über die
Umwelt und „bereiste“ Menschen gleichermaßen belastenden Folgen des
Massentourismus für die Situation in den sozialistischen Ländern
fruchtbar zu machen und Alternativen zu finden, ohne einer
Tourismuskritik aufzusitzen, die die Exklusivität des Reisens
verteidigen will. Dazu sollten die Traditionen des Arbeiterreisens und
ihrer Institutionen ebenso genutzt werden wie die im sozialistischen
Sozialtourismus prinzipiell gegebenen Möglichkeiten, Tourismus ohne
Profit zu organisieren.
Das ist mehr historisch und sozialpolitisch argumentiert als kulturell.
Warum Menschen überhaupt, so und nicht anders im Urlaub verreisen, was
dabei mit ihnen passiert und was ihnen das bedeutet, bleibt
unbeleuchtet und ist mit einem solchen Ansatz auch nicht zu erfassen.
Insofern trifft, trotz des eben geschilderten Versuchs, die Diagnose
von Spode zu, Tourismus „als Träger sozialer Bedeutungen“, als
„Symbolkonsum“ habe in der DDR nur eine marginale Rolle gespielt.[121]
Das ist zwar auf die Politik gemünzt, trifft aber auch weitgehend auf
die Forschung zu. Eine solche, als westlich angesehene Perspektive
wurde aus zwei Gründen abgelehnt. Einmal wurde sie mit dem
Profitstreben der Tourismuswirtschaft in Verbindung gebracht, die ihre
mit solchen konsumtiven Heilsversprechen garnierte Ware nur besser
verkaufen wolle. Andererseits wurde befürchtet, die DDR-Urlauber
könnten sich mit Hilfe des Symbolkonsums voneinander unterscheiden
wollen, das war nicht „sozialistisch“. Kulturelle Aspekte des Tourismus
wurden zwar vielfach gestreift, auch das hat die hier vorgelegte
Besichtigung der DDR-Forschung gezeigt, sie blieben aber undiskutiert.
Dafür gab es politische und wissenschaftliche (Disziplingrenzen)
Gründe, zu deren Überwindung erst gegen Ende der 1980er Jahre
Kulturwissenschaftler sich auf den Weg machten.
Anmerkungen
[1] Hier nur eine Auswahl: Spode, Hasso (Hrsg.): Goldstrand und
Teutonengrill. Kultur- und Sozialgeschichte des Tourismus in
Deutschland 1945 bis 1989, Berlin 1996
Endlich Urlaub! Die Deutschen reisen, Köln 1996
Verschiedene Jahrgänge von: Voyage. Jahrbuch für Reise- und Tourismusforschung
Borodziej, W.; Kochanowski, K.; von Puttkamer, J. (Hrsg.):
„Schleichwege“. Inoffizielle Begegnungen sozialistischer Staatsbürger
zwischen 1956 und 1989, Köln/Weimar/Wien 2010
[2] Spode, Hasso: Wie die Deutschen „Reiseweltmeister“ wurden. Eine Einführung in die Tourismusgeschichte, Erfurt 2003
Hachtmann, Rüdiger: Tourismus-Geschichte, Göttingen 2007
[3] Wolter, Heike: „Ich harre aus im Land und geh, ihm fremd“. Die Geschichte des Tourismus in der DDR, Frankfurt/New York 2009
Stirn, Andreas: Traumschiffe des Sozialismus. Die Geschichte der DDR-Urlauberschiffe 1953-1990, Berlin 2010
Görlich, Christopher: Urlaub vom Staat. Tourismus in der DDR, Köln/Weimar/Wien 2012
Friedreich, Sönke: Urlaub und Reisen während der DDR-Zeit: zwischen
staatlicher Begrenzung und individueller Selbstverwirklichung, Dresden
2011
Schaufuß, Thomas: Die politische Rolle des FDGB-Feriendienstes in der DDR. Sozialtourismus im SED-Staat, Berlin 2011.
[4] Heike Wolter: Ich harre aus im Land und geh, ihm fremd“. Die
Geschichte des Tourismus in der DDR, Frankf.a.M./New York 2009, S.
28ff. und36ff.
[5] Bähre, Heike: Tourismuspolitik in der Systemtransformation: Eine
Untersuchung zum Reisen in der DDR und zum ostdeutschen Tourismus im
Zeitraum 1980 bis 2000, Berlin 2003
[6] Voß, Peter: Forschungen zur Freizeit der Jugend, in: Friedrich, W.;
Förster, P.; Starke, K.(Hrsg.): Das Zentralinstitut für Jugendforschung
1966 - 1990. Geschichte, Methoden, Erkenntnisse, Berlin 1999, S. 352-372
Buggel, Edelfrid: Der Volkssport (Breitensport) und die
Volkssportforschung in der DDR von 1960/61 bis 1965/66, in: Buss, W.;
Becker, Ch. (Hrsg.): Der Sport in der SBZ und der frühen DDR,
Schorndorf 2001, S. 465-543
Benthin, Bruno: Geographie der Erholung und des Tourismus, Gotha 1997
An der Universität Greifswald wurde ein Förderkreis für Regional-,
Freizeit- und Tourismusforschung installiert, der im Folgenden eine
rege Publikationstätigkeit entwickelte. Dort erschien ein Rückblick der
zwei maßgeblich mit der Entwicklung des binnenländischen Mecklenburg
zum Erholungs- und Tourismusgebiet beschäftigten Geographen Gertrud und
Wolfgang Albrecht. Vgl. Albrecht G. und W.: Die Entwicklung der
Gebietsfunktion Erholung im binnenländischen Mecklenburg von 1945 -
1989, in: Mecklenburg-Vorpommern. Tourismus im Umbruch. Greifswalder
Beiträge zur Rekreationsgeographie/Freizeit- und Tourismusforschung,
Band 2, Greifswald 1991, S. 17-39
[7] DDR-Wissenschaftler arbeiteten außerdem in den ihrer Profession entsprechenden internationalen Vereinigungen mit.
