Thema | Kulturation 2/2003 | Deutsche Kulturgeschichte nach 1945 / Zeitgeschichte | Sarah Jost | "Unser Lied ist unser Kampf" Das Festival "Politische Lieder zu den X."
| "Das
Lied", schreibt Lutz Kirchenwitz, "spielte in der DDR eine große Rolle
(...). Es wurde ernst genommen, hoch geschätzt und gefürchtet (...)."
/1/ Diesen Stellenwert erreichte das politische Lied während der 60er
Jahre. 1960 fanden unter dem Einfluss amerikanischer Folk- und
Protestsongs die ersten Hootenannies statt, in denen Jugendliche in
Wandervogel-Manier gemeinsam Musik machten, diskutierten, feierten.
Zentral war das Bestreben, Politisches vom Sockel des Religiösen wieder
in die alltägliche Realität zu holen. /2/ Durch den Jugendsender DT 64
fand die Mischung aus Folk, Rock, Jazz und Skiffle erhöhte Verbreitung.
Die Führung der FDJ verfolgte diese Entwicklung aufmerksam. 1966 faßte
der Zentralrat einen "Beschluss zur Entwicklung der Singebewegung", in
dem man eine strikte pro-sozialistische Ausrichtung forderte. Dennoch
warnte der Zentralrat in der Folgezeit immer wieder vor Tendenzen zur
Verselbständigung. Ab 1967 formierten sich tausende Singegruppen im
ganzen Land. Im selben Jahr nannte der 1966 gegründete Berliner
Hootenanny-Klub sich in Oktoberklub um. Als solcher veranstaltete er in
den Folgejahren die Festivals des politischen Liedes. /3/ Ihren
Höhepunkt erreichte die Singebewegung zwischen 1971 und 1973, also zur
Zeit des Machtwechsels Ulbricht – Honecker und der
Weltfestspielvorbereitung /4/. Das eigentlich vierte Festival des
politischen Liedes fand als Liedfestival "Politische Lieder zu den X.",
kurz PLX, innerhalb der Weltfestspiele statt. Ich möchte im Folgenden
die Wirkung, die die Weltfestspiele auf Singebewegung und Festival
hatten, untersuchen. Da in der mir zur Verfügung stehenden
Sekundärliteratur den Ereignissen auf den PLX bisher relativ wenig Raum
gewährt wurde, werde ich außerdem diese ausführlicher darstellen.
1. Das Festival des politischen Liedes seit 1970
Das Festival des politischen Liedes wurde von Mitgliedern des
Oktoberklubs, die sich "für eine neue politische Kultur im realen
Sozialismus engagieren wollten" /5/, initiiert. Anfang der 70er Jahre
stellte es für viele eine "linke kreative Insel" /6/ dar, auf der Dinge
ausprobiert werden konnten, die bis dahin in der DDR nicht üblich
gewesen waren. Von 1970 bis 1990 fand das Festival einundzwanzig mal
statt. Hauptveranstalter waren zunächst der Oktoberklub und die
FDJ-Bezirksleitung Berlin, erst 1975 der FDJ-Zentralrat. Anfangs
präsentierten noch 12 Musiker und Bands aus 6 Ländern vor 3000
Zuschauern ihr Programm. Bereits in seinen Kinderschuhen zeichnete sich
das Festival durch ein besonderes Profil aus. Regina Scheer fasste den
Grundgedanken wie folgt zusammen: "Sicher ist: Von Anfang an haben wir
uns im Oktoberklub für die Lieder anderswo interessiert (...). So wie
wir wissen, dass unsere Singebewegung nicht zufällig entstand, (...)
