Thema | Kulturation 1/2004 | Deutsche Kulturgeschichte nach 1945 / Zeitgeschichte | Ines Lange | Von der Wiege bis zur Bahre Zur Geschichte Sozialistischer Feiern zu Geburt, Ehe und Tod in der DDR[1]
| „Unter
den feierlichen Klängen eines Streichquartetts betraten am
Sonntagvormittag 29 Mütter den Weißen Saal des Weimarer Schlosses und
nahmen mit ihren Kindern an der ersten sozialistischen Namensgebung,
die durch Sologesang und Rezitation einer Dichtung von Hedda Zinner
ausgestaltet war, teil. ‚Unsere Kinder sind das wertvollste Gut des
Staates. Ihnen gehört von Beginn des Lebens die herzliche Liebe, die
treue Fürsorge unserer Gesellschaft. Mit dem Tage der sozialistischen
Namensgebung werden die jüngsten Bürger unserer Republik in die
Gemeinschaft der werktätigen Menschen in Stadt und Land aufgenommen’ -,
erklärte die Verdiente Lehrerin des Volkes und Volkskammerabgeordnete
Charlotte Mewes unter anderem in ihrer Festansprache. Sie wies die
Eltern darauf hin, daß sie die Verpflichtung haben, ihre Kinder zu
nützlichen Gliedern unseres sozialistischen Staates zu erziehen. Nach
der Festansprache erklang die Nationalhymne der Deutschen
Demokratischen Republik. Hierbei überreichte die Volkskammerabgeordnete
Mewes die Urkunden und wünschte im Namen der Gemeinschaft der
werktätigen Menschen den Eltern allerbeste Erfolge bei der Erziehung
der Kinder zu sozialistischen Menschen.“ Mit diesen Zeilen des
SED-Organs „Das Volk“ aus Weimar wurde den Lesern im Juli 1958 eine
neue Feier vorgestellt.[2]
Nicht nur der Jahreslauf der DDR war durch Feste und Feiern
strukturiert, sondern auch der Lebenszyklus jedes einzelnen Bürgers.
Während politisch motivierte Feste wie der 1. Mai, der Jahrestag der
DDR-Gründung am 7. Oktober oder die Memorierung herausragender
Integrationsfiguren der Partei und einzelner Berufsgruppen mit ihren
Abläufen, Symbolen und Inszenierungen inzwischen in den Blickpunkt
historischen Interesses getreten sind, wurden die Versuche von Staat
und Partei lebenszyklische Übergangssituationen mit einer neuen
Feierkultur zu überformen, bisher kaum wahrgenommen. Lediglich die
Erfolgsgeschichte des klassischen Initationsritus Jugendweihe ist
hinlänglich bekannt. Seit den Untersuchungen des Ethnologen Arnold van
Gennep sind den lebenszyklischen Feiern, die er „rites de passages“
nannte, mit ihrer rituell und symbolisch besonders aufgeladenen Form
persönlichkeits- und gesellschaftsstabilisierende Funktionen zugewiesen
worden.
Seit Mitte der 50er Jahre kam es in der DDR zur Herausbildung von
Ersatzritualen für kirchliche Taufe, Trauung und Bestattung. Diese
sogenannten sozialistischen Feiern zur Namensweihe bzw. Namensgebung,
zur Sozialistischen Eheschließung und Sozialistischen Bestattung
sollten kollektiv vollzogen werden, vorzugsweise in Betrieben oder
werkseigenen Klubhäusern stattfinden und zielten auf ein Bekenntnis zum
Sozialismus. Ausgestaltung, Ansprachen und Vollzug der Feiern sollten
durch Ehrenamtliche abgedeckt werden. Anders als die Jugendweihe, die
als kollektive Jugendfeier bis heute erfolgreich durchgeführt wird, war
den sozialistischen Feiern zu Geburt, Ehe und Tod kein Erfolg
beschieden. Selbst in der DDR waren sie nur wenigen bekannt. Wieso
haben sich diese Feiern nicht analog zur Jugendweihe durchsetzen
können? Wie sahen die staatlichen Lenkungsversuche im Bezug auf
Einführung, Durchführung und Organisation der Feiern aus? Welche
Erwartungen und Bedürfnisse bestanden in der Bevölkerung? Verzichtete
ein Großteil der DDR-Bürger ganz auf eine festliche Heraushebung
biografischer Wendepunkte? Blieben sie den religiösen Angeboten treu?
Oder kristallisierten sich neue Formen heraus? Konnte traditionelle
Feierkultur durch offizielle Kulturpolitik transformiert werden?
Die DDR als diktatorischer Staat wollte alle Lebensbereiche seiner
Bewohner durchdringen und formen. Sehen wir uns Parteitagsdokumente,
Veröffentlichungen und Zeitungsberichte der DDR an, so scheint dieser
Anspruch in gleichmäßiger Linearität von der obersten Machtzentrale
über bürokratische Zwischenebenen auf den einzelnen DDR-Bürger gekommen
zu sein. Der Einzelne konnte scheinbar nur zweierlei: dem Anspruch
gerecht werden oder sich ihm mit allen Konsequenzen verweigern. Dass
dieser Kontrast Herrschaftsprozesse in Diktaturen oder autoritären
Staaten nur verkürzt erfasst, ist in den letzten Jahren in der
Forschung immer deutlicher betont wurden.[3] Herrschaft kann nicht als
heterogener, eindimensionaler Prozess verstanden werden. Wie die
(Misserfolgs)-Geschichte sozialistischer Feiern in der DDR
verdeutlichen kann, bewegt sich Herrschaft in einem gesellschaftlichen
Kräftefeld, ist von verschiedenen Faktoren beeinflussbar und kann eben
auch ins Leere laufen. Die Beherrschten sind auch in autoritären
Systemen nicht nur als Reagierende, sondern eben auch als bewusst
agierende Elemente in diesem Prozess zu verstehen. Gerade weil die
Geschichte sozialistischer Feiern in der DDR keine Erfolgsgeschichte
ist, lässt sich vieles an ihr verdeutlichen. Herrschaftsansprüche
staatlicher und parteilicher Stellen scheiterten ganz offensichtlich.
Eigensinnig rezipierten Bevölkerungsteile einzelne Elemente des
dargebotenen Feierangebotes. Der Historiker Alf Lüdtke hat mit den zwei
Koordinaten Herrschaft und Eigensinn eine praktikable
Untersuchungsmethode für die Geschichte der DDR vorgegeben.[4] Michel
Foucaults Definition von Macht folgend, wird Herrschaft dabei als
dynamisches Kräftefeld verstanden. Indem Herrschaft in einem Kräftefeld
durchgesetzt, konstituiert, angezweifelt usw. wird, werden nicht nur
die Beherrschten ihrer Passivität enthoben, sondern auch die beiden
Gruppen von Herrschenden und Beherrschten differenziert betrachtet. Die
klaren Linien zwischen „Oben“ und „Unten“ müssen neu hinterfragt
werden. Da auf Herrschaft nicht nur mit Zustimmung oder Ablehnung,
sondern mit Mehrdeutigkeiten, Distanzierungen, Hinnahme usw. reagiert
werden kann, stellt Lüdtke den Begriff des Eigen-Sinns anbei. Er fragt
nach den Interessen, Vorstellungen und Ängsten derjenigen, die Befehle
und Verordnungen ausführen sollen, denn „nur in den Aneignungen
entstehen die Verhältnisse“[5]. An der Art und Weise, wie einzelne
Bedürfnisse die Einführung der Feiern beeinflussten, welche Aspekte der
Feiern angeeignet wurden und welche eben nicht, welche Unsicherheit
staatlicher Stellen dem gegenüber steht und wie die Interessenvielfalt
der einzelnen Agierenden schließlich zum Tragen kommt – dies kann für
das Spannungsfeld zwischen Herrschaft und Eigensinn stehen. Bei der
Einführung sozialistischer Feiern vollzogen sich sehr differenzierte
Herrschaftsprozesse, bei denen sich auch Kräftebewegungen von „Unten“
nach „Oben“ ausmachen lassen. Am Beispiel der Herausgabe zentraler
Anleitungen für diese Feiern zeigt sich, wie Herrschaft selbst von
verschiedenen Faktoren beeinflussbar war. Die ideologisch angestrebte
politische Ausrichtung der Feiern wurde von einem Großteil der
Beherrschten verweigert. Wo sie als Feiern rezipiert wurden,
vernachlässigte man das politische Moment scheinbar völlig; Feiernde
und Feiern zogen sich in den Privatraum zurück und der familiäre Teil
rückte im Laufe der Jahre immer mehr in den Mittelpunkt, bis sie in den
70er Jahren auch konzeptionell einbezogen wurden. Trotz des
Nichterfolgs sozialistischer Feiern kam es aber gleichzeitig zu einer
Entkirchlichung und nachlassenden Inanspruchnahme kirchlicher
Kasualien. War, so ist zu fragen, das private Feierbedürfnis so
eindeutig individuell oder konsumorientiert, dass Inhalte, egal ob
politischer oder religiöser Natur, nebensächlich wurden? Für eine
solche inhaltliche Sinnentleerung auf beiden Seiten spricht die
oberflächliche Rezeption christlicher Formen in den sozialistischen
Feiern. Individuelle Vorstellungen und Bedürfnisse, wie ein Leben zu
feiern sei, standen herrschaftlichen Vorstellungen und Ideologien
entgegen und trugen so maßgeblich zum Nichterfolg sozialistischer
Feiern bei.
In den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg waren die
Machthaber bemüht, ein überparteiliches Reich des Geistes zu
beschwören, in das unterschiedliche Positionen integriert werden
sollten. Ähnlich zu dieser Linie blieben auch im Bereich des Feierns
Formen und Inhalte vorerst plural, analog zu den Prägungen der
Bevölkerung freilich vorrangig kirchlich geprägt. Das Interesse der SED
richtete sich auf Feste und Feiern, die schon in den Traditionen der
Arbeiterbewegung im Mittelpunkt gestanden hatten und sich vor allem
durch ihre politischen Implikationen und ihren öffentlichen Charakter
auszeichneten. Die Begleitung von Schwellensituationen gehörte nicht
dazu. Selbst die Jugendweihen der freidenkerischen Tradition wurden in
den ersten Nachkriegsjahren zurückgedrängt[6], bevor ihre Einführung
nach einer neuerlichen Wende der Kirchenpolitik 1954 beschlossen und
1957/8 in verschärfter atheistischer Ausrichtung durchgesetzt wurde[7].