[8] Vgl.: Petzoldt, Gerlinde: Zeitverhalten in der sozialistischen
Gesellschaft als Gegenstand wissenschaftlicher Forschung in der UdSSR
und der DDR, Dissertation B, Band 2, Berlin 1986
Petzoldt, Gerlinde: Erforschung der Freizeit durch Ökonomen und
Sportwissenschaftler der DDR in den sechziger Jahren, in: Mitteilungen
aus der kulturwissenschaftlichen Forschung, Heft 19, Berlin 1986, S.
5-55
[9] So etwa Buggel rückblickend für die DHfK: „Dieser
Nutzanwendungsaspekt war für die Volkssportforscher der 60er Jahre eine
starke Motivation für kreatives Forschen.“ Buggel, Edelfrid: Der
Volkssport (Breitensport)... in: Buss, Wolfgang; Becker, Christian
(Hg.): Der Sport in der SBZ und frühen DDR, a. a. O., S. 517
[10] Nicht berücksichtigt werden die Handelshochschule Leipzig oder das
Institut für Ökonomie des Binnenhandels der Universität Leipzig, wo das
wichtige Feld des Beherbergungswesens und der Gastronomie arbeitsteilig
bearbeitet wurde.
[11] Vgl. Buggel, Edelfrid: Die Urlaubsfreizeit und ihr
Beziehungsgefüge im Lebensvollzug erwachsener Menschen, Leipzig 1967,
S. 177f.
[12] Zu den geographischen Grundlagen des DDR-Tourismus und
„Grundlinien“ der fremdenverkehrsgeographischen Forschung in der DDR
siehe auch: Görlich, Christopher: Urlaub vom Staat, a. a. O., S.
226-235
[13] „Schließlich gibt es in den Felsen des Elbsandsteingebirges sogar
Gelegenheit zu alpinem Klettersport, so dass sie uns in dieser Hinsicht
sogar das Hochgebirge ersetzen, das uns als Landschaftstyp fehlt.“
Wagner, Gottfried: Möglichkeiten der Nutzung landschaftlicher und
baulicher Reserven der Ferienerholung, in Beiträge zur
Fremdenverkehrswissenschaft, Heft 1, Berlin 1967, S. 23
[14] Günther, Joachim: Die Elbeschiffahrt in ihrer Bedeutung für den
Fremdenverkehr in die Sächsische Schweiz, in: Jahrbuch für
Fremdenverkehr 5(1957)2, S. 20
Umgekehrt referierte Karl Ruppert aus München auf einer Konferenz in Dresden zur Fremdenverkehrsgeographie der Alpen.
[15] Hartsch, Erwin: Zu Fragen der Erholungsplanung in der Deutschen
Demokratischen Republik, in: Jacob, Günter (Hg.): Probleme der
Geographie des Fremdenverkehrs der Deutschen Demokratischen Republik
und anderer Staaten, Wissenschaftliche Abhandlungen der Geographischen
Gesellschaft der DDR, Band 6, Leipzig 1968, S. 34
Hartsch war Mitarbeiter am Institut für Geographie der TU Dresden.
[16] Ebd., S. 40
[17] Hartsch, E.; Andreas, G.; Neef, E.: Erholungsfunktion und
Interferenzproblem in der Sächsischen Schweiz, in. Prescher, Hans
(Hg.): Sächsische Schweiz. Wissenschaftliche Abhandlungen der
Geographischen Gesellschaft der DDR, Band 11, Gotha/Leipzig 1975, S. 23
[18] Hübel, K.: Die gegenwärtige und zukünftige Entwicklung des Fremdenverkehrs in der Sächsischen Schweiz, in: Ebd., S. 57
[19] Ebd., S.103
[20] Ebd., S.107
[21] Weber, Egon: Einige Entwicklungsprobleme der rügenschen Seebäder
bis zum 1. Weltkrieg in ökonomisch-geographischer Sicht, in: Strenz,
Wilfried (Hg.): Beiträge zu Problemen der Historischen Geographie und
der Geographischen Wirtschaftsgeschichte in der Deutschen
Demokratischen Republik, Wissenschaftliche Abhandlungen der
Geographischen Gesellschaft der DDR, Band 8, Gotha/Leipzig 1970, S. 85
[22] Von „Rekreationsgeographie“ zu sprechen war international anschlussfähiger als „Erholungsgeographie“.
