KULTURATIONOnline Journal für Kultur, Wissenschaft und Politik
Nr. 24 • 2021 • Jg. 44 [19] • ISSN 1610-8329
Herausgeberin: Kulturinitiative 89
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ThemaKulturation 2/2004
Deutsche Kulturgeschichte nach 1945 / Zeitgeschichte
Ingrid Pietrzynski
»Die Menschen und die Verhältnisse bessern ...« - Literaturvermittlung in Literatursendungen des DDR-Rundfunks


»Die Menschen und die Verhältnisse bessern ...«
Literaturvermittlung in Literatursendungen des DDR-Rundfunks in den fünfziger Jahren


Das waren die fünfziger Jahre auch: eine Zeit heftiger Diskussionen. Dogmatismus? Ja. Wenn du die Zeitungen jener Jahre nachliest, dir können die Haare zu Berge stehen. Man muß sich ja vorstellen, daß die Verdikte gegen Künstler und Kunstwerke, die in der Zeitung standen, damals ernst genommen wurden, oft auch von den Betroffenen selbst, und für die Beschuldigten Folgen hatten. Andererseits gab es Versammlungen, in denen die Leute sagten, womit sie nicht einverstanden waren. Und wir Jungen waren in alles verwickelt. Wir nahmen Anteil, es war unsere Sache. Wir waren in einer Stimmung übersteigerter Intensität, alles, was hier und heute geschah, war entscheidend, das Richtige mußte sich bald und vollkommen durchsetzen, wir würden den Sozialismus, den Marx gemeint hatte, noch erleben. ... eine Art Heilsgewißheit, wenige Jahre lang.
Christa Wolf, 1989

Schöngeistige Literatur wurde im DDR-Rundfunk der fünfziger Jahre in verschiedenen Programmsparten und von unterschiedlichen Redaktionen vermittelt. Gegenstand der folgenden Betrachtung sind die von den Literaturredaktionen produzierten Literatursendungen, also Lesungen, Buchvorstellungen, Rezensionen, literarische Porträts und Essays. Bis auf wenige, aus der DDR stammende und vorwiegend kulturpolitisch-ideologisch angelegte Arbeiten[1] sind Literatursendungen und Literaturvermittlung dieses Jahrzehnts bisher noch nicht medien- oder literaturhistorisch untersucht worden. Es existieren auch keine Übersichten oder Dokumentationen über die Auftritte von Schriftstellern vor dem Mikrofon oder über die erhaltenen Tondokumente von literarischen Sendungen. Deshalb kann hier nur eine erste Annäherung in Form einer Überblicksdarstellung vorgestellt werden, in der auf Grund des erheblichen Umfangs der ausgestrahlten Literatursendungen auf die Einbeziehung der Hörspiele - als spezifischer literarischer Funkgattung - und anderer Literatur vermittelnder Programmsparten wie Schulfunk und Kindersendungen verzichtet werden muß.
Für detailliertere Forschungen bietet sich im Deutschen Rundfunkarchiv Berlin eine umfangreiche Überlieferung von Manuskripten solcher Sendungen, die, vor allem ab 1954, in nahezu vollständiger Ablage vorhanden sind. Darüber hinaus sind ausgewählte Tondokumente aus diesem Jahrzehnt erhalten. Redaktionelle Unterlagen hingegen, wie der Schriftwechsel mit Autoren, Hörerzuschriften oder Sende- und Honorarabrechnungen, sind nicht überliefert.


Der Rundfunk der DDR und seine Literaturredaktionen in den fünfziger Jahren

Der Rundfunk in der Ende 1949 entstandenen DDR war in den fünfziger Jahren als Staatsrundfunk, als politisches Instrument »zur Erziehung und Beeinflussung der Massen«, so die explizite Funktionszuweisung durch den 3. SED-Parteitag 1950, bereits weitestgehend festgelegt.
In der sowjetischen Besatzungszone hatten die Hörfunkprogramme einer deutschen Generalintendanz und der Zentralverwaltung für Volksbildung unterstanden, das Kontroll- und Zensurrecht dieses unter »Deutscher Demokratischer Rundfunk« firmierenden Sendersystems hatte bei der Sowjetischen Militäradministration gelegen. In den Jahren bis zur DDR-Gründung entwickelten sich eine stärkere Einflußnahme der SED auf Organisationsstruktur, Personalpolitik und Programmgestaltung ebenso heraus wie föderalistische Ansätze - dies alles unter dem Vorzeichen des Antifaschismus und vor dem Hintergrund des beginnenden Kalten Krieges.

Nach der DDR-Verwaltungsreform und der Auflösung der Länder 1952 wurde das Staatliche Rundfunkkomitee oberstes Leitungs- und Kontrollgremium, formal dem Ministerrat der DDR und real dem Zentralkomitee der SED unterstellt, von wo die politische Anleitung und Kontrolle erfolgte. Diese Zentralisierung ging einher mit der Auflösung der Landessender, mit Personalüberprüfungen und -entlassungen, der Einführung einer strikten Programmplanung sowie der Einrichtung von drei zentralen Hörfunkprogrammen, die von da ab im neu errichteten Funkhaus Nalepastraße in Oberschöneweide im Ostteil Berlins produziert wurden. Man bildete zentrale Querschnittsredaktionen, die für alle drei Programme arbeiteten, was eine geringere inhaltliche Profilierung und etliche Wiederholungen nach sich zog. Der Wortanteil im Programm - seit 1945 schon immer sehr hoch - erfuhr eine weitere Ausdehnung.

Am Anfang des Jahrzehnts war eine Hauptabteilung Künstlerisches Wort unter Leitung des aus der USA-Emigration gekommenen Schriftstellers Maximilian Scheer im DDR-Rundfunk tätig, zu der unter anderem die Literatur- und die Hörspielabteilung gehörten. Einige künstlerische Mitarbeiter der Nachkriegsjahre mit Rundfunkerfahrungen aus der Zeit von vor 1945 wie Peter Huchel, Josef Christean oder Alfred Braun hatten den DDR-Rundfunk bereits wieder verlassen. Die Literaturabteilung mit etwa zehn Redakteuren leitete der vom NWDR übergewechselte spätere Schriftsteller Günther Cwojdrak. Dort arbeiteten unter anderem auch die vom RIAS gekommene spätere Literaturkritikerin Annemarie Auer oder die Schriftstellerinnen Berta Waterstradt und Cläre Jung. Sie alle waren 1952 schon nicht mehr dabei, einige auch wegen der Anfang der fünfziger Jahre in der DDR stattgefundenen Säuberungswelle gegen die sogenannten Westemigranten, auch wenn die meisten von ihnen weiterhin freiberuflich für den Funk arbeiteten. Im Komitee waren zunächst Rudolf Pfützner und später Wolfgang Rödel für die künstlerischen Wortprogramme zuständig. In der ab Herbst 1952 tätigen zentralen Literaturabteilung, die dann für alle drei Programme zulieferte, hatte sich ein Generationswechsel vollzogen. Junge Leute zwischen 20 und 30 Jahren, die entweder gerade vom Studium gekommen, angelernt oder Absolventen der rundfunkeigenen Journalistenschule waren, erhielten eine Chance.[2] Diese junge Generation agierte mit Engagement für die Literaturvermittlung und im Spannungsfeld zwischen Scham am eigenen Anteil an der NS-Zeit, Hochachtung vor den politisch bewährten Vorgesetzten im Komitee, die zumeist Emigranten in der Sowjetunion oder KZ-Häftlinge gewesen waren, und in dem Glauben, nun endlich auf der richtigen politischen Seite zu stehen. Einige von ihnen, die auch eigene literarische Ambitionen hatten, blieben nur wenige Jahre im Funk.
Nach der offiziellen und öffentlichen Kritik am Rundfunkprogramm im Gefolge des 17. Juni 1953 wurde die stringente Programmstruktur etwas gelockert, man reduzierte den Wortanteil, bemühte sich um mehr Unterhaltung und leichtere Kost und führte wieder stundenweise regionale Eigenprogramme ein. Schrittweise wurden die Einheitsprogramme reduziert, man kam auf sendereigene Redaktionen zurück. Es entstanden drei Literaturredaktionen bei den Sendern Berliner Rundfunk, Radio DDR und Deutschlandsender. Mehrere Programmreformen folgten, in denen sich auch die Tendenzen der Liberalisierungsphase in der sogenannten Tauwetterperiode bis 1956/57 auswirkten, auch wenn die politisch festgeschriebene propagandistische Funktionszuweisung des Massenmediums Rundfunks nicht in Zweifel gezogen wurde und das Komitee dabei mehr und mehr Koordinierungsaufgaben übernahm.[3]

Anfang 1956 machte das Rundfunkkomitee in den Literaturredaktionen Tendenzen von Akademismus aus: Die Redakteure würden ihre wissenschaftlichen und germanistisch-literarischen Kenntnisse ungenügend mit journalistischer Besessenheit verbinden.[4] Auch die Literaturredakteure hatten sich in erster Linie als politische Journalisten zu verstehen. Ihre Selbstbehauptung als Fachleute für Literatur und Literaturvermittlung wurde nur insofern anerkannt, als sie nicht der offiziellen politischen und kulturpolitischen Linie widersprach. Als die Liberalisierungsphase ab Herbst 1956 zu Ende ging, verließen die Literatur-Redaktionsleiter Gerhard Stübe und Gerhard Wolf den Rundfunk, um als freie Schriftsteller zu leben. Einige von den Jungen aus den Literaturredaktionen, die blieben, konnten sich in den späteren Jahrzehnten mit bekannten Sendereihen profilieren, andere machten im Rundfunk-Apparat Karriere.
Ein wesentliches Kennzeichen der Rundfunkprogramme dieses Jahrzehnts, der Hoch-Zeit des Kalten Krieges, war die permanente Konkurrenz der Westmedien, die in einer starken Fixierung auf den anderen Teil Deutschlands zum Ausdruck kommt. Dies wurde von den politischen Programmverantwortlichen stets als »Offensive des neuen, fortschrittlichen Deutschlands« gewertet - man nahm in Anspruch, für ganz Deutschland zu sprechen - , und erscheint heute als weitestgehende Abhängigkeit von den Entwicklungen und Ereignissen in der Bundesrepublik, was Programminhalte, auch der Literatursendungen, stark geprägt und beeinflußt hat.

Kulturpolitische Leitlinien für die Literatursendungen

Die Literatursendungen der fünfziger Jahre, die in einem mehr und mehr politisch ausgerichteten Sendeumfeld entstanden, waren keine Inseln literarisch-abgehobener Kontemplation und konnten es auch nicht sein, obwohl gerade dies den Literaturverantwortlichen, deren Auftrag Umsetzung der offiziellen Literaturpolitik war, immer wieder vorgeworfen wurde.

Die kulturpolitische und ästhetische Orientierung auf die deutsche Klassik, die strikte Bewertung von Kunst auf ihre gesellschaftliche Nützlichkeit hin, die Verteufelung der westlichen Moderne und des amerikanischen Kultureinflusses bei gleichzeitiger Verkündung einer deutschen nationalen Literaturkonzeption, die auf die Erhaltung der deutschen Einheit gerichtet war, und der sozialistische Realismus - das alles wurde in diesem Jahrzehnt die verbindliche Norm für künstlerische Gestaltung in der DDR. Die damit einhergehende dogmatisch-politische Instrumentalisierung auch der Literatur erschien vielen zunächst als Neubeginn, als Suche nach sozialismuseigenen Ausdrucksformen, als so bisher nicht gekannte öffentliche Verhandlung zwischen Regierung, Künstlern und Bevölkerung. Es herrschte Aufbruchstimmung, zumindest unter weiten Kreisen der Geistesschaffenden, so auch der Rundfunkmitarbeiter oder der Schriftsteller, und der Wille, aus einer weit verbreiteten prinzipiellen Kapitalismuskritik heraus an einer neuen gesellschaftlichen Alternative mitzuschaffen und - nach den Flucht-, Verfolgungs- und Vernichtungserfahrungen vieler von ihnen im Nationalsozialismus - antifaschistischer Konsens. Auch durch die Restaurationstendenzen in der Bundesrepublik und den sich verschärfenden Ost-West-Konflikt wurde die stalinistische Entwicklung in der jungen DDR in einem anderen Licht gesehen. Zudem finanziell durch Aufträge, Stipendien und Preise vielfältig gefördert, kamen bei den Künstlern so auch an der politisch-erzieherischen Funktionszuweisung der Medien zunächst wenig Zweifel auf, zumal diese der intellektuellen Autorität der Geistesschaffenden einen gesellschaftlich bedeutsamen Rang zumaß. Der aufklärerische Impetus der damit verbundenen Volkserzieherpose schien hier in den besten Händen.

Zahlreiche Debatten, offiziell forciert und gesteuert, aber auch öffentlich aufgegriffen, Verdikte, Personalumbesetzungen, widersprüchliche, unterschiedliche und gegenläufige Phasen und Tendenzen und immer wieder neue Ansätze begleiteten die kulturelle Entwicklung in den fünfziger Jahren.[5] Die Literatursendungen des DDR-Rundfunks spiegelten diese Entwicklungen wider und vollzogen sie nach. Wegen ihrer grenzüberschreitenden Wirksamkeit und der besonderen Rolle, die dem Rundfunk insgesamt im Ost-West-Konflikt zugemessen wurde, sollten sie die literaturpolitische Konzeption der SED in ganz Deutschland verbreiten helfen. Bei aller Übereinstimmung der Literaturredakteure mit den propagierten Zielen gab es dennoch keine quasi automatisch funktionierende Umsetzung der kulturpolitischen Direktiven. Man debattierte, widersprach, rang mit den aufscheinenden Problemen und hatte den Eindruck, den Gang der Entwicklung mitbestimmen zu können. Erst in diesem Jahrzehnt bildeten sich die später die DDR-Medien kennzeichnenden Mechanismen der Zensurpraktiken, der Unterordnung unter taktische und strategische Programmentscheidungen im Interesse »der Klassenfrage«, vollends heraus, mit denen aufkommende Diskussionen dann entsprechend abgewürgt werden konnten.

Im Mai 1950 konstatierte Hermann Axen, der für die Medien verantwortliche Sekretär im SED-Zentralkomitee, daß die Pflege des Erbes nicht genügend intensiv und konsequent betrieben werde, obgleich gerade diese Aufgabe vom Standpunkt des Kampfes um die Einheit Deutschlands und die Wahrung der einheitlichen deutschen Kultur von besonderer Bedeutung ist. Es ergibt sich deshalb, daß der Funk kühner als bisher fortschrittliche Dichter und Schriftsteller heranziehen muß, daß aber andererseits die Schriftsteller endlich selbst auch die großen Möglichkeiten erkennen und ausnutzen müssen, die ihnen der Funk bietet.[6]

Hauptabteilungsleiter Maximilian Scheer führte die kritisierten Erscheinungen darauf zurück, daß es noch zu viele künstlerische Mitarbeiter gäbe, »die sagten, Kunst habe mit Tagespolitik, ja mit Politik nichts zu tun.«[7]

Im Herbst 1950 kündigte Hermann Zilles, stellvertretender Intendant von Berliner Rundfunk und Deutschlandsender, öffentlich an:

“Der Pflege unseres deutschen Kulturerbes im Kampf gegen die in Westdeutschland grassierenden amerikanischen Zersetzungserscheinungen, der Fortentwicklung unserer Kultur und der schöpferischen Anteilnahme der Werktätigen dient ein großer Teil unseres Sendeprogramms.“[8]

Das im März 1951 verkündete Formalismus-Verdikt traf im Rundfunk zwar vor allem das Musikprogramm, ging aber auch an den Literatursendungen nicht vorbei. Der Rundfunk hätte als Maßstab für Qualität auf dem Gebiet von Kunst und Kultur zu dienen, gab Staatssekretär Wilhelm Girnus im April 1951 auf einer eigens für die Rundfunkmitarbeiter einberufenen Tagung zu diesem Thema die Richtung vor. Denn der Rundfunk sei das Mittel, das in die entlegenste Hütte dringe, deshalb solle er das ganze deutsche Volk gegen die amerikanische Kulturbarbarei mobilisieren:

“Wenn wir zeigen, daß wir unsere Volkskultur verteidigen, unsere Volkslieder, unsere nationale Musiktradition und unsere literarische nationale Tradition, werden wir 99 Prozent des Volkes auch in Westdeutschland auf unserer Seite haben.“[9]

Literatur-Abteilungsleiter Cwojdrak schien die geforderte Literaturvermittlung neuer Inhalte mittels des Formenkanons vergangener Jahrhunderte problematisch und er wehrte sich gegen die enge, platte Interpretation des Kulturerbes:

“Wir müssen aber auch darauf achten, daß es nicht zu künstlerischen Entwicklungen kommt, in denen etwa ein neuer Inhalt ungenügend ausgedrückt wird, in denen ein neuer Inhalt eine veraltete Form findet. Wir müssen uns auch dagegen verwahren, daß die kritische Aneignung unseres kulturellen Erbes im Sinne einer simplen Übernahme verstanden wird.“[10]

In dieser Zeit geriet das DDR-Rundfunkprogramm mehrfach in die offizielle und öffentliche Kritik: Einerseits im Zusammenhang mit der Formalismuskampagne seiner musikalischen und literarischen Angebote wegen, andererseits bei den Hörern wegen des zunehmenden Wortgeprassels in Parteidiktion. Viele politische Kommentare und (oft stundenlang gesendete) Mitschnitte der offiziellen politischen Reden beherrschten die Programme, eine Tendenz, die sich nach der Einführung der drei Einheitsprogramme 1952 noch verstärkte, was den Hörern als fortschrittliche und moderne Radioprogramme angepriesen wurde. Für den Literaturbereich sollte die Hörer nun ein «sorgsam abgewogenes, fachlich durchgefeiltes und lehrreiches Literaturprogramm aller drei Sender» erwarten.[11]

