Thema | Kulturation 2/2003 | Film- und Fernsehgeschichte | Peter Hoff | Das Projekt eines Fernsehseh- und Rundfunkstudios in Leipzig als erster Versuch einer Dezentralisierung der Fernseharbeit
| Im
Bericht ÜBER DIE PROGRAMMTÄTIGKEIT DES FERNSEHENS IN DER DDR vom
Oktober 1955 wird u. a. als Fazit der Analyse des "offiziellen
Versuchsprogramms" ausgeführt: "Politische, künstlerische, technische
und Produktionsgesichtspunkte veranlassten die Leitung des
Fernsehzentrums, bereits seit Monaten Pläne zu entwickeln und zentralen
Stellen Vorschläge zu unterbreiten, die vorsehen, das Fernsehen in der
DDR zukünftig dezentralisiert zumindest in der Programmherstellung zu
betreiben.
An eine Kapazitätserweiterung in Berlin ist danach nicht gedacht.
Lediglich eine teilweise Modernisierung und Vervollkommnung des
Fernsehkomplexes ist erforderlich. Studios sollen nach den
Planvorschlägen beginnend in Leipzig in den verschiedensten Gebieten
der Republik entstehen. Damit würde erreicht werden, dass die
politische, künstlerische und technische Kapazität der Republik
wirkungsvoll für das Fernsehprogramm Verwendung finden würden."
(a.a.O., S. 42/43) In den im Bundesarchiv Berlin verwahrten Akten des
Staatlichen Rundfunkkomitees der DDR fanden sich entsprechende bislang
unbekannte Projektierungsdokumente für die geplante Dezentralisierung
des DDR-Fernsehens Ende der fünfziger Jahre und für seine
Umprofilierung im Sinne einer gesamtdeutschen Wirksamkeit.
Um die Mitte der fünfziger Jahre war die Fernsehversorgung in der DDR,
zumindest was die technischen Bedingungen des Empfangs betraf,
(ausgenommen die schwer zugänglichen südlichen Bezirke) flächendeckend
gesichert, bei allerdings erheblichen Unterschieden in der technischen
Qualität des Empfangs in einzelnen Territorien. Ein relativ enges Netz
von Sendern und Relaisstationen sicherte die grundsätzlichen
Empfangsmöglichkeiten in der DDR und trug über starke Sender an der
Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten zur Verbreitung des
DDR-Programms auch in die grenznahen Gebiete der Bundesrepublik bei,
wenn auch nicht im politisch gewünschten Maße, denn während die BRD
durch einen in Westberlin stationierten Sender mit einem
Reichweiteradius von mehr als achtzig Kilometern immerhin rund sechzig
Prozent des Staatsgebietes der DDR mit dem Gemeinschaftsprogramm der
(damals einzigen bundesdeutschen Fernseheinrichtung) ARD versorgen
konnte, erreichte das DDR-Fernsehen auf Grund technischer und
geographischer Bedingungen großzügig geschätzt nur knapp zwanzig
Prozent der BRD/1/. Der weitere Ausbau des Sender- und Verteilernetzes
und die Verbesserung der Empfangsqualität waren ständige Bestandteile
der staatlichen Planwerke.
Ein Engpass war noch die Geräteproduktion in der DDR, die dem Bedarf
nicht nachkam und auf deren Steigerung alle staatlichen Planvorgaben
orientierten. Über Nachfrage nach Fernsehempfängern brauchte man sich
in der DDR keine Gedanken zu machen, war das Fernsehen für die
ostdeutschen Bürger doch nicht nur eine technische Attraktion als neues
Unterhaltungsmedium, sondern auch ein "Fenster in die (westliche)
Welt", das nur zu gern allabendlich in den Wohnstuben der DDR geöffnet
wurde. Erst drei Prozent der DDR- Haushalte war Mitte der fünfziger
Jahre mit einem Fernsehgerät ausgerüstet, jeder hundertste Bürger der
DDR besaß einen Empfänger, die Zahl der Empfangslizenzen betrug am
Jahresende 1957 159.500, das DDR-Fernsehen sendete in diesem Jahr 1448
Stunden, das entsprach 28 Stunden Programm wöchentlich.
Mit der Einführung der aus Großbritannien importierten ersten beiden
Übertragungswagen und dem Beginn von Direktübertragungen aus allen
Gegenden der DDR auf der Seite der Programmproduktion endete im Herbst
1955 die Studiophase des DDR-Fernsehens (vgl. HICKETHIER/HOFF 1998, S.