[23] Benthien, Bruno: Siedlungsgeographische Auswirkungen des
Fremdenverkehrs an der Ostseeküste der DDR, in: Jacob, Günter (Hg.):
Probleme der Geographie des Fremdenverkehrs…, a. a. O., S. 87
[24] Ebd., S. 73
Zustimmend bezieht sich Benthien hier auf die 1962 erschienene Arbeit von Herbert Woll zum Fremdenverkehr im Bodenseegebiet.
[25] DDR. Ökonomische und soziale Geographie, Gotha 1990, S. 278
Bei den meisten geographisch orientierten Arbeiten fällt auf, dass
kulturelle Momente in der Auswahl von Reisezielen wie auch die
kulturelle Bedeutung von Landschaften kaum eine Rolle spielen. Wagner
meint, dass „gewisse Traditionen“ relevant seien, ohne näher darauf
einzugehen.
[26] Wagner, Gottfried: Möglichkeiten der Nutzung…, a. a. O., S. 23
[27] Ebd., S. 24
Die beschriebene Praxis, sozusagen den Pfaden der Camping-Urlauber als
„Trendscouts“ zu folgen, steht im Widerspruch zu den gängigen
Darstellungen zum Camping-Urlaub in der DDR. Hier wird man nicht müde,
die Camper zu einer Art von „Widerstandskämpfern“ zu stilisieren, die
sich dem „verordneten“ FDGB-Urlaub entziehen wollten und damit zugleich
gegen angebliche staatliche Vorgaben zum „Kollektivurlaub“
rebellierten. Die für den Tourismus Verantwortlichen hatten, wie hier
gezeigt, nicht nur nichts gegen die Zelturlauber, sondern versuchten,
sie zu unterstützen. Das hat auch etwas mit der Wertschätzung dieser
Urlaubsform als „naturnah“ zu tun. Dazu siehe auch Irmscher, Gerlinde:
Vergnügen an der frischen Luft. Camping in der DDR, in: Häußer, Ulrike;
Merkel, Marcus (Hg.): Vergnügen in der DDR, Berlin 2009, S. 373-384
Zudem verbrachten offensichtlich viele nur aus Mangel an festen
Unterkünften ihren Urlaub im Zelt. Bei einer Befragung von
Zeltplatzurlaubern an der Ostsee im Jahre 1968 gaben über 40% an,
lieber in einem Erholungsheim bzw. Hotel oder in einem Bungalow wohnen
zu wollen. Zelten wollten gar nur knapp 20%, einen Campingwagen hätten
33 % gewählt. Vgl. dazu Schölermann, Klaus-Dieter:
Auswertungsergebnisse einer verkehrlichen Befragung in Kühlungsborn im
Sommer 1968, in: DDR-Verkehr 2(1969)6, S. 248
[28] Ebd., S. 27
Das Ererbte spiegelte sich auch in der „Verteilung der
Ferienunterkünfte auf die Typen der Erholungslandschaft“ wider. So
hatte der FDGB noch 1964 an der Küste nur 21% der Unterkünfte inne, in
der „Berglandschaft“ jedoch fast 59%. Dort hatte er, geschichtlich
bedingt, nach 1945 um die 90% der vorhandenen Einrichtungen übernommen.
[29] Albrecht, Gertrud: Strukturaspekte der Entwicklung der
Erholungsfunktion im Mecklenburger Binnenland, In: Gesellschaftliche
Determination der Rekreationsgeographie, Greifswalder Geographische
Arbeiten 4, Greifswald 1987, Diagramme 1 und 2
Alle Angaben ohne „Naherholer“.
[30] Ebd., S. 30
[31] Ebd., S. 29
[32] Vgl. Spode, Hasso: Geburt einer Wissenschaft. Zur
Professionalisierung der Tourismusforschung. In: Themenportal
Europäische Geschichte (2012), URL:
http://www.europa.clio-online.de/2012/Article=584, Zugriff am
10.01.2013.
[33] Das bedingt, wie noch zu zeigen sein wird, eine spezifische
Ausrichtung der zu leistenden inhaltlichen Arbeit. Ein Zusammenhang von
Erholung und Verreisen wurde angesichts von Industrialisierung und
Verstädterung vorausgesetzt, diskutiert wurde nur über die
Ausgestaltung. Die Bemühungen, auch von Sozialhygienikern, galten dem
Nachweis des Zusammenhangs von Reise und Erholung. Geklagt wurde
allerdings über die Schwierigkeit, einen solchen zu erbringen.
[34] Jacob, Günter: Vorwort des Herausgebers, in: Jacob, Günter (Hg.):
Probleme der Geographie des Fremdenverkehrs…, a. a. O., S.V
[35] Ebd., S. VII
[36] Jacob, Günter: Der gegenwärtige Stand und die Aufgaben der Geographie des Fremdenverkehrs, in: Ebd., S.18
[37] Ebd., S.19
[38] Ebd., S. 24
[39] Ebd., S. 29
[40] Sowohl die fünf in Geographie ausbildenden Universitäten bzw.