ist uns auch klar, dass die Lieder, die man in anderen Ländern singt,
Ausdruck konkreter gesellschaftlicher Verhältnisse sind (...). Wir
wollen mehr wissen über diesen Kampf und diese Lieder." /7/ Das
Festival war eine Bühne für internationalen Austausch. Fast jedes Jahr
gab es einen zeitgeschichtlichen Bezug (so 1974 beim 4. Festival der
Putsch in Chile) und immer wurde die Musik von inhaltlichen
Diskussionen begleitet, die sich um Themen wie "Das Lied im
Klassenkampf" oder "Pop – Protest, Profit, Manipulation" drehten. /8/
2. Die kulturpolitische Konzeption der X. Weltfestspiele
Das Kulturprogramm sollte
"(...) von der Solidarität der fortschrittlichen Jugend aller
Kontinente im antiimperialistischen Kampf, von ihrem Streben nach
Frieden und ihrer Freundschaft künden. (...) Dabei gehen wir von dem
Bestreben aus, zu verdeutlichen und künstlerisch umzusetzen, dass die
drei mächtigen revolutionären Ströme der Gegenwart – das sozialistische
Weltsystem, die internationale Arbeiterbewegung und die nationale
Befreiungsbewegung – die Entwicklung der Menschheitsgeschichte
bestimmen und dass dabei die Länder des Sozialismus, insbesondere die
Sowjetunion, die Hauptkraft sind." /9/
Den Jugendlichen sollte außerdem genügend Raum für einen Austausch bei
kulturellen Treffen gewährt werden. /10/ Es wurde betont, dass "die
künstlerische Umsetzung dieser Konzeption (...) vor allem mit den
Mitteln des Liedes (...) erfolgen [muss]." /11/
3. Das Liedfestival "Politische Lieder zu den X."
3.1 Konzeption und Vorbereitung des Festivals
Die PLX sollten eine "einmütige Anklage gegen den Imperialismus
(...)", eine "(...) Manifestation des proletarischen und
sozialistischen Internationalismus" sein. /12/ Die Veranstaltungen
sollten dem Austausch zwischen den Teilnehmern zur ideologischen
Klärung von Grundfragen und künstlerischen Bereicherung dienen. /13/ Um
diese Ziele zu erreichen, sollte "eine Auswahl bedeutender, von
revolutionärem Kampfgeist und Optimismus getragener Lieder (...)" /14/
vorgetragen und gemeinsam gesungen werden. Die Gruppen und Solisten,
"die (...) das politische Lied als Waffe verstehen und gebrauchen"
/15/, wurden durch die Nationalen Festivalkomitees ausgewählt. Mit der
Durchführung der PLX wurde der Oktoberklub beauftragt, der sich auch
bemühte, bereits bekannte Künstler wie z.B. Dieter Süverkrüp zu
engagieren. /16/ Zur Vorbereitung wurde innerhalb des Org.-Komitees
eine Liedgruppe unter der Leitung Reinhold Anderts gebildet. Diese
veröffentlichte z.B. die "Agitprobe 73" /17/. Aus über 1500
Einsendungen von bekannten und unbekannten Künstlern wurden u.a. dafür
Beiträge ausgewählt. Die veröffentlichten Lieder schworen ihre
Rezipienten auf die bevorstehenden Welfestspiele ein.
In der Jungen Welt heißt es dazu: "Es ist schon beachtlich, was
unsere Gruppen und Komponisten in den vergangenen sieben Monaten so
alles zu Papier und zum Klingen gebracht haben. Natürlich dominieren
Titel mit Festivalthematik. (...) Die Texte sind politisch engagiert,
konkret in ihrer Aussage, sind witzig und heiter." /18/ Manche Texte
wie Kurt Demmlers "Hamse nicht noch ein Quartier für die X.
Weltfestspiele?" waren dem FDJ-Zentralrat gar zu witzig. Auf dem besten
Weg, ein Hit zu werden, wurde das Lied per zentraler Anweisung von
einem auf den anderen Tag in allen Medien gesperrt. Paul Dessaus "Die
junge Welt ist in Berlin zu Gast", das der Autor Erich Honecker
widmete, wurde dagegen zu DEM Festivallied erklärt. /19/ Reinhold
Andert, der Oktoberklub und andere weigerten sich übrigens, dieses Lied
zu singen.
Der Oktoberklub und 9 weitere Singegruppen und Solisten vertraten
die DDR bei den PLX. Im Vorfeld nahmen die besten Singeklubs jedes
Bezirks an einer zentralen Werkstattwoche in Berlin teil. Ihre dort
gewonnenen Erkenntnisse gaben an jeden Klub ihres jeweiligen Bezirks
weiter. /20/ Diese Werkstätten waren für die FDJ auch ein Mittel, die
Teilnehmer im Hinblick auf die bevorstehenden Festspiele
politisch-ideologisch, aber auch künstlerisch zu festigen. /21/ Bis
kurz vor den Weltfestspielen war schließlich die Zahl der Singeklubs
auf ca. 4500 angewachsen. Die Mobilisierung der Jugend schien also
gelungen. Die FDJ wertete diese zahlreichen kulturellen Initiativen als
einen "Aufschwung im geistig-kulturellen Leben unserer FDJ-Gruppen und
Grundorganisationen" /22/.