183ff.). Hatten in der ersten Hälfte der fünfziger Jahre alle
Bemühungen der technischen Erprobung des Fernsehens im Sendezentrum
Berlin-Adlerhof - so die Bezeichnung des ostdeutschen Fernsehens
während der rund dreijährigen Phase des offiziellen Versuchsprogramms -
unter "geschlossenen" Studiobedingungen gegolten, die nur mit Hilfe des
Films durchbrochen werden konnten, so ging der Deutsche Fernsehfunk mit
seinem offiziellen Programm seit Januar 1956 aus dem Studio heraus.
Direktübertragungen von Originalschauplätzen, aus Theatern und Varietés
und aus den zahlreichen Kulturhäusern des Landes, wurden zum neuen
Attraktionsmoment für das Medium. Das Fernsehen wurde mobil, der Slogan
für die Programmarbeit lautete "Fernsehen heißt dabei sein", die
Bemühungen galten ab jetzt der quantitativen Erweiterung des Programms
und der Frage, wie dieses Programm an die Zuschauer im Lande, aber auch
jenseits der Grenze, in der Bundesrepublik, gebracht werden könne.
Der Deutsche Fernsehfunk war ein Intendanzbereich des Demokratischen
Rundfunks und unterstand dem durch eine Verordnung des Ministerrats der
DDR vom 14. August 1952 eingerichteten Staatlichen Rundfunkkomitee beim
Ministerrat als dem zentralen Leitungsorgan (vgl. RIEDEL 1977, S. 38).
Während der Hörfunk sich in Sendeeinrichtungen mit eigenen Intendanzen
und mit jeweils spezifischen Aufgabenbereichen gliederte und sich bei
aller generellen Zentralisierung der Rundfunkarbeit doch auch eine
gewisse Regionalisierung erlaubte, war das Fernsehen in den drei Jahren
des Versuchsprogramms streng zentralisiert./2/ Dabei muss beachtet
werden, dass auch der Hörfunk in der ersten Hälfte der fünfziger Jahre
eine Neuprofilierung der einzelnen Sendeanstalten erfahren hatte/3/.
Gerade diese Zentralisierung der Fernseharbeit wurde nun in dem
Bilanzpapier zum Versuchsprogramm kritisch infrage gestellt. Einer
schnellen Korrektur des Ist-Zustandes beim nunmehrigen "Deutschen
Fernsehfunk" (seit dem 3. Januar 1956) stand jedoch die Trägheit der
DDR-Planwirtschaft entgegen. Jede Veränderung eines einzelnen Postens
in den staatlichen Planwerken zog Modifikationen des Gesamtsystems nach
sich. So vergingen wiederum zwei Jahre, bis ein diskutables Projekt zur
Dezentralisierung der Fernseharbeit vorlag. Es handelte sich um die
"Aufgabenstellung für das Fernseh- und Rundfunkstudio in Leipzig,
Standort III. Erarbeitet in der Konferenz vom 28. bis 30. Januar 1958"
(DR6/655).
Teilnehmer der Konferenz und somit Autoren dieser 34-seitigen
Projektstudie waren 21 leitende Mitarbeiter des Ministeriums für Post
und Fernmeldewesen der DDR und der Studiotechnik von Rundfunk und
Fernsehen sowie Architekten und Ökonomen, darunter der Technische
Direktor des Fernsehens, Ernst Augustin (1902-1961), der bereits in den
dreißiger Jahren die rundfunktechnische Projektierung des Hauses des
Rundfunks in der Berliner Masurenallee geleitet, das Fernsehstudio des
Reichsrundfunks im Deutschlandhaus 1938 konzipiert sowie das
Ostberliner Funkhaus in der Nalepastraße und das Fernsehzentrum in
Berlin-Adlerhof technisch projektiert hatte. Dazu kamen der
Verwaltungsleiter des Deutschen Fernsehfunks Arthur Nehmzow sowie die
Architekten Richard Paulick (1903-1979), der spätere Direktor der
Bauakademie der DDR, und Franz Ehrlich (1907-1983), nach dessen
Entwürfen zwischen 1949 und 1956 das Fernsehzentrum Berlin-Adlerhof
errichtet worden war/4/. Die Namensliste belegt, dass dieses Projekt
hoch angebunden war und dass der Einrichtung dieses Fernseh- und
Rundfunkstudios in Leipzig seitens der staatlichen Leitungsgremien
große politische Bedeutung beigemessen wurde.