Aufgrund ideologischer Bedeutungslosigkeit – ähnlich auch schon die
Einschätzung der Freidenker[8] - gerieten die Bedürfnisse privater
Feierkultur nicht ins Blickfeld der Parteiarbeit. Wahrscheinlich hätte
es auch in der DDR zu Neuüberlegungen keinen Anlass gegeben, wenn nicht
ab Mitte der 50er Jahre Eingaben einzelner Personen auf Probleme auf
diesem Gebiet hingewiesen hätten. Einzelne evangelische Pfarrer und
katholische Priester hatten als Reaktion auf die offensive Verbreitung
des Atheismus ihre Konsequenzen gezogen und den Vollzug von Kasualien
bzw. Sakramenten verweigert. Dieser Konflikt konzentrierte sich vor
allem auf das Problem von Bestattungen, welche an ein klares
christliches Bekenntnis gebunden wurden. Eine bei der Abteilung
Kirchenfragen des ZK der SED geführte Akte über Bestattungsprobleme
verdeutlicht die Nuancen des Konflikts.[9] Was die Genossen an der
Parteispitze noch ignorieren konnten, war für die Funktionäre in den
Bezirks- und Kreisleitungen dringend als Problem zu lösen, denn sie
waren vor Ort dem Druck ihrer Mitglieder ausgesetzt. Einerseits sollte
die Bevölkerung in „wissenschaftlicher Überzeugungsarbeit“ für den
Atheismus begeistert werden; andererseits hatte man den Kirchen gerade
auf kultischem Gebiet nichts entgegenzusetzen. Gleichzeitig war man
phasenweise zudem auch bemüht, die ideologischen Konflikte mit den
Kirchen nicht allzu vordergründig zu führen. So hatte im Februar 1955
Paul Wandel in einer Rede vor Bezirks- und Kreissekretären der SED im
Hinblick auf die hohe Kirchenmitgliedschaft der SED-Mitglieder ein
vordergründiges atheistisches Vorgehen noch abgelehnt. Den Einfluss der
Kirchen auf die Menschen zu beschränken, sei eine „langwierige, mit
großer Geduld und mit Takt, ohne Verletzung der religiösen Gefühle der
Gläubigen zu erfüllende Aufgabe, die nicht dem Aufbau des Sozialismus
vorausgeht, sondern in entscheidendem Maße seine Folge ist“.[10]
Es überrascht nicht, dass die ersten konkreteren Vorschläge für die
Gestaltung sozialistischer Feiern von der „Basis“ der Parteiarbeit
kamen. Am 22.3.1955 verabschiedete die Rostocker SED-Bezirksleitung
eine „Vorlage zur Verbesserung und würdigen Gestaltung der
Namensgebung, Eheschließung und Bestattung von Bürgern im Bezirk
Rostock“.[11] Es sollten nicht nur Alternativen zu kirchlichen Riten
geschaffen, sondern über eine Einbeziehung des staatlichen
Personenstandswesens auch eine Beeinflussung weiter Bevölkerungsteile
erreicht werden. Ein intervenierendes Telefonat der Abteilung
Kirchenfragen des ZK bei der SED-Bezirksleitung Rostock vom März 1956,
dem die organisierte Durchführung dieser Feiern suspekt ist, stößt dort
nur auf Unverständnis. Selbstbewusst stellt sich der Rostocker Genosse
mit seiner Meinung und der seiner Bezirksleitung gegen die Kritik des
ZK (dar). Ähnlich gelagerte Vorschläge, die die SED-Bezirksleitung
Neubrandenburg am 2.1.1956 an die Abteilung Kirchenfragen des ZK der
SED richtet, haben vielleicht erst den Anstoß zur Rostocker Rüge
gegeben. Auch in der SED-Leitung Neubrandenburgs sind die hohe Anzahl
Kirchenmitgliedschaften ein Ärgernis. Das Problem sieht man vor allem
darin, „dass diese Menschen bei bestimmten Anlässen, wie z.B. bei der
Eheschließung eine feierliche Handlung, wie sie die Kirche vornimmt,
als gewissen Höhepunkt der Hochzeit ansehen und deshalb nicht darauf
verzichten möchten.“[12] Eine Einbindung der Standesämter für diese
Aufgaben, stößt auf harsche Kritik des Ministeriums des Inneren (MdI),
das eine direkte Agitation der Standesämter vermeiden will. Ohne
eindeutige ideologische Festlegungen und Interessen wie bei der
Jugendweihe, von staatlichen Stellen aber eher abgelehnt, finden nach
dem Zeugnis von Tageszeitungen sozialistische Feiern in verschiedenen
Orten statt.[13] Sie scheinen dem Eifer einzelner Parteifunktionäre
oder dem Interesse Konfessionsloser entsprungen zu sein;
Organisationsformen waren dabei so vielfältig wie die einzelnen
Initiativen.
Mit der Bildung einer Kommission für Fragen der Kultur beim
Politbüro der SED unter Alfred Kurella im Oktober 1957 und mit dem V.
Parteitag der SED vom 10. bis 16. Juli 1958 rückten verstärkt Fragen
von Kultur, Ethik und Moral und Erziehung des Menschen ins Blickfeld
der SED. Aufgrund der auf dem Parteitag postulierten Theorie der
sozialistischen Kulturrevolution sollten sich zu den neuen
Produktionsverhältnissen auch neue Beziehungen zwischen den Menschen
entwickeln, die sich auf das gesamte gesellschaftliche Leben auswirken
würden.[14] Der neue sozialistische Mensch werde durch die Einhaltung
bestimmter Moralgesetze bestimmt, heißt es. Die unter dem Namen der
„Zehn Gebote der sozialistischen Ethik und Moral“ bekannt gewordenen
und nur allzu deutlich an den biblischen Dekalog angelehnten
Moralgesetze, greifen nun explizit in den Bereich ein, der als privat
definiert wird. Zwischenmenschliche Beziehungen und Familienstrukturen
gerieten in den Blick des öffentlichen Interesses. Nichts sollte fortan
als privat definiert sein, sondern alles im Öffentlichen, Kollektiven
aufgehen. Der „neue Mensch“ als Erziehungsideal stand damit in allen
Bereichen im Mittelpunkt der ideologischen Bemühungen. Die Kunst hatte
diesem Ziel zu dienen, ebenso die „sozialistische, allgemeinbildende,
polytechnische Schule“ (1959). Mit der Bildung „sozialistischer
Brigaden“ und der Losung „Auf sozialistische Weise arbeiten, lernen und
leben!“ wird das private (Familien-)Leben mit dem öffentlichen Arbeits-
und Gesellschaftsleben verknüpft. Ideologisch war der kollektive
Anspruch klar formuliert, lebenszyklische Feiern blieben jedoch
praktisch als individuell-bürgerliche Formen dem Partei- und
Staatsapparat suspekt. Die bisherige Praxis der Ignoranz der
bestehenden Formen wurde weiterhin beschritten. Die Menschen jedoch,
die beseelt waren vom Aufbau einer neuen Gesellschaft und der Schaffung
des „neuen Menschen“ und sich den kirchlichen Ritualangeboten
entfremdet hatten, nahmen die Angebote alternativer Lebensbegleitung an
und füllten sie ideologisch auf. Nun entwickelte diese mit offizieller
Ideologie argumentierende, aber keinerlei Kontrollmechanismen
unterworfene Feierkultur eine Eigendynamik, die westliche und
kirchliche Gegenreaktionen hervorrief und schließlich auch den obersten
Partei- und Staatsapparat zu Handlungen zwang. Dieser Prozess wurde
maßgeblich durch die 1958/9 entwickelten „Grundsätze und Erfahrungen
bei der Gestaltung sozialistischer Feierlichkeiten um Geburt, Ehe und
Tod in Stalinstadt“ vorangetrieben.[15] Ein Papier, das als
„Stalinstädter Dokument“ 1959 große Aufmerksamkeit in westdeutschen und
kirchlichen Kreisen erregte und als Beispiel galt, auf welche Weise
Staat und Partei durch atheistische Kultformen den Einfluss der Kirchen
zurückzudrängen versuchten.[16]
Die 1953 mit dem Namen Stalins ausgezeichnete, neu entstandene
Stadt für die Arbeiter des „Eisenhüttenkombinats Ost“, galt als
sozialistische Musterstadt par excellence, die dem „neuen Menschen“
gerecht werden sollte. Keine Kirche sollte es in dieser Stadt geben. Am
1.2.1958 fanden dort die ersten sozialistischen Namensgebungen und eine
sozialistische Eheschließung statt. Vorausgegangen waren seit 1955
Versuche einer Strukturierung durch die SED-Bezirksleitung
Frankfurt/Oder über die SED-Kreisleitung bis zum Rat der Stadt
Stalinstadt.[17] Nachverfolgen lässt sich dabei die pragmatische
Modifizierung der Organisation der Feiern. Ausgehend vom freiwilligen
Engagement eines Komitees aller Massenorganisationen (Bezirksleitung)
richtet die Stadt schließlich eine Planstelle bei der Abteilung Kultur
ein. Seit März ist dort Helmut Kroll als „Stellvertreter des
Beauftragten für Personenstandswesen“ bzw. „Sprecher des Rates der
Stadt“ für die Durchführung sozialistischer Feiern in Stalinstadt
verantwortlich. Er hatte die Ansprachen zu halten, der Rat der Stadt
gestaltete das Trauzimmer, bezahlte Kroll, Urkunden und Geschenke für
die Feiernden. Erstmals hatte sich hier durch Kroll der Staatsapparat
ganz klar positioniert, indem er die Feierlichkeiten unterstützte und
offiziell an eine kommunale Stelle anband. Als nach dem V. Parteitag
die Arbeitsmethoden Stalinstadts sehr gefragt waren, verfasste Kroll
das vorliegende, eindeutig atheistisch ausgerichtete Dokument. Das
Vorgehen erregte Aufsehen. Nach Außen vermittelte das Dokument: der
Staat führt die sozialistischen Feiern durch; die Stoßrichtung ist eine
eindeutig atheistische, gegen die Kirchen gerichtete. Beide Eindrücke
will man jedoch offiziell vermeiden. Die Kritik aus dem MdI fällt nicht
nur auf den Rat der Stadt zurück, sondern verbietet auch weitere
Einstellungen von Beauftragten für andere Kreise. Kroll, der seine
Feieranleitung ganz an den ideologischen Implikationen des V.
Parteitages ausgerichtet hatte, war mit seiner Einbindung staatlicher
Stellen und einem offensiven Atheismus zu weit gegangen. Im Oktober
1959 wurde er aus Amt und Partei entfernt (Ironie des Schicksals: wegen
Vergehens gegen die „Zehn Gebote der sozialistischen Moral“!) und die
staatliche Ordnung in Stalinstadt wieder hergestellt. Die
Zuständigkeiten von Krolls Nachfolger wurden in dem Maße geändert, dass
eine Initiative staatlicher Organe im Hinblick auf die sozialistische
Feiern nicht mehr nachweisbar war. Inhaltlich unterschieden sich die
Feiervorschläge kaum von denen aus Rostock oder Neubrandenburg. Diese
waren aber im Gegensatz zum Stalinstädter Dokument weitgehend Interna
geblieben.
Aufgrund der großen Aufmerksamkeit in der westlichen Presse und der
Reaktion der beiden Kirchen sah sich der Herrschaftsapparat nun zu
einer Korrektur der politischen Linie der Feiern veranlasst.