Nur wenig später schon, im Gefolge der nach dem 17. Juni 1953 einsetzenden öffentlichen Kritik an der DDR-Kulturpolitik, waren sich auch die Literaturverantwortlichen im DDR-Rundfunk darüber klar geworden, daß man »mit dem politischen und künstlerischen Niveau unserer Literatursendereihen noch keinesfalls zufrieden sein kann.« Die Literaturabteilung wollte nun ihre Arbeitsweise ändern, planmäßiger vorgehen und die »wissenschaftliche Literaturkritik« verbessern. Gemäß den gängigen Vorgaben waren klassisches Erbe, Erziehung zum Patriotismus (Freiheitskämpfe unseres Volkes, Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung), Unteilbarkeit der deutschen Kultur, Sendungen aus Werken der fortgeschrittensten Literatur der Welt, der Sowjet-Literatur, Aufbau des Sozialismus in den Ländern der Volksdemokratie, fortschrittliche Literatur des kapitalistischen Auslandes [12] weiterhin die inhaltlichen Sendeschwerpunkte. Der »Neue Kurs« in der DDR veränderte die 1951 formulierten kulturpolitischen Orientierungen nicht, nahm ihnen aber ihre extrem dogmatischen Züge und bewirkte auch im Rundfunk zahlreiche Programmänderungen.[13]

Daß den Literaturprogrammen, trotz der offiziellen Verlautbarungen über die politische Bedeutung der Literaturvermittlung im Radio, gegenüber den direkt politischen Botschaften mehr oder weniger nur Beiwerksfunktion zugemessen worden war und dies weiterhin beibehalten wurde, bestätigen die überlieferten Unterlagen der Rundfunkleitung. Literatur, Literaturredaktionen und ihre Programme gerieten nur selten in die Aufmerksamkeit des Komitees, des in erster Linie politisch agierenden Leitungsgremiums, wobei die von dort erfolgenden politischen Vorgaben selbstredend auch für die künstlerischen Programme zu gelten hatten. Beschäftigte sich das Komitee mit der Literatur im Radio, waren die Ursachen entweder offizielle Kritik, gesellschafts- und literaturpolitische Kampagnen oder kulturpolitische Kurskorrekturen. So legte zum Beispiel im Mai 1955 ein detailliertes Komitee-Szenarium die Berichterstattung von den Schillerfeiern in Weimar und Jena fest. Weiterhin sollte der Rundfunk, dessen Programm in dieser Zeit wieder verstärkt der offiziellen SED-Kritik unterlag, noch mehr als bisher zum Forum der demokratischen und humanistischen Kulturschaffenden ganz Deutschlands werden. „Bei gleichzeitiger kämpferischer Auseinandersetzung mit den kulturfeindlichen und kosmopolitischen Erscheinungen in Westdeutschland müssen alle Ansätze patriotischer Kulturarbeit in Westdeutschland unterstützt werden. Dem gesamtdeutschen Kulturgespräch und -austausch kommt eine größere Bedeutung als bisher zu. Dabei gilt es, auch hier den allgemeinen Begriff der deutschen Einheit klar als wahrhaft demokratisch und friedliebend zu präzisieren und alle Kulturschaffenden, die sich gegen die Innenministerien der Länder für den Austausch einsetzen, als Patrioten zu unterstützen“ [14],

so eine Vorlage aus dem Jahre 1955. Der gesamtdeutsche Wirkungsanspruch des DDR-Rundfunks blieb auch Mitte der fünfziger Jahre Sendeauftrag, als mit der vertraglichen West- und Ostbindung beider deutscher Staaten Tatsachen für ihr weiteres Auseinanderleben geschaffen worden waren und die Bundesrepublik sich noch stärker als bisher gegenüber der DDR-Kultur abschottete. In der DDR nahm man Kurs auf die Herausbildung »einer sozialistischen Nationalliteratur als Vorbild für ganz Deutschland«. Die Literatursendungen sollten operativ in die Auseinandersetzungen eingreifen und die ideologische Klarheit als Grundvoraussetzung aller künstlerischen Meisterschaft deutlich machen, d.h. die entschiedenere Anwendung der Methode des sozialistischen Realismus unterstützen und so die Zukunft unserer Nationalliteratur sichtbar machen.[15]

Die in dieser Zeit aufkommenden Liberalisierungserscheinungen und die im Gefolge des XX. Parteitages der KPdSU 1956 einsetzende Diskussionswelle, besonders unter Intellektuellen, brachte eine Reihe von Reformüberlegungen hervor, die auch den Rundfunk erreichten. Ende 1955 hatte Gerhard Wolf mit einer Polemik gegen die Schwemme der Agitationslyrik eine Debatte entfacht und damit auch die vordergründig ideologische Bewertung von Literatur kritisiert.[16] Das Rundfunkkomitee warnte so auch Anfang 1956, nach dem IV. DDR-Schriftstellerkongreß, in einer Vorlage vor der vorschnellen Verurteilung von literarischen Werken, „die zwar den neuen Stoff aufgreifen, ihn aber schematisch behandeln. ... Wir müssen begreifen, daß, wie Becher es sagte, das unvollkommene Neue unendlich viel wertvoller ist als das vollkommene Alte.“[17]

Auch wenn es in dieser Zeit zu keiner generellen Abkehr von den literaturpolitischen Leitlinien gekommen war und der Ost-West-Konflikt weiterhin seine direkten Auswirkungen auch auf die Literaturprogramme hatte, fanden bis 1957 doch andere Autoren, differenziertere und vor allem unterschiedliche Sichtweisen Eingang in die Literaturangebote des DDR-Rundfunks.

Einige falsche Ansichten über den Realismus haben bei uns Platz gegriffen. ...Stets wurde die Elle der notwendigen politischen Propaganda angelegt, die nur mißt, ob aus angekreideten Mißständen auch sofort die Schlußfolgerung gezogen, ob kurzum der positive Ausgang gezeigt worden sei. Das positive Schwänzchen, das in den vergangenen Jahren so gern überall angehangen wurde, ist fehl am Platz. Die vorgekaute Schlußfolgerung lähmt leicht das Mitdenken. Aber besonders jetzt haben wir die Gedanken jedes einzelnen nötig, wenn wir noch mehr Menschen zur Mitbestimmung in unserem Staate heranziehen wollen[18], konnte man in dieser Zeit in der Rundfunk-Programmzeitschrift lesen. Das Ende dieser Tauwetterzeit wurde im Herbst 1956 eingeleitet - ausgelöst durch die polnischen Ereignisse, die Suez-Krise und den ungarischen Aufstand, in der DDR durch die Verhaftung solcher Reformer wie Wolfgang Harich. Im Rundfunk begann man, die Programme und Redaktionen auf »opportunistische, aufweichlerische und liberale Tendenzen« hin zu durchforsten. Schwere Kritik ging auf die Musikprogramme nieder, das Exempel wurde jedoch an einer Literatursendung statuiert, dem Vortrag »Zur Lage der Gegenwartsliteratur«, gehalten von einem Literaturwissenschaftler, der dem Rundfunk seit langem durch viele Beiträge, Kommentare und Vorträge verbunden gewesen war: Hans Mayer sprach darin von der Dürftigkeit der bisherigen DDR-Literatur, forderte die Traditionen der Moderne der zwanziger Jahre für sie fruchtbar zu machen und bestritt die allerorten propagierte Bedeutung der Sowjetliteratur für die DDR-Literatur. Das waren Thesen, die in dieser Zeit vielfach diskutiert wurden, die aber gleichzeitig die verbindlichen ästhetischen Axiome der DDR-Literaturpolitik umfassend in Zweifel zogen. Der Vortrag wurde nicht gesendet.[19] Kultur-Komiteemitglied Wolfgang Rödel, ein Absolvent der Rundfunkschule und der am schnellsten aufgestiegene junge künstlerische Mitarbeiter, machte in einem Kommentar die offizielle Rundfunk-Begründung für die Absetzung des Vortrages öffentlich und rückte damit die Stellung des Mediums als kulturpolitisches Sprachrohr des Staates zurecht.[20] Man warf Hans Mayer vor, über der Behandlung ästhetischer Fragen die Klassengrundlagen der Literatur vernachlässigt und Propaganda für die Dekadenz gemacht zu haben, auch diese Vorwürfe damals noch als Angebot zur Diskussion formuliert, wenn auch mit recht imperativem Aufforderungscharakter.

Von nun an führte das Staatliche Rundfunkkomitee, wie es in einem Bericht vom Mai 1957 heißt, im eigenen Haus »die aufkommenden Diskussionen auf breitester Ebene. ... Die Überprüfung des gesamten kulturellen Angebotes« führte unter anderem zur Absetzung von Kabarettsendungen und zur Aufnahme von Vortragsreihen, die »sozialistische Philosophie, sozialistische Kultur, Ästhetik und den Atheismus« klar machen sollten.[21] »Die hierzu benötigten Arbeiten mußten fast ausschließlich von Rundfunkmitarbeitern geschrieben werden, da eine Reihe von freien Mitarbeitern sich zurückhielt«, klagte Komiteevorsitzender Ley in einem Bericht von 1958 über das seiner Meinung nach nicht im Rundfunk, sondern überall in der DDR vorhandene aufweichlerische Klima.[22]

“Mein Vortrag [über den inzwischen exkommunizierten Georg Lukács] wurde von zwei Zeitschriften angefordert, die es vorgezogen haben, beide keine Zeile davon zu bringen und auch keinen Wert darauf legten, daß darüber geschrieben wird. Wir werden jetzt von neuem dagegen losziehen. ... Ich hoffe, daß es bald sichtbar wird, daß der Rundfunk nicht zu den bösen Stiefeltern gehört, sondern den guten Kindern unserer Republik einen möglichst ausgedehnten Tummelplatz bietet.“[23]

Das im Juli 1957 stattfindende 32. Plenum des SED-Zentralkomitees und die SED-Kulturkonferenz im Herbst desselben Jahres stellten klar, daß »spätbürgerlich imperialistische und sozialistische ästhetische Konzeptionen« unvereinbar seien. Hans Mayers Rundfunkvortrag hätte signalisiert, so die offizielle Selbstkritik des Rundfunks, »daß beide Konzeptionen sich nicht nur zu vermischen drohten, sondern die letzte zugunsten der ersten mehr und mehr aufgegeben wurde.«[24] Im Vordergrund stand nun wieder die Auseinandersetzung mit antihumanistischen und antimarxistischen Kräften Westdeutschlands, die versuchen, die Spaltung Deutschlands auf dem Gebiet der Kultur weiter zu vertiefen und mit Hilfe der Amerikanisierung der deutschen Kultur die DDR von dieser Seite her aufzuweichen.[25]

Die neue Orientierung beinhaltete den Rückgriff auf die zu Anfang des Jahrzehnts verkündeten Prämissen. Besonderen Wert wollte man wieder auf mehr »Kommentierung und Deutung« von Literatur, »ein breites Herausstellen der Werke unseres sozialistischen Kulturschaffens« und gezielte Auftragserteilung legen. Die durch Hans Mayers Vortrag zu Tage getretene »Unterschätzung des Inhaltes in der Literatur und eine Überschätzung der äußeren Form in den Produktionen bürgerlicher Schriftsteller« auch durch die Literaturredaktionen des Rundfunks hatten monatelange Aussprachen und Diskussionen zur Folge, und obwohl 1957 ca. 60 Prozent der redaktionellen Mitarbeiter SED-Mitglieder waren, konnte die SED-offizielle kultur- und literaturpolitische Kurskorrektur sich nicht von heute auf morgen durchsetzen, wie die entsprechenden Berichte erkennen lassen. Dennoch konnten die Schwankungen in den Sendungen schnell korrigiert werden. Die der Partei ergebenen Kader haben sich durchgesetzt, müssen aber ständig eventuell auftretende Schwankungen verfolgen, um allen revisionistischen Tendenzen und anderen Resten bürgerlicher Ideologie mit entsprechender Entschiedenheit im inneren und nach außen entgegentreten zu können.[26]

Der Rundfunk trat nun als Auftraggeber für Autoren- und Komponistenkollektive hervor, die in Industrie- und Landwirtschaftsbetrieben neue Stoffe für Rundfunksendungen aufspüren sollten. Auch die »Aussprachen mit Arbeitern, ihre Meinung, ihre Vorschläge in Bezug auf die Behandlung bestimmter Probleme im Zusammenhang mit unserer sozialistischen Entwicklung« standen nun verstärkt auf dem Programm der Literatursendungen.[27] Der V. SED-Parteitag 1958, die Bitterfelder Konferenz und die Programmerklärung des Ministeriums für Kultur über den »Aufbau einer Volkskultur in der DDR« 1959 riefen mit ihrer Forderung, die Arbeiterklasse solle Akteur der sozialistischen Kulturrevolution werden, eine massenkulturelle Bewegung ins Leben, deren Zielstellung, die passive Konsumentenhaltung breiter Bevölkerungskreise gegenüber der Literatur zu überwinden, zwar niemals wirklich erreicht wurde, die aber eine der Grundlagen für die großen öffentlichen Literaturdebatten der sechziger Jahren waren und auch Auswirkungen auf die Literaturprogramme hatten.

“Täglich hören wir von Tausenden großartigen Aufbautaten in unserer Industrie und in der Landwirtschaft - wie sollten diejenigen, die sie vollbringen nicht ihr Wort in Sachen Kultur einlegen? Das ist es, was unsere kulturpolitischen und literarischen Sendungen in erster Linie verfolgen. ... Es gibt genügend Beispiele dafür, wie in Diskussionen mit Arbeitern Schriftsteller und Künstler wertvolle Erfahrungen gewonnen haben.“[28]

Auch wenn nach den jähen Wendungen, Kurskorrekturen, Verdikten und Gängelungen der zurückliegenden Jahre bei vielen Künstlern und Literaturredakteuren schon eine gewisse Ernüchterung eingetreten war, arbeiteten hier im Auftrag des Rundfunks nicht nur Kuba oder Max Zimmering mit, sondern vor allem Vertreter der nachgewachsenen Schriftsteller-Generation wie Heiner und Inge Müller, Reiner Kunze oder Brigitte Reimann. Bereits 1960 konstatierte das Komitee »Erfolge seit der Kulturkonferenz 1957« auf diesem Gebiet, die allerdings von der SED-Parteiführung nicht so gesehen wurden, wie das Komitee einem SED-Thesenpapier zur Vorbereitung der im April 1960 stattfindenden nächsten Kulturkonferenz entnehmen mußte:

In dem Dokument kommt zum Ausdruck, daß der Rundfunk als Mittel der kulturellen Massenbeeinflussung unterschätzt wird. Ebensowenig ist dort formuliert, daß Rundfunk und Fernsehen in erster Linie politische Aufgaben haben und weil die politische Thematik im Vordergrund steht, die kulturellen Maßnahmen dazu benutzt werden, um die politisch wichtigen Probleme zu vertiefen und an die Bevölkerung heranzutragen.[29] So lautete am Ende des Jahrzehnts die bündig-bürokratisch formulierte Selbstdarstellung des Rundfunks für seine »kulturellen Maßnahmen« - seine künstlerischen Programme.


Das volkspädagogische Medienkonzept

Die in den propagierten Sozialismusvorstellungen von einem Arbeiter- und Bauern-Staat enthaltenen egalitären Tendenzen bedingten ein volkspädagogisches Medienkonzept »Alles für alle« mit stark didaktischen Zügen. Literatursendungen hatten keine Fachsendungen zu sein, Zielgruppenkonzepte waren zu Anfang der fünfziger Jahre - auch auf Grund der technischen Verbreitungsmöglichkeiten - noch außerhalb der Vorstellungen der Programmverantwortlichen.

Auch Schriftsteller und Künstler betrachteten die Medien als Aufklärungs- und Erziehungsorgane für das ganze Volk und den DDR-Rundfunk als Kommunikationsmittel, dessen künstlerische Programme Kunst »im Sinne von Unterhaltung oder in erzieherischer Absicht« (Bertolt Brecht) verwenden sollten, wobei »Unterhaltung« von den Rundfunk-Programmverantwortlichen vor allem in der ersten Hälfte der fünfziger Jahre in ihren Bildungs- und Erziehungskonzepten schon seltener thematisiert wurde. Erziehung und Bildung auf der Grundlage sich wandelnder gesellschaftlicher und Lebensbedingungen sollten den »neuen Menschen« hervorbringen, wofür sich die Künstler gern engagierten und sich damit zunächst in weitgehender Übereinstimmung mit der SED-Kultur- und Medienpolitik befanden.

Didaktische Beeinflussung der Lesarten von Literatur, vordergründig-politische Deutungen, für alle verständliche Interpretationen und »Volkstümlichkeit« - das war der volkspädagogische Auftrag für Literaturvermittlung im Radio, was der »sozialaktivistischen Aufgabe der Literatur in der DDR« (Uwe Johnson) generell entsprach und eine entsprechende Niveaunivellierung nach sich zog. Jeder sollte alles verstehen, da war kein Platz für elitäre Attitüden oder ästhetische Spitzfindigkeiten von einzelnen für einzelne.