3.2. Die Tage des politischen Liedes während der Weltfestspiele
"Kämpfen und singen – das war schon immer eins." /23/ Mit diesen
Worten kommentierte Margot Schröder in der Jungen Welt die Eröffnung
der PLX, die am 29. Juli 1973 in der Werner-Seelenbinder-Halle
stattfand. Dort sollten "(...) vorwiegend bekannte, massenwirksame und
zum Mitsingen anregende Lieder zum Vortrag gebracht" /24/ werden.
Teilnehmer dieser Eröffnungsveranstaltung waren Gruppen aus der
Sowjetunion, Jugoslawien, Vietnam, Chile, der CSSR, Kuba, Puerto Rico,
Italien, Frankreich, Schweden, der BRD, Guinea und der DDR. Als
Solisten traten Perry Friedmann (Kanada) und Dr. Rhupen Hazarika
(Indien) auf. /25/ Mit deutlichem Schwerpunkt auf den sozialistischen
Ländern waren also alle drei revolutionären Hauptströmungen vertreten.
In den folgenden Tagen bis zum 5. August fanden täglich von 11.00-24.00
Uhr auf der Freilichtbühne in der Weydinger Straße und in der
Volksbühne Konzerte statt. Journalisten des Neuen Deutschland
beschrieben die Atmosphäre folgendermaßen: "Jeder Sitz- und Stehplatz
ist hier gefragt. Junge Leute erklimmen sogar Bäume und Dächer. Die
Singegruppen und Solisten werden stürmisch begrüßt, ihre Lieder
mitgesungen." /26/ Mitsingen war deshalb möglich, weil unter den
Zuschauern (übersetzte) Texte und Noten verteilt worden waren. Auch im
Abschlußbericht der Liedgruppe heißt es: "Das Publikum war stets sehr
zahlreich und interessiert. (...) Manchmal hätte man sich jedoch mehr
Differenziertheit in der Dosierung des Beifalls gewünscht." /27/
Insgesamt traten 103 Gruppen und Solisten aus 45 Ländern vor 172.000
Zuschauern auf – diese Dimensionen übertrafen die anderen Festivals des
politischen Liedes bei weitem. /28/ Zahlenmäßig am stärksten vertreten
war die internationale Arbeiterbewegung, gefolgt vom sozialistischen
Weltsystem und den nationalen Befreiungsbewegungen. /29/ Für viele war
es der erste Auftritt auf einem internationalen Festival dieser
Größenordnung, z.B. für die Gruppe Taoné aus Puerto Rico oder Inti
Illimani aus Chile. Aber auch von früheren Festivals bekannte Gruppen
wie die schwedische Fria Proteatern fanden ihr Publikum. Die DDR ließ
u. a. Kurt Demmler, die Klaus-Renft-Combo und Reinhold Andert
auftreten. Aus der BRD reisten u.a. Floh de Cologne, Franz-Josef
Degenhardt und Dieter Süverkrüp an. Die musikalische Bandbreite der
Beiträge reichte vom Chanson über Beat bis hin zur Folklore. /30/ Rund
um die Konzerte wurden Diskotheken, eine Klubgaststätte, eine
Ausstellung zur Geschichte der Singebewegung, Songklubs, Workshops zur
Liedinterpretation und Diskussionsveranstaltungen zu Themen wie
"Politisches Lied und politische Massenarbeit" veranstaltet. /31/ Bei
der Abschlussveranstaltung in der Werner-Seelenbinder-Halle sollten
"die wirksamsten und erfolgreichsten Lieder noch einmal [erklingen] –
besonders (...) solche, die das Publikum zum Mitsingen anregen und ein
starkes emotionales Erlebnis bewirken." /32/
Es gelang: Die PLX mit ihrem "betont improvisierten Charakter" /33/
waren am Ende ein beeindruckendes Openair-Festival für alle
Beteiligten. Die Gruppe Quinteto Tiempo aus Argentinien schrieb an den
Oktoberklub: "Dank euch für eure Organisation (...). Ihr habt uns viel
Kraft gegeben, dass wir weiterkämpfen können." /34/ Und weiter: "Unsere
nächste Aufgabe, mit der wir schon angefangen haben, ist, das X.