Überspitzungen sollten eingeschränkt und vorherrschender „Wildwuchs“
vermieden werden. Dabei wollte man vor allem die
gesellschaftlich-politische Bedeutung der Feiern vereinheitlichen, was
zuerst hieß, eine offen atheistische Ausrichtung zu verhindern, und so
auch die religiös gebundene Bevölkerung in ein Bekenntnis zum
Sozialismus einzubeziehen. Der Staatsapparat sollte dabei nur im
Hintergrund agieren. Ab 1959 erarbeitete schließlich die Abteilung
Innere Angelegenheiten beim Ministerium des Inneren (MdI) Empfehlungen
zur Durchführung sozialistischer Feiern, die dem ZK der SED übermittelt
und, dort gebilligt, auf verschiedenen Wegen an die örtlichen Organe
auf Bezirks-, Kreis- und Stadtebene verteilt wurden. Die „Empfehlung
für die Durchführung von Namensweihen“ sollte vor allem dem Eindruck
entgegentreten, dass es sich bei der Namensweihe um einen Ersatz für
die religiöse Taufe handle.18 Vielmehr soll auch bereits getauften
Kindern diese Feier möglich sein. Die Bildung offizieller Kommissionen
sei zu vermeiden, Betriebe und Massenorganisationen sollen die Feiern
ausgestalten.[19] 1960 wird die Empfehlung vom ZK der SED gebilligt,
1960 eine „Empfehlung zur sozialistischen Eheschließung“, 1961 die
„Empfehlung für Trauerfeiern sozialistischen Inhalts“; alle drei
Empfehlungen werden auf staatlicher Ebene an die Kreise weiter
gegeben.[20] Dem Idealbild von autoritärer Herrschaft müssen nun die
Brüche der Realität entgegen gestellt werden.
Idealvorstellungen des eifrigen Stalinstädter Genossen und der
zentralen Weisungen zur Regulierung der Feiern lassen noch keine
Wirklichkeit der sozialistischen Feiern in den 60er Jahren
konstruieren. Begeben wir uns in das Innere des Herrschaftsapparates,
treten vielfältige Bruchlinien zu Tage. Obwohl die Feiern von
gesellschaftlichen Organisationen getragen werden sollten, übertrug
schon 1961 der Staatsrat der Abteilung Personenstandswesen des MdI die
Verantwortung. Dort und auf den unteren staatlichen Ebenen wartete man
auf das Engagement der Betriebe. Unklarheiten in der
Organisationsstruktur, fehlende Finanzmittel und die Zurückhaltung der
Partei führten schon Anfang der 60er Jahre zu einem Rückgang der
Feiern. Eine Eingabe an das ZK der SED von 1966 gibt Einblick in diese
Probleme: „Der Mentalität unserer Menschen Rechnung tragend haben die
Eltern das Bedürfnis in einer Familienfeier die Namensgebung
durchzuführen. Und hier beginnt das Dilemma. Die BGL des Betriebes
schickt den Antragsteller zum Stadtbezirk, Abteilung
Personenstandswesen. Diese wiederum behaupten die BGL des Betriebes sei
verantwortlich. (...) Viele Eltern werden auf Grund der bestehenden
Praxis abgestoßen, denn einmal bekommt jeder die Lauferei von einer zur
anderen Stelle satt. Noch dazu man sich letztlich als Bettler fühlt
(...).“[21] Nicht nur wurden die sozialistischen Feiern oft dem
Selbstlauf überlassen, sondern auch ihre finanzielle Absicherung erwies
sich bald als Problem. Hatten die offiziellen Feierempfehlungen auf die
finanziellen Möglichkeiten vor Ort verwiesen, so war es besonders den
Betrieben kaum möglich die Gelder aufbringen zu können. Die finanzielle
Unterstützung für die Feiern war in den Betriebskollektivverträgen
festgelegt – jedoch reichte das Geld des Kultur- und Sozialfonds nicht
aus, so dass die Betriebe regelmäßig zuzahlen mussten. Das Desinteresse
auf Durchführung der Feiern scheint maßgeblich mit der materiellen
Mehrbelastung der Betriebe zusammen zu hängen. Das Kabinett für
Kulturarbeit musste an den Bundesvorstand des FDGB melden: „Die
Teilnahme an sozialistischen Namensgebungen und sozialistischen
Eheschließungen geht zurück, weil die Betriebe dafür nicht in der
erforderlichen Weise werben. Grund: Pro Feier kostet es etwa 300 MDN,
die die Betriebe nicht ständig ausgeben können.“[22]
Mit der Herausgabe einheitlicher Empfehlungen für sozialistische
Feiern setzte ab 1961 eine halbjährliche Datenerhebung durch das MdI
ein. Bis 1964 sind so Daten aus den einzelnen Bezirken nachvollziehbar.
Dann aber kam es zu einem Konflikt zwischen dem Ministerium und der
Zentralverwaltung für Statistik, die die Genehmigung über
Datenerhebungen zu geben hatte.[23] Man bemängelte ein prägnante
Definition der Feiern, die zu pluralen Ausführungsformen und dadurch zu
unsachgemäßer Statistik führe. Dies sowie die rückläufige Tendenz seit
1961, machten die Feiern sehr bald für die Statistik uninteressant. Der
Vorgang führt zu einer weiteren Marginalisierung der Feiern.
Ein weiteres Beispiel innerhalb der Verwaltung beschreibt die
bürokratischen Hürden. Zu den Namensweihen wurden Urkunden überreicht,
die neben einem Leitspruch und einem Erziehungsgelöbnis Raum für Daten
und Paten des Kindes ließen. Dem Wunsch einer Vereinheitlichung der
Feiern folgend, wurden ab 1960 diese Urkunden vom MdI entworfen. Jedoch
stieß der erste Entwurf nicht nur auf inhaltliche Kritik, sondern auch
auf volkswirtschaftliche Schwierigkeiten, denn da die Urkunde nicht dem
Standart entspricht, „... ergibt sich auch hier die Notwendigkeit
entgegen dem Standart Mappen herstellen zu lassen, was auf
Schwierigkeiten bei den Lieferanten stößt.“[24] Wegen genereller
Probleme über die Zuständigkeiten einzelner Dienststellen zog sich die
Herstellung einer neuen Urkunde dann bis 1968 hin, was – das Herstellen
eigener Urkunden war verboten - aus einzelnen Kreisen Unmutsäußerungen
nach sich zog.[25]
Seit der Herausgabe zentraler Empfehlungen an die Bezirke hielt man
sich also im Ministerium mit organisatorischen Problemen auf. Zwar
sammelte man Daten und Zustandsberichte aus den Bezirken – ohne daraus
jedoch Konsequenzen abzuleiten. Erst im Juli 1964 sollte im Sekretariat
Kurt Hager, also bei der Ideologischen Kommission am ZK der SED, eine
Besprechung über die Probleme sozialistischer Feiern stattfinden. Die
Vorgänge um dieses Treffen zeigen noch einmal die geringe ideologische
Bedeutung, die den Feiern beigemessen wurde. Bereits 1962 war durch
eine Arbeitsgruppe der Abteilung Personenstandswesen eine „Analyse über
die Entwicklung der sozialistischen Feiern anlässlich der Geburt, der
Eheschließung und des Todes“ erarbeitet worden.[26] Die Analyse
konstatierte eine relativ hohe Beteiligung an Namensweihen (1962: 22,3
% aller Geburten) und sozialistischen Beerdigungen (1962: 18,9 %),
wohingegen die Beteiligung an sozialistischen Eheschließungen mit 9,6 %
sehr gering war. Aus dem ersten Exemplar wurden einige kritische
Passagen der vox populi gestrichen, etwa die Bemerkung der
FDJ-Kreisleitung Röbel über ihre Genossen, „daß sie ihre Kinder sowieso
sozialistisch erziehen, so daß sie keine Feiern zur Namensweihe
brauchen“. Bis 1964 wird ein grundsätzliches Treffen verzögert und
findet dann schließlich im selben Jahr auf einer niedrigeren Ebene
statt. Vom MdI aus war man in diesem Treffen bestrebt, einen erneuten
Anstoß für die Einbindung gesellschaftlicher Organisationen zu geben.
Neben FDGB und Nationaler Front sollten nun vor allem die Ideologischen
Kommissionen der SED-Kreisleitungen mit diesen Aufgaben betraut werden.
Erneut wurde nun dabei Mitte der 60er Jahre der Blick auf die
Feieraktivitäten in der Sowjetunion, besonders die dortige
Funktionsweise von „Hochzeitspalästen“ gerichtet.[27] Im Zug dieser
ideologischen Neuorientierung und unter Einbezug der vom MdI bereits
seit mehreren Jahren vorliegenden Analyse fand am 5.8.1964 eine
Sekretariatssitzung des ZK der SED statt, als deren Ergebnis ein
vertrauliches Rundschreiben an alle Bezirks- und Kreisleitungen der SED
über die „Verbesserung der weltanschaulich-atheistischen Propaganda“
weitergeleitet wurde.[28] Im Zusammenhang mit Menschenbild, Moral und
Ethik werden sozialistische Feiern als bewusstseinsbildend eingestuft;
besonders ihre künstlerische Ausgestaltung sei nun zu verbessern.
Folgerichtig wurde jetzt die Hauptverantwortung an den Feiern vom MdI
an das Ministerium für Kultur (MfK) delegiert. Im Ergebnis einer nicht
vorhandenen Kommunikation heißt es drei Jahre später: „Der Beschluß des
Sekretariats des ZK der SED vom 5.August 1964 wurde dem Ministerium für
Kultur nicht übermittelt. Infolgedessen wurde die im Beschluß
vorgesehene Arbeitsgruppe, deren Federführung dem Ministerium für
Kultur übertragen war, auch nicht gebildet.“[29] Erst 1968 bildete sich
am MfK schließlich im Auftrag der Kulturabteilung des ZK eine
Arbeitsgruppe für „Fest- und Feiergestaltung“, die auch Vertreter des
Innenministeriums, der Gewerkschaft, des Frauenbundes und des
Personenstandswesens umfasste.
Mit der Möglichkeit der Form einer sozialistischen Eheschließung
stieß man auch aus rechtlicher Sicht an seine Grenzen. Das
Personenstandsgesetz von 1966, welches festlegte, dass die
Eheschließung grundsätzlich auf dem Standesamt zu erfolgen habe,
erschwerte sozialistische Eheschließungen in Betrieben oder
Kulturhäusern, wie es das Familiengesetzbuch von 1965 als Möglichkeit
offen gehalten hatte. Nicht nur diese zweideutige Rechtssituation,
sondern auch kleinbürgerliche Vorstellungen über eine Eheschließung
machten die neu propagierte Form wohl vielen suspekt. Selbst Walter
Ulbricht ist es dann doch zuviel des Guten; in der Sitzung des
Staatsrates zum neuen Personenstandsgesetz macht er deutlich: "Ich bin
für eine staatliche Ordnung. Ein Standesamt ist ein Standesamt und kein
Verein und kein Klub. Eine Ehe wird im Standesamt geschlossen und
nirgend anders. So ist die Sache. Ob ihr nachher im Klub Hochzeit
feiert, das könnt ihr machen, wie ihr wollt. Aber die Ehe wird auf dem
Standesamt geschlossen."[30] Gesagt - getan. Zwar versuchte man am MdI
durch ein Ergänzungsgesetz die Möglichkeiten standesamtlicher
Eheschließungen außerhalb des Standesamtes festzulegen, aber
sozialistische Eheschließungen wurden damit faktisch marginalisiert.