Die Literaturredakteure hatten sich auf den »werktätigen Hörer« einzustellen, und sie taten dies nicht nur gezwungenermaßen, sondern mit Idealismus und in dem Bewußtsein, zur propagierten Überwindung der Entfremdung zwischen Kunst und Volk beizutragen. Man übertrug Lesungen und Literaturdiskussionen aus Betrieben. Wir lesen im Betrieb hieß bereits 1950 eine Sendereihe:
»Einmal erfahren unsere Schriftsteller von den Menschen, die den Hauptteil ihrer Leser bilden, was sie über das Vorgetragene denken. Daraus werden sich für den Autor wertvolle Anregungen ergeben. Zum anderen ist ein Arbeitskontakt dieser Art auch für unsere Werktätigen sehr wertvoll. Dadurch, daß ihnen die Literatur unserer Zeit auf diese Weise vermittelt wird, lernen sie zugleich unsere Schriftsteller und ihre Arbeitsmethoden kennen. Diese Leseabende im Betrieb werden dazu beitragen, unsere Schriftsteller und ihre werktätigen Leser noch enger zu einer schöpferischen Gemeinschaft zusammenschließen.« [30]

Man pflegte regelmäßig Kontakte zu Arbeitskollektiven, besuchte sich gegenseitig, feierte zusammen und forderte auf Hörerversammlungen Meinungen zum Programm heraus, unterstützte ab Ende der fünfziger Jahre die Zirkel schreibender Arbeiter und holte Arbeiter zu Diskussionen ins Studio. In seinem Tagebuch notierte Johannes R. Becher nach einer solchen Diskussion im April 1951:

»Rundfunkgespräch mit Lukács und Fischer. ... eine breite Diskussion - hoffentlich auch zu einer tiefen sich vertiefend - und eben durch die Breite sich vertiefend - über Realismus. Wohl das erste Mal in unserem Volke, daß über solche Probleme sich nicht nur Künstler erhitzt haben. Spießig: solch eine Diskussion wegen diesem oder jenem Mangel lächerlich machen zu wollen. Jeder echte Künstler kann es nur aufs allerdankbarste begrüßen, wenn Diskussionen über Kunst nicht nur in Fachkreisen, sondern im ganzen Volke stattfinden. So entsteht zugleich auch neue Kunst. So und nicht in der Retorte der Cafés und des Ateliers.« [31]

Auch im Rundfunk sollte und wollte man ein großes Sende- und Hörerkollektiv werden. Schon lange vor dem Bitterfelder Weg wurden 1949/50 Schriftsteller- und Komponistenkollektive gegründet, die die Programme der Betriebs- und Dorfabende gestalteten. Das waren in der Tradition der Bunten Abende stehende öffentliche Unterhaltungsveranstaltungen in Betrieben und Dörfern, in deren Texten (Liedern und Spielszenen) die Zuschauer zum Mittun am neuen Leben aufgefordert, aber auch in unterhaltsamer Form und satirisch Mängel im jeweiligen Betrieb oder Dorf dargestellt wurden. Mitarbeiter der Betriebe und Einwohner der Dörfer wirkten am Programm mit, die Künstler betreuten Chöre und Laienspielgruppen - ganz im Sinne der Kulturbringerfunktion. Die unterhaltsame Form, aber auch die »ungezügelte Kritik« bei solchen Veranstaltungen gerieten bald in die offizielle Schußlinie. Die Sendungen hätten,
»da nahezu unkontrolliert, vielfach ein Niveau, das sich von dem der sogenannten bürgerlichen Unterhaltung kaum unterscheidet und von Banalitäten und schlüpfrigen Redewendungen nur so strotzt. Hier gilt es, meine ich, daß wir schnellstens Ordnung schaffen. Der demokratische Rundfunk kann es nicht zulassen, daß in seinen künstlerischen Sendungen, gleich ob Musik oder Wort, reaktionäre Gedankengänge vertreten werden und die Einheit seines Programms damit gespalten wird,«
verordnete Hermann Axen 1950[32]. Ein Schlaglicht gleichzeitig darauf, wie die »schöpferische Zusammenarbeit zwischen Künstlern und Werktätigen« auszusehen hatte und welche Probleme sich auch künftig dabei ergeben würden. Die Klage eines Beteiligten, des Schriftstellers Jan Koplowitz, daß anspruchsvolle, heitere und ernste Programme von der Bühne weggelacht worden wären, »weil die Aufnahmefähigkeit der Kollegen in diesen Betrieben für anspruchsvollere Kost durch die Kulturbarbarei der Nazis herabgemindert war«,[33] half nichts. Diese Form einer möglicherweise wirklich neuartigen Einbeziehung der Arbeitswelt und der Arbeitenden in das künstlerische Rundfunkprogramm fand ein schnelles Ende, obwohl auch damalige Hörerumfragen darauf aufmerksam gemacht hatten, daß »der werktätige Hörer, der Hörer aus der Fabrik, lachen will. ... Sie lehnen die Form ab, die wir rein agitatorische Form nennen«[34].

Hier scheinen schon die sich dann weiter zuspitzenden Widersprüche auf: Der erzieherische Anspruch orientierte auf Überzeugung durch Vorbildwirkung von zukünftigen, gewünschten Lebensverhältnissen und Verhaltensweisen, auch bei der künstlerischen Beschreibung von Wirklichkeit. Auch wenn immer wieder der »echte Meinungsstreit« mit den Hörern propagiert wurde und diese je nach gängiger Kurskorrektur mehr oder weniger umfangreich im Programm zu Wort kamen, wurde inhaltlicher Widerspruch doch meist als »Reste bürgerlicher oder nazistischer Ideologie« interpretiert, denen es durch didaktische Belehrung zu begegnen galt. Tatsächlich waren die Literaturredaktionen, die ohnehin nicht gerade von Hörerpost überflutet wurden, vielfach mit tradierten Hörerwartungen und -gewohnheiten konfrontiert, in denen sich ein oft exzessiver Bedarf nach »Erhebung und Belehrung« offenbarte.[35]

Was ihnen als Literaturinterpretation geboten wurde, war - besonders in der ersten Hälfte der fünfziger Jahre - eine vordergründig politische und ideologische Bewertung, die zudem oft moralisierend und nicht selten in einer dem Kleinbürgergeschmack verhafteten Diktion daherkam. Die Ansage für eine Lesung von Anton Tschechows Erzählung Ariadna am 19. April 1954 lautete folgendermaßen:
»Liebe Hörer! Jetzt da der Frühling seine Flügel über das Land gebreitet hat, ist auch Gott Amors Köcher mit Glückspfeilen prall gefüllt. Da sausen seine zärtlichen Geschosse durch die Luft und verwunden so manches Herz. Wie nun aber die Getroffenen mit ihrer Wunde fertig werden, darin unterscheiden sie sich, daran erkennt man ihre Herkunft und ihre Erziehung. Viele Frauen aus den Kreisen der herrschenden Müßiggänger einer überlebten Gesellschaftsordnung sehen in der Liebe eine Befriedigung ihrer weiblichen Ruhmsucht, sie wollen ihre Minderwertigkeitskomplexe durch das berauschende Gefühl allgemeiner Anbetung zum Schweigen bringen. Eine solche Frau ist Ariadna. Und wenn diese Menschen einmal die Sinnlosigkeit ihres Parasitenlebens zu ahnen beginnen, dann versinken sie in Resignation und Eigenbrödelei, werden stumpfsinnige, ergebene Narren, ohne freilich an ihre gesellschaftliche Stellung tasten zu lassen. Anton Tschechow begegnete vor etwa sechzig Jahren auf einem Dampfer im Schwarzen Meer einem Vertreter dieser verfaulenden Klasse, die heute in der Heimat des Dichters ausgestorben ist. Es ist der Gutsbesitzer Iwan Iljitsch Schamochin, der an Ariadna und seiner eigenen Lebensunfähigkeit scheiterte. Hören Sie nun Ausschnitte aus seiner Beichte, und sie werden erneut, wenn auch indirekt bestätigt finden, daß das persönliche Glück nur der erringt, der kämpfend im Glück aller aufgeht.« [36]

Nahezu jeder Sendung hatte eine schriftlich formulierte politische Wirkungsabsicht zugrunde zu liegen, die auf dem Freigabeschein enthalten war. In der auf dem Freigabeschein befindlichen Spalte »Inhalt/Argumentation« war der Sendungsinhalt in Kurzfassung zu beschreiben und die Wirkungsabsicht zu thematisieren. Dabei bediente man sich oft, auch aus taktischen Gründen, um die Sendungsfreigabe durch die Leitung zu erhalten, nicht nur politischer, sondern auch direkt tagespolitischer Formulierungen, die mitunter auch in die Ansage übernommen wurden. Für eine 1954, als die Wiederbewaffnung in der Bundesrepublik in der Diskussion stand, gesendete Funkbearbeitung der Novelle Schach von Wuthenow von Theodor Fontane findet sich folgende »Argu« auf dem Freigabeschein:

»Die Erzählung Fontanes greift über das private Schicksal hinaus. Der Dichter zeigt an diesem Beispiel zugleich, wie der preußische Militarismus jedes gute Streben, jede menschliche Regung abtötet, um seine Macht zu erhalten. Das ist derselbe Militarismus, der heute seine Fratze wieder erhebt, um die westdeutschen Menschen zu vergiften und sie kriegsreif zu machen.«

Die Ansage für diese Sendung lautete dann aber schlicht:
»Liebe Hörer! In unserer Sendung hören sie heute eine Funkbearbeitung der Novelle ... von Theodor Fontane.« [37]

Diese Texte auf den Freigabescheinen sind ein oft überdeutlich formulierter Nachweis politischer und didaktischer Wirkungsabsichten und der ihnen zugrunde liegenden Wunschvorstellungen, nicht jedoch für deren Realisierung. Zum Ende des Jahrzehnts hin nahm das penible Ausfüllen dieser Spalte auf den Freigabescheinen ab, man begnügte sich mit Stichworten oder vergaß das Ausfüllen ganz. Eine systematische Analyse dieser Materialien und der Vergleich zwischen Argu-Texten und Ansagen könnte die angestrebten Lesartendeutungen exakter aufschließen und detaillierter nachweisen, als das hier möglich ist.

Als 1955 Kleiner Mann, was nun? von Hans Fallada im DDR-Rundfunk gelesen wurde und etliche Hörer zu dieser Reihe Briefe schrieben, bescheinigte ihnen die Literaturabteilung - ganz wie bei einer richtig gelösten Hausaufgabe:
Viele Hörer erkannten richtig, daß die Geschichte des kleinen Mannes, mit der Hans Fallada 1932 einen Welterfolg errang, im Hinblick auf die heutige Situation in Westdeutschland nichts an Aktualität eingebüßt hat, wenngleich auch der Autor die tiefsten Ursachen der Existenzangst des kleinen Mannes noch nicht zu ergründen vermochte. Trotzdem hat das Buch vielen Menschen damals und heute den Blick für die sozialen Mißstände in der kapitalistischen Gesellschaft geschärft. Darin liegt seine große Bedeutung und das rechtfertigt seine Aufnahme in die Sendereihe[38].

Auf solche Weise trug auch das didaktisch-volkspädagogische Medienkonzept des Rundfunks in einem adäquaten gesellschaftlichen Umfeld dazu bei, daß sich Lesegewohnheiten herausbildeten, bei denen der Blick für die in der Literatur dargestellten gesellschaftspolitischen Verhältnisse »geschärft« und möglicherweise entsprechende analytische Fähigkeiten befördert wurden. Ästhetische Kriterien, die Besonderheiten der künstlerischen Beschreibung von Verhältnissen und Verhalten spielten dagegen weniger eine Rolle. »Künstlerische Meisterschaft« wurde oft eher a priori behauptet als erläutert. Entsprechendes Unverständnis hierfür oder auch besserwisserische Kritik der Hörer war mitunter die Folge, wie sich aus Veröffentlichungen in der Programmzeitschrift entnehmen läßt. So enttäuschte 1955 die Lesung der Gedichte von Günter Kunert einen Hörer, weil er meinte, in poetischer Form hauptsächlich nur das vernommen zu haben, was ihn im Alltag in Presse und Rundfunk sowieso umgebe.[39] Andere Hörer bemängelten »sprachliche Entgleisungen« bei Heiner Müller: »Seine proletarische Gesinnung zeigt man nicht, indem man in die Gassensprache verfällt!«[40]

In der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre, in der man im Rundfunk zum zweiten Mal den Weg in die Betriebe startete,[41] bemühte man sich deshalb gleichzeitig, den Hörern in einer Reihe von Sendungen Grundbegriffe der Literatur zu vermitteln oder in Vorträgen die Literaturgeschichte zu erläutern, Bildung pur also, zumeist in Schulfunkdiktion, was nur wenig Resonanz zeitigte.[42] Diese Reihen mit Sendeplätzen im Spätabendprogramm hielten sich nicht lange im Programm.

Wie es trotz oder gerade wegen der didaktischen Bildungsanstrengungen dennoch um die Lesewünsche breiter Bevölkerungschichten bestellt war, verdeutlicht der Hörerbrief eines Dorfbibliothekars, der in einer Sendung am 22. März 1955 verlesen wurde: Kriminal- und Indianerromane standen an erster Stelle, gefolgt von Liebesromanen.
Ja, mit der Liebe wird’s schon schwieriger. Wenn wir da nicht ein paar Klassiker hätten, die sich schon mal mit dem Thema beschäftigt haben, wär's schlimm. ... Dann werden Bergromane verlangt, und die Leser fragen nach Rosegger, Immermann, Heer, Ganghofer, Anzengruber. Da wird’s ganz schwer für den kleinen Büchereileiter mit kleinem Bestand von nur 800 Bänden, da hakt's aus, und man kann nur versuchen, auf ein anderes Gebiet überzuleiten. Neulich wurde ich gefragt, wie der Dorfbewohner die Literatur der Nachkriegs-Schriftsteller aufnimmt. Betretenes Schweigen meinerseits und dann: Ach ja, Da hatten wir bei uns den Schriftsteller Dr. Dix aus Gera. Er sprach über sein Buch Duran – ein Pferd unterwegs und über Tierliteratur anderer Schriftsteller. Der Abend war durch einen Rekordbesuch und die ständige Nachfrage nach seinem Buch und Tierliteratur allgemein ein außerordentlicher Erfolg. Der Nachkriegs-Schriftsteller ist also gerettet!!! Oder etwa nicht?[43]

Größere Erfolge hatte man in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre dann auch mit Sendereihen, die mit direkterer Hörereinbeziehung arbeiteten und dem Unterhaltungsbedürfnis der Hörer stärker entgegenkamen, wie mit literarischen Preisrätseln oder solch einer im Gefolge der Bitterfelder Konferenz entstandenen Reihe wie Wer schreibt den Schluß? [44]

Es geht darum, die ungeheuer große Summe von Lebensklugheit und Lebenserfahrung für alle nutzbar zu machen, die sich wünschen werden, in einer heiklen Situation den uneigennützigen Rat eines guten Freundes einholen zu können. Wie wir in der Deutschen Demokratischen Republik den Sozialismus aufbauen wollen, so ist das nicht nur eine Frage der Wirtschaftspläne und der ökonomischen Weiterentwicklung, es ist ebenso eine Frage der Weiterentwicklung des Denkens und Fühlens von Millionen Bürgern, und es ist sicher auch eine Frage, inwieweit es uns gelingt, näher zueinander zu rücken, das echte, große Kollektiv zu bilden, in dem jeder sich verantwortlich fühlt für die Nöte und Sorgen des anderen. ... Die Beteiligten dieser Geschichten sich nicht selbst zu überlassen, sondern sie auszustatten mit den Erfahrungen von vielen Tausenden, das ist der eigentliche Sinn der Frage an unsere Hörer: Wer schreibt den Schluß?[45]

Ende der fünfziger Jahre, mit dem Ausbau der technischen Verbreitungsmöglichkeiten und nach der Einführung dritter Programme in der Bundesrepublik, legte auch der DDR-Rundfunk sein erstes Zielgruppenprogramm auf: Radio DDR II, das sich an »die fortgeschrittensten Bürger unserer Republik mit Kultur- und Bildungsangeboten wenden« sollte.[46] So die Vorgabe, die gleichzeitig die unausgesprochene Erkenntnis enthielt, daß der hochgespannte Anspruch »Alles für alle« nicht aufgehen konnte. Der DDR-Hörfunk hatte gegen die umfassende Konkurrenz der bundesdeutschen Medien keinen Boden gewinnen können und sich zudem der zunehmenden Konkurrenz des Fernsehens zu stellen - 1960 war in der DDR eine 17prozentige Fernsehversorgung erreicht. Das Massenpublikum wollte man nun in erster Linie mit Informations- und Unterhaltungsangeboten am DDR-Radio halten. Radio DDR II hingegen, zunächst ab 1959 als stundenweises Programm aus Leipzig und ab 1964 als 15-Stundenprogramm aus Berlin gesendet, wurde zum Kultur- und Bildungsangebot mit anspruchsvolleren Angeboten ausgebaut.

Auch wenn das einmal propagierte und von vielen Redakteuren verinnerlichte volkspädagogische Medienkonzept nicht von heute auf morgen aufgegeben wurde, begannen die Literaturredaktionen aller Sender doch mehr und mehr gezielter für Literaturinteressierte zu arbeiten, diejenigen, die sie wahrscheinlich auch im zurückliegenden Jahrzehnt vor allem schon erreicht hatten.


Die Literaturauswahl - Autoren- und Themenwahl

Die Auswahl der in den Literatursendungen vorgestellten, gelesenen und besprochenen Literatur sollte »ein buntes Kaleidoskop, vielseitig und sorgfältig ausgewählt«, bieten, so eine Selbstaussage aus dem Jahre 1951.[47] Dabei folgte man weitgehend der Veröffentlichungspolitik der DDR-Verlage und bevorzugte Bücher, die uns in unserem gesellschaftlichen Entwicklungsprozeß besonders viel zu sagen haben. Dazu gehören einmal Bücher unserer fortschrittlichen deutschen Schriftsteller, vor allem aber auch die neuen Werke der Sowjetliteratur und die der Volksdemokratien; selbstverständlich zählt auch die Produktion der fortschrittlichen Literatur der kapitalistischen Länder dazu. ... Auch wichtige historische Ereignisse der Literaturgeschichte finden Berücksichtigung, soweit sie heute noch von Interesse sind.[48]

Entschieden wurde die Literaturauswahl im Redaktionskollektiv, die Sendegenehmigung erteilte der jeweilige Abteilungsleiter. Exkommunizierte oder politisch mißliebige Autoren fielen der »Schere der Kopf«, schon oft bei den Redakteuren, zum Opfer, deren jeweilige Vorlieben für bestimmte Literaturgattungen, Autoren und Literaturepochen sich letztlich auch erkennen lassen. Politische Kurskorrekturen bewirkten mitunter das öffentliche Eingeständnis, die Literatur »oft recht willkürlich ausgewählt« zu haben, wie dies nach der öffentlichen Kritik am Rundfunk 1953 geschah.[49] Man versprach, sich nun um »richtige Proportionierung und Themenwahl« zu bemühen.

Die Literaturauswahl, die im folgenden beispielhaft an der Auswahl der gelesenen, besprochenen und vorgestellten Autoren behandelt werden soll, bietet ein breiteres und vielfältigeres Spektrum, als auf Grund der beschriebenen Prämissen zu vermuten wäre.