Hochschulen wie auch die HfV waren über die Geographische Gesellschaft
der DDR mit anderen geographischen Forschungseinrichtungen vernetzt.
Ein gegen Ende der DDR geplantes Hochschul- und Fachschullehrbuch zum
Tourismus sollte arbeitsteilig von Mitarbeitern aus Greifswald, Dresden
und der Handelshochschule Leipzig produziert werden. Für diese
Information danke ich Margita Großmann.
[41] Auf die zahlreichen Einzeluntersuchungen Benthiens zur Ostsee-Region wird hier nicht eingegangen.
[42] Benthien, Bruno: Entwicklung, gegenwärtiger Stand und Perspektive
der Rekreationsgeographie, in: Die Teildisziplinen der Ökonomischen
Geographie der DDR. Entwicklung, Stand, Perspektive. Gotha 1985, S. 88
[43] Es wurde eine IGU-Commission of Tourism and Leisure gegründet.
Diese Kommission brachte anlässlich des 25. Geographenkongresses 1984
in Paris einen Sammelband „Geography of Tourism and Leisure“, zu dem
Autoren aus 16 Ländern beitrugen, für die DDR Benthien.
[44] Benthien, Bruno: Entwicklung, gegenwärtiger Stand und Perspektiven der Rekreationsgeographie, a. a. O. S. 89
[45] Ebd. S. 93
[46] Dieser Argumentation folgten bekanntlich alle dem Fremdenverkehr
bzw. dem Tourismus gewidmeten Wissenschaften in der DDR. Ob und wo sie
erfolgreich waren, könnte besser im Vergleich mit entsprechenden
Bemühungen im Westen ermittelt werden. „Systemtheoretische Ansätze“ gab
es auch dort, allerdings, wie seinerzeit schon kritisiert wurde,
weniger inhaltlich als formell. (Vgl. Benthiens Kritik an Kemper in:
Ebd., S. 94)
[47] Im Greifswalder Modell heißt das: „Die Rekreationsgeographie
untersucht Voraussetzungen, Entwicklung, Gestaltung und Funktionieren
territorialer Rekreationssysteme mit dem Ziel, Erholungsbedürfnisse zu
befriedigen und dafür geographische Struktureffekte zu nutzen.“ Ebd.,
S. 96)
[48] Benthien, Bruno: Geographie der Erholung und des Tourismus, Gotha 1997, S. 25
[49] Gemeint ist: Kulinat, K.; Steinecke, A.: Geographie des Freizeit- und Fremdenverkehrs, Darmstadt 1984, S. 214
[50] Benthien, Bruno: Geographie der Erholung und des Tourismus, a. a. O., S. 28
Nicht nur die russischsprachigen, alle Forschungen in Osteuropa und der
DDR wurden, wie ein Blick in die Bibliographie von Steinecke zeigt,
kaum zur Kenntnis genommen. Der Abschnitt zur DDR weist nur 7 Beiträge
aus, von denen einer in der Bundesrepublik erschienen war. Benthien
wurde nicht erwähnt. Vgl.: Steinecke, Albrecht (Hrsg.):
Interdisziplinäre Bibliographie zur Fremdenverkehrs- und
Naherholungsforschung, Berichtszeitraum 1979-1984, Berlin 1984
[51] Wonneberger, Ingeburg: Breitensport – Studie zum
Breitensport/Massensport in der Sowjetischen Besatzungszone
Deutschlands und der Deutschen Demokratischen Republik (1945-1960), in
Buss, Wolfgang; Becker, Christian (Hg.): Der Sport in der SBZ und
frühen DDR, ebd., S. 397-464
Buggel, Edelfrid: Der Volkssport (Breitensport)…, in: Ebd, S. 465-534
[52] Drechsel, Werner: Neugestaltung der Tourismusausbildung an der
Hochschule für Verkehrswesen „Friedrich List“ Dresden, in: Mitteilungen
aus der kulturwissenschaftlichen Forschung, Heft 24, S. 174
[53] Interessant ist vielleicht im Hinblick auf den „jugendlichen“
Status der Fremdenverkehrswissenschaft in der DDR (wie auch bei den auf
der Konferenz vertretenen anderen sozialistischen Ländern) die
Tatsache, dass die drei Professoren unter den Referenten alle aus dem
Westen kamen. Das sollte sich bald ändern.
[54] Uebel, Horst: Zur komplexen Problematik der Ausnutzung von
Reserven im Fremdenverkehr der DDR, in: Beiträge zur
Fremdenverkehrswissenschaft, Heft 1, Berlin 1967, S.1
[55] Ebd., S. 2
[56] So etwa Thomas Mergel: Der Tourismus „hatte sozusagen eine
produktionsökonomische und eine ideologische Funktion; ein eigener Wert
im Sinne von Konsum kam ihm nicht zu.“ Vgl. Mergel, Thomas:
Transnationale Kommunikation von unten. Tourismus in Europa nach 1945,
in: Sabrow, Martin (Hg.): ZeitRäume, Potsdamer Almanach des Zentrums
für Zeithistorische Forschung 2006, Potsdam 2007, S. 120. Man könnte
fragen, welchen anderen „Wert“ Konsum für Konsumenten hat als
„Gebrauchswert“, worin der auch immer konkret bestehen mag, soziale
oder kulturelle Momente eingeschlossen.