Die Differenzen über die Durchführung von sozialistischen Feiern
verliefen nicht nur zwischen einzelnen Dienststellen, sondern
offensichtlich auch zwischen der Partei und ihrem obersten Genossen.
Zu fragen ist aber nun weiterhin nach einer Positionierung der
DDR-Bürger zu diesem alternativen Feierangebot. Während der zuständige
Referent der Abteilung Personenstandswesen, Günter Queck, in einem
zusammenfassenden Artikel die sozialistischen Feiern als Bedürfnis der
Bevölkerung nach neuen Familienfeierlichkeiten charakterisiert[31], die
bereits ein fester Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens geworden
seien, so sprechen doch Statistiken und Eingaben eine andere Sprache.
Was Queck hier als Negativbeispiel von einem Betriebsleiter aus Halle
berichtet - "Wenn der Staatsapparat sozialistische Feiern veranstalten
will, dann soll er es selbst tun" und "Der Staatsapparat soll uns Geld
zur Verfügung stellen, wir brauchen unsere Mittel zur Technisierung" -
, findet sich in den Akten häufig. Neben mangelnder
Organisationsstruktur und nicht vorhandenen finanziellen Mitteln,
fehlte aber auch in weiten Bevölkerungsteilen das Bedürfnis an diesen
Feiern generell oder es bestanden Wünsche nach anderen Feierformen, die
hier nicht bedient werden konnten.
Vergleicht man die vorhanden Statistiken aus den einzelnen Kreisen
und Bezirken wird deutlich, dass sich besonders die sozialistischen
Eheschließungen bereits Anfang der 60er Jahre auf sehr niedrigem Niveau
einpendelten. Idealiter sollten diese Feiern im Betrieb oder Kulturhaus
als quasi dem Kollektiv verpflichtendes Ehe- und Lebensversprechen
vollzogen werden. Doch von den 11,8 % der 1963 im Bezirk Halle
überhaupt durchgeführten sozialistischen Eheschließungen fanden 67 % im
Standesamt, 15,8 % im Betrieb und 17,2 % in anderen Einrichtungen
statt.[32] Ihrem eigentlichen Kennzeichen, einer im Arbeits- bzw.
Gesellschaftszentrum (Betrieb oder Kulturhaus) vollzogenen öffentlichen
Verpflichtung gegenüber den Prämissen der neuen sozialistischen
Gesellschaft, der Unterstellung privater Beziehungen unter die
richtende Instanz des Kollektivs und der damit verbundenen Auflösung
der in der verborgenen Privatheit stattfindenden Feierkultur, entzogen
sich die meisten. Tatsächlich wurde die sozialistische Eheschließung
also zu einer von der standesamtlichen Trauung kaum zu unterscheidenden
Feierform. Die ideologischen Elemente wurden vernachlässigt, die
Feierlichkeit des standesamtlichen Aktes jedoch eingefordert. Wie man
am MdI bemängelte, wurden „sozialistische Feiern ausschließlich als
Ersatz für religiöse Riten betrachtet, ohne ihre große Bedeutung für
die sozialistische Bewußtseinsbildung zu erkennen“.[33] Dem geringen
Erfolg sozialistischer Eheschließungen geschuldet, begann man die
gesonderten Feiern aufzugeben. Statt dessen sollte nun einfach jede
vollzogene Eheschließung einen „sozialistischen Charakter“ haben. Seit
den 70er Jahren reorganisierte man in diesem Sinne das
Personenstandswesen und war damit weit erfolgreicher.
Von einem Großteil der Teilnehmer wurde die sozialistischen Feiern
als Alternative zu den religiösen Riten wahrgenommen; die rituelle
Feierlichkeit stand dabei im Vordergrund. Von mir Interviewte haben
diesen Aspekt sehr stark betont. So hatte sich Familie H. 1960 für eine
sozialistische Eheschließung im Haus der DSF Fürstenwalde entschlossen,
weil nur noch ein Ehepartner der Kirche angehörte. Eine einfache
standesamtliche Trauung war für Frau H. keine Alternative: „Und nur
standesamtlich war mir nicht feierlich genug. Ich hab‘ ja auch
standesamtliche Eheschließungen bei ehemaligen Kollegen mitgemacht, die
war’n dann in zehn, fünfzehn Minuten, war’n die wieder draußen und das
war mir nicht feierlich genug. (...) Und hatte dann mal eine
sozialistische Eheschließung bei einem ehemaligen Kollegen miterlebt,
die recht feierlich war, und da haben wir uns dann entschlossen
sozialistische Eheschließung zu machen.“[34] Diese Feier sei „wie die
kirchliche und standesamtliche Trauung in einem“ gewesen. Der Feierraum
war zwar mit dem 9. Gebot der Ulbrichtschen Moralgesetze „Du sollst
sauber und anständig leben und deine Familie achten“ ausgeschmückt, von
Familie H. wird dies jedoch als weltanschaulich neutrales Wertegebot
qualifiziert. Beide Ehepartner, volkskirchlich sozialisiert und Anfang
der 50er Jahre konfirmiert, kamen mit dem Pfarrer der Stadt schlecht
zurecht. Dies und die negativ erinnerten kirchlichen Trauungen in der
damals wenig feierlichen Domnotkirche der Stadt mögen ein weiterer
Entscheidungsgrund für eine sozialistische Feier gewesen sein.
Besonders die Familie von Herrn H., die sich weiterhin der Kirche
zugehörig fühlte, übte im Vorfeld der Trauung gewaltigen Druck auf das
Paar aus. Die Eheschließung fand sozialistisch statt, aber als dann
drei Kinder geboren waren, wurden diese in Thüringen, wo Herr H. seit
seiner Jugend eine persönliche Bindung an einen Pastor hatte, getauft.
Herr H.: „Ich muß ganz ehrlich sagen, äh, wenn’s nur nach mir gegangen
wäre, hätt‘ ich’s nicht unbedingt machen brauchen, die Taufe, aber es
war halt doch so’n bißchen Referenz an die Eltern. Die Eltern legten da
großen Wert drauf.“ Als ganz selbstverständlich wird empfunden, dass
die Kinder später an der Jugendweihe teilnahmen. Am Beispiel der
Familie H. wird deutlich, dass das sozialistische Bekenntnis der Feiern
nicht im Vordergrund stand, sondern vor allem die Inszenierung, die
Feierlichkeit, von Bedeutung war. Dabei wurden die Feiern an den
bekannten kirchlichen Riten gemessen. Einen Ersatz für die kirchliche,
und das meint die rituelle Form, erwarteten sich die, die wie Frau H.
durch einen Kirchenaustritt vom Ritenangebot der Kirchen ausgeschlossen
waren. Dass man dabei jedoch auch relativ problemlos zwischen
weltlichem und kirchlichem Ritenangebot wechseln konnte, verdeutlicht
Familie H. ebenfalls. Die volkskirchliche Tradition der älteren
Generation, die familiär bestimmte Erwartungen an ihre Kinder
weitergab, hemmte ein schnelles Ansteigen sozialistischer Feiern. Das
Bedürfnis nach einem feierlichen Rahmen, und das macht Familie H. immer
wieder deutlich, konnte eine standesamtliche Trauung zu diesem
Zeitpunkt nicht befriedigen.[35] Durch die Rezeption der
sozialistischen Eheschließung als rituelles Feierangebot, blieb das
ideologische Moment einer „sozialistischen Bewußtseinsbildung“
sekundär.
Auch bei den Namensweihen sah man sich ähnlichen Problemen
gegenüber. Zu den Vorbehalten der Eltern gegenüber der Aufgabe des
privaten Feierraumes traten die Betriebe, denen die Verantwortung für
die Durchführung nicht recht war. Denn sie hieß: zusätzliche
Organisation, zusätzliche Aufgaben und Ausgaben, zusätzliche
Wochenendarbeit. In fast allen Bezirken konstatierte man die mangelnde
Initiative von Betrieben und gesellschaftlichen Organisationen, die
dazu führte, dass die Feiern nahezu ausschließlich auf Standesämtern
durchgeführt wurden.[36] Obwohl im Zuge des V. und VI. Parteitags und
der sozialistischen Brigadebewegung die Verknüpfung von Leben und
Arbeiten nach neuen Moralvorstellungen ideologisch vorgeben war, lehnte
noch 1963 z.B. der VEB Ingenieur-Hochbau Berlin Feiern zur Namensweihe
mit der Begründung ab, dass daraus keine Festigung der Beziehungen
zwischen Werktätigen festzustellen sei.[37] Die in den Kultur- und
Sozialfonds der Betriebe einkalkulierten Finanzen reichten zwar für
kleine Präsente, nicht jedoch für die eigenständige Gestaltung einer
Feier aus. Wo, um solche Feiern zu initiieren, der Prämienfond gekürzt
wurde, kam es zu offener Ablehnung.[38] War auf die Betriebe wenig
Verlaß, so bedeutete es faktisch das Ende für die Feiern, wenn sich der
Staatsapparat tatsächlich (wie es ja festgelegt worden war) aus der
Organisation zurückzog. So beschlossen z.B. folgerichtig 1965 die
Berliner Standesämter, dass sie weder Namensweihen durchführen, noch
die Räume zur Verfügung stellen werden.[39] Große Berliner Betriebe wie
VEB Asepta, Goldpunkt oder das Neue Deutschland lehnten die
Durchführung aber ebenfalls ab; zwei von 30 angesprochenen Betrieben
fanden sich in Berlin-Friedrichshain gerade noch dazu bereit.
Kollektive Feierformen blieben, wenn auch von der Presse
aufgebauscht[40], die Ausnahme.
Dass in der Wahrnehmung sozialistischer Feiern ein Ersatz für die
fremd gewordenen kirchlichen Riten gesucht wurde, macht auch das
Verhalten zu den sozialistischen Bestattungen deutlich. Probleme auf
dem Gebiet des weltlichen Bestattungswesens ließen noch in den 60er
Jahren ältere Konfessionslose wieder in die Kirchen eintreten. So heißt
es beispielhaft aus einem Erzgebirgskreis: „Zur Zeit besteht ein
derartiger Mangel an Grabrednern für Trauerfeiern sozialistischen
Inhalts, daß Bevölkerungskreise, die die Absicht haben aus der Kirche
auszutreten, dies nicht tun, weil sie befürchten, daß sie kein würdiges
Begräbnis nach ihrem Ableben haben.“[41] Bei der Gewinnung von
ehrenamtlichen Grabrednern, die sich aus Arbeitskollegen,
Parteigenossen, Gewerkschaftern oder Vertretern gesellschaftlicher
Organisationen rekrutieren sollten, blieb man vor allem auch erfolglos,
weil es keine befriedigende Regelung für deren finanzielle
Entschädigung gab. Berufliche bzw. hauptamtlich für die staatlichen
Organe tätige Grabredner, die für die sogenannten weltlichen
Bestattungen zuständig waren, sollten auf keinen Fall für
sozialistische Bestattungen zuständig sein, da das dem
gesellschaftlichen Charakter dieser Feiern widerspräche. Die
Anteilnahme des Kollektivs – und eines Repräsentanten als Trauerredner
– sollte jenseits von bezahlter Berufsprofessionalität stehen.