Festival bekannt zu machen. (...) Wir berichten über das Festival und
auch über den Sozialismus in der DDR." /35/
4. Die katalysatorische Wirkung der X. Weltfestspiele
4.1 Festival des politischen Liedes
Quinteto Tiempos Aussage legt die Annahme nahe, die PLX hätten zu
einer internationalen Etablierung des Festivals des politischen Liedes
geführt. Bestärkt wird dies durch die finnische Zeitung Helsingin
Sanomat, die 1974 Berlin als die "Hauptstadt auch des politischen
Liedes der ganzen Welt" /36/ bezeichnete. 1980 konstatierte der
amerikanische Pianist Frederic Rzewski: "Dieses Festival hat die
Potenz, der interessanteste internationale Schauplatz der
fortschrittlichen Musik zu werden." /37/
Für manche Bands waren die Weltfestspiele eine Art Initialzündung.
Inti Illimani aus Chile, 1973 zum ersten Mal auf einem Festival in der
DDR, traten bis 1990 noch fünfmal in Berlin auf. Auch Floh de Cologne,
1973 ebenfalls zum ersten Mal dabei, kamen bis 1981 fünfmal wieder und
standen darüber hinaus auch in schriftlichem Kontakt mit dem
Oktoberklub. Ähnlich verhielt es sich mit der finnischen Band
Agit-Prop. /38/ Im Verlauf der 70er Jahre wurde auch das Interesse
offizieller Stellen größer: 1974 schickten die sozialistischen
Jugendverbände erstmals Beobachterdelegationen, 1975 schlossen sich
westdeutsche Verbände an. /39/ Die Veröffentlichungen der Plattenlabels
Amiga und Eterna schließlich bestätigen die katalysierende Funktion der
Weltfestspiele: Von insgesamt 69 Veröffentlichungen internationaler
Teilnehmer sind nur sechs aus den Jahren vor 1973. /40/
In der DDR förderten die Weltfestspiele die Institutionalisierung
des Festivals. Bereits 1974 wurde eine zentrale Koordinierungsstelle im
Haus der jungen Talente gegründet. 1981 wandelte die FDJ sie in ein
hauptamtliches Koordinationsbüro um. Die finanzielle Unterstützung war
zu diesem Zeitpunkt mit rund 1Mio Mark erheblich. /41/ Dies bedeutete
aber auch, dass das Festival sich allgemeinen außenpolitischen
Interessen unterzuordnen hatte. Konkret hieß das, dass die Sowjetunion
und ihre Bruderländer im Programm in den Vordergrund zu stellen waren.
Häufig erwies sich dies aber als musikalisch unmöglich, denn die
wirklich guten Künstler kamen meist aus lateinamerikanischen oder
westeuropäischen Ländern /42/ - eine Entwicklung, die sich bereits bei
den PLX abgezeichnet hatte. Auch dort war es nicht möglich gewesen, die
Rolle des sozialistischen Lagers mit den Mitteln des Liedes transparent
zu machen, obwohl die Liedgruppe ihm eine musikalische
Weiterentwicklung konstatiert hatte. /43/ Dissidenten oder unsichere
Kandidaten aus dem Westen fanden ebenfalls keinen Platz im Programm.
/44/
In die positive Bewertung des Festivals mischten sich so auch
andere Stimmen. Reginald Rudorf stellte 1976 fest, dass "(...)
Klassenkampfplatitüden und pseudofolkloristische Sangesschablonen das
6. Politische Liedertreffen (...)" beherrschten. /45/ Der englische
Liedermacher Leon Russelson sprach 1986 dem Festival jeden politischen
Inhalt ab und bezeichnete das Eröffnungskonzert als "manipulativ und
selbstbeweihräuchernd". /46/ Olaf Schäfer kommt zu dem Schluss, das
Festival des politischen Liedes sei eine perfekte
Propagandaveranstaltung gewesen, eine "Spielwiese, in deren
abgesteckten Grenzen sich die Folk- und Liedermacherszene ‚austoben?
durfte." /47/ Dennoch strömten bis 1990 durchschnittlich 50.000
Zuschauer zum Festival. Denn es war für viele Jugendliche, Liedermacher
und Mitarbeiter ein Fenster zur Welt: "Die Hunderte, die vor der Tür
standen und hineinwollten (...), die sich meldeten und mitarbeiten
wollten – von Jahr zu Jahr wurden es mehr –, die haben ja auch diese
Sehnsucht gehabt nach Weltoffenheit, nach Kontakten (...). Das war also
wie die Weltfestspiele, das hatte auch einen gewissen Rausch (...)"