Die geforderte Vermittlung des Erbes nahm am Anfang der fünfziger Jahre einen Anteil von zirka 30 Prozent ein, am Ende des Jahrzehnts betrug sie etwa 20 Prozent. Neben den Klassikern Goethe und Schiller oder Herder konzentrierte man sich dabei vor allem auf die großen Realisten des 19. Jahrhunderts wie Honoré de Balzac, Theodor Fontane, Gottfried Keller, Stendhal, Leo Tolstoi, Anton Tschechow, aber auch auf Heinrich Heine. Damit sollten »die großen humanistischen Traditionen aller Völker in ihren großen literarischen Zeugnissen sichtbar« gemacht und »die kritische Auseinandersetzung mit ihren Werken als Beitrag zur marxistischen Kunstbetrachtung«geleistet werden.[50]

Nach Umfang dominierten das ganze Jahrzehnt hindurch die Gegenwartsliteratur, Autoren des 20. Jahrhunderts und DDR-Literatur. Immer wieder vorgestellte deutsche Autoren des 20. Jahrhunderts waren Hans Fallada, Lion Feuchtwanger, Hermann Hesse, Thomas und Heinrich Mann, Kurt Tucholsky. Am Anfang des Jahrzehnts standen bei der vermittelten deutschen Gegenwartsliteratur noch die bekannten und meist aus der Emigration in die DDR zurückgekehrten sozialistischen Schriftsteller wie Johannes R. Becher, Bertolt Brecht, Willi Bredel, Eduard Claudius, Louis Fürnberg, Karl Grünberg, Stephan Hermlin, Stefan Heym, Hans Marchwitza, Karl Mundstock, Jan Petersen, Ludwig Renn, Anna Seghers, Bodo Uhse, Erich Weinert und Friedrich Wolf im Vordergrund. Wenn sie auch bis zum Ende der fünfziger Jahre mit ihren, zum Teil auch neu geschriebenen Werken immer wieder im Programm waren, kamen in zunehmendem Maße viele neue, junge (und vielfach unbekannt gebliebene) DDR-Autoren hinzu. Von den bekannteren waren dies zum Beispiel:[51]

1950
Annemarie Bostroem, Kuba, Georg Maurer
1954
Günter Kunert, Reiner Kunze, Wolfgang Joho, Erwin Strittmatter
1957
Jurij Brezan, Hans Cibulka, Franz Fühmann, Erich Loest, Heiner Müller, Paul Wiens
1959
Bruno Apitz, Manfred Bieler, Adolf Endler, Karl-Heinz Jakobs, Rolf Schneider

Die rigide Schwerpunktsetzung auf Erbevermittlung, DDR-Literatur und sowjetische Autoren am Anfang der fünfziger Jahre bewirkte, daß in dieser Zeit Jahre nur selten einem westdeutschen Schriftsteller eine Sendung gewidmet wurde. Im Zusammenhang mit dem dann stark forcierten gesamtdeutschen Wirkungsanspruch des DDR-Rundfunks und der Liberalisierungsphase Mitte des Jahrzehnts konnten die Hörer jedoch zunehmend mit westdeutscher, österreichischer und schweizerischer Gegenwartsliteratur Bekanntschaft schließen. Beispiele hierfür sind unter anderem:

1954
Paul Distelbarth, Leonhard Frank, Hans Henny Jahnn, Hans Hellmut Kirst, Wolfgang Koeppen, Eberhard Meckel, Karlludwig Opitz, Reinhold Schneider, Günther Weisenborn, Leo Weismantel;
1957
Günter Anders, Alfred Andersch, Ingeborg Bachmann, Ulrich Becher, Heinrich Böll, Günter Eich, Max Frisch, Helmut Heißenbüttel, Kurt Held, Wolfgang Weyrauch;
1959
Stefan Andres, Walter Jens, Ernst Jünger, Gerd Semmer, Hans Erich Nossack. Luise Rinser.

Begleitet von solchen explizit formulierten Sendeaufträgen und Wirkungsabsichten wie »Würdigung fortschrittlicher Schriftsteller in Westdeutschland und operative Unterstützung der gesamtdeutschen Literaturarbeit. ... Unterstützung des Ringens um die Unteilbarkeit der deutschen Literatur«, [52] zeigte sich hier ab Mitte der fünfziger Jahre eine umfangreiche Öffnung, auch für Autoren, deren Bücher nicht in der DDR verlegt worden waren, während in westdeutschen Rundfunk-Literatursendungen DDR-Literatur eine nahezu nicht vorhandene Größe war. Natürlich war auch die Auswahl dieser Autoren politisch geprägt, wobei auch die notwendigen Honorarzahlungen in Westgeld Einfluß auf den Sendumfang solcher Literatur hatten, denn die Redaktionen verfügten nur begrenzt über Devisen. Das betrifft auch die Tantiemenzahlungen für Werke, bei denen die Rechte bei westdeutschen Verlagen lagen.

Für die Lesung eines Ausschnittes aus Heinrich Bölls Und sagte kein einziges Wort im November 1955 lautete der Argu-Text:
Heinrich Böll geht den Ursachen der seelischen und physischen Existenzangst in der kapitalistischen Gesellschaft nach. Seine Darstellung läßt die gesellschaftliche Wahrheit der gegenwärtigen Zustände in Westdeutschland deutlich werden.

Und in der Ansage bekamen die Hörer zu hören:
“Es ist das Buch über eine Ehe. Eine Ehe, wie es sie zu hunderten, zu tausenden in unserer westdeutschen Heimat gibt. .. Sie [die von Heinrich Böll dargestellten 48 Stunden dieser Ehe] zeigen, wie zwei Menschen von tief religiöser Denkart, die getrennt voneinander leben, in diesen zwei Tagen Einkehr halten mit ihren Gedanken, sich selbst erkennen und am Ende schließlich wieder zusammenfinden. ... Hören Sie nun einen Ausschnitt, ... der einen Einblick in das schwierige und heikle Thema der Unauflösbarkeit der Ehe geben will. Denn beide fühlen sich diesem religiösen Dogma gegenüber verantwortlich.“[53]

Die sowjetische Literatur ist in den Literatursendungen des ganzen Jahrzehnts mit einem breiten Strom von Autoren vertreten, von denen viele unbekannt geblieben sind. Dabei nahm der hohe Anteil zu Beginn dann in der Mitte der fünfziger Jahre deutlich ab. Zu den bekannteren, immer wieder vorgestellten sowjetischen Schriftstellern zählen unter anderem Ilja Ehrenburg, Konstantin Fedin, Maxim Gorki, Michail Scholochow. 1957, noch vor der SED-Kulturkonferenz, wurden auch Werke von Boris Pasternak (Winterliebe) und Isaak Babel präsentiert. Während man in dieser Zeit in einem DDR-Verlag um die Veröffentlichung von Babels Erzählungen rang, las man im DDR-Rundfunk am 8. Mai 1957 einen Ausschnitt aus seiner 1926 beim Malik-Verlag erschienenen Reiterarmee, die man den Hörern folgendermaßen ansagte:[54]

“Zum Tag der Befreiung, verehrte Hörer, lesen wir aus dem Buch des sowjetischen Schriftstellers Isaak Babel ... . Es sind Episoden aus jener Zeit, da die Rote Armee, erfüllt von Lenins Geist und Siegeswillen, im Ringen gegen die Weißgardisten und die mit ihnen verbündeten imperialistischen Söldner, ihre große Feuertaufe empfing. Babel aber schildert nicht die Kämpfe selbst, sondern das, was gleichsam an ihrem Rande erlebt und erhärtet wird: Die soldatische und menschliche Bewährung des einzelnen. Schon in diesen Jahren ist sichtbar, wie die Idee dieses Kampfes, die Befreiung der jungen Sowjetunion von äußerer und innerer Gefahr, Kommandeure und Soldaten gegen alle Entbehrungen und Rückläufigkeiten, ja selbst gegen Schwächen des Augenblicks unüberwindlich macht.“[55]

Die Aufnahme dieses Autors in das Programm muß als Ausdruck der Öffnungsbestrebungen dieser Zeit gewertet werden, wenngleich die Ansage dem althergebrachten Duktus folgte und die Hörer in keiner Weise über das Schicksal Babels informierte - ein Hinweis gleichzeitig auf die komplizierten und komplexen Hintergründe der Literaturauswahl, bei denen das Bestreben, mit neuen, anderen Autoren bekannt zu machen, von der politischen Funktion des DDR-Staatsfunks und einer entsprechend vordergründig ideologischen Deutung von Literatur überlagert wurde.

In der Zeit von 1950 bis 1957 ging der Anteil der Sowjetliteratur am Literaturprogramm noch hinter den westdeutscher, österreichischer und schweizerischer Autoren zurück:

Gegenwartsliteratur in den Literaturprogrammen des DDR-Rundfunks jeweils in Prozent nach Jahren[56]

DDR-Literatur
1950 = 48%
1954 = 55%
1957 = 51%
1959 = 49%

Sowjet-Literatur
1950 = 28%
1954 = 11%
1957 = 10%
1959 = 12%

BRD-Literatur; Österreich, Schweiz
1954 = 13%
1957 = 25%
1959 = 10%

Noch deutlicher wird diese Tendenz in einer für den Zeitraum vom Mai bis Oktober 1957 vom DDR-Rundfunk anfertigten Übersicht über die Herkunft von Gegenwartsautoren, »aus deren Werken gelesen oder über deren Werke diskutiert wurde«, bei der »sozialistische« und »kapitalistische« Länder insgesamt zusammengefaßt und auch der Anteil der einzelnen Sender daran ausgewiesen wurde, woraus die besondere Rolle des auf die Bundesrepublik gerichteten Deutschlandsenders erkennbar ist, der aber selbstverständlich auch in der DDR gehört wurde und dem auch die Aufgabe gestellt war, »fortschrittliche Werke der Weltliteratur vorzustellen, die in Westdeutschland nicht erscheinen dürfen«.[57]

Radio DDR
DDR-Literatur: 64%
Sozialist. Ausland: 12%
Kapitalist. Ausland: 24%

Berliner Rundfunk
DDR-Literatur: 54%
Sozialist. Ausland: 13%
Kapitalist. Ausland: 33%

Deutschlandsender
DDR-Literatur: 33%
Sozialist. Ausland: 13%
Kapitalist. Ausland: 54%

Gesamt [58]
DDR-Literatur: 49%
Sozialist. Ausland: 13%
Kapitalist. Ausland: 38%

Die Auswahl ausländischer Gegenwartsliteratur sollte »mit den besten Werken fortschrittlicher Autoren aller Länder« bekannt machen und »Völkerfreundschaft und internationale Solidarität« fördern.[59] Dabei spielte osteuropäische, insbesondere polnische, und zum Ende des Jahrzehnts hin verstärkt auch arabische und afrikanische Literatur eine Rolle, auch eine Art von literarischem Weltgewinn, der dennoch an vielen literarischen Entwicklungen in der Welt vorbeiging und die Literatur der Moderne wenig berücksichtigte.

Schon ein grober Vergleich zwischen der 1954 und 1959 vorgenommenen Autoren-Auswahl zeigt auffallende Ähnlichkeiten zwischen diesen beiden Jahren vor und nach der sogenannten Tauwetterperiode. Dennoch ist 1959, nachdem man kulturpolitisch in vielerlei Hinsicht zum Bewährten zurückgekehrt war, nicht mehr gänzlich mit den rigiden literaturpolitischen Schwerpunktsetzungen zu Anfang der fünfziger Jahre vergleichbar.

Ein Manko dieser Überblicksdarstellung muß es bleiben, daß die einzelnen Literaturwerke der aufgeführten Schriftsteller, die für die Sendungen ausgewählt oder rezensiert wurden, nicht alle genannt werden können, denn selbstverständlich hatte ihr Inhalt Einfluß darauf, ob einem Autor eine Sendung gewidmet wurde. Für 1957 vollständig oder ausschnittweise gelesene Werke von westlichen Autoren betraf das beispielsweise:

Günter Anders: Schreckbilder
Ingeborg Bachmann: Wer weiß; An die Sonne; Mein Vogel
Ulrich Becher: Der schwarze Hut
Hans Bender: Der Freitisch
Heinrich Böll: Irisches Tagebuch; Haus ohne Hüter Günter Eich: Tauben
Ernest Hemingway: Wem die Stunde schlägt
Walter Höllerer: Früh und bei den Birken
Wolfgang Koeppen: Das Treibhaus; Der Tod in Rom
Wolfgang Weyrauch: Vom Untergang Hitlers i. d. U-Bahnschächten Berlins[60]

Als der Rundfunk dann nach der SED-Kulturkonferenz Bericht über seine Aktivitäten zur Eindämmung der »liberalen und aufweichlerischen Tendenzen« erstattete, erklärte man die in den Literatursendungen »auftauchenden Westtitel« damit, daß sie »in der Mehrzahl kritische Auseinandersetzungen mit der imperialistischen Unkultur« seien oder daß sie »Vertreter des progressiven Schrifttums« behandelten.[61]

Einer detaillierteren Untersuchung muß es vorbehalten bleiben, die vorgenommene Auswahl einzelner Literaturtitel zu analysieren, um Auswahlkonzepte und damit verbundene Wirkungsabsichten näher charakterisieren und nachweisen zu können. Dies betrifft auch die Auswahl der Ausschnitte, besonders bei Lesungen aus literarischen Werken, die nicht in der DDR verlegt worden waren, denn natürlich war es hier sehr leicht möglich, politisch mißliebige Stellen auszulassen. Hiermit käme man auch der Behandlung bzw. Nicht-Behandlung der damals gängigen Tabu-Themen näher.[62]

Einen Hinweis auf die vorgenommene Themenwahl der Literatursendungen bieten die Titel solcher Sendungen, in denen literarische Werke verschiedener Autoren, besonders Lyrik, unter einem bestimmten Thema zusammengefaßt und oft auch entsprechend moderiert wurden.[63] Sie standen in der Tradition der bereits im Weimarer Rundfunk entwickelten und im NS-Rundfunk weitergeführten Mottosendungen und akustischen literarischen Anthologien. Die thematische Spannbreite reichte von der offensichtlich schon aus diesen Zeiten stammenden Vorliebe für »Jahreszeitenliteratur« über allgemein menschliche Schwächen (Vom blauen Dunst - Das Rauchen in der Literatur, 1954) bis hin zu direkt politischer Inanspruchnahme von Dichtungen vergangener Jahrhunderte. Besonders in der ersten Hälfte der fünfziger Jahre waren Deutsche Landschaften, auch westdeutsche, immer wieder ein Thema, hinter dem sich nicht nur Deutsch- und Heimattümelei, Anknüpfen an tradierte Hörbedürfnisse verbargen, sondern auch Wirkungsabsichten, »die zur Einheit Deutschlands mahnen«, wie eine Lyriksendung von 1954 betitelt war. Dennoch kam in solchen Sendungen wenig sentimentale oder triviale Regionalliteratur zum Einsatz, denn die zentralen Programme des DDR-Rundfunks hatten für lokalpatriotische Bezüge wenig Platz und sollten überregionale Aufgaben erfüllen.

Relativ selten dagegen hatten solche Sendungen, wenn sie unter einem politischen Motto zusammengefaßt wurden, die NS-Zeit zum Hauptthema, auch wenn in vielen Sendungen mit anderem Thema die entsprechenden Werke der großen deutschen Emigranten häufig gelesen oder rezitiert wurden. Regelmäßig gab es literarische Zusammenstellungen zum Jahrestag der Bücherverbrennung von 1933 und zum Tag der Opfer des Faschismus. Ende der fünfziger Jahre widmete man sich - angesichts antisemitischer Vorgänge in der Bundesrepublik - mehrfach den literarischen Zeugnissen über die nationalsozialistische Judenverfolgung.

Daneben boten auch solche Sendungen Bekanntschaft mit ausländischen Lyrikern und Erzählern, wobei auch hier sowjetische und osteuropäische Literatur dominierte.

Das Hauptthema solcher Sendungen war jedoch die Gegenwart, das »neue Leben in der DDR« und seine literarische Widerspiegelung. Wir bauen unser Leben (1950), Neue Saat auf neuem Land (1954) oder Die Zukunft sitzt am Tisch (1959) waren optimistisch-programmatische Titel solcher Sendungen.

Und Rufe an die deutsche Nation - Bekenntnisse und Dichtungen großer Deutscher aus mehreren Jahrhunderten hieß 1954 eine Sendung, die exemplarisch für eine Reihe von Zusammenstellungen steht, mit denen direkt Bezug auf die politische Entwicklung in der Bundesrepublik genommen wurde. So war zum Beispiel die Sendung Die Landsknecht sind ein böser Hauf! vom April 1954 als Beitrag zur Diskussion um die Wiederbewaffnung und die Einführung der Wehrpflicht gedacht. Die Ansage lautete:
Gedichte, Volkslieder und Aussprüche großer Deutscher aus unserer Geschichte mahnen unsere Brüder in Westdeutschland!

Die den Hörern nicht mitgeteilte Argu wurde noch deutlicher:
In unserer Sendung bringen wir eine Folge alter Volkslieder und Gedichte, in denen das leidenschaftliche Begehren des Volkes gegen den Militarismus zum Ausdruck kommt. Darüber hinaus soll die Sendung eine eindringliche literarische Demonstration gegen die verbrecherischen Maßnahmen der Bonner Regierungsclique sein, die westdeutsche Jugend gegen ihren Willen zum Militärdienst zu pressen.