Die halbherzige Zentralisierung sozialistischer Feiern endete Mitte
der 60er Jahre zunehmend in Desinteresse aller Organisatoren.
Bezeichnenderweise enthielt auch der vom Staatsrat der DDR am
30.11.1967 verabschiedete Beschluss über „Die Aufgabe der Kultur bei
der Entwicklung der sozialistischen Menschengemeinschaft“ keine Impulse
für eine eigens ausgeprägte Feierkultur. Dennoch wurde auf Veranlassung
des ZK der SED ab 1968 eine Arbeitsgruppe Fest- und Feiergestaltung am
Ministerium für Kultur beauftragt, eine Neuordnung sozialistischer
Feiern zu erstellen. Stellte die Ablösung Walter Ulbrichts als 1.
Sekretär der SED 1971 durch Erich Honecker ein machtpolitische Zäsur
dar, so setzte der VIII. Parteitag der SED vom Juni gleichen Jahres
auch neue Akzente auf kulturpolitischem Gebiet. „Hebung des
Lebensniveaus“ hieß die Zauberformel, um dem Menschen eine Entwicklung
zur allseitigen Persönlichkeit zu ermöglichen. Ein weiter Kulturbegriff
richtete nun das Interesse auf die Kultur der Arbeit, der Umwelt, der
Freizeit, der menschlichen Beziehungen; damit erfolgte eine
Neubewertung des Alltags und des Phänomens sogenannter Massenkultur.
Der Kulturbegriff umfasste dabei Lebensweise (sozialistische Moral,
Verhaltensformen, Vorstellungen, Denkweisen und objektive Komponenten),
Persönlichkeitseigenschaften und die sozial und historisch bestimmten
Lebensbedingungen. Maßgeblich für die ideologisch Neubestimmung von
Kultur war ein Referat Kurt Hagers auf der 6. Tagung des ZK der SED
1972 über die Kultur der „entwickelten sozialistischen Gesellschaft“,
die eine neue Etappe der „Kulturrevolution“ einläutete. Diese
sozialistische Kulturrevolution sollte sich demnach auf alle
Lebensbereiche beziehen, also eine Änderung der Lebensbedingungen, der
Lebensweise, der Persönlichkeitsentwicklung und eine Heranführung der
Massen an kulturelle Errungenschaften beinhalten.[42] Feste und Feiern
erhielten nun eine hervorgehobene Position im Konzept der
„Lebensweise“, das den Blick auf den Alltag richtete. Unter dem
Schlagwort von „Fest- und Feiergestaltung“ erlebten neben Festen und
Feiern des Arbeitsalltages und traditionellen Volks- und Heimatfesten
auch die nun sogenannten „Feiern aus persönlichem Anlaß“ eine
Renaissance. Der ideologische Gehalt der Feiern sollte gestärkt und mit
Hilfe emotionaler Elemente transportiert werden. Ein Politbürobeschluss
des ZK der SED vom 18.5.1977 über die „Aufgaben der Agitation und
Propaganda“ hatte diese politische und weltanschauliche Ausrichtung
auch auf die „Feiern aus persönlichem Anlaß“ bezogen. Durch die
Betonung des emotionalen Elements bei Festen und Feiern öffnete man
sich jetzt auch der Frage, welche neuen Symbolhandlungen für die Feiern
von Bedeutung sein könnten; einmal, um „überlebte Sitten“ zu
überwinden, zum anderen, um eine Einbindung der Bürger in ihren Staat
zu erzielen. Unter Kulturtheoretikern war man zu der Einsicht gelangt,
dass neben Traditionen der Arbeiterklasse auch solche der Volkskultur
und des Familienlebens rezipiert wurden. Besonders die in Familien
traditionell herausgebildeten Elemente sollten in Zukunft besser
beeinflusst und gesteuert werden.
Damit reagierte man auf die Situation, wie sie sich schon in den
60er Jahren andeutete: Die Feiern waren von Anfang an einer starken
Tendenz zum Privaten ausgesetzt. Wer die sozialistischen Feierformen
adaptierte, vollzog sie größtenteils im Familienkreis, nicht im
Kollektiv. Auch bei den Organisatoren setzte sich bald die Erkenntnis
durch, dass der kollektive Ansatz eine Ursache für die stagnierenden
Teilnehmerzahlen sein könnte. Die damals zuständige Abteilung des
Ministeriums für Kultur schlug vor, „mehr den familiären Charakter zu
wahren und solche Feiern individuell durchzuführen“.[43] Dieser Ansatz
sollte nun theoretisch und praktisch untermauert werden. Dennoch
stellte man weiterhin mit Besorgnis fest, dass „Tendenzen eines
Rückzugs ins Private, einer Reduzierung des Lebensanspruches und
Abstinenz gegenüber gesellschaftlichen Problemen“[44] nicht mehr zu
übersehen seien. Auch die zunehmende Materialisierung der Feste
benannte man nun offen als problematisch.
Die durch die Neuakzentuierung eines weiten Kulturbegriffs
einsetzende Beschäftigung mit einer Kultur des Feierns schlug sich seit
den 70er Jahren in der wissenschaftlichen Verankerung in drei
Institutionen nieder. Beim 1976 beim Kulturbund der DDR neu
strukturierten Zentralen Fachausschuß Kulturgeschichte/Volkskunde (ZFA)
und im seit 1968 so genannten Bereich Ethnographie der
Humboldt-Universität rückten Fragen von Kultur und Lebensweise in den
Mittelpunkt; „Alltag“ wurde zur Grundkategorie volkskundlicher
Forschungen. In diesem Rahmen widmete man sich der Untersuchung von
„Feier- und Festgestaltung als Bestandteil der sozialistischen
Lebensweise“, besonders der „Untersuchung des Familienbrauchtums
(Geburtstag, Namensgebung, Schulanfang, Jugendweihe, Eheschließung,
Bestattung...)“.[45] Es ging nun nicht mehr vordergründig darum, neue
sozialistische Formen zu propagieren, sondern Traditionsmuster und
Bedürfnisse zu erklären und unter Umständen für neue Formen zu nutzen.
Über den Leiter des ZFA, Prof. Wolfgang Jacobeit, ergaben sich sowohl
Verbindungslinien zur Akademie der Wissenschaften, als auch zur
Universität, wo Jacobeit seit 1970 lehrte. Mit einer Vielzahl von
studentischen Arbeiten wurde hier das Modell der Kultur- und
Lebensweise mit Forschungsinhalten gefüllt. Seit 1980 wurde das
„Familienbrauchtum“ zum Semesterschwerpunkt erhoben und Feldforschungen
zu „Hochzeiten in Berlin“ (1981f.), „Jugendweihe“ (1984f.) oder „Festen
Berliner Bauarbeiter“ (1986) sowie zu allen anderen Familienfesten
initiiert. Ab 1986 wurde von Ute Mohrmann, Nachfolgerin Jacobeits auf
dem Lehrstuhl, das studentische Forschungsprojekt „Sitten und Bräuche
im Lebenslauf des DDR-Bürgers“ begründet.
Was an diesen beiden Institutionen an Erkenntnissen gewonnen wurde,
sollte in Zusammenarbeit mit dem Zentralhaus für Kulturarbeit (ZfK) in
Leipzig ausgewertet werden und in methodische Anleitungen einfließen,
die der Bevölkerung das richtige Feiern aufzeigen sollten. Das ZfK
wurde 1952 als „Zentralhaus für Laienkunst“ gegründet, 1954 als
„Zentralhaus für Volkskunst“ weitergeführt und 1962 schließlich in
„Zentralhaus für Kulturarbeit“ umbenannt.[46] Direkt dem Ministerium
für Kultur unterstellt, sollte das ZfK vor allem Konzepte und Methoden
für Volkskunst und Klubarbeit entwickeln und Kulturfunktionäre aus- und
weiterbilden. Ab 1970 wurden von diesem Institut in loser Folge die
„Jedermann-Reihe (Anregung für Fest- und Feiergestaltung und für
individuelle künstlerische Betätigung)“ herausgegeben. Hier erschienen
bis Mitte der 80er Jahre methodische Anleitungen zu allen
lebenszyklischen Feiern.[47] Ziel jedes Heftes sollte es sein, „die
Familie als Glied, als Bestandteil der sozialistischen
Menschengemeinschaft bewußt zu machen. Es gibt neue Bedürfnisse. Wir
wollen sie befriedigen, fördern und neue Bedürfnisse wecken.“[48] Ab
1980 wurde hier in der Arbeitsgruppe „Fest- und Feiergestaltung“ eine
Klassifizierung und Charakterisierung von Festen und Feiern
vorgenommen. In einer auf würdige Weise gestalteten lebenszyklischen
Feier solle der Einzelne sein „Verhältnis zur sozialistischen
Gesellschaft in einer ganz konkreten Situation [erfahren] ... Dadurch
werden wesentliche Erkenntnisse weiterentwickelt, Überzeugungen und
Haltungen verstärkt.“[49] Auf „sinnbildhaft – anschauliche Weise
[sollen] weltanschauliche, ethische und ästhetische Werte des
Sozialismus vermittelt“ werden.[50] Inwieweit zeigten diese
theoretischen Überlegungen nun aber Erfolge in der Praxis?
Die Feiern zur Namensweihe gingen in den 70er und 80er Jahren stark
zurück. Nicht nur mangelnde Organisationsstrukturen und fehlende
finanzielle Mittel, sondern auch die Tatsache, „daß für die Eltern
überhaupt keine Notwendigkeit besteht zu solch einer Feier, da ihr Kind
bereits unmittelbar nach der Geburt standesamtlich eingetragen wird und
dieser Vorgang damit abgeschlossen ist“[51], waren dafür die Ursache.