[57] Uebel, Horst: Zur komplexen Problematik, a. a. O., S. 6
[58] Ebd., S.18
Vgl. dazu auch Uebel, Horst: Die allgemeinen Entwicklungsbedingungen
und Entwicklungsfaktoren des Fremdenverkehrs, in DDR-Verkehr 1(1968)5,
S. 187-191 und 1(1968)6, S. 267-270. Hier wurden Basisfaktoren (wie
Niveau der Produktivkräfte, Art der Produktionsverhältnisse,
geographische Milieus, Agglomerationsgrad der Bevölkerung etc.), die
wissenschaftlich-technische Revolution, der Freizeitfonds und seine
Struktur, das Realeinkommen und seine Komponenten, die
Leistungskapazität der Fremdenverkehrswirtschaft und das
Konsumverhalten der Touristen bezogen auf die DDR behandelt.
[59] Dazu gehört auch die Wissenschaftliche Zeitschrift der HfV einschließlich ihrer Sondernummern.
[60] Uebel, Horst: Zu einigen Beziehungen zwischen Fremdenverkehr und Verkehr, in: DDR-Verkehr 1(1968)1, S. 25
[61] Ebd., S. 26
Uebel bezieht sich hier auf: Krapf, K.; Amstutz, M.: Die Beziehungen
zwischen Tourismus und Verkehr – eine grundsätzliche Betrachtung aus
schweizerischer Sicht, in: Internationales Archiv für Verkehrswesen
7(1955)2, S. 25
[62] Uebel, Horst: Konsumtionsseitige Entwicklungsfaktoren der
Ortsveränderungsstruktur im touristischen Vorgang, in: DDR-Verkehr
1(1968)2, S. 62
[63] Uebel, Horst: Die außerökonomischen Einflußfaktoren des
Strukturwandels der Ortsveränderung im touristischen Vorgang, in:
DDR-Verkehr 1(1968)3, S. 109
[64] Uebel, Horst: Kriterien und Tendenzen der Entwicklung des
Bestandes an individuellen Kraftfahrzeugen in der DDR als teilweiser
Ausdruck ihrer touristischen Nutzung, in: DDR-Verkehr 1(1968)4, S.
150/151
[65] Uebel, Horst: Zur begrifflichen Systematik des Fremdenverkehrs,
in: DDR-Verkehr 1(1968)8, S. 307. Darauf weist auch Heike Bähre hin,
ohne allerdings nach möglichen Ursachen zu forschen. Vgl.: Bähre,
Heike: Tourismuspolitik in der Systemtransformation, a. a. O., S. 166
ff.
[66] Ebd.
[67] Ebd., S. 308. Unter „Touristik“ wird „sportlicher“ Tourismus
verstanden, etwa Bergsteigen und Wandern, auch mit Fahrrad oder
Motorrad als „Sportgeräten“. Veranstaltungstourismus bezeichnet die
„konsumtive Teilnahme an Sport- und Kulturveranstaltungen“ außerhalb
des Wohnorts, „normaltouristisch“ sind alle übrigen Reisen und
Ausflüge. Die Unterteilung des Fremdenverkehrs nach den Motiven ist nur
eine der von Uebel benannten Untergliederungen. Er unterscheidet noch
nach politisch-geographischen und ökonomischen Aspekten, nach dem
Hauptträger der Organisation, der Gemeinschaftsform, der Reisedauer.
Letzteres ist für Vergleiche von einiger Bedeutung. Unterste Grenze des
„langfristigen Tourismus“ ist eine Reisedauer von 7 Tagen.
[68] Umfassende Aufgaben des Reisebüros, in: Die Wirtschaft (1967)11, Beilage, S. 14
[69] Die Veränderung in der Zuordnung hatte zunächst institutionelle
Gründe. Zum 1.1.1957 war das Kur- und Bäderwesen dem FDGB-Feriendienst
zugeordnet worden, was 1962 wieder rückgängig gemacht wurde. Vgl.
Filler, Anton: Die Entwicklung des Feriendienstes der Gewerkschaften
als Erholungsträger der Arbeiterklasse von seinen Anfängen bis 1975,
Dissertation, Dresden 1977, S. 67ff.
[70] Godau, Armin: Das Kur- und Bäderwesen der DDR – Bestandteil des
Tourismus und des sozialistischen Gesundheitsschutzes, in: Revue de
Tourisme 44(1989)4, S. 20f.
[71] Zitiert nach Buggel, Ilse: Internationale Forschungsgemeinschaft
„Aktive Freizeitgestaltung durch Sport und Touristik“, in: Lehmann,
Gerhard u.a. (Hrsg.): Deutsche Hochschule für Körperkultur Leipzig
1950-1990. Entwicklung, Funktion, Arbeitsweise, Aachen 2007, S. 457.