Die Präambel des Planungsdokuments verweist darauf, dass der "Aufgabe"
das "Gesetz über den zweiten Fünfjahrplan zur Entwicklung der
Volkswirtschaft in der deutschen Demokratischen Republik für die Jahre
1956-1960 vom 9. Januar 1958" zu Grunde liegt, das "unter § 15 Kultur
(3)" besagt, "dass in Leipzig mit dem Aufbau eines Fernsehstudios zu
beginnen ist. Es ist sicherzustellen, dass der Bauumfang, der
Baubeginn, die gesamte Bauzeit, die Geländeausdehnung und die
Investitionsmittel für das Fernsehstudio nicht beeinträchtigt werden
durch die Absicht, später in Leipzig ein neues Rundfunkstudio zu
bauen." (BArch DR6-655, S. III).
Dieser zweite Fünfjahrplan - der erste lief von 1950 bis 1955 - hatte
seine eigene, in der Parteigeschichte der SED später verschwiegene
Geschichte. Das "Gesetz über den zweiten Fünfjahrplan" war erst am 9.
Januar 1958 durch die Volkskammer verabschiedet worden. Dieses Datum
ist jedoch aus den offiziellen Geschichtsdokumenten der SED getilgt
worden, wie der zweite Fünfjahrplan später generell keine Erwähnung
mehr findet, so wenig wie der nachfolgende Siebenjahrplan/5/, der
ebenfalls nicht erfüllt wurde. Die Gründe dafür sind in erster Linie in
der Entwicklung der Beziehungen zwischen den sozialistischen Ländern
seit dem XX. Parteitag der KPdSU 1956 zu suchen.
Im Herbst 1957 (14.-16. November) fand in Moskau eine "Beratung von
Vertretern der kommunistischen und Arbeiterparteien der sozialistischen
Länder" statt, auf der die Führung der Sowjetunion die
Satellitenparteien nach dem Budapester Aufstand und den Unruhen in
Polen stärker zusammenzuschließen und auf die KPdSU als das Zentrum
einzuschwören sich bemühte. Diese strenge Integration der Parteien und
Völker der sozialistischen Staaten als "sozialistisches Lager" zog
ökonomische Folgerungen nach sich, die auch eine Novellierung der
staatlichen Plandokumente in diesen Ländern einschlossen.
Die Inhalte des zweiten Fünfjahrplanes muten aus der distanzierten
gegenwärtigen Sicht utopisch an, ebenso wie schon die ökonomischen
Planaufgaben, die sich die KPdSU in den Beschlüssen ihres XX.
Parteitages stellte. Es ging der Führung der KPdSU darum, die
sozialistischen Volkswirtschaften in kürzester Zeit so zu entwickeln,
dass sie denen der kapitalistischen Staaten Konkurrenz machen konnten.
Die Pläne in der DDR folgten dieser vorgegebenen Linie. Der DDR-Plan
sah z.B. die Steigerung der Arbeitsproduktivität und der
Industrieproduktion durch "Modernisierung, Mechanisierung und
Automatisierung" um 50 Prozent vor. Es sollte eine "neue industrielle
Umwälzung" auf der Grundlage der "sozialistischen
Produktionsverhältnisse" bewirkt werden. Vor dem Hintergrund dieser
ganz offensichtlich unrealistischen Zielsetzung ist auch das Projekt
des "Fernsehstudios Leipzig" zu betrachten.
Das Projekt ist aber auch im Kontext der deutschlandpolitischen
Aktivitäten der UdSSR wie auch der DDR-Regierung zu sehen, vor allem im
Zusammenhang mit den Vorschlägen der sowjetischen und der ostdeutschen
Staatsführung zur Veränderung des Status quo in Deutschland. Am 30.
Januar 1957 hatte Walter Ulbricht auf dem 30. ZK-Plenum der SED eine
deutsch-deutsche Konföderation vorgeschlagen, als deren Kernstück ein
paritätisch besetzter Gesamtdeutscher Rat fungieren sollte. Am 27. Juli
des gleichen Jahres unterbreitete die DDR-Regierung der Bundesregierung
offiziell dieses politische Projekt. Auf dem V. Parteitag der SED vom
10. bis 16. Juli 1958 erneuerte Ulbricht diesen Vorschlag. Am 27.
November 1958 kündigte die Sowjetunion in Noten an die drei Westmächte,
die Bundesrepublik und die DDR die Viermächteverantwortung für
Deutschland und für Berlin auf. Westberlin sollte entmilitarisiert und
innerhalb eines halben Jahres in eine "selbständige politische Einheit"
umgewandelt werden. Am 31. Dezember erklärten die Westmächte sich zu
Verhandlungen bereit, lehnten aber die Aufgabe ihrer Verantwortung für
Berlin und Deutschland ab. Daraufhin forderte die sowjetische Regierung
am 10. Januar 1959 eine Friedenskonferenz und legte einseitig den
Entwurf für einen Friedensvertrag vor.