Die Durchführung von Namensweihen hing maßgeblich vom Engagement
einzelner Standesämter ab. Die Zahlen blieben relativ stabil, wo es die
Möglichkeit gab, in kleinen Gruppen oder einzeln pro Familie solch eine
Feier durchzuführen. Teilnehmende waren vor allem solche Personen, die
diese Feiern aus ihrem Bekanntenkreis kannten oder die bewusst eine
Alternative zur christlichen Taufe suchten. Auf jeden Fall war eine
gehörige Eigeninitiative erforderlich, da für die Feiern nicht geworben
wurde. Am Beispiel der untersuchten erzgebirgischen Kleinstadt O., wo
es über Jahre ein funktionierendes Ritual gab, lässt sich
nachvollziehen, dass die Taufe ganz stark in Motivation und Vollzug den
Bezugspunkt bildete. Die Eltern, die für ihr Kind die Namensweihe
vollziehen wollten, füllten im Standesamt einen Anmeldebogen aus,
bestimmten Paten und legten in einem Gespräch mit dem Standesbeamten
den Ablauf der Feier fest. Mit Orgelmusik, Ansprache,
Patenverpflichtung und Leitspruch, den das Standesamt für das Kind
aussuchte, sind Elemente der Feier genannt, die eindeutig auf Vorbilder
der christlichen Taufe rekurrieren. Dem verantwortlichen Standesamt lag
daran, „die Feier gleichwertig zur Taufe zu gestalten“.[52] Zwar
gelobten Eltern und Paten das Kind „im Geiste des Friedens, der
Völkerfreundschaft und zur Liebe zu unserer Heimat zu erziehen und ihm
eine glückliche Zukunft im Sozialismus zu sichern“[53], aber dieses nur
vor dem Standesbeamten abgelegte Versprechen verschwand deutlich hinter
der familiären Ausrichtung der Feier. Die methodische Anleitung des ZfK
„Sei willkommen, Kind. Empfehlungen für die Namensweihe“, 1974
erschienen, machte deutlich, was diese Feiern eigentlich sein sollten:
eine Feier, die die Gesellschaft für ihre Eltern ausrichtet, in der die
Fürsorge des sozialistischen Staates zum Ausdruck komme, eine
Bestätigung der Eltern und Paten den in der Verfassung
festgeschriebenen Erziehungsauftrag wahrzunehmen. Tatsächlich traten
jedoch die politischen Implikationen in den Hintergrund bzw. wurden
hingenommen und die Feiern zogen sich immer mehr in den privaten
Feierraum zurück. Auch eine vom Zentralinstitut für Jugendforschung
1973 durchgeführte Studie[54] weist in diese Richtung: Von den 77 % der
Jugendlichen, die allein die Jugendweihe durchgeführt hatten (d.h.
nicht parallel die Konfirmation) und die Taufe explizit ablehnten,
stimmten nur 60 % der Namensweihe zu. 12 % lehnten sie ganz ab und 28 %
hatten sich noch gar keine Gedanken über diese Feier gemacht. Besonders
die relativ hohe Gruppe der letzten Nennung repräsentiert deutlich die
größer werdende Gruppe derjenigen, die ganz auf die Teilnahme an einem
der Rituale verzichtete bzw. familiäre Formen dafür fand.
Nach dem früh offensichtlich gewordenen Scheitern sozialistischer
Eheschließungen, setzte seit den 70er Jahren eine Neuakzentuierung der
standesamtlichen Trauung ein. Im Zusammenhang mit einem
Ministerratsbeschluss vom 28.8.1975 „Über die Situation und
Arbeitsweise der Standesämter“ vollzog sich eine Reorganisation der
Aufgaben und Strukturen der Standesämter. Eine von der Arbeiter- und
Bauerninspektion im Vorfeld des Beschlusses durchgeführte Überprüfung
der Standesämter stellte fest, dass die Eheschließungen „unter
Bedingungen vorgenommen werden, die der Repräsentanz unseres
sozialistischen Staates widersprechen“.[55] Es fehlte an geeigneten
Räumlichkeiten, Musikinstrumenten, Tonband- und Schallplattengeräten.
Die kirchliche Trauung in Weiß blieb in ihrer Feierlichkeit unerreicht.
Dabei war sie in weiten Bevölkerungskreisen das Idealbild einer
Trauung. Die schon erwähnte Studie des Zentralinstituts für
Jugendforschung von 1973 stellte beachtliche Zustimmung der
Jugendlichen zur kirchlichen Trauung fest – vor allem wegen des
besonders festlichen Rahmens der Feier. Mit dem Ministerratsbeschluss
von 1975 sollten nun nicht nur die materiellen Ausstände aufgehoben
werden, sondern auch sozialistische Traditionen und Bräuche gefördert
werden. Verzichtete man nun auf den Anspruch einer Trauung im
Kollektiv, so sollte sich doch das Brautpaar mit dem Niederlegen von
Blumen an Denkmälern und Gedenkstätten nach der Eheschließungszeremonie
in die sozialistischen Traditionslinien eingliedern und ein
öffentliches Bekenntnis ablegen. Dieser Brauch blieb – anders als in
der Sowjetunion – eine Einzelerscheinung. Dagegen zeitigte die
Intention, jede standesamtliche Eheschließung als sozialistisch zu
definieren und so den juristischen Vollzug mit einer sozialistischen
Feier zu verschmelzen, ihre Erfolge. Das Methodenheft des ZfK „Hochzeit
machen“ (1972) betont nun schon ganz selbstverständlich die
Emotionalität und Feierlichkeit, die diese Feier auszuzeichnen habe.
Mit langem weißen Brautkleid, Schleier, Ringwechsel,
Blumenstreukindern, Spalierbildung, Teilnahme von Gästen an der
Zeremonie adaptierte man Formen der kirchlichen Brauchformen, die zur
Akzeptanz der weltlichen Form beitrugen. Die gescheiterte kollektive
sozialistische Eheschließung vernachlässigend, konzentrierte man sich
nun also auf den juristisch verpflichtenden Akt der Eheschließung,
baute ihn zu einer eigenen feierlichen Zeremonie aus und konnte so nun
auch Bevölkerungsteile auffangen, die bisher aus rein emotionalen
Bedürfnissen zu einer kirchlichen Trauung tendiert hatten. Die
standesamtliche Trauung machte seit diesem Zeitpunkt vermehrt den
kirchlichen Ritus überflüssig. Die Forschungsgruppe „Wissenschaftlicher
Atheismus“ um Olof Klohr (Rostock) konnte 1981 einen Rückgang der
kirchlichen Eheschließungen konstatieren. Das für die Forscher nicht
ganz so positive Ergebnis in den ländlichen Regionen der DDR wurde u.a.
auf die nicht befriedigend vorhandenen Standesamtsräume und ihre
ärmliche Ausstattung zurückgeführt.[56]
Auffällig ist, dass Trauerfeiern in den Konzeptionen von Festen und
Feiern kaum mehr Beachtung fanden. Zwar erschienen in Verantwortung des
ZfK zwei methodische Anleitungen, aber Reflexionen über Probleme der
Trauerfeiern sucht man vergeblich.[57] Im Sprachgebrauch wurde die
sozialistische Bestattung durch den Terminus „weltliche Feier“ ersetzt.
Eine Musterfriedhofsordnung für die kommunalen Friedhöfe aus dem Jahr
1967 vereinheitlichte die organisatorischen Fragen der konfessionslosen
Begräbnisse, konnte aber die kulturelle und rituelle Dimension
weltlicher Bestattungen nicht ansatzweise füllen. Problemverstärkend
wirkte zudem auch die Verstaatlichung kleiner privater Bestattungs- und
Fuhrunternehmen. In Berlin verringerte sich z.B. die Zahl von 70
Dienstleistern 1963 auf 8 Betriebe 1984.[58] Neben dem Mangel an
Arbeitskräften im kommunalen Bestattungswesen, blieb das Problem
schlecht qualifizierter Redner bestehen, obwohl weltliche Redner sich
seit ca. 1975 an Betriebsakademien qualifizieren und Lizenzen erwerben
mussten. Diese Tatsache spiegelt sich vor allem darin wider, dass die
Zahlen sogenannter Beisetzungen „in Stille“, d.h. Beisetzungen unter
Verzicht auf die feierliche Ausgestaltung durch einen Redner, ständig
im Anstieg begriffen waren. An manchen Orten rangierten die stillen
Beisetzungen an zweiter Stelle hinter den kirchlichen. Im Vergleich zu
allen anderen kirchlichen Riten zeigten kirchliche Bestattungen eine
hohe Stabilität. Die Forschungsgruppe „Wissenschaftlicher Atheismus“
musste feststellen, dass z.B. in der Stadt Rostock Taufen,
Konfirmationen und kirchliche Trauungen weit unter 10 % lagen, aber
noch 30 % aller Bestattungen nach kirchlichem Ritus vollzogen wurden;
im Landkreis Malchin lag die Marke sogar bei 50 %.[59] Unter den
weltlichen Bestattungen fanden schließlich 1981 11 % als stille Feiern
statt.[60] Weder wurde also der Staat seiner Bevölkerung, die zu einem
Großteil keine kirchliche Bestattung mehr begehrte, durch ausreichende
Angebote gerecht, noch konnte die inhaltliche Aussage und Gestaltung
routiniert durchgeführter Bestattungen überzeugen. In Rostock führten
zwei Redner 50 % aller Bestattungen durch. Von sozialistischen Feiern
sprach niemand mehr. Gefordert wurden sie erneut, als 1984 die stillen
Beisetzungen republikweit auf 20,8 % angestiegen waren.[61] Obwohl die
Dominanz der Kirchen im Bestattungswesen ungebrochen schien, mangelte
es doch an methodischen Überlegungen und Handreichungen für weltliche
Redner. Erstmals unternahm 1979 das Institut für Kommunalwirtschaft in
Dresden mit einer Schrift „Weltliche Bestattungsfeiern“ den Versuch,
Musterreden für die Praxis zu reichen. Das es bisher auf diesem Gebiet
zu einigen Kuriositäten gekommen war, lässt sich aus den Hinweisen, für
einen Genossen eigne sich weder ein „Ave Maria“, noch ein „So nimm denn
meine Hände“ als musikalische Umrahmung, erahnen. Andererseits blieb
das christliche Glockengeläut zu Beginn der Feiern auch für weltliche
Bestattungen durchaus üblich. Der ehrenamtliche Redner der idealen
sozialistischen Feier wurde durch den Bestattungsredner als
„hochqualifiziertem Vertreter unserer sozialistischen Gesellschaft“
ersetzt. Der Tod war dem professionellen Geschäft (wenn auch nun
jenseits der Kirchen) zurück gegeben.