Ilse Buggel ist die Ehefrau des im Jahre 2000 verstorbenen Edelfrid
Buggel, dem Leiter der Forschungsgemeinschaft. Überhaupt ist
feststellbar, dass unter den Fremdenverkehrs- und Tourismusforschern
häufig Ehepaare zu finden waren, so auch in Greifswald und am Institut
für Marktforschung. Interessant ist auch die Homogenität im Lebensalter
– die ermittelbaren Geburtsjahrgänge dieser „Pioniere“ lagen zwischen
1926 und 1934.
[72] Ilse Buggel weist auf die enge Beziehung dieser Themenstellung mit
den Anliegen des Weltrats für Sport und Körpererziehung bzw.
Sportwissenschaft und Körpererziehung und seiner Komitees „Freizeit und
Sport“, „Sport für alle“, Sport und Tourismus“ und „Sportsoziologie“
hin. Buggel, Ilse: Internationale Forschungsgemeinschaft…, a. a. O., S.
455
[73] Buggel, Edelfrid: Körperkultur und Naherholungsgebiet, in:
Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität zu Berlin,
Mathematisch-Naturwissenschaftliche Reihe (1964)5, S. 779
[74] Vgl. die Ausführungen von Buggel, Edelfried: Der Volkssport (Breitensport) und die Volkssportforschung…, a.a.O., S. 517-523
[75] Buggel, Edelfrid: Zur gegenwärtigen Situation und den Perspektiven
der Freizeitforschung an Erwachsenen der DDR unter besonderer
Berücksichtigung der Körperkultur, in: Wissenschaftliche Zeitschrift
der DHfK (1966)3, S. 9
[76] Buggel, Ilse: Internationale Forschungsgemeinschaft…, a. a. O., S.
454. Die unterschiedlichen Angaben hängen sicher damit zusammen, dass
über die Jahre Teilnehmer hinzu kamen oder ausschieden. Das gilt auch
für die Beteiligten aus der CSSR, Polen und Ungarn (deren Projekt
anscheinend scheiterte), zu denen sich später aus der Sowjetunion
Artemow gesellte, der mehrere Arbeiten zum Tourismus in der UdSSR
veröffentlicht hat.
[77] Vgl. Buggel, Edelfrid: Sport und Touristik im Urlaubsverhalten
Jugendlicher und Erwachsner, in: Theorie und Praxis der Körperkultur
21(1963)8, S. 701ff.
Siehe auch die Bibliographie Freizeit- und Erholungssport 1960-1970, DHfK 1971
[78] Buggel, Edelfrid: Zur gegenwärtigen Situation und zu den
Perspektiven der Freizeitforschung an Erwachsenen der DDR unter
besonderere Berücksichtigung der Körperkultur, in: Wissenschaftliche
Zeitschrift der HfK (1966)3, S. 10ff. und Buggel, Edelfrid: Die
Urlaubsfreizeit und ihr Beziehungsgefüge im Lebensvollzug erwachsener
Menschen, Habilitationsschrift, Leipzig 1967, S. 184
[79] Das hing auch mit ihrem Ansehen als scheinbar genuin sowjetischer
Methode zusammen, mit der Kritiker der empirischen Sozialforschung
beruhigt werden konnten. Die ersten russisch-sowjetischen Anwender
gaben allerdings an, sich an Untersuchungen in den USA orientiert zu
haben.
[80] In den volkswirtschaftlich und politisch einflussreichen
Untersuchungen der Hochschule für Ökonomie Berlin (HfÖ) spielt sie
deshalb keine oder nur eine geringe Rolle. Vgl.: Das Zeitbudget der
Bevölkerung. Schriftenreihe Planung und Leitung der Volkswirtschaft,
Heft 42, Berlin 1970; Das materielle und kulturelle Lebensniveau des
Volkes und seine volkswirtschaftliche Planung, Berlin 1975;
Lebensniveau im Sozialismus, Berlin 1983
[81] Das Institut für Volkssportforschung wurde 1968 im Zuge der III.
Hochschulreform aufgelöst, um später in anderer Form wieder zu
erstehen. Eine veränderte Ausrichtung der DHfK, weg vom Volks- bzw.
Massensport hin zum Leistungssport und damit der Trainerausbildung wird
dafür verantwortlich gemacht. Zur weiteren Entwicklung siehe auch
Schellenberger, Brigitte: Die Entwicklung des Breitensports und
Aufgaben für die sportwissenschaftliche Arbeit, in: 40 Jahre Deutsche
Hochschule für Körperkultur Leipzig, Sankt Augustin 1991, S. 173
Edelfrid Buggel war zwar bis 1990 noch als Honorarprofessor tätig,
hauptamtlich jedoch zunächst Vizepräsident des DTSB für Volkssport und
Wissenschaft, dann Stellvertretender Staatssekretär für Körperkultur
und Sport sowie Vorsitzender des Sportwissenschaftlichen Rates der DDR.
Vgl. zu diesen Angaben: Buss, Wolfgang; Becker, Christian (Hrsg.): Der
Sport in der SBZ und der frühen DDR, a. a. O., S. 860. Die mit seiner
Habilitationsschrift verbundene Pionierleistung, aber auch der Grad der
interdisziplinären Vernetzung zeigt sich darin, dass die Gutachter aus
drei verschiedenen Disziplinen stammten: Medizin, Soziologie, Pädagogik.