Redakteur Gerhard Wolf ließ für diese von stark pazifistischem Gedankengut geprägte und zeitlich weit von der Einführung der Wehrpflicht in der DDR 1962 entfernte Sendung Hans Sachs, Georg Weerth, Gottfried August Bürger, Johann Gottfried Seume, Georg Büchner, Adolf Glasbrenner, Hermann Püttmann, Ludwig Pfau, Kurt Tucholsky (Drei Minuten Gehör), Erich Weinert, Bertolt Brecht und Max Zimmering (Eine Mutter aus dem Westen spricht: Wenn sie dich rufen, Sohn, du gehst mir nicht) rezitieren.[64]


Die Literaturförderung

Die Literaturredaktionen stellten sich auch der offiziell vorgegebenen Aufgabe »selbst in das literarische Leben einzugreifen« und nicht nur Berichterstatter zu sein.[65] Immer wieder geriet der Rundfunk in die Kritik, auf diesem Gebiet zu wenig zu tun. Man warf den Redakteuren mangelnde Initiative zur Förderung des künstlerischen Nachwuchses, Isolation von der literarischen Entwicklung und »bloße Programmarbeit« vor.[66] Auch die Kritik aus Künstlerkreisen, die Redakteure würden das Programm zur Spielwiese ihrer eigenen literarischen Ergüsse und zur Quelle zusätzlicher finanzieller Einnahmen machen, fehlte nicht.

Tatsächlich aber gab es etliche Sendereihen, in denen junge Autoren mit ihren ersten Werken vorgestellt wurden. Bei der Abwehr der erhobenen Vorwürfe verwiesen die Literaturverantwortlichen auf das geringe Interesse der Schriftsteller, junger wie namhafter, zur Mitarbeit im Funk:
Sie lassen trotz mehrfacher Aufforderung leider oft die Bereitwilligkeit zur Mitarbeit vermissen. ... Sie unterschätzen die Wirkungsmöglichkeiten des Funks, wollen sich nur gedruckt sehen und sind nur selten bereit, die besonderen Bedingungen der Funkarbeit kennenzulernen.

Aufforderungen würden erst gar nicht beantwortet, gegebenen Zusagen nicht eingehalten, so eine Klage aus dem Jahre 1952.[67] Über das ganze Jahrzehnt hin ziehen sich ähnliche Klagen über die geringe Beachtung der literarischen Funkarbeit. Auch in den Literaturzeitschriften wurde die literarische Funkarbeit so gut wie nicht thematisiert (das betraf auch die Hörspiele), höchstens hin und wieder von Rundfunkmitarbeitern. Hin und wieder verfaßten auch Schriftsteller auf Bitten des Rundfunks einen Text für die Rundfunk-Programmzeitschrift. Eine professionelle Rundfunkkritik, wie sie sich in der Weimarer Republik herausgebildet hatte, existierte nicht.[68] Auch in der DDR galt »der zum Hören geschriebene Text« (Alfred Andersch) offensichtlich nicht. Hinzu kam, daß die Schriftsteller - angesichts der üppigen Förderungen (Auftragshonorare, Stipendien, Ausschreibungen) von Kulturinstitutionen und Verlagen - es vermutlich auch viel weniger nötig hatten, beim Funk Geld zu verdienen. Kein belletristisches Werk erschien damals unter einer Auflage von 10 000, das Bücherhonorar war nur zu einem Drittel vom Umsatz abhängig. So konnten die Autoren auch von Ladenhütern, die in den fünfziger Jahren reichlich produziert wurden, recht einträglich leben. Schon eher existenzerhaltend und mäzenatisch war der Rundfunk mit seinen vielen Lyriksendungen in diesem Jahrzehnt dagegen für Lyriker, denn Gedichtbände wurden nicht so massenhaft produziert:

Weil Lyrik nach unserer unverbrüchlichen Überzeugung in erster Linie nicht gelesen, sondern gehört werden sollte, ist der Rundfunk genau die Institution, um Uraufführungen für Lyrik einzurichten.[69]
Die Zurückhaltung der Schriftsteller dem Rundfunk gegenüber kann aber auch mit der ideologischen und politischen Überfrachtung der Literaturprogramme und einer entsprechenden Lektorierung ihrer Texte zusammenhängen, welche sich durch den tagespolitischen Zuschnitt des Rundfunkprogramms möglicherweise vom Lektorat der Verlage unterschied, obwohl auch dies durch detailliertere Untersuchungen nachgewiesen werden müßte.[70]

Insgesamt war der Anteil von Unveröffentlichtem in den Literatursendungen tatsächlich relativ gering. Dennoch traten viele Schriftsteller vor dem Mikrofon auf, nicht nur mit Lesungen ihrer Werke, in Autorengesprächen und Interviews, sondern auch mit Reden und Kommentaren. Dabei war man vor allem um prominente Autoren bemüht und wertete Erfolge hierbei als Gewinn im deutsch-deutschen Ätherkrieg, wie bei Thomas Manns Besuchen in Weimar 1949 und 1955. Als er 1954 »exklusiv für den Deutschen Demokratischen Rundfunk« aus seinem Felix Krull las, war dies Anlaß für eine Reihe von begleitenden Statements und Kommentaren:

Es war ein Ereignis für alle Deutschen und für ganz Deutschland, als wir in diesen Tagen die Stimme von Thomas Mann in unserem demokratischen Rundfunk hörten. ... Es konnte nicht ausbleiben, daß gewisse Presseorgane, die die humanistische Kultur zurückzunehmen versuchen, schon auf die Ankündigung, Thomas Mann werde im deutschen demokratischen Rundfunk lesen, mit plumpen Angriffen und Unterstellungen reagierten, wobei das Attribut 'rot', bezogen auf den bürgerlichen Schriftsteller, eine diffamierende Rolle spielen sollte. Sie können es dem Dichter nicht verzeihen, daß er ... gegen die Anwendung der Wasserstoffbombe ist und eine Friedensfront wünscht, die so breit wie möglich sein soll. Sie stellen ihm inquisitorische Fragen, beispielsweise, wann er gedächte, sich endlich über die Motive seines Verhaltens auszulassen.[71]

»Nicht jeder ist mit nahezu 80 Jahren noch so rüstig wie Thomas Mann,« schrieb Hermann Hesse im Juli 1955 auf eine entsprechende Anfrage Gerhard Stübes, im DDR-Rundfunk zu lesen:
Zu meinem großen Bedauern ist Ihr Wunsch unerfüllbar, ich habe den gleichen Wunsch auch dem Sender Beromünster und westdeutschen Sendern mit Nein beantworten müssen. ... Was mich betrifft, so bin ich zwar geistig noch intakt, physisch jedoch nicht, und ich kann auch keine Reisen mehr machen, wie Sie annehmen. Sie sprechen von meinem demnächstigen Aufenthalt in Westdeutschland, von dem aber nicht die Rede sein kann. Es tut mir aufrichtig leid, Ihre Bitte nicht erfüllen zu können, wie ich es auch bedauert habe, Beromünster enttäuschen zu müssen. Aber gerade das Sprechen gehört zu den Funktionen, die bei mir stark gestört sind. Als ich vor bald einem Jahr zum letzten Mal auf Tonband gesprochen habe, war die Anstrengung so übermäßig und das Ergebnis so unbefriedigend, daß ich beschloß, es bei diesem letzten Mal für immer bewenden zu lassen.[72]

DDR-Schriftsteller waren mit vielen politischen Reden, Äußerungen und Appellen im Rundfunkprogramm präsent, die sie zum Teil in ihrer Eigenschaft als Staats- oder Parteifunktionäre hielten. Regelmäßig wurden die Reden und Diskussionsbeiträge der Schriftstellerkongresse und anderer kulturpolitischer Tagungen (ganz oder teilweise) übertragen und damit der hohe gesellschaftliche Rang der Literatur dokumentiert. Auch als Gegenstand von politischen Kommentaren kam sie häufig vor, wofür man oft Schriftsteller gewann. Dabei waren dann auch andere als die üblichen tagespolitisch gefärbten und verkürzenden, nicht jedoch auf politische Aussagen verzichtenden Formulierungen zu hören. In einem Kommentar von Franz Fühmann vom 12. Juli 1954 über ein Treffen ost- und westdeutscher Autoren auf der Wartburg heißt es unter anderem:

Wir sind überein gekommen, die wahnsinnige Spaltung Deutschlands und die Versuche der Spaltung unserer humanistischen Literatur nicht anzuerkennen. Wir wissen, daß wir zusammengehören. Beieinander, miteinander und füreinander und gemeinsam für Deutschlands Frieden und Einheit und für die humanistische Einheit unserer Literatur zu wirken, das ist unser Gelöbnis.[73]

Über die Autorengespräche, Interviews und Literaturdiskussionen mit Schriftstellern im Rundfunkprogramm der fünfziger Jahre existiert auf Grund der mangelnden Überlieferungssituation kein Überblick.[74] Die literarischen Debatten und der literaturwissenschaftliche Diskurs jener Jahre wurde in den literarischen Fachzeitschriften ausgetragen und vom Rundfunk eher nachvollzogen als belebt. Die Auswahl der Gesprächspartner für literarische Rundfunkdiskussionen folgte oft dem Diktat der kulturpolitischen Direktiven. So sind mit Bertolt Brecht nur 1951 und 1952 Werkstattgespräche geführt worden.[75] Nach dem auch Brecht treffenden Formalismus-Verdikt nahm der Rundfunk dann Abstand von weiteren Gesprächen mit ihm. Mit seinen politischen Appellen und Reden war Brecht trotzdem im Programm präsent. Darüber hinaus hatte er, was wenig bekannt ist, in der ersten Hälfte der fünfziger Jahre Einfluß auf verschiedene literarische Sendungen. So erarbeiteten und produzierten er und sein Theaterensemble im Tonstudio des Berliner Ensembles mehrere Sendungen, die in diesen Fassungen vom Rundfunk ausgestrahlt wurden. Diese Sendungen, die Lieder, Rezitationen, Lesungen, Szenen und verbindende Zwischentexte enthielten, verzichteten mitnichten auf politische Aussagen, zeichneten sich aber durch eine sorgfältige und ausgefeilte Bearbeitung der Texte aus.[76] Die politischen Aussagen stellten zwar einen Zeitbezug her, kamen aber ohne vordergründig tagespolitisch-journalistische Formulierungen aus.

Die Sendung Und weil der Mensch ein Mensch ist … vom 11. Februar 1954, in der Brecht-Lieder, -Gedichte und -Szenenausschnitte von Mitgliedern des Berliner Ensembles vorgetragen wurden, beschrieb laut (vom Rundfunk hergestelltem und den Hörern nicht mitgeteiltem) Argu-Text
Brecht als jenen Dichter, der von jeher konsequent gegen Militarismus und Faschismus gekämpft hat. In der gegenwärtigen Periode des verstärkten Kampfes gegen EVG und Remilitarisierung werden die Worte Bertolt Brechts die Menschen in ganz Deutschland in ihrer Entschlossenheit zum Kampf für Frieden und Einheit stärken.

In der Sendung selbst, deren Zwischentexte von der Brecht-Mitarbeiterin Käthe Rülicke stammen, hörte sich eine der politischen Aussagen dagegen folgendermaßen an:
Das 1939 geschriebene Gedicht General, dein Tank ist ein großer Wagen ist leider auch heute noch aktuell. Es ist eine Warnung an alle, die die Welt in einen neuen Krieg stürzen wollen. Gültig geblieben ist aber auch Brechts Zuversicht auf die denkende Kraft des Menschen.[77]

Zwei weitere Sendereihen, die Mitte der fünfziger Jahre ausgestrahlt wurden und durchaus Besonderheiten im sonstigen Sendeumfeld waren, gehen auch auf Brechts direkte Einflußnahme zurück: Die Stunde der Akademie, die 1955/56 lief und im Magazincharakter über die Tätigkeit der ostdeutschen Akademie der Künste informierte, ist von Bertolt Brecht inhaltlich und gestalterisch konzipiert worden. Sie war die einzige Reihe, bei der der Rundfunk - nach langen Auseinandersetzungen mit Brecht und der Akademie der Künste - nicht nur die gestalterische, sondern auch die inhaltliche Verantwortung aus der Hand gegeben hatte.[78] Ähnliches trifft auch auf die zwischen 1954 und 1957 gelaufene Theaterkritik-Sendung Forum der Kritik mit Herbert Ihering zu, die jedoch nicht in der Verantwortung der Literaturabteilung, sondern der Abteilung Theater und Film / Kulturpolitik lag. Angeregt durch die Akademie der Künste, kam auch diese Sendung erst nach vielen bürokratischen Verzögerungen zustande, an deren Überwindung sich Bertolt Brecht persönlich beteiligte. Iherings Rezensionen waren sehr persönlich gehaltene, Theatertraditionen aufgreifende und vergleichende Betrachtungen, frei von politischem Wortgeklingel. Seine Meinung über die kitschig-rührseligen und substanzlosen bundesdeutschen Filme jener Jahre brachte er darin allerdings ziemlich deutlich zum Ausdruck. Auch diese Sendung wurde 1957 zu Fall gebracht.[79]

Ein anderer Autor, der in den literarischen Programmen der fünfziger Jahre starke Spuren hinterlassen hat, ist Günter Kunert, der in diesen Jahren für mehrere Redaktionen des Rundfunkhauses gleichzeitig arbeitete. Er nutzte die verschiedenen literarischen Gattungen für Funkproduktionen und schrieb satirische Kurzgeschichten, Hörszenen, Glossen, Funkerzählungen, feuilletonistische Betrachtungen und Kurzhörspiele. 1954 war er Autor einer vierstündigen satirischen Sylvestersendung in szenischer Gestaltung. Auch viele seiner Gedichte fanden sich in den Lyriksendungen.[80] Mehrere Folgen der Kriminalhörspielreihe Ich sage aus stammen von ihm. In der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre war er Librettist einer Musikballade (Das Denkmal des Fliegers) und der Funkoper Fetzers Flucht.[81]

Beispiele für Sendereihen, die über längere Zeit von damals oder später prominenten Schriftstellern verantwortet wurden (wie das in den sechziger Jahren mit Stephan Hermlins Reihe Lektüre möglich war[82]), finden sich nicht. Die Ursachen sind so vielfältig wie bereits beschrieben und hängen vor allem mit der Entwicklung des Mediums zum Staatsrundfunk zusammen, der sein Überwachungsmonopol über die Sendungen nicht aus der Hand gab. Nicht jeder Schriftsteller hatte auch die Stirn, sich dabei wie Bertolt Brecht in langwierige Auseinandersetzungen einzulassen. Brecht hat kraft seiner Autorität mehr als einmal auf die hohe Verantwortung der Rundfunkchefs für das künstlerische Gesicht des Programms und für die einfühlsame Zusammenarbeit mit den Künstlern aufmerksam gemacht und hierbei Veränderungen eingefordert.[83]

In der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre förderte der Rundfunk Auftragsproduktionen, die neben dem Hörspiel vor allem die kleine literarische Form betrafen: Liedtexte, Gedichte, agitatorische Kurztexte, Reportagen, womit er für einige Zeit für einige junge und in den sechziger Jahren bekannt gewordene Autoren sicher die wichtigste Verdienstquelle war. Die Literaturredaktionen vergaben auch Übersetzungsaufträge für ausländische, vor allem fernöstliche, arabische und afrikanische Literatur und trugen damit zur Erschließung solcher Werke bei.

Ende der fünfziger Jahre veranstaltete der Rundfunk mehrere Literaturwettbewerbe, bei denen es nicht nur um Hörspiele, sondern auch um Erzählungen, Reportagen, Porträts und Gedichte ging, die dann in die Literaturprogramme Aufnahme fanden. Das Literaturpreisausschreiben des Deutschlandsenders von 1957/58 hatte das Motto »Keine Atomwaffen in Deutschland«. Preisträger wurden neben Günther Deicke, Günter Kunert und Georg Maurer auch Schriftsteller aus der Bundesrepublik wie Siegfried Gläss, Gert Ledig, Karlludwig Opitz und Kurt-Maria Sandner. Unter den 920 Einsendern waren - ebenso wie bei dem ein Jahr später von Radio DDR veranstalteten Wettbewerb »Und der Zukunft zugewandt« zum 10. Jahrestag der DDR und seinen über 600 Zuschriften - überwiegend Laienautoren.

Daß natürlich auch die gegenwärtige Literatur ... auf einen Zustrom dieser Volkskräfte nicht verzichten kann, sondern auf sie angewiesen ist und die Vereinigung mit ihnen suchen muß, mag für manche Autoren in Westdeutschland ungewöhnlich klingen,
versuchte man den westlichen Wettbewerbsteilnehmern unter Hinweis auf die Traditionen der revolutionären proletarischen Literatur den Bitterfelder Weg zu erklären.
Unser Preisausschreiben erhielt durch die Beteiligung von Laienautoren einen viel umfassenderen Sinn, als wir ihn ursprünglich mit unserem Aufruf zu geben glaubten.[84]

Offensichtlich überfordert, hier aktiv zu werden und möglicherweise auch wegen der mangelnden literarischen Qualität solcher Einsendungen, erklärte man diesen Autoren:
Wir können diese Arbeiten nicht mit ausführlichen Lektoraten und Urteilen zurückreichen. Die Jury kann diesen vielen Einsendern nicht mit fachlichen Ratschlägen antworten und unsere literarische Redaktion hat nicht den Mitarbeiterstab eines Verlagsunternehmens. Wir bitten die Einsender dafür um Verständnis. Wir wissen, daß viele dieser Laienschriftsteller in den literarischen Zirkeln, die beispielsweise in den Betrieben der DDR existieren, oder bei den Arbeitsgemeinschaften junger Autoren in den Bezirksverbänden des Deutschen Schriftstellerverbandes Rat und Hilfe finden werden.[85]


Literatur-Vermittlungsformen und -Sendereihen

In den überlieferten Rundfunk-Unterlagen und den veröffentlichen Selbstdarstellungen finden sich relativ wenige Überlegungen der Macher zur Gestaltung der Literatursendungen oder zu funkspezifischen Vermittlung von Literatur. Dagegen gibt es, wie bereits dargestellt, viele Beschreibungen der Sendereihen, die vor allem die Wirkungsabsichten thematisieren.

Man vermittelte Literatur überwiegend durch Rückgriff auf die überkommenen, bewährten Sendeformen und machte Lesungen, Berichte, Rezensionen, Interviews, Autorengespräche, auch Diskussionen, und kommentierte besonders viel und gern. Auffällig ist die häufige szenische Auflösung des Vorgetragenen, auch bei Lesungen, was in diesem Jahrzehnt im Übrigen auch bei vielen politischen Sendungen genutzt wurde.