Kurz vor dem Ende der DDR unternahm man 1988 einen letzten Versuch,
die Verantwortung für die Feiern an eine ‚neue’ Organisation zu
delegieren und damit zu beleben. Auf der Sitzung des Politbüros vom
6.12.1988 wurde die Bildung eines „Verbandes der Freidenker“ (VdF)
beschlossen. Der Verband, von der Abteilung Propaganda des ZK der SED
politisch angeleitet sowie finanziell und personell bis ins Detail
ausgestattet, sollte eine freigeistige Weltanschauung verbreiten. Dies
sollte erreicht werden, indem „eine Jugenderziehung im Sinne der
freigeistigen Weltanschauung, Feierstunden zur Namensgebung, zur
Unterstützung der Jugendweihen, Hochzeiten und anderen feierlichen
Veranstaltungen, einschließlich Trauerfeiern (Grabreden)“[62]
durchgeführt werden. Letztlich wurden die unliebsamen Feiern somit an
die Bewegung zurückverwiesen, in deren Reihen sie entstanden waren. Die
Ergebnisse dieses Versuches bleiben aufgrund des Untergangs des
DDR-Systems offen. Die heute anzutreffenden alternativen Feierangebote
der Freidenker oder des Humanistischen Verbandes (HVD) zu Geburt, Ehe
und Tod wirken im rein Privaten. Symbolik, Form und inhaltliche
Ausrichtung werden dabei den Bedürfnissen des Einzelnen angepasst – und
ganz bewusst in den Gegensatz zu den jahrhundertealten Formen der
Kirchen gesetzt. Seit Mitte der 90er Jahre haben die Freidenker
Sachsens und der HVD Berlin jeweils ca. 50 Namensweihen durchgeführt,
im Bereich der Eheschließungen finden vereinzelt Feiern für
Homosexuelle statt, Bestattungen werden fast nur von professionellen
Bestattungsunternehmen durchgeführt.[63]
Mit organisatorischen, ideologischen, erzieherischen und
repressiven Maßnahmen ab 1954 forciert, erlebte die Jugendweihe eine
Erfolgsgeschichte in der DDR (und darüber hinaus). Nicht nur im Blick
auf ihre Organisation und Durchführung, sondern auch durch ihren
öffentlichen Charakter unterschied sie sich grundlegend von den
sozialistischen Feiern. Geburt, Ehe und Tod sind zu aller erst private,
familiäre Angelegenheiten geblieben. Dem ideologischen Desinteresse an
der Parteispitze stand der Druck konfessionsloser Bevölkerungskreise
entgegen, alternative Feierangebote wahrnehmen zu wollen, also die
Erwartung, dass es in einer neuen Gesellschaft mit neuen Menschen auch
neue Feierformen geben werde. Gab man diesen Forderungen auf regionaler
Ebene mit dem Versuch einer Neuordnung nach und setzte der V. Parteitag
der SED mit der „Abschaffung des Privaten“ ideologische Akzente, so
konnte doch erst das konsequent nach diesen Richtlinien formulierte
„Stalinstädter Dokument“, das den Feiern eine politische Dimension
beimaß, die Veröffentlichung zentraler Anleitungen anstoßen, vor allem
um den Staatsapparat von seiner zugewiesenen Rolle des Organisators zu
entbinden. Der nun einsetzende Versuch der Umsetzung sozialistischer
Feiern scheiterte nicht nur an komplizierten Vorgängen im Bereich des
Herrschaftsapparates selbst, sondern auch an den Verweigerungen bzw.
Umdeutungen der Feiern durch die Beherrschten. Verstärkt seit den 70er
Jahren war die Durchsetzung der Feiern mit dem konfrontiert, was man
die „Resistenz des Privaten“ nennen könnte. Das meint nicht nur, dass
die Teilnahme an den Feiern entweder völlig verweigert wurde, sondern
dass auch nur bestimmte Elemente, vor allem Formen rezipiert wurden.
Diese wurden nahezu aller ideologischen oder religiösen Inhalte
entkleidet und nach je individuellen Bedürfnissen geformt. Ein Prozess,
wie er etwa auch für die Verweltlichung kirchlicher Feiertage wie
Ostern oder Weihnachten konstatiert werden kann. Der ideologische
Versuch der Partei mit Hilfe sozialistischer Feiern die Raumgrenzen
zwischen öffentlich und privat zu verschieben, kann als gescheitert
betrachtet werden. Die Vermutung liegt nahe, dass dabei ein Prozess zum
Tragen kommt, wie er sich bis heute fortsetzt. Das gesellschaftliche
Bewusstsein für Geburten, Eheschließungen, Sterben und Tod schwindet;
die rituelle Bewältigung dieser Situationen ist nahezu völlig in den
Privatbereich verlagert. Kann man also mit van Gennep die universale
Bedeutung lebenszyklischer Feiern für die Identitätsbildung des
Einzelnen bestätigen, so muss doch gleichzeitig konstatiert werden,
dass ihre gesellschaftliche Bedeutung in modernen Gesellschaften einem
Wandel unterliegt. Durch Vorgänge wie Individualisierung und
Technisierung werden diese Aspekte aus dem öffentlichen Bewusstsein
gedrängt. Die gescheiterten sozialistischen Feiern scheinen sich hier
einzupassen. Zum Transport ideologischer Beeinflussungen haben sie den
Machthabern der DDR nicht getaugt; einer Dechristianisierung haben sie
allerdings Vorschub geleistet. Einzig die Jugendweihe scheint auch
heute noch eine Passage zu sein, bei der eine öffentliche
Positionierung erwünscht wird und entsprechende Feierformen gefunden
werden. Die anhaltend hohen Teilnehmerzahlen legen das nahe.
Anmerkungen
1 Diesem Aufsatz liegt meine 2002 an der Humboldt-Universität Berlin
eingereichte Magisterarbeit „Fest- und Feiergestaltung in der DDR.
Sozialistische Feiern zu Geburt, Ehe und Tod“ zu Grunde.
2 Zit. nach Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20.7.1958.
3 Stellvertretend sei hier nur genannt: Lindenberger, Thomas,
Die Diktatur der Grenzen. Zur Einleitung, in: Ders. (Hg.), Herrschaft
und Eigensinn in der Diktatur. Studien zur Gesellschaftsgeschichte der
DDR (Zeithistorische Studien 1), Köln u.a. 1999, S. 13-44.
4 Vgl. u.a. Lüdtke, Alf, Einleitung: Herrschaft als soziale
Praxis, in: Ders. (Hg.), Herrschaft als soziale Praxis
(Veröffentlichung des MPI für Geschichte, 91), Göttingen 1991, S.
9-63.; Ders., Eigen-Sinn. Fabrikalltag, Arbeitererfahrungen und Politik
vom Kaiserreich bis in den Faschismus, Hamburg 1993.
5 Lüdtke, Eigen-Sinn, S. 15.
6 Am 13.02.1950 wurden die Feiern durch das Sekretariat des ZK
der SED untersagt. Vgl. Meier, Andreas, Jugendweihe – JugendFEIER. Ein
deutsches nostalgisches Fest vor und nach 1990, München 1998, S. 187f.
Ein Artikel von Stefan Heymann am 31.3.1950 im Neuen Deutschland
erschienen, bekräftigt diese Position.
7 Vgl. u.a. Wentker, Hermann, Die Einführung der Jugendweihe
in der DDR. Hintergründe, Motive und Probleme, in: Mehringer, Hartmut
(Hg.), Von der SBZ zur DDR. Studien zum Herrschaftssystem in der
Sowjetischen Besatzungszone und der Deutschen Demokratischen Republik,
München 1995, S. 139-165.
8 „Es ist daher ... ein Zugeständnis ..., wenn wir an die
Ausgestaltung solcher ‚Feste’ überhaupt herangehen, die interesselos
sind: Kindesfeiern, Geburtstagsfeiern, Ehegründungsfeiern usw. ...
Begeben wir uns auf das Gebiet des ‚Familienfestes’, so machen wir
Zugeständnisse ... an die Gedankenwelt des Bürgertums, des
Kapitalismus.“ Rezension zu Thomas Mayer, Feiern und Feierstunde
freidenkender Menschen, Leipzig 1926, in: Der Atheist, 22 (1926), S.
28. Zit. nach Döhnert, Albrecht, Jugendweihe zwischen Familie, Politik
und Religion. Studien zum Fortbestand der Jugendweihe nach 1989 und die
Konfirmationspraxis der Kirchen, Leipzig 2000, Anm. 95.
9 SAPMO-BArch, DY 30/IV 2/14/40. Die Beschwerden berichten von
erhöhten Gräbergebühren, Verweigerung der Bestattung auf kirchlichen
Friedhöfen für Nicht-Kirchenmitglieder, Eingriff in die Grabgestaltung,
Verbot von weltlichen Grabreden, Verwahrlosung kommunaler Friedhöfe und
Verweigerung der Jugendweihe wegen der ungeklärten Bestattungsfragen.
10 SAPMO-BArch, DY 30/IV 2/14/43, “Über die Politik der SED
gegenüber der Kirche” im Studienmaterial “Zu einigen weltanschaulichen
Fragen”, S.37-48, hier S. 38.
11 Vgl. Diederich, G./Schäfer, B., Religiöses Brauchtum und
kirchliches Leben im Alltag der DDR – Zwischen Anfechtung und
Behauptung, in: Leben in der DDR, Leben nach 1989 – Aufarbeitung und
Versöhnung. Zur Arbeit der Enquete-Kommission, hgg. vom Landtag
Mecklenburg-Vorpommern, Bd. 6, Schwerin 1997. Diederich, G., „Die
Mehrzahl steht im Bann der Kirche“. Die Einführung atheistischer
Ersatzriten im Bezirk Rostock 1955, in: DA 32 (1999), S. 34-45.
12 SAPMO-BArch, DY 30/IV 2/14/40, Bl. 8-11: Bezirksleitung
Neubrandenburg, Abt. Staatliche Organe, an das ZK der SED, Abt.
Kirchenfragen vom 2.1.1956, Betr.: Schaffung einer Einrichtung zur
Beerdigung ohne kirchliche Mithilfe, hier Bl. 8.
13 Vgl. folgende Zeitungsartikel: „Dir, Kind der Familie
Brenke ... gebe ich hiermit den Namen Doris“, in: Ostseezeitung vom
15.7.1956; Ralf erhielt seinen Namen. Feierliche Namensgebung im
Rostocker Standesamt, in: Ostseezeitung vom 16.12.1957; „Wachse in
Frieden auf, kleine Karin!“ Festliche Namensgebung im Schweriner
Standesamt, in: Schweriner Volkszeitung Nr. 299 vom 24./25.12.1957; Das
Neue setzt sich durch. Im vergangenen Jahr 55 Eheschließungen auf neue
Art, in: Ostseezeitung, Kreis Ribbnitz-Dammgarten vom 6.3.1958; Dem
Gewissenszwang Grenzen gesetzt, in: Märkische Volksstimme vom
29.12.1957.
14 Protokoll der Verhandlungen des V. Parteitages der SED, 10. bis 16. Juli 1958, 2 Bde., Berlin 1959.
15 Erstmals abgedruckt in: Prisma (Studentenzeitschrift der
Universität Göttingen), 4 (1959), S. 5-7. Dann auch in: Kirchliches
Jahrbuch 1958, Gütersloh 1959, S. 176-181; Kirche in der Zeit, 14
(1959), S. 73-75.
16 So titelten Zeitungen u.a.: „Gegenkirche in der Zone“.
Stalinstadt als Modellfall, in: Spandauer Volksblatt vom 28.2.1959;
Geschenke nur noch bei „sozialistischen Hochzeiten“, in: Der
Tagesspiegel vom 9.2.1960; Ersatz für die Taufe, in: FAZ vom 20.7.1958
oder Wie die Namensweihe gefeiert wird. Der Kommunismus als Kult, in:
epd ZA Nr. 128 vom 7.6.1958. Die EKD befasste sich 1959 auf der
Ostkirchenkonferenz ausführlich mit dem Problem.