[82] Darunter war auch 1967 ein Aufsatz Buggels in der International
Review of Sport Sociology, wie überhaupt dieses Projekt die
internationale Zusammenarbeit mit Sportsoziologen förderte.
[83] Buggel, Edelfrid: Der Volkssport (Breitensport) und die
Volkssportforschung…, a.a.O., S. 520. Diese Studie ist für die
vorliegende Darstellung zwar nicht unwichtig, aber der Tourismus
spielte nur eine untergeordnete Rolle. Untersucht wurden in erster
Linie Freizeitverhalten und -einstellungen.
[84] Buggel, Edelfrid: Körperkultur und Naherholungsgebiet…, a. a. O. S. 760
[85] Vgl. dazu Dickwach, Frigga: Volkssportforschung, in: Lehmann,
Gerhard u. a.(Hrsg.): Deutsche Hochschule für Körperkultur Leipzig…, a.
a. O., S. 441-452
[86] Die Touristik im Massensport, Berlin 1961; Sport und Touristik in
der Familie, Berlin 1972; Sport, Spiel und Wandern im Urlaub: eine
methodische Anleitung für Übungs- und Wanderleiter, Heim- und
Kurleiter, Berlin 1967
[87] Bischoff, Werner; Lippold, Gerhard; Manz, Günter; Neumann Lothar:
Soziologische Untersuchungen des Zeitfonds, in: Wirtschaftswissenschaft
(1966)7, S. 1128-1142
[88] Das 1962 zunächst als Institut für Bedarfsforschung gegründete
Institut war dem Ministerium für Handel und Versorgung als
wissenschaftliche Forschungseinrichtung unterstellt.
[89] Stompler, Wolfgang: Zu einigen Methoden und Ergebnissen der
Ermittlung fremdenverkehrsbezogenen Bedarfs, in: Beiträge zur
Fremdenverkehrswissenschaft, Heft 7, Berlin 1976, S. 39
[90] Ebd., S. 43
[91] Ebd., S, 45. Eine Kurzauswertung wurde 1971 veröffentlicht, siehe:
Matterne, Esther: Familiencamping – ein wesentlicher Faktor bei der
weiteren Entwicklung des Campingwesens in der DDR, in: Mitteilungen des
Instituts für Marktforschung 11(1971)2, S. 18-21
Zu den Ergebnissen einer Wiederholungsuntersuchung: Müller, Susanne:
Merkmale und Verhaltensweisen von Campingurlaubern, in: Mitteilungen
des IfM 19 (1980)1, S. 27-31
[92] Bischoff, Werner; Schmutzler, Olaf: Tendenzen im Prognosezeitraum
in der Sicht des Instituts für Marktforschung, in: Die Wirtschaft
(1968)13, Beilage S. 8f.
[93] Bischoff, Werner; Schmutzler, Olaf: Zum Umfang der Geldausgaben
der Bevölkerung der DDR für Ferienreisen, in: Mitteilungen des IfM
8(1968)2, S. 10
Albrecht, Annelies: Die Wertschätzung des Tourismus steigt ständig, in:
Mitteilungen des IfM 20(1981)2, S. 22. Das sind nur Beispiele aus den
differenzierten Berechnungen am IfM.
[94] Bischoff, Werner; Schmutzler, Olaf: Zum Umfang der
Ferienreisetätigkeit der erwachsenen Bevölkerung der DDR, in:
Mitteilungen des IfM 7(1968)1, S. 37
[95] Albrecht, Annelies: Die wichtigsten Tendenzen der
Verbrauchentwicklung im Bedarfskomplex Freizeit, in: Mitteilungen des
IfM 20(1981)2, S. 32
[96] Heinecke, H.; Hoffmann, H.: Die Orientierung des Reisebüros der
DDR auf 1980, in: Die Wirtschaft (1968)13, Beilage S. 9. Heinecke war
stellv. Generaldirektor des Reisebüros der DDR.
[97] Scharf, Sigrid: Schwankungen im langfristigen Inlandstourismus der
Deutschen Demokratischen Republik und ihre Ursachen, in: DDR-Verkehr
(1969)4, S. 164-168
[98] Scharf, Sigrid: Schwankungen im langfristigen Inlandstourismus der
Deutschen Demokratischen Republik und ihre Ursachen, in: DDR-Verkehr
(1969)5, S.208
[99] An anderer Stelle wurde darauf hingewiesen, dass viele Ferienunterkünfte gar nicht beheizbar sind.
[100] Uebel, Horst: Zur komplexen Problematik Ausnutzung von Reserven
im Fremdenverkehr, in: Beiträge zur Fremdenverkehrswissenschaft, Heft
1, Berlin 1967, S. 3f.
Um die Ausmaße dieses Problems anzudeuten, sei auf den oben zitierten
Aufsatz von Wagner verwiesen. Er rechnete vor, dass im Jahre 1964 70%
der Betten des FDGB und 84% des Reisebüros „Außenbetten“ waren. Dagegen
griffen Betriebe nur zu 18% auf solche Übernachtungsmöglichkeiten
zurück und verfügten damit über das stabilste Angebot. (S. 30)
Mit der Divergenz von politischem Anspruch und den Erwartungen der
Bevölkerung im FDGB-Tourismus befasst sich eingehend: Görlich,
Christopher: Urlaub vom Staat, a. a. O.