/48/
4.2 Singebewegung
Eine ähnliche Wirkung der Weltfestspiele auf die Singebewegung
blieb aus. So erwies sich der Aufschwung, den die FDJ in der
Vorbereitungsphase der PLX gesehen hatte, bald als eine falsche
Annahme. Schon kurz vor den Weltfestspielen war die Singebewegung unter
Jugendlichen auf relativ hohe Ablehnung gestoßen. Rundfunkumfragen von
1974 besagten, dass das Interesse am politischen Lied bei 15- bis
18-jährigen 1971 bei 10% gelegen hatten. 1974 lockte es nur noch 5%.
Die Singebewegung selbst zog 1973 nur noch 9% aller Neunt- und
Zehntklässler an, bis 1979 sank die Zahl der Interessierten auf 2%. Vor
allem agitatorische Lieder seien "marschartig", "politische
Propaganda", "nur für Funktionäre". /49/ Nachdem die Euphorie der
Weltfestspiele vorbei war, war es auch mit dem "Vorzeigeobjekt der
Partei" /50/ so gut wie vorbei. Außerhalb des "Ghetto[s] der
Singebewegung" /51/, wie es Hans-Eckardt Wenzel 1992 formulierte,
entwickelte sich im Laufe der 70er Jahre eine eigenständige Liedszene,
in der Liedermacher, Liedtheater und Folkloregruppen dominierten.
5. Schluß
Ich möchte noch einmal zusammenfassen. Das Festival des politischen
Liedes, aus der Singebewegung entstanden, zeigte sich in seinem Profil
als idealer Programmpunkt für das Kulturprogramm der X. Weltfestspiele.
Weswegen sich übrigens auch die DDR-Medien ab 1972 dafür zu
interessieren begannen. Vieles, wie z.B. die Diskussionsrunden, wurde
aus dem ursprünglichen Konzept übertragen. Andererseits wurde das
Festival durch die Weltfestspiele auch stärker institutionalisiert. Die
Singebewegung selbst konnte von dem Erfolg der PLX nicht profitieren.
Sie beheimatete fortan "Kaisergeburtstagssänger", wie Wolf Biermann es
einmal ausdrückte. Das Festival des politischen Liedes bezog seine
Attraktivität aber weiterhin aus dem, was u. a. auch die Weltfestspiele
ausgezeichnet hatte: Die DDR-Jugend kam zwar nicht in die ganze Welt,
aber die Welt kam in die DDR.
Anmerkungen
1 Lutz Kirchenwitz, Liedermacher, Folkszene und Singebewegung in
der DDR, in: Friedrich-Ebert-Stiftung (Meck.-Pomm.), Lied und soziale
Bewegung e.V. (Hgg.), Lieder aus einem verschwundenen Land, Berlin
1999, S. 4-13, hier: S. 4. 2 Lutz Kirchenwitz, "Auferstanden als Ruine"? Das Berliner
Festival des politischen Liedes 1970-1990 und 2000, in:
Deutschland-Archiv 33 (2000), S. 923-33, hier: S. 924. (im Folgenden:
Kirchenwitz 2000)
3 Heike Krause, Chansons im Blauhemd – der Oktoberklub, Essay aus
dem Hauptseminar Alltags-, Feier-, Breiten- und Subkultur in der SBZ/
DDR an der HU Berlin im Wintersemester 02/03.
4 Kirchenwitz, Die FDJ und "ihre" Singebewegung, in: Helga
Gottschlich (Hg.), "Links und links und Schritt gehalten...". Die FDJ:
Konzepte – Abläufe – Grenzen, Berlin 1994, S. 326-33, hier: S. 331. (im
Folgenden: Kirchenwitz 1994)
5 Kirchenwitz 2000, S. 924.
6 Lutz Kirchenwitz, Folk, Chanson und Liedermacher in der DDR.
Chronisten, Kritiker, Kaisergeburtstagssänger, Berlin 1993, S. 69. (im
Folgenden: Kirchenwitz 1993)
7 Zit. nach Lied und soziale Bewegung e.V. (Hg.), Rote Lieder.
Festival des politischen Liedes Berlin/DDR 1970-1990, Berlin 1999, S.
2. (im Folgenden: Lied 1999) 8 Ebd., S. 2-7.