Es lag nahe, dass als Voraussetzung für das Zustandekommen einer
deutsch-deutschen Konföderation Berlin in seine auf der Potsdamer
Konferenz vereinbarte alte Position des Viermächtestatus (der von der
Sowjetunion einseitig aufgekündigt worden war) hätte zurückversetzt
werden müssen. Zudem wäre für längere Zeit eine Interimslösung
notwendig gewesen, die, unter den Bedingungen der ursprünglichen
Teilung Deutschlands auf der Potsdamer Konferenz, Berlin als
ostdeutsches Regierungs- und Verwaltungszentrum ausgeschlossen hätte.
Für die ostdeutsche Administration wäre eine Ausweichlösung zu finden
gewesen, auch für den DDR-Rundfunk und das ostdeutsche Fernsehen.
Leipzig, in den Nachkriegsjahren auch als ostdeutsche Hauptstadt schon
im Gespräch gewesen, hätte sich angeboten.
Noch aus einem anderen Grund wäre Leipzig als Sitz für die
Rundfunkmedien in Ostdeutschland als geeignet befunden worden. Das
geteilte Berlin mit seinen noch ungesicherten Sektorengrenzen, das
offiziell noch immer dem Viermächtestatus unterlag, konnte im Sinne des
Staats- und Völkerrechtes nur bedingt den neuen Staat DDR
repräsentieren. Deshalb wurde eine Fülle von Großveranstaltungen in die
traditionelle Messestadt verlegt, beispielsweise die Turn- und
Sportfeste. Vor allem betraf dies aber internationale Veranstaltungen
wie die Leipziger Messe. Leipzig war somit generell das Tor zur Welt
für die um Anerkennung ringende DDR. Unabhängig von politischen
Vorbedingungen konnte sich die DDR hier der Weltöffentlichkeit
präsentieren. Das galt auch für das DDR-Fernsehen, das sich im Rahmen
eines alljährlichen Messe-Sonderprogramms seit 1953 hier einem
internationalen Publikum vorstellte. Auf der Leipziger Messe
demonstrierte die DDR nicht allein technische und ökonomische, sondern
auch kulturelle Leistungskraft.
Angesichts dieser vielfältigen Initiativen war für alle konkreten
Handlungsschritte in Richtung "Fernsehstudio Leipzig" Eile angesagt. In
wenig mehr als zwei Wochen seit der Annahme des Gesetzes über den
zweiten Fünfjahrplan waren offenbar die Vorarbeiten zum Projekt des
neuen Fernseh- und Rundfunkstudios in Leipzig in konkrete Formen
gegossen worden. Dem Leipziger Fernsehstudio sollte nach den
Planungsunterlagen ein nicht unbeträchtlicher Teil des Programms
übertragen werden, zwei Tagesprogramme in der Woche zu je 7 Stunden,
wobei damit schon der realen Programmplanung des DDR-Fernsehens
vorgegriffen wurde, das zum Zeitpunkt der Beratung vom Januar 1958
täglich nur vier Stunden sendete. Einen sieben Stunden umfassenden
täglichen Sendeplan realisierte der Deutsche Fernsehfunk erst ab 1959.
Auch die Planung eines täglichen Mittags- und Nachmittagsprogramms und
bereits eines halbstündigen Nachtprogramms griff den aktuellen
Gegebenheiten vor.
Im Einzelnen waren die zweimal sieben Programmstunden pro Woche aus Leipzig folgendermaßen verplant:
"a) Vormittagsprogramm: 1 Stunde (Schul- und Hochschulfunk u.ä.)
b) Mittagsprogramm: 1 1/2 Stunde (für Schichtarbeiter. Es werden hier im Wesentlichen Aufzeichnungen zur Sendung kommen).
c) Nachmittagsprogramm: 1 1/2 Stunde (Kinder- und Frauensendungen u.a.)
d) Abendprogramm: 2 1/2 Stunden
e) Nachtprogramm: 1/2 Stunde (z.B. Westdeutschland)"
(BArch DR6/655, S. 2)
Diese Programmplanung, die dem Ist-Stand des Jahres 1958 um etwa zwei
Jahre vorgriff, weist eine ganze Reihe von Programminnovationen aus,
die für das Ende der fünfziger Jahre vorgesehen waren. Das
vormittägliche Wiederholungsprogramm "für Schichtarbeiter" wurde am 8.