[101] Großmann, Margita: Zur Entwicklung des Sozialtourismus in der DDR
unter den Bedingungen der intensiv erweiterten Reproduktion, in:
Tourismus. Mitteilungen aus der kulturwissenschaftlichen Forschung,
Heft 24, Berlin 1988, S. 168
[102] Ebd., S. 172f.
[103] Vgl. für die HfV: Uebel, Horst; Freudenberg, Irmgard: Zu einigen Tendenzen …, a. a. O., S. 427f.
Wegen der geringen Zahl von Veröffentlichungen bleibt der „aktive“
Auslandstourismus hier unberücksichtigt. Das Thema wurde bisher in der
Sekundärliteratur nur in Ansätzen bearbeitet.
[104] Umfassende Aufgaben des Reisebüros, a. a. O., S. 13
[105] Vgl. Stöckmann, Peter: Tendenzen des Tourismus in den
sozialistischen Ländern, in: Mitteilungen des IfM 16(1977)4, S. 29-33
[106] Schmidt, Harald: Der deutsche Jugendtourist, Berichte und
Materialien des Instituts für Tourismus der FU Berlin Nr. 9, Berlin
1990, S. 9
Hier werden u. a. Untersuchungen der Akademie für
Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED unterschlagen. Vgl. dazu:
Hanke, Helmut: Freizeit in der DDR, Berlin 1979
Zierke, Irene: Erholungsbedürfnisse – objektive Notwendigkeit und subjektive Reflexion, Dissertation B, Berlin 1988
Grundmann, Siegfried: Der DDR-Alltag 1987. Dargestellt auf Grundlage
der soziologischen Untersuchung ‚Sozialstruktur und Lebensweise in
Städten und Dörfern’ aus dem Jahre 1987, in: Timmermann, Heiner (Hg.):
Die DDR –Analysen eines aufgegebenen Staates, Berlin 2001, S. 131-156
Auch einige Studien am IfM und der DHfK können durchaus als freizeitsoziologisch charakterisiert werden.
[107] Voß, Peter: Forschungen zur Freizeit der Jugend. Entwicklung
eines Forschungsgebietes, in: Friedrich, Walter; Förster, Peter;
Starke, Kurt Hrsg.): Das Zentralinstitut für Jugendforschung…, a. a.
O., S. 352
[108] Röblitz, Günter: Freizeitnutzung und sportliche Betätigung der
lernenden Jugend. Versuch einer pädagogischen Grundlegung,
Habilitationsschrift, Leipzig 1964
Es gab auch Kooperationsbeziehungen mit dem IfM und der HfV, die 1990
zur Gründung einer „Interessengemeinschaft Tourismussoziologie e. V.
Leipzig/Dresden führten. Vgl. Schmidt, Harald: Der deutsche
Jugendtourist, a. a. O., S. 10
[109] Voß, Peter: Forschungen zur Freizeit der Jugend…, a. a. O., S. 353
[110] Schmidt, Harald: Jugend und Tourismus, in: Hennig, Werner;
Friedrich, Walter (Hrsg.): Jugend in der DDR. Daten und Ergebnisse der
Jugendforschung vor der Wende, Weinheim 1991, S. 122
Eine ausführliche Darstellung der „Touristik 89“ auch in Schmidt, Harald: Der deutsche Jugendtourist, a. a. O.
[111] Voß, Peter: Forschungen zur Freizeit der Jugend…, a. a. O., S. 361
[112] Im Internet leicht zugänglich ist „Jugend und Touristik 1983/84“
beim Zentralarchiv für empirische Sozialforschung an der Universität zu
Köln.
[113] Ebd., S. 125
[114] Schmidt, Harald: Jugend und Tourismus, a. a. O., S.124f.
[115] Ebd., S. 129f.
[116] Voß, Peter: Die Freizeit der Jugend, Berlin 1981
Voß, Peter (Hg.): Freie Zeit – was nun?, Berlin 1986
[117] Vgl. Mühlberg, Dietrich (Hrsg.): Arbeiterleben um 1900, Berlin
1983; Mühlberg, Dietrich (Hrsg.): Proletariat: Kultur und Lebensweise
im 19. Jahrhundert, Leipzig 1986
[118] Bagger, Wolfgang: Einleitung, in: Tourismus. Mitteilungen aus der
kulturwissenschaftlichen Forschung, Heft 24, Berlin 1988, S. 5-45
[119] Ders.: Zu diesem Heft der „Mitteilungen aus der
kulturiwssenschaftlichen Forschung“, in: Tourismus. Mitteilungen aus
der kulturwissenschaftlichen Forschung Nr. 24, Berlin 1988, S. 3
[120] Vgl. ebd.
[121] Spode, Hasso: Tourismus in der Gesellschaft der DDR. Eine
vergleichende Einführung, in: Ders. (Hg.): Goldstrand und
Teutonengrill, a. a. O., S.15
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