17 Vgl. zu Stalinstadt die vom Autor freundlicherweise zur
Verfügung gestellte Staatsexamensarbeit: Tillmann, Michael, Das
Verhältnis von Staat und Kirche am Fallbeispiel Stalinstadt in den
fünfziger Jahren, Potsdam 1993.
18 BArch, DO 1/34.0/26207, Sozialistische Feiern 1964.
19 Ebd., Empfehlung zur Durchführung von Namensweihen.
20 Ebd. In den Bezirksakten von Frankfurt/Oder finden sich
ähnliche, als Arbeitspapiere gekennzeichnete Papiere, die als
„Empfehlungen des ZK“ firmieren (BLHA, Bez. Ffo. Rep. 601, Akte Nr.
7840 „Sozialistische Feierlichkeiten“). Zur Quellendiskussion: Lange,
Fest- und Feiergestaltung, S. 48ff.
21 BArch, DO 1/34.0/31200, Schreiben von W. C. (Erfurt) an das
ZK der SED vom 4.8.1966, von dort zur Bearbeitung weitergeleitet an das
MdI.
22 SAPMO-BArch, DY 34/5004, Aktennotiz des Kabinetts für
Kulturarbeit, Halle (FDGB) „Über eine Untersuchung zur Festlegung eines
Finanzlimits für das geistig-kulturelle Leben im VEB Polyplast“ vom
16.09.1965, S. 3.
23 Vgl.: BArch, DO 1/34.0/26207.
24 BArch, DO 1/34.0/31200, Schreiben des Zentralen
Versorgungskontor Berlin an die Abt. Innere Angelegenheiten des MdI vom
11.6.1964.
25 Vgl. dazu für Kreise des Bezirkes Dresden: Sächsisches
Landeshauptarchiv (SLHA), Bezirkstag/Rat des Bezirkes Dresden, Nr.
6158.
26 Vgl. zum Folgenden: BArch, DO 1/34.0/31200.
27 Dazu: Binns, Christopher, Sowjetische Feiern und Rituale, Teil I und II, in: Osteuropa 29 (1979), S. 12-21 und 110-122.
28 SAPMO-BArch, DY 30/J IV 2/3, 999, Protokoll mit Anlagen zum 5.8.1964.
29 SAPMO-BArch, DY 30/ IV A 2/9.06/51, Bericht über die
Durchführung sozialistischer Feiern, wie sozialistische Namensgebung,
sozialistische Eheschließung, weltliche Bestattung und anderer
gesellschaftlicher Ehrungen verdienter Bürger der DDR, A. Pietschmann
(Abt. Kulturelle Massenarbeit beim MfK) vom 21.12.1967.
30 BArch, DO 1/34.0, 31201, Stenographische Niederschrift der 25. Sitzung des Staatsrates vom 15.04.1966.
31 Vgl. Queck, Günter, Sozialistisch leben - sozialistisch
feiern, in: Sozialistische Demokratie. Organ des Staatsrates und des
Ministerrates der DDR, Nr. 36 vom 06. September 1963, S. 10.
32 BArch, DO 1/34.0/26184, RdB Halle an MdI vom 2.10.1963. Für
andere Bezirke ergeben sich noch weit niedrigere Teilnehmerzahlen:
Cottbus (7,8 %), Erfurt (5,4 %), Leipzig (4,2 %).
33 BArch, DO 1/34.0/31200, „Analyse über die Entwicklung der
sozialistischen Feiern anläßlich der Geburt, der Eheschließung und des
Todes“ vom 29.6.1963, S.4.
34 Dieses und weitere Zitate entstammen dem von der
Verfasserin am 6.9.2001 durchgeführten Interview mit Familie H. über
ihre Pfingsten 1960 durchgeführte sozialistische Eheschließung im Haus
der DSF Fürstenwalde.
35 Ähnliches wird bei einem von Niethammer interviewten
Eisenhüttenstädter deutlich: „Insofern mag es ihm nicht gelegen haben,
daß seine Tochter sich mitten im Kirchenkampf kirchlich trauen ließ;
aber wenn man nicht anders zu einer weißen Hochzeit kam, dann hatte er
dafür Verständnis.“ Zit. nach Niethammer, Lutz/Plato, Alexander
von/Wierling, Dorothee, Die volkseigene Erfahrung. Eine Archäologie des
Lebens in der Industrieprovinz der DDR. 30 biographische Eröffnungen,
Berlin 1991, S. 96.
36 So lehnten z.B. die Kreisvorstände des DFD Berlin
Lichtenberg und Friedrichshain die Mitwirkung an sozialistischen Feiern
ab, „weil nach ihrer Ansicht das ausschließlich eine Aufgabe des
Staatsapparates sei“. Vgl. BArch, DO 1/34.0/31200, Analyse über die
Entwicklung sozialistischer Feiern vom 29.6.1963, S. 3.
37 Ebd., Analyse, S. 2.
38 Ebd. überliefert für die Mitglieder einer LPG im Bezirk Frankfurt/Oder.
39 BArch, DO 1/34.0/31188, Einschätzung der sozialistischen Feiern durch den Magistrat von Groß-Berlin am 26.6.1965.
40 Vgl. z.B. „Sozialistische Namensgebung in einer Hausgemeinschaft“, in: Berliner Zeitung vom 27.11.1960, S. 8.
41 Kreisarchiv Mittlerer Erzgebirgskreis, AE 2781, Ratsvorlage
„Durchführung von sozialistischen Familienfeiern des RdK Marienberg“
vom 17.7.1964, S. 3.
42 Vgl. Sozialistische Kulturrevolution, Sozialismus und
Kultur. Hgg vom Institut für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der
SED, Lehrstuhl für marxistisch-leninistische Kultur- und
Kunstwissenschaft, Berlin 1977.
43 SAPMO-BArch, DY 30/ IV A 2/9.06/51, Bericht über die
Durchführung sozialistischer Feiern, wie sozialistische Namensgebung,
sozialistische Eheschließung, weltliche Bestattung und anderer
gesellschaftlicher Ehrungen verdienter Bürger der DDR der Abteilung
Klub- und Kulturhäuser beim MfK vom 21.12.1967.
44 Vgl. Koch, Hans/Hanke, Helmut u.a., Zur Theorie der sozialistischen Kultur, Berlin 1982, hier S. 327.
45 Vgl. Zur Tagung des Kulturbundes der DDR vom 7.-9.Dezember
1976 in Leipzig über die Aufgaben des Zentralen Fachausschusses
Kulturgeschichte/Volkskunde, Konzeption des ZFA
Kulturgeschichte/Volkskunde, in: Kultur und Lebensweise 1 (1977), S.
1-14, hier S. 11.
46 Arbeit und Funktion des ZfK stellen in der bisherigen
Forschung ein Desiderat dar. Der Bestand des ZfK fristet derzeit ein
unerschlossenes Schattendasein in Außenmagazinen der „Stiftung Archiv
der Akademie der Künste“ in Berlin (SAdK, Bestand ZfK).
47 Neben den hier thematisierten Feiern auch: Der erste
Personalausweis wird überreicht (1972); Offen steht das Tor des Lebens.
Die Jugendweihe (1973); Schritte ins Leben (Einschulung, Aufnahme als
Jungpionier, Thälmannpionier, Mitglied der FDJ, Schulabschlußfeier),
o.J.; Fest der Volljährigkeit (Lehrbeginn und –abschluß, Aufnahme als
junger Facharbeiter in das Arbeitskollektiv, Ehrendienst der NVA),
o.J.; Zwischen 16 und 25, o.J.
48 SAdK, Bestand ZfK, 77, Gesamtkonzeption für die Jedermann-Reihe vom 12.11.1970.
49 SAdK, Bestand ZfK, 421, Diskussionsbeitrag des ZfK zum
Seminar der sozialistischen Länder über die Fest- und Feiergestaltung
(?SSR 1976).
50 Ebd., Referat des ZfK zum bilateralen Erfahrungsaustausch über Feste und Feiern im Arbeitsleben am 19./20.11.1981 in Dresden.
51 SadK, Bestand ZfK, 270, Diskussionsmaterial zur sozialistischen Fest- und Feierkultur von E. Lehmann, 12.1.1978.
52 Zur Auswertung wurden herangezogen: Interview mit der
Standesbeamtin S. aus O. am 14.5.2001; Interview mit einem Teilnehmer
(Herr B.) aus O. am 14.5.2001; Statistik des Standesamtes O. über die
Durchführung von Namensweihen.
53 Das Gelöbnis war in den Urkunden abgedruckt, die ähnlich
dem Taufbrief, an die Eltern überreicht wurden. Zit. nach dem
vermutlich letzten Exemplar um 1980. Urkundenvordruck im Besitz der
Verfasserin.
54 Zentralinstitut für Jugendforschung Leipzig, 1973. Archiv
DJI F 73/23, Zu politisch-ideologischen Einstellungen von
Jugendweiheteilnehmern und Teilnehmern an Konfirmation und Kommunion.
Zit. nach Döhnert, Jugendweihe, S. 144ff.
55 BArch, DC 20 I/4, 3407, 153. Sitzung des Präsidiums des Ministerrates vom 28.8.1975.
56 Vgl. SAPMO-BArch, DY 30/IV B 2/14/46, Arbeitsgruppe
Kirchenfragen am ZK der SED: O.Klohr/W.Kaul/K.Kurth, Über
Wirkungsfelder und Wirksamkeit kirchlicher Institutionen in der DDR.
Kirchenstudie 1981 (Rostock Warnemünde), Bl. 1-127.
57 H. Bonk u.a. (Hg.), Alles hat am Ende sich gelohnt.
Material für weltliche Trauerfeiern, Leipzig 1972; Kretzschmar, Frank,
Der Tag hat sich geneigt. Zur Gestaltung weltlicher Trauerfeiern,
Leipzig 1982.
58 Redlin, Jane, Bestattungen in der DDR.
Kontinuität-Entwicklung-Beschreibung, Diplomarbeit an der Sektion
Ethnographie der HUB, Berlin 1985, S. 11.
59 SAPMO-BArch, DY 30/IV B 2/14/46, Arbeitsgruppe
Kirchenfragen am ZK der SED: O.Klohr/W.Kaul/K.Kurth, Über
Wirkungsfelder und Wirksamkeit kirchlicher Institutionen in der DDR.
Kirchenstudie 1981 (Rostock Warnemünde), Bl. 1-127, hier Bl. 37-40.
60 Ebd., O.Klohr/W.Kaul/U.Lingk, Kirchenstudie 1983. Kirchenporträt der Stadt Rostock, Rostock März 1983, Bl. 128-197.
61 Ebd., Forschungsgruppe „Wissenschaftlicher Atheismus“,
Kirchenstudie 1986. Kirchen und Religionsgemeinschaften in den drei
Nordbezirken der DDR, Bl. 339-467.
62 SAPMO-BArch, DY 30/J IV 2/2/2306, Sitzung des Politbüros vom 6.12.1988.
63 Gespräch der Verfasserin mit R. Malskies (HVD Berlin) am
2.7.2001. Vgl. auch: www.sachsen.freidenker.org und www.humanismus.de.
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