Oktober 1958, also ein Dreivierteljahr nach der Konferenz, begonnen. An
ein regelmäßiges Programm des "Schul- und Hochschulfunks" war noch
lange nicht zu denken. /6/ Zwar gab es schon seit Beginn des
Versuchsprogramms ein umfangreiches Angebot an Kindersendungen; 1955
wurden jährlich 47 Stunden für Kinder gesendet, das waren 6,0 % des
Gesamtangebotes des Programms , 1960 waren es 267 Stunden, was 8,9 %
des Programmangebotes entsprach. Das Jugendprogramm war jedoch bis
dahin nur wenig entwickelt. Die "Frauensendungen" führten im Programm
des DDR-Fernsehens eine Randexistenz. Lediglich am frühen Montagabend
(von 19.00 bis 19.30) waren im Sendeschema für das Jahr 1958 "Sendungen
für Frauen" eingeplant, wahrscheinlich dem Umstand geschuldet, dass der
Montag der "Tag der gesellschaftlichen Arbeit" war, an dem die Partei-
und Gewerkschaftsveranstaltungen durchgeführt wurden, und da die
Funktionäre in der Mehrzahl männlich waren, konnte zu diesem Zeitpunkt
den Frauen eine Nische im Fernsehprogramm eingeräumt werden. Dieses
Programm für die Frauen unterschied sich jedoch erheblich von ähnlichen
Programmsparten im bundesdeutschen Fernsehen. Im "Perspektivplan" des
Deutschen Fernsehfunks für die Jahre 1959 bis 1965 wird dies erläutert:
"Das Frauenfernsehen konzentriert sich in seiner Aufgabenstellung auf
die Einbeziehung ständig größerer Schichten der Frauen in den
sozialistischen Produktionsprozess in Industrie und Landwirtschaft der
allseitigen Hilfe und Unterstützung (sic!) für die werktätigen Frauen
und Mütter und der Veröffentlichung der besten Beispiele der Erziehung
der Kinder der berufstätigen Frauen in Tagesheimschulen,
Schularbeitszimmern, Kinderhorten und Kindergärten." (BArch DR 6/655,
S. 10)
Der Erklärung bedarf auch der Umstand, dass im Projekt des Leipziger
Fernsehzentrums an zwei Tagen in der Woche ein "Nachtprogramm" geplant
wurde, das zudem mit dem Zusatz "z.B. Westdeutschland" versehen wurde.
Am 11. September 1957 hatte das DDR-Fernsehen eine Programmstrecke
aufgegriffen, die sich im Sinne des gesamtdeutschen Wirkungsauftrages,
den sich beide deutsche Nachkriegs-Fernsehinstitutionen erteilt hatten,
von Ost-Berlin aus an die Zuschauer in der Bundesrepublik wandte. Das
"Tele-Studio West" war geschickt im Programm positioniert worden, am
späten Samstagnachmittag (18.00 bis 18.50 Uhr, eingebettet zwischen
einer Unterhaltungssendung und dem "Abendgruß des Sandmännchens", also
populären Sendungen), der von der Programmplanung der ARD bis dahin
wenig beachtet worden war. Zudem interessierte diese Reihe des
DDR-Fernsehens durch die noch ungewohnte und folglich attraktive offene
Form des Magazins mit unterschiedlichen Beiträgen auch Zuschauer in der
Bundesrepublik (siehe HICKETHIER/ HOFF 1998, S. 282/283).
Wenn in der Planung für das Leipziger Fernsehstudio Sendungen für "z.B.
Westdeutschland" auf das "Nachtprogramm" orientiert wird, so darf
angenommen werden, dass auch hier eine neue Zeitschiene erschlossen
werden sollte, um in die Bundesrepublik einwirken zu können/7/. Aus
diesem Gesichtswinkel betrachtet, bekommt auch die Planung des
Frauenprogramms einen erweiterten Inhalt. Denn die in ihrer Mehrzahl
berufstätigen Frauen der DDR kamen als Zielgruppe eines solchen
Nachmittagsprogramms nur bedingt infrage, wohl aber die Frauen in der
Bundesrepublik, die im Zuge des "Wirtschaftswunders" wieder in die
traditionelle Hausfrauenrolle zurückgekehrt waren.
Das für das Studio Leipzig vorgesehene Programm zeigt sich als durchaus
zukunftsweisend und von der politischen Strategie her als durchdacht.
Deshalb kann auch der Aufwand kaum noch verwundern, mit dem dieses
Programm realisiert werden sollte. Immerhin wurden nach der Planung vom
Januar 1958 für seine Realisierung nicht weniger als 865 Mitarbeiter
benötigt, einschließlich "Feuerwehr, Betriebsschutz- und
Reinigungskräften", doch ohne das Personal für die sozialen und
kulturellen Einrichtungen wie