Die Hauptvermittlungsform war aber die Lesung, durch Schauspieler, Rundfunksprecher oder die Autoren selbst. Dabei berief man sich ausdrücklich auf die »Entwicklung und Pflege der Tradition des Erzählens«, die verschüttet sei und die man mit den modernen Mitteln der Technik vervollkommnen wolle.[86] Unter Bezug auf die mittelalterliche Erzähltradition und auf die mündlich übermittelten Volksdichtungen (nicht jedoch auf den Gemeinschaftsempfang des NS-Rundfunks), die Gemeinschaftserlebnisse gewesen seien, stellte man fest:

Bei uns könnte es heute nur das Gemeinschaftserlebnis des Volkes sein. ... Ein Vortragssaal faßt nur einige hundert Menschen, der Rundfunk erreicht aber viele Tausende und mehr. ... Ist nicht auch das ein schöner Beweis, daß heute allen Menschen die Möglichkeit gegeben ist, am kulturellen Leben der Nation teilzunehmen? Gibt nicht auch das uns allen die Kraft, für die Unteilbarkeit unserer deutschen Kultur einzutreten und sie vor zerstörenden Einflüssen zu schützen?[87]

Von 1955 bis 1959 war die Reihe Roman in Fortsetzungen im Programm, das größte Lesungsvorhaben dieses Jahrzehnts, bei dem ganze Literaturwerke gelesen wurden, anfangs von prominenten Schauspielern, auf einem sehr guten Sendeplatz im Abendprogramm. Die Hörer sollten damit »an bedeutende Werke der Weltliteratur herangeführt werden«, gleichzeitig wollte man die Werke des sozialistischen Realismus popularisieren.[88]

Roman in Fortsetzungen beim Berliner Rundfunk und bei Radio DDR 1955-1959

1955
Hans Fallada, Kleiner Mann, was nun? Gelesen von Erwin Geschonneck
B. Traven, Die Baumwollpflücker. Gelesen von Harry Hindemith
Bodo Uhse, Patrioten. Gelesen von Hans Hildebrandt
Romain Rolland, Meister Breugnon. Gelesen von Wolfgang Heinz
Erwin Strittmatter, Tinko
Franz Fühmann, Kameraden

1956
Halldor Laxness, Atomstation
Dieter Noll, Mutter der Taube
Stendhal, Rot und Schwarz
Maxim Gorki, Die Mutter. Gelesen von Helene Weigel
Martin Viertel, Die Bärenjagd
Friedrich Wolf, Lucie und der Angler von Paris
Honoré de Balzac, Junggesellenwirtschaft. Gelesen von Anselm Alberty
Theodor Fontane, Irrungen, Wirrungen
Arnold Zweig, Benarome. Gelesen von Willi Schwabe
Peter Nell, Der Junge aus dem Hinterhaus, Gelesen von Peter Bosse
Leonhard Frank, Das Ochsenfurter Männerquartett
Kurt Tucholsky, Schloß Gripsholm. Gelesen von Hans Hildebrandt
William J. Blake, Maria Meinhardt. Gelesen von Regine Toelg
Ehm Welk, Mutafo. Gelesen von Gerry Wolf
M. Dambrowski, Pfarrer Filip

1957
Claude Tillier, Mein Onkel Benjamin. Gelesen von Rudolf Wessely
Charles de Coster, Die Geschichten von Ulenspiegel. Gelesen von Wolfgang Heinz
Thomas Mann, Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull. Gelesen von Herwart Grosse
Anna Seghers, Der Ausflug der toten Mädchen. Gelesen von Mathilde Danegger
Karl Mundstock, Bis auf den letzten Mann. Gelesen von Horst Naumann
Günter Weisenborn, Auf Sand gebaut. Gelesen von Kurt Oligmüller
Wanda Wasilewskaja, Einfach Liebe

1958
Ljudmil Stojanow, Die silberne Hochzeit des Obersten Matow
Herbert Jobst, Der Findling. Gelesen von Gerhard Murche
Michail Scholochow, Ein Menschenschicksal
Jorge Amado, Herren des Strandes. Gelesen von Egon Wander
Otto Gotsche, Zwischen Nacht und Morgen. Gelesen von Erich Franz

1959
Leonid Leonow, Professor Skutarewski. Gelesen von Anselm Alberty
Adolf Rudnicki, Goldene Fenster
Rudolf Braune, Junge Leute in der Stadt
G. Karaslawow, Stanka. Gelesen von Ingeborg Medschinski
Edith Bergner, Spiel mit Philine. Gelesen von Thankmar Herzig
Anna Seghers, Die Entscheidung. Gelesen von Inge Werzlau
Henry Fielding, Joseph Andrews Abenteuer. Gelesen von Herwart Grosse

Auch die in dieser Reihe gelesenen Romane spiegeln die generelle Schwerpunktsetzung der Literaturauswahl in den fünfziger Jahren wieder: Neben Literatur des 20. Jahrhunderts, aus der DDR und den sozialistischen Ländern kamen einige Werke früherer Jahrhunderte „zu Gehör“. Man strebte Abwechslung an und bezog auch unterhaltsame und Abenteuerliteratur ein. In den Jahren ab 1957 ist die wieder stärkere Orientierung auf »sozialistischen Realismus« erkennbar.

Der Lesung dieser Romane lag eine Kürzung und Bearbeitung zugrunde, die - begründet mit notwendiger Straffung und Konzentration auf wesentliche Handlungsstränge - auch einer näheren Betrachtung bedürfte. Als Bertolt Brecht im Juni 1956 die Lesung von Gorkis Mutter mit seiner Frau Helene Weigel hörte, schrieb er an Gerhard Stübe:

Lassen Sie den Roman auf keinen Fall zusammensäbeln! Für die echten Zuhörer, die sich ja während eines solchen Unternehmens erst sammeln, ist 'je länger' unbedingt 'desto besser'! Im Radio - wie auf der Bühne - ist nur das Langatmige lang. Und es ist wichtig, die Hörer, d. h. so viele Hörer als möglich lange zusammenzuhalten bei einer solchen künstlerisch politischen Unternehmung.[89]

In den ersten Jahren dieser Reihe ließ man zum Abschluß des jeweiligen Romans in einer gesonderten Sendung die Mitwirkenden zu Gestaltungsfragen zu Wort kommen. Der Rundfunksprecher Hans Hildebrandt, der 1955 Die Patrioten von Bodo Uhse gelesen hatte, äußerte sich in der Sendung vom 19. Juli 1955 recht kritisch zu diesem Roman. Für ihn waren die Hauptfiguren zu sehr »synthetisch hergestellte Menschen«. Der Romanstil hätte allzu häufige Wiederholungen des Ausdrucks und sprachliche Ungenauigkeiten enthalten: »Sie sehen also, auch ich bin beim Nacherzählen ein Mensch, in dem Freude und Leid vermengt sind. Zum Glück aber überwog die Freude an der Arbeit.«[90]

Auch die eingegangenen Hörerbriefe wurden in diesen Sendungen verlesen und kommentiert. Zu dem Buch Patrioten, das den Widerstandskampf gegen das NS-Regime thematisiert hatte, waren weit weniger Zuschriften eingegangen als zu Falladas Kleiner Mann, was nun? . Viele Hörer hätten sich in Pinneberg wiedererkannt, interpretierte man, und wären aus diesem Grunde von dessen Schicksal besonders bewegt worden. Bei den Patrioten dagegen handele es sich um Menschen, die den Ausweg zeigen, eine zahlenmäßig geringe, disziplinierte und moralisch starke Vorhut, die besten Söhne unseres Volkes, deren Heldentum wir bewundern, deren Opfergang uns beschämt.[91]

So wurde in diesen Jahren Antifaschismus »verordnet«, wobei auch das Eingeständnis der Verstrickungen der Masse der Bevölkerung in den Nationalsozialismus nicht fehlte.

Die offiziellen Berichte über die Hörerresonanz auf dieses Mammut-Sendeunternehmen, auch die in der Rundfunk-Programmzeitschrift abgedruckten Hörerbriefe, sprechen von einer begeisterten Aufnahme beim Publikum. Kultur-Komiteemitglied Wolfgang Rödel berichtete, daß sogar Parteiversammlungen wegen der Lesung von Strittmatters Tinko hätten verlegt werden müssen und daß die Sendungen nachweislich das Ausleihverhalten in den Bibliotheken beeinflußt hätten.[92]

1956, als in der Nachfolge des XX. Parteitages der KPdSU das Rundfunkprogramm wieder in die Kritik geraten war und massenweise Hörerversammlungen in der ganzen Republik zur Erkundung der Publikumsmeinung veranstaltet wurden, erschien in den Berichten über solche Versammlungen auch ein realistischerer Blick auf den Roman in Fortsetzungen. Es stellte sich heraus, daß die Reihe gar nicht so republikweit bekannt war, wie angenommen wurde, daß die Abstände zwischen den einzelnen Lesungen zu lang seien und daß das Konzept der Wiederbelebung der Erzähltradition via Radio nicht überall auf Zustimmung stieß.[93]

Bei den Lesungen bevorzugte der Rundfunk die geschulten Stimmen von Schauspielern und Rundfunksprechern, ganz in der überkommenen Rundfunktradition. In diesem Jahrzehnt herrschte noch weitgehend die sonore, hochsprachliche, stark artikulierende und parteilich-pathetische Diktion vor: Der Rundfunk verstand sich als Sprachbildner der Nation, Rundfunksprechen wurde als eigene Kunst geradezu zelebriert. Bertolt Brecht, der dagegen eine natürliche Sprechweise, auch als soziale Charakterisierung, durchsetzen wollte, hatte deshalb bei seinen Sendungen immer wieder Meinungsverschiedenheiten mit den Rundfunkverantwortlichen auszufechten.[94]

In der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre legte man mit der Lesereihe Verboten - noch nicht verbrannt im Deutschlandsender eine Sendung auf, in der aus Büchern gelesen wurde, die in der Bundesrepublik, zum Beispiel in Bayern, als staatsgefährdend verboten waren. Vor jeder Sendung wurde der entsprechende Brief des bayrischen Staatsministers, der sogenannte Leuckartsche Index, verlesen. Er betraf unter anderem die im Deutschlandsender vorgestellten Bücher von Ludwig Renn Der spanische Krieg, F. C. Weiskopfs Himmelsfahrtskommando, Herbert Ottos Die Lüge oder Erich Weinerts Camaradas - überwiegend Literaturwerke, die den spanischen Bürgerkrieg und die NS-Zeit thematisierten.

Gesonderte Lesereihen waren der heiteren Literatur und der Satire gewidmet, besonders in der Mitte der fünfziger Jahre, als Satire und Kabarett generell, auch im Rundfunk, eine gewisse Blüte erlebten. Die heitere Kurzgeschichte, Humoresken der Weltliteratur, Meister des Humors oder Die Anekdote waren Titel solcher Sendereihen. Zwischen 1953 und 1956 hatte man mit Kurz und gut eine 15minütige, ausgesprochene Satire-Reihe im Programm, in der neben Übernahmen aus der Presse auch original für den Funk geschriebenen Texte gesendet wurden. Offizielle Wirkungsabsicht war, »den Gegner zu entlarven« und »Mängel bei uns mit den Mitteln des Humors überwinden zu helfen«.[95] 1954 konnte man zum Beispiel folgende Satiren hören:

Autor / Titel Inhalt

Regina Hastedt, Das Haar in der Suppe:
Über bürokratische Vorgesetzte in der DDR
Milos Hlavka, Ein König:
Reiseabenteuer eines Berliners heute
W.W. Aschenbach, Mit tellergroßer Lupe:
Kriminalromane westlicher Prägung
Felix Mantel, Märchen v.d. satir.Muttersprache:
Funktionärsdeutsch in der DDR
Günter Kunert, Otto kauft ein:
Mängel der DDR-Verkaufskultur
W. Brudzinski, Väter und Söhne:
menschliche Erziehungsschwächen allgemein
J. Dietl, Das Märchen vom Hans:
Bürokratie u. Korruption i. öffentl. Dienst (tschech. Satire)
J.Marek, Der Standpunkt d. Kritikers:
Opportunismus eines Literaturkritikers (tschech. Satire)
Achim Zell, Auf tönernen Füßen:
Überheblichkeit westdeutscher Politiker
Achim Zell, Wer will unter die Soldaten?:
Bonner Wehrpflicht
Achim Zell, Der Patenschaftsvertrag:
Plakative Erfüllung von Patenschaftsverträgen in der DDR
Karl Stitzer, Die wohlanständige Gesellschaft:
Westberliner Justiz
O. Dahlmann, Das Horoskop d. Woche:
westdeutscher Horoskop-Schwindel
G. Spranger, Mit fremden Federn:
Berichterstattungswesen in der DDR
A. Zell, Die Diskussionsverordnung:
Vortäuschung von Meinungsstreit in der DDR
L. Gaßner, Warum hat die Brigade...:
Bürokratie in DDR-Betrieben
V. Kana, Bürgermeister Horalek:
Kapitalistisches Demokratietheater bei Wahlen (tschech. Satire)
W.K. Schweickert, Ich gewann ...:
Verhalten bei Lottogewinn
Günter Kunert, Von Wölfen und Schafen:
Karrieristische Schriftsteller/opportunistische Funktionäre in der DDR
Günter Kunert, Achtung, hier spricht der Boß!:
Unwirksamkeit von Westagenten in der DDR
Karl Stitzer, Kunkel und die Banausen:
Zeitgedichte auf die Bürokratie
Knud Knudsen, Das Donnerstagskonzert:
handwerkliche Fähigkeiten von Männern
Achim Zell, Der historische Augenblick:
Phrasendrescherei bei der FDJ
D. Tkatsch, Der Herr Papa:
Eltern als Erzieher

In diesem vom Neuen Kurs geprägten Jahr überwogen - neben der beliebten satirischen Beschreibung allgemein menschlicher Schwächen - offensichtlich »die Mängel bei uns« die »Entlarvung des Gegners«. 1955 schrieb die Literaturabteilung für diese Reihe einen Wettbewerb aus, Satiriker seien dringend gesucht, die Sendereihe solle so treffend und wirksam wie möglich gestaltet werden:
"Ein Satiriker muß den Blick für das Wesentliche haben, er muß zupacken und gestalten können. Er darf übertreiben, wenn er damit die Wirkung verstärkt, er ist ein Karikaturist der Feder ... Innere Anteilnahme setzt die Satire voraus, der Satiriker, den wir suchen, bejaht die Neuordnung unseres Lebens. Es ist ihm ernst darum, die Menschen und die Verhältnisse zu bessern, deshalb erhellt er mit dem Schlaglicht seines Witzes und Spottes die Stellen, die faul und morsch sind. Selbst aus dem verstecktesten Winkel stöbert er diejenigen auf, die unsere Entwicklung hemmen und unserer Ordnung schaden. Weithin vernehmbar warnt er vor den Gefahren, die uns drohen."[96]
Die Ausschreibung war erfolgreich und »auf den Redaktionsschreibtischen landeten Hunderte von Manuskripten«, von denen viele gesendet wurden.[97] Dennoch hielt sich auch diese Sendereihe in dieser Form nicht lange.

Auch im Gefolge des Neuen Kurses, als man das Programm mit Unterhaltung aufzulockern bemüht war, war von 1954 bis 1956 ein Literaturprogrammtyp im Angebot, der eine relativ freie feuilletonistische Gestaltung erlaubte, bei dem man mit Satiren, Glossen, szenischer Umsetzung und Musik arbeitete: Die Stunde vor Mitternacht. Im Plauderton wurde die Sendung moderiert, von den Autoren selbst und auch von Schauspielern. Die Sendereihe, die einen sehr unregelmäßigen Senderhythmus hatte, war bei Autoren und Redakteuren sehr beliebt. Als ihre Einstellung für 1957 beschlossen wurde, schrieb Autor und Regisseur Joachim Witte in einem Protestbrief an das Komitee:
"Diese von vielen begehrte Reihe war die einzige Einstundensendung, die eine künstlerisch freie Gestaltung zuließ. Durch den Wegfall werden wir in Zukunft wieder nur die starre Form der bloßen Lesung haben!"[98]
Der Protest verhallte unbeachtet.

Gestaltungsexperimente hätten eigentlich auch die oft halb- oder ganzstündigen sogenannten Erbesendungen geboten. Diese Reihen, zum Beispiel Leben und Werk, Unvergängliches Erbe oder Blätter der Erinnerung wurden zwar auch mit Hörszenen oder zum Teil essayistisch vermittelt, hatten in erster Linie aber Vortragscharakter. Autoren waren Literaturwissenschaftler oder auch die Literaturredakteure selbst, die hier die Gelegenheit wahrnahmen, ihr erworbenes Wissen umfangreich abzuarbeiten. In getragener Diktion, von Bedeutungsschwere durchtränkt, wurde in diesen Reihen Bildung pur verbreitet - und damit Volkshochschul- oder Schulfunkatmosphäre, ganz in Übereinstimmung mit dem gängigen Erbe- und Nationalliteraturkonzept. Solche Themen von 1954 wie »Hans Sachs und die deutsche Klassik«, »Der Hessische Landbote von Georg Büchner«, »Georg Forster und die deutsche Nation« unterstützten den Bildungs- und gesamtdeutschen Sendeauftrag.

Ein Dauerbrenner bei den Hörern waren die sogenannten Mottosendungen, die eine Kombination von Literaturlesung oder -rezitation und musikalischer Gestaltung anboten, besonders wenn sie am Sonntagvormittag ausgestrahlt wurden. Schon im Mai 1945 war mit Besinnung und Einkehr eine solche Reihe ins Programm des SBZ-Rundfunks gekommen, die - von getragener Lyrikrezitation und klassischer Musik beherrscht - für Jahre die Richtung für diesen Sendetyp vorgab.[99] Apostrophiert als »repräsentative Feiertagssendungen«, die »Lebensmut, Sinnenfreude, Zuversicht und echte Heiterkeit« vermitteln sollten, schufen diese Sendungen offensichtlich so etwas wie Gottesdienstersatz am Sonntagvormittag.[100] Man war jahrelang von der »recht glücklichen Mischung von Lyrik, Prosa und Musik« überzeugt, »die dem Hörer das geben wollte, was ihm gerade heute den Verlust von Bibliotheken und Büchern etwas entschädigen soll. Dabei haben wir uns weder an das Schatzkästlein der Nazizeit angelehnt, noch etwa verstaubte Literatur vermittelt und gerade diese Sendung hat ... ein wirklich großes Echo in der Allgemeinheit, der Hörerschaft gefunden. « [101]

In den fünfziger Jahren liefen solche Sendungen unter dem Titel Musik und Dichtung, ab 1955 gab es zusätzlich in der gleichen Sendeform und zur gleichen Sendezeit Das Schatzkästlein auf dem Deutschlandsender, das nun auch in seinem Titel auf die Sendung gleichen Namens im NS-Rundfunk zurückgriff und in seiner hausbackenen Anlage offenbar auch entsprechend konservative Hörerschichten in der Bundesrepublik ansprechen sollte. Dort allerdings wurden die Hörer bereits von mehreren ARD-Hörfunksendern auch mit Schatzkästlein-Sendungen zur gleichen Sendezeit versorgt: Deutsch-deutsche Gemeinsamkeiten bei der Weiterführung von NS-Rundfunktraditionen und von kleinbürgerlicher Sonntags-Literaturtümelei im Interesse überkommener Hörgewohnheiten.

Im DDR-Rundfunk schwebte das Erbe als Brücke zwischen den beiden Teilen Deutschlands über dieser Sendeform, die »Schätze hebt, mit denen die Dichter und Komponisten aller Zeiten und Zonen ihre Mitmenschen beglückt und bereichert haben.«[102] Man bezeichnete die Literaturauswahl als »locker, allgemeinverständlich, schlicht und sorgfältig« und griff thematisch anfangs eher Zeitloses auf, später ging man jedoch auch zu Zusammenstellungen mit direkt politischen Themen über. Mit dieser Sendeform und deren weihevoller, sakraler sprachlicher Diktion traf man offensichtlich die zeitgenössischen Hörerwartungen am besten. Viele Hörer bestätigten den Machern »gute Literaturauswahl«, »passende Wort- und Musikzusammenstellung«, den »Einsatz von Spitzenkräften des Schauspiels«, die gewünschte »behagliche Feiertagsatmosphäre« oder »eine angenehme sonntägliche Abwechslung, die zum Nachdenken Anlaß gibt«.[103] In diesen Jahren war Das Schatzkästlein die Literatursendung, die die meiste zustimmende Hörerpost erhielt.[104] Auch wenn mitunter Kritik laut wurde (Wolfgang Langhoff sprach 1953 von einem »absoluten Niveauabstieg«, eine Hörerin kritisierte 1955 das »müde, verlogene Pathos, das der Situation an frischen Gräbern entspricht«[105]), diese Sendeform war bis weit in die sechziger Jahre im Programm.[106]

Inhaltlich und gestalterisch schwankten diese Sendungen zwischen Bildungsüberfrachtung, Trivialität und hehrem literarischem Anspruch, hinzu kam auch hier die zunehmende vordergründige Ideologisierung. Letztlich führte man damit deutsche kleinbürgerliche Sonntagsbetulichkeit weiter, das »Museum«, wie Heiner Müller das dahinter stehende kulturpolitische Konzept der Wiederbelebung konservativer bürgerlicher Werte bezeichnet hat. Hier offenbart sich die generelle kultur- und literaturpolitische Akzentsetzung jener Jahre, die in den Literaturredaktionen des Rundfunks wenig Überlegungen über neue, andere und funkspezifische Vermittlungsformen zuließ, obwohl man in der DDR ja in jeder Beziehung Alternative zu Bisherigem hatte sein wollen. Auch hier waren es Künstler, die den Mangel an künstlerisch-methodischer Reflexion innerhalb der Funkarbeit aussprachen. Bertolt Brecht hatte noch einige Monate vor seinem Tod Gerhard Stübe gegenüber erklärt, in der Akademie der Künste die Einrichtung einer Radioklasse anregen zu wollen:
»In ihr sollten Autoren, Dramaturgen und Regisseure, assistiert von wissenschaftlichen Mitarbeitern, praktische Rundfunkerfahrungen gemeinschaftlich systematisieren. Werde doch ... auf diesem Gebiet immer noch nach dem Faustregelprinzip gearbeitet. Wo können sich festangestellte und freiberufliche Rundfunk- und Fernsehmitarbeiter fachlichen Rat holen? Wie sollen sie sich über die internationalen Entwicklungen auf dem laufenden halten? Welche Maßstäbe soll die noch in den Kinderschuhen steckende sozialistische Hörspielkritik anlegen, wenn es ihr an wissenschaftlichen Grundlagen mangelt?« [107]
In den fünfziger Jahren überdeckte das tagespolitisch festgelegte Sendegeschäft solche Fragen und ebnete neue Versuche und Ansätze ein. Ob es davon tatsächlich so wenig gegeben hat, ob individuelle Handschriften und Experimente so selten vorkamen, wie es den Anschein hat, bedürfte einer weiteren Aufklärung.


Sendeumfang und Sendeplätze

Es gibt heute wohl keine deutsche Rundfunkstation, die so viele [künstlerische] Wortsendungen hat wie wir. Nehmen wir alle Gattungen unseres Monatsprogramms auf den drei Sendern zusammen, so kommen wir auf über hundert.[108]... Diese imponierende Zahl unterstreicht eindeutig die große Bedeutung, die der Literatur im Kampf unseres Volkes um Frieden, Einheit und Demokratie von den verantwortlichen Stellen unseres Staates beigemessen wird.[109]

Diese stolze Bilanz von 1952 und 1953 weist auf einen opulenten Umfang des Literaturangebotes hin, bei dem allerdings auch die von anderen Abteilungen verantworteten Sendungen wie Hörspiele, kulturpolitische Magazine und Theater- und Filmsendungen einbezogen wurden. Denn Anfang des Jahrzehnts gab es für die in der Literaturabteilung produzierten Sendungen auf den drei Programmen gut zehn Sendetermine pro Woche mit zirka fünf Stunden Sendezeit.[110] Für die erste Hälfte der fünfziger Jahre ist des weiteren zu berücksichtigen, daß die zentrale Literaturabteilung zwischen 1952 und 1955 für alle drei Programme zulieferte, was bedeutete, daß fast jede Sendung unverändert auf jedem Programm lief, so daß das eigentliche Angebot sich erheblich reduzierte.

Am Ende der fünfziger Jahre war man bei gut 20 wöchentlichen Sendeterminen mit zirka neun Sendestunden auf fünf Programmen angekommen, eine erhebliche Steigerung also, zumal nun drei Literaturredaktionen unterschiedliche Sendungen für diese Programme herstellten. Allerdings war man in dieser Zeit mehr und mehr vom zunächst üblichen wöchentlichen Senderhythmus abgekommen, was die Hörerbindung verringerte.

Die Sendedauer der einzelnen Literatursendungen weist über das ganze Jahrzehnt hinweg einen relativ ausgeglichenen Anteil von Kurzangeboten zwischen fünf und 15 Minuten (vor allem für die mehr informierenden Genres wie Büchervorschauen, Rezensionen, Berichte, Kommentare, aber auch Lesungen) und Sendungen bis zu einer Stunde auf. Letztere, zum Teil aufwendig produziert, wurden zum Ende der fünfziger Jahre mehr und mehr reduziert.

Entgegen anderen Aussagen[111] wurden aber die besten Sendezeiten mitnichten den Literatursendungen zur Verfügung gestellt: Die in diesem weitgehend noch fernsehlosen Jahrzehnt wichtigen Hauptsendezeiten am Morgen und Abend der Werktage waren anderen Programmsparten vorbehalten. Nur die - nicht von der Literaturabteilung produzierten - Hörspiele waren zur besten Sendezeit am Abend im Angebot.

Die meisten Literatursendungen konnte man dagegen am Werktagnachmittag hören, dem klassischen Sendeplatz für Literatur seit der Frühzeit des Rundfunks.[112] Einige Sendungen liefen im Spätabendprogramm (ab 22.00 Uhr) der Werktage. Immerhin erhielt das Prestige-Unternehmen, die Lesereihe Roman in Fortsetzungen, einen Sendeplatz im Abendprogramm. Und am Wochenende war die Literatur zu einer ausgesprochenen Hauptsendezeit präsent, am Sonntagvormittag.

Ohne Erfolg versuchten die Literaturredaktionen mehr als einmal, nahezu bei jeder Programmreform, an der festgeschriebenen Sendeplatz-Zuweisung zu rütteln. Regelmäßig forderten sie auch die Hörer dazu auf, ihre Meinungen zu Sendezeiten und Sendeplätzen kundzutun, die dann in den Sendungen verlesen oder als Argument gegenüber der Rundfunkleitung benutzt wurden.

»Nur das Fehlen einiger Wortsendungen im Abendprogramm wird von vielen Hörern bemängelt, ein Umstand, der in Zukunft berücksichtigt werden müßte, weil der werktätige Mensch, der heute mehr als je aufgeschlossen ist für Fragen der Literatur und des Buches, gerade in den Abendstunden an der Entwicklung des literarischen Geschehens, wie es der Rundfunk vermittelt, teilnehmen möchte.« [113]

Der »werktätige Mensch«, dessen geistige und literarische Interessen hier in einer Beschreibung aus dem Jahre 1952 den gängigen Wunschvorstellungen folgen, konnte normalerweise in der Woche nach 22.00 Uhr keine Literatursendungen mehr wahrnehmen, auch wenn er gewollt hätte: Der reguläre Arbeitsbeginn lag damals in der DDR zwischen 6.00 und 8.00 Uhr.
»Die Sendezeiten liegen mit einigen Ausnahmen zwischen 14.00 und 16.20 Uhr. Welcher werktätige Hörer ist dann zu Hause? Eine rhetorische Frage, die sich von selbst beantwortet, nicht wahr? Aber sie werden verstehen, daß über die Festlegung der Sendezeiten die Literaturabteilung nicht allein zu befinden hat,« [114]
schrieb Gerhard Stübe leicht resigniert, aber die sich auf die Sendezeiten auswirkenden Machtverhältnisse zwischen den einzelnen Programmsparten durchaus real schildernd, seinen Hörern 1953 in der Programmzeitschrift.

Obwohl es in diesen Jahren innerhalb des Werktagnachmittags mehrere Sendetermin-Änderungen zu früheren oder späteren Anfangszeiten hin gegeben hat, wurde er als Literatur-Domäne des Rundfunkprogramms nicht verlassen. Wer konnte also die vielen Literatursendungen tatsächlich hören? Nicht-Werktätige, höchstens noch Schichtarbeiter, Frauen (die Frauen-Berufstätigkeit war in den fünfziger Jahren noch nicht so hoch wie in den späteren Jahrzehnten), Rentner, Kinder und Jugendliche. Am Sonntagvormittag erreichte sie alle, Werktätige und Nicht-Werktätige, dann ein Literaturangebot, das, wie bereits beschrieben, einen breiten konservativen Massengeschmack bediente. Ohnehin an Literatur Interessierte, Künstler und Schriftsteller, mögen dagegen auch die Sendetermine am späten Werktagabend wahrgenommen haben. Auch hier offenbaren sich auffallende Ähnlichkeiten mit den Literatur-Sendezeiten in den Rundfunkstationen der Bundesrepublik.

Die hochgespannnten literarischen Bildungs- und Erziehungsabsichten des DDR-Rundfunks den Werktätigen gegenüber wurden zwar mit einer Vielzahl von Sendungen, nicht jedoch durch die Realität der Sendeplätze eingelöst, eine Tatsache, die die politischen Programmverantwortlichen in ihren vielen Berichten, Bilanzen und Erklärungen nie thematisiert haben, gleichzeitig ein Ausdruck für den der Literaturvermittlung zugemessenen Stellenwert als Beiwerk zur Unterstützung der politischen Botschaften.

In diesem vorgegebenen Rahmen von politisch-journalistischen Prämissen, kulturpolitischen Direktiven und staatlichem Repräsentationsanspruch bewegte sich die Literaturvermittlung in den fünfziger Jahren. Vordergründige Ideologisierung und Pädagogisierung wurden begleitet von unkritischen Rückgriffen auf überkommene Vermittlungsformen und Propagandamethoden. Dennoch gab es Um- und Aufbrüche, auch die Literatursendungen konnten eine gewisse Eigendynamik entwickeln. Ebenso wie die Gesamtgesellschaft blieb aber auch dieses mediale Segment in dem widersprüchlichen Spannungsfeld zwischen den propagierten alternativen Zielen und ihrer Umsetzung mit konservativen Mitteln stecken.

Das staatliche Angebot an die Geistesschaffenden, Kultur und Literatur zur Sache des ganzen Volkes zu machen und an den gesellschaftlichen Entwicklungen mitzuwirken, wurde dennoch weitestgehend aufgegriffen. Auch am Ende dieses an widersprüchlichen Ereignissen und Trends reichen Jahrzehnts waren viele bereit, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen. So resümierte Christa Wolf das Ende der fünfziger Jahre:
Wir sahen uns auch nicht etwa einer Front gegenüber, die gegen uns stand: Immer gab es Differenzierungen, auch in der Kritik, wenn auch manchmal sehr spät. Wir sahen verschiedene Strömungen in der Gesellschaft. Wir hatten das Gefühl, die Realität bewege sich auf die Dauer in die gleiche Richtung wie wir, und wir könnten, zusammen mit den Leuten aus der Wirtschaft, aus der Wissenschaft, dieser progressiven Richtung zum Durchbruch verhelfen. Vergiß nicht, daß viele von uns, dem vielgeschmähten Bitterfelder Weg folgend, in Betrieben waren, Freundschaften mit Leuten aus Brigaden, mit Wirtschaftsfunktionären schlossen, Einblick bekamen in ökonomische Prozesse und Widersprüche. Das war alles sehr anstrengend, aber auch hoch interessant, und wir waren immer noch jung, zwischen dreißig und fünfunddreißig. Und es gab für uns keine Alternative. Sollten wir das Westdeutschland Adenauers und Globkes oder Erhards als möglichen Lebensort in Betracht ziehen? Diese Land hier war - großmäulig gesprochen - unser Kampffeld, hier wollten wir es wissen, hier sollte es passieren, und zwar noch zu unseren Lebzeiten. [115]


Literaturverzeichnis

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Sauter, Josef Hermann: Unter der Leselampe. In: Unser Rundfunk, 1959, H. 24.
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Stübe, Gerhard: Junge Autoren kommen zu Wort. In: Der Rundfunk, 1951, H.
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-,-: Die Literaturabteilung stellt sich vor. In: Der Rundfunk,1953, H. 27.
-,-: Die Literaturabteilung hat das Schlußwort. In: Der Rundfunk, 1953, H. 38.
-,-: Darüber freuen wir uns. Die Literaturredaktion antwortet auf Hörerbriefe. In: Unser Rundfunk, 1955, H. 11.
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Thomas Mann liest: Felix Krulls Musterung. In: Unser Rundfunk, 1954, H. 27.
Thomas Mann schrieb unserer Redaktion. In: Unser Rundfunk, 1954, H. 37.
Und abends Kostproben der Literatur. Der demokratische Rundfunk öffnet sich dem Schrifttum. In: Neue Zeit vom 27.11.1952.
Unvergängliche Dichtung. In: Unser Rundfunk, 1958, H. 43.
Unvergängliche Dichtung. In: Funk und Fernsehen, 1960, H. 21.
...und was sagt der Hörer? Literatursendungen viel begehrt. In: Der Rundfunk, 1953, H. 24.
Von A bis Z ja! – aber anders. In: Unser Rundfunk, 1955, H. 39.
Weniger, Manfred: Literaturkritische und -propagandistische Sendungen im Deutschlandsender. Universität Leipzig: Diplomarbeit 1964.
Wir empfehlen zu lesen. In: Unser Rundfunk, 1959, H. 1.
Wittenbrink, Theresia: Rundfunk und literarische Tradition. In: Programmgeschichte des Hörfunks in der Weimarer Republik. Hrsg. von Joachim-Felix Leonhard, Band 2. München 1997, S. 996 - 1087.
Wo bleiben gute Agit-Prop-Sendungen? In: Unser Rundfunk, 1958, H. 39.
Wolf, Gerhard: Sieg der Dilettanten? In: Neue deutsche Literatur, 1955, H. 12.
Zahlbaum, Willi: Für ein besseres Programm. In: Der Rundfunk, 1953, H. 30.
Zilles, Hermann: Wir wünschen guten Empfang! Das Winterprogramm des Berliner Rundfunks und des Deutschlandsenders. In: Der Rundfunk, 1950, H. 46.


Anmerkungen

1 Vgl. Grimmer: Die spezifischen Aufgaben der Redaktion Kulturpolitik des Deutschlandsenders ...; Weniger: Literaturkritische und -propagandistische Sendungen im Deutschlandsender; Flessau: Zielrichtung und Methoden der ideologischen Beeinflussung der Hörer in kulturpolitischen Sendungen ...; Radke: Zur Rolle des Deutschen Demokratischen Rundfunks in der ersten Etappe der sozialistischen Kulturrevolution in der DDR.
2 Redaktionsleiter Gerhard Stübe zum Beispiel, Jahrgang 1921, war nach dem Krieg Pressereferent eines Bürgermeisters gewesen und nun mit gerade 30 Jahren für das gesamte Literaturprogramm verantwortlich.
3 Vgl. hierzu ausführlich Dussel: Die Sowjetisierung des DDR-Rundfunks in den fünfziger Jahren, S. 992-1018.
4 Vgl. Beschlußprotokoll 4/1956 der Kollegiumssitzung am 20.1.1956, S. 2, Deutsches Rundfunkarchiv (DRA) Berlin, Historisches Archiv, Hörfunkbestand (HA HF).
5 Vgl. hierzu ausführlich Emmerich: Literatur des sozialistischen Aufbaus (1949-1961), S. 113-173.
6 Rede Hermann Axens auf der Rundfunktagung zum fünfjährigen Bestehen des deutschen demokratischen Rundfunks am 11.5.1950, S. 36-37, DRA Berlin, HA HF, F201-00-00/0001.
7 Rede Maximilian Scheers auf der Rundfunktagung zum fünfjährigen Bestehen des deutschen demokratischen Rundfunk am 11.5.1950, S. 152, DRA Berlin, HA HF, F201-00-00/0001.
8 Zilles: Wir wünschen guten Empfang!
9 Girnus: Der demokratische Rundfunk im Kampf für eine realistische deutsche Kunst, S. 44.
10 Diskussionsbeitrag Günther Cwojdraks auf der Kulturtagung des demokratischen Rundfunks am 13.4.1951, S. 115, DRA Berlin, HA HF, F210-00-00/0001.
11 Und abends Kostproben der Literatur.
12 Stübe: Die Literaturabteilung stellt sich vor; Ferner Stübe: Die Literaturabteilung hat das Schlußwort.
13 Vgl. u.a. Zahlbaum: Für ein besseres Programm; Heiss: Ergebnis ernsthafter Prüfung: Ein neues Programm.
14 Beschlußvorlage 27/1955, S. 1-2, Bundesarchiv Berlin (BArch), Bestand DR 6/4.
15 Beschlußvorlage 27/1955, S. 2-3, BArch, Bestand DR 6/4.
16 Wolf: Sieg der Dilettanten?
17 Beschlußvorlage 7/1956, S. 4, BArch, Bestand DR 6/4.
18 Besser mitgedacht als vorgedacht. Zu Hörermeinungen über Die japanischen Fischer.
19 Der für den 28. November 1956 - einen Tag vor der Verhaftung von Wolfgang Harich - vorgesehene und bereits produzierte Vortrag war ohne Vorankündigung aus dem Programm genommene worden, was eine Reihe von empörten Nachfragen, u.a. aus der Akademie der Künste, nach sich zog. Er wurde am 2. Dezember 1956 in der kulturpolitischen Wochenzeitschrift Sonntag veröffentlicht. Edition in: Mayer: Zur deutschen Literatur der Zeit. Im DRA Berlin ist das Tondokument nicht überliefert.
20 Kommentar von Wolfgang Rödel vom 5.12. 1956, DRA Berlin, HA HF, DS 1956.
21 Komiteevorlage vom 20.5.1957, S. 8, BArch, Bestand DR 6/529.
22 Bericht an den Ministerrat über die kulturpolitische Arbeit des Rundfunks und des Fernsehens, 1958, S. 8, BArch, Bestand DR 6/529.
23 Brief des Komiteevorsitzenden Hermann Ley vom 23.7.1957 an den Schriftsteller Kuba, BArch, Bestand DR 6/349. Kuba hatte auf dem kurz zuvor stattgefundenen 32. Plenum des SED-Zentralkomitees den DDR-Rundfunk kritisiert.
24 Wolfgang Rödel: Kommentar zum 32. Plenum. Erläuterung der kulturpolitischen Aufgabe des demokratischen Rundfunks, 4.8.1957, S. 3, DRA Berlin, HA HF, DDR 1957/632; Ferner: Rödel: Unser Rundfunk und die zeitgenössische Literatur; Ley: Kultur in Funk und Fernsehen.
25 Bericht zur Arbeit des Senders Radio DDR und seiner Redaktionen, 1957, S. 9, BArch, Bestand DR 6/529.
26 Beschlußvorlage vom 20.5.1957, S. 8, BArch, Bestand DR 6/529.
27 Beschlußprotokoll 30/1957 vom 20.8.1957, BArch, Bestand DR 6/529; Vgl. auch: Düwel: 'Dressierte Flöhe' in der Literatur. Wie Maxim Gorki die bürgerliche Dekadenz bekämpfte.
28 Engelhardt: Betrachtung beim Lesen von Hörerpost; Ferner Hartert: Arbeiterdichter mehr zu Wort kommen lassen!; Wo bleiben gute Agit-Prop-Sendungen?
29 Komitee-Beschlußprotokoll 12/1960 vom 29.3.1960, BArch, Bestand DR 6/355.
30 C. (Cwojdrak): Wir lesen im Betrieb.
31 Becher: Auf andre Art so große Hoffnung, S. 620.
32 Rede Hermann Axens auf der Rundfunktagung am 11.5.1950, S. 36-37, DRA Berlin, HA HF, F201-00-00-/0001.
33 Koplowitz: Über Sinn und Form des Betriebsabends; Ferner: Kritik und Selbstkritik im Betriebsabend; Mildner: Worauf es ankommt.
34 Rede Alfred Duchrows auf der Rundfunktagung am 11.5.1950, S. 103, DRA Berlin, HA HF, F201-00-00/0001.
35 Vgl. z. B. ...und was sagt der Hörer?; Literaturfreunde haben das Wort; Originalzuschriften von Hörern an die Literaturredaktionen aus den fünfziger Jahren sind im DRA Berlin nicht überliefert. Die in der Programmzeitschrift abgedruckten Briefe können nicht als repräsentativ gelten.
36 Sendemanuskript im DRA Berlin, HA HF, DS 1954.
37 Freigabeschein, Ansage und Sendemanuskript, DRA Berlin, HA HF, Berlin I 1954/8.
38 Stübe: Darüber freuen wir uns.
39 Vgl. Schneider: Alltägliches?
40 Die Aussprache.
41 Vgl. z.B. Niemann: Unsere Schriftsteller lesen; Ein lieber Gast. Anna Seghers im Röhrenwerk Neuhaus; Fiebiger: Literarischer Treffpunkt; Ich schreibe.
42 Vgl. z.B. Von A bis Z ja! –aber anders.
43 Sendemanuskript der Sendung Literarische Umschau vom 22.3.1955, DRA Berlin, HA HF, DS 1955/120.
44 Vgl. Sauter: Unter der Leselampe.
45 Jäckel: Wer schreibt den Schluß?
46 Aktenband Konferenzen, S. 92, BArch, Bestand DR 6/73.
47 Literatur und Rundfunk.
48 Literatursendungen des Deutschlandsenders und des Berliner Rundfunks.
49 Stübe: Die Literaturabteilung stellt sich vor.
50 Beschlußvorlage vom 28.7.1955, BArch, Bestand DR 6/3.
51 Die Auswahl der Jahre ist beispielhaft vorgenommen worden, um schrittweise Entwicklungen deutlich zu machen. Für die Jahre 1950, 1954 und 1959 betrifft das Autoren, denen Einzelsendungen gewidmet waren, für 1957 auch Sendungen mit mehreren Autoren, vor allem Lyriksendungen. Vgl. die Gesamtaufstellung der Autoren für diese Jahre in der Anlage 1.
52 Beschlußvorlage vom 28.7.1955, BArch, Bestand DR 6/3.
53 Freigabeschein, Ansage und Sendemanuskript vom 3.11.1955, DRA Berlin, HA HF, DS 1955/835. Die Ansage für die Lesung eines Ausschnittes aus einem anderen Werk von Heinrich Böll am 14.6.1956 faßte sich noch kürzer: »In unserer Sendereihe ... lesen wir Ihnen heute Ausschnitte aus der Erzählung Das Brot der frühen Jahre von Heinrich Böll«. Dem von Christa Wolf ausgewählten Ausschnitt war folgender, den Hörern nicht mitgeteilter Argu-Text vorangestellt: »Heinrich Böll erzählt die Geschichte eines jungen Menschen, der durch die Not der Nachkriegsjahre gegangen ist: Das Unbehagen gegenüber der geistigen und materiellen Existenz«. Freigabeschein, Ansage und Sendemanuskript, DRA Berlin, HA HF, DS 1956/888.
54 Vgl. Lokatis, Der Verlag Kultur und Fortschritt als Filter für sowjetische Literatur, S. 118-121.
55 Sendemanuskript, DRA Berlin, HA HF, DDR 1957/354.
56 Angaben in Prozent, bezogen auf das jeweilige Jahr. Die Fehlbeträge bis 100 Prozent beziehen sich auf Autoren aus anderen Ländern. Grundlage der Berechnung für die Jahre 1950, 1954 und 1959 sind die Ausdrucke in der Programmzeitschrift, für 1957 eine Auflistung des DDR-Rundfunks, den Zeitraum Mai bis Oktober des Jahres betreffend, vgl. Beschlußvorlage 80/1957, DRA Berlin, HA HF.
57 Vgl. Beschlußvorlage 80/1957, DRA Berlin, HA HF, und Beschlußvorlage vom 28.7.1995, BArch, Bestand DR 6/3.
58 Angaben in Prozent, bezogen auf den jeweiligen Sender.
59 Beschlußvorlage vom 28.7.1955, BArch, Bestand DR 6/3.
60 Vgl. Beschlußvorlage 80/1957, DRA Berlin, HA HF.
61 Bericht an den Ministerrat über die kulturpolitische Arbeit des Rundfunks und des Fernsehens, 1958, S. 7, BArch, Bestand DR 6/529.
62 Vgl. hierzu Barck: Öffentlichkeits-Defizite: Tabuisierungen, S. 418-431.
63 Vgl. Zusammenstellung der Sendetitel solcher Sendungen für die Jahre 1950, 1954 und 1959 in der Anlage 2.
64 Freigabeschein, Ansage und Sendemanuskript vom 4.4.1954, DRA Berlin, HA HF, B095-00-05/0001, TSig. 0022.
65 Literarische Umschau.
66 Protokoll der Rundfunktagung am 11.5.1950, S. 211-212, DRA Berlin, HA HF, F 201-00-00/0001.
67 Stübe: Junge Autoren im Funk. Vgl. auch Stübe: Junge Autoren kommen zu Wort.
68 Vgl. Scheer: Stiefkind Rundfunkkritik.
69 Püschel: Das neue Gedicht.
70 Eine solche Lektorierung der Texte ist jedoch schwer nachweisbar, da im DRA Berlin nur die zur Sendung angefertigten Manuskripte überliefert sind. Der Redaktionsschriftwechsel mit Schriftstellern aus den fünfziger Jahren ist nicht vorhanden. Entsprechende Schriftsteller-Nachlässe konnten nicht durchgesehen werden.
71 Johanna Rudolph: Zur Lesung Thomas Manns. Unser Literaturkommentar vom 28.6.1954, DRA Berlin, HA HF, Berlin I 1954; Ferner: Thomas Mann liest: Felix Krulls Musterung; Drescher: Thomas Mann sprach zu uns - wir danken dem Demokratischen Rundfunk!; Thomas Mann schrieb unserer Redaktion; Heydeck: Thomas Mann am Mikrofon.
72 Brief im Privatbesitz vom Gerhard Stübe, der Verf. mit frdl. Genehmigung zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt.
73 Sendemanuskript Unser Literaturkommentar, DRA Berlin, HA HF, Berlin I 1954. Dieses Treffen auf der Wartburg war von prominenten westdeutschen Schriftstellern aus Furcht vor politischer Vereinnahmung boykottiert worden. Auch der regelmäßige Kontakt, den die Literaturredakteure des DDR-Rundfunks zu einigen von ihnen unterhielten, mußte auf deren Wunsch hin zum Teil konspirativ gestaltet werden. Der Literaturkommentar, der einige Jahre im Programm war und überwiegend von Rundfunkmitarbeitern stammte, ging politisch ganz direkt zur Sache. Er hatte vor allem die »entlarvende Auseinandersetzung mit der antihumanistischen Literatur Westdeutschlands« zu führen (Beschlußvorlage vom 28.7.1955, BArch, Bestand DR 6/3). Die Flut von Kriegsmemoiren, Landser- und Trivialliteratur, das Einfuhrverbot von DDR-Literatur und die Abschottung gegenüber DDR-Schriftstellern in der Bundesrepublik boten hierfür auch reichlich Kommentaranlässe.
74 Transkripte solcher Gespräche sind nicht überliefert, nur einige ausgewählte Tonbeispiele.
75 Beide Gespräche sind im DRA Berlin als Tondokument überliefert: Maximilian Scheer und Bertolt Brecht im Gespräch mit den jungen Regisseuren und Dramaturgen Lothar Creutz, Egon Monk, Peter Palitzsch, Käthe Rülicke, Wera Skupin, 22. 12.1951, DOK 443/1/2; Annemarie Auer und Bertolt Brecht im Gespräch mit Claus Hubalek, Käthe Rülicke, Peter Palitzsch über das Buch Theaterarbeit, 11.6.1952, DOK 483. Edition beider Gespräche in: Brecht im Gespräch, S. 136-139 und S. 140-145.
76 Vgl. Pietrzynski: 'Jeden Monat wird eine Sendung des Berliner Ensembles gegeben ...'.
77 Freigabeschein und Sendemanuskript, DRA Berlin, HA HF, DS 1954/1486.
78 Vgl. Pietrzynski: 'Eine Bereicherung des Rundfunkprogramms ...'.
79 Vgl. Pietrzynski: Bertolt Brecht und die Reihe Forum der Kritik mit Herbert Ihering; Ferner: Jäger: Kurzer Abschied von einem Rezensionswesen, S.92. Eine Reihe von Iherings Originalmanuskripten sind im DRA Berlin überliefert (HA HF, B083-00-05/0001), die Tondokumente sind nicht erhalten.
80 Vgl. Die Aussprache. Ein vielseitiges Werk; Kunert: Ich bin sehr neugierig ...; Kunert: Von einem, der auszog, Satiriker zu werden.
81 Diese recht umfängliche und unterschiedliche Gestaltungsmittel nutzende Funkarbeit umfaßt mehr, als Günter Kunert heute in seinen publizierten Erinnerungen preisgibt. Sicher hat er inzwischen einen großen Abstand zum Inhalt dieser Rundfunktexte, die Individualität, Witz und Ironie auszeichnen, aber ebenso vom Geist der Zeit und inhaltlich von den politischen Prämissen jener Jahre geprägt sind. Kunert zitiert eine Stasi-Einschätzung: »daß er sehr luschig gearbeitet hat und zum anderen sich nicht an die Argumentationen des Redaktionskollektivs [der Unterhaltungsredaktion] hielt und nach eigenen Anschauungen arbeitete.« Vgl. Kunert, Erwachsenenspiele, S. 200.
82 Vgl. Hermlin: Lektüre.
83 Vgl. Pietrzynski: 'Der Rundfunk ist die Stimme unseres Landes ...'.
84 Menschen rettet das Leben, S. 3. Vgl. auch: Literaturpreisausschreiben des Deutschlandsenders; Literaturpreisausschreiben von Radio DDR.
85 Pressemitteilung des Deutschlandsenders vom August 1958, F090-00-00/0033. Die Originaleinsendungen zu den Preisausschreiben sind im DRA Berlin nicht überliefert.
86 Beschlußvorlage vom 28.7.1955, BArch, Bestand DR 6/3.
87 Sendemanuskript: Antwort auf Hörerbriefe zu unserem ersten Fortsetzungsroman, 8.3.1955, DRA Berlin, HA HF, Berlin I/115.
88 Beschlußvorlage vom 28.7.1955, BArch, Bestand DR 6/3.
89 Brecht: Briefe, Brief 2352a.
90 Sendemanuskript, S.5-6, DRA Berlin, HA HF, Berlin I/386.
91 Sendemanuskript, S. 3, DRA Berlin, HA HF, Berlin I/386.
92 Wolfgang Rödel: Die Behandlung der kulturpolitischen Sendungen zur Pflege der nationalen Kultur, Beschlußvorlage 7/1956 vom 20.1.1956, DRA Berlin, HA HF; Ferner: Literaturfreunde haben das Wort. Weitere Stimmen zur Sendereihe Roman in Fortsetzungen; Meister Breugnon. Roman in Fortsetzungen.
93 Vgl. Protokoll der Höreraussprache mit Angehörigen des Kulturbundes vom 8.11.1956, S. 2, BArch, Bestand DR 6/550.
94 Vgl. Pietrzynski: 'Jeden Monat wird eine Rundfunksendung des Berliner Ensembles gegeben ...'.
95 Beschlußvorlage vom 28.7.1955, BArch, Bestand DR 6/3.
96 Satiriker gesucht!; Ferner: Kunert: Von einem, der auszog, Satiriker zu werden.
97 Achtung! Preisausschreiben 'Satiriker gesucht'.
98 Brief an Hermann Ley vom 2.10.1956, BArch, Bestand DR 6/547/548.
99 Vgl. Fischer, Pietrzynski: 'Hier spricht Berlin ...', S. 42-43.
100 Musik und Dichtung am Sonntagvormittag.
101 Rede Heinz Ruschs auf der Tagung des Künstlerischen Wortes, 25-26.11.1947, Bl. 80, DRA Berlin, HA HF, F201-00-00/0003.
102 Musik und Dichtung am Sonntagvormittag.
103 Vgl. Das Schatzkästlein im Urteil der Hörer; Die Aussprache. Unsere Hörer beurteilen die Sendung Musik und Dichtung.
104 Vgl. Hörerpostzusammenfassung 1958, BArch, Bestand DR 6/559.
105 König: Über die Sprecher in Musik und Dichtung.
106 Das Schatzkästlein des Deutschlandsenders lief bis 1971. Dann jedoch erfolgte ein radikaler Bruch für diese bisher der Sonntagsbetulichkeit gewidmeten Sendezeit - mit einer poppigen Sonntagvormittag-Jugendsendung.
107 Stübe: Des Rundfunks liebstes Kind.
108 Gerhard Stübe in: Und abends Kostproben der Literatur.
109 Stübe: Die Literaturabteilung stellt sich vor.
110 Vgl. Sendestruktur von Literatursendungen für 1950, 1954, 1957 und 1959 in der Anlage 3. Die Tabellen enthalten auch die von anderen Abteilungen produzierten künstlerischen Wortsendungen.
111 Vgl. die hierzu von Gunther Nickel gemachten Aussagen in: Konstellationen. S. 207.
112 Vgl. Wittenbrink: Rundfunk und literarische Tradition, S. 999.
113 Und abends Kostproben der Literatur.
114 Stübe: Die Literaturabteilung stellt sich vor.
115 Hörnigk: Gespräch mit Christa Wolf, S. 263. Die eingangs zitierte Passage stammt ebenfalls aus dieser Quelle, S. 253.