9 Kulturprogramm der X. Weltfestspiele der Jugend und Studenten vom
28. Juli bis 5. August 1973 in der Hauptstadt Berlin, nicht datiert,
SAPMO-BArch DY 24/7189, S.1.
10 Ina Rossow, "Ketten werden knapper"? Die X. Weltfestspiele der
Jugend und Studenten 1973 im Zeichen scheinbarer Liberalität,
Magisterarbeit, Leipzig 2000, S. 44. (im Folgenden: Rossow 2000)
11 Org.-Komitee X. Weltfestspiele, Kulturpolitische
Grundkonzeption für das Nationalprogramm der DDR zu den X.
Weltfestspielen der Jugend und Studenten 1973 in Berlin, nicht datiert,
SAPMO-BArch DY 24/7213.
12 Org.-Komitee X. Weltfestspiele, HA Kulturveranstaltungen, Tage
des politischen Liedes, Konzeption (handschriftl.: der AG
Programmgestaltung) zur Vorbereitung und Durchführung der "Tage des
politischen Liedes", 16.10.1972, SAPMO-BArch DY 24/7178, S. 1. (im
Folgenden: Org.-Komitee, Konzeption)
13 Ebd., S. 1.
14 Ständige Kommission, Rahmenprogramm, S. 1.
15 Ebd., S. 1.
16 Interview mit Lutz Kirchenwitz, 22.7.2003.
17 Kirchenwitz 1993, S. 62.
18 Junge Welt, 1.8.1973, S. 6.
19 Kirchenwitz 1993, S. 62f.
20 Ebd., S. 1.
21 Rossow 2000, S. 54.
22 Junge Welt, 24.7.73, zit. nach Rossow 2000, S. 53.
23 Margot Schröder, "Viel Beifall für Lieder und ihre Interpreten", Junge Welt, 30.7.1973, S. 5.
24 Ständige Kommission, Rahmenprogramm, S. 2.
25 Programm des Liedfestivals "Politische Lieder zu den X.", 10.7.73, SAPMO-BArch DY 24/7178, S. 1.
26 Martin Köhler, Hans-Joachim Kynaß, zit. nach Lied 1999, S. 9.
27 Org.-Komitee X. Weltfestspiele, HA Kulturelle Veranstaltungen,
Liedfestival PLX, Abschlußbericht, 9.8.1973, SAPMO-BArch DY 24/7178, S.
1.
28 E-mail von Lutz Kirchenwitz an Sarah Jost vom 31.7.2003, 12.45 Uhr.
29 Anlage zum Abschlußbericht: "Folgende Gruppen und Solisten haben
am Liedfestival ‚Politische Lieder zu den X.’ teilgenommen",
SAPMO-BArch DY 24/7178, S. 1-3.
30 Org.-Komitee, Abschlußbericht, S. 2.
31 Lied 1999, S. 8.
32 Ebd., S. 3.
33 Org.-Komitee, Abschlußbericht, S. 1.
34 Brief der Gruppe Quinteto Tiempo an den Oktoberklub, zit. nach Lied 1999, S. 8.
35 Zit. nach Lied 1999, S. 8.
36 Kirchenwitz 1993, S. 67f.
37 Ebd., S. 74.
38 Lied 1999, 2. Umschlagsseite.
39 Ebd., S. 10ff.
40 Ebd., Diskographie: Internationale Teilnehmer auf DDR-Langspielplatten
41 Kirchenwitz 1993, S. 75.
42 Ebd., S. 75f.
43 Abschlußbericht, S. 2.
44 Kirchenwitz 1993, S. 77.
45 Zit. nach ebd., S. 15.
46 Zit. nach Kirchenwitz 1993, S. 77.
47 Olaf Schäfer, Pädagogische Untersuchungen zur Musikkultur der
FDJ. Ein erziehungswissenschaftlicher Beitrag zur
Totalitarismusforschung, Berlin 1998, S. 313ff., zit. nach Lied 1999,
S. 50.
48 Regina Scheer in: "Sag mir wo du stehst", Film des
MDR-Fernsehens von Axel Grote und Christian Steinke, 1993, zit. nach
Lied 1999, S. 50.
49 Kirchenwitz 1993, S. 64.
50 Ohse, Jugend, S. 350.
51 Hans-Eckardt Wenzel, zit. nach Kirchenwitz 1994, S. 331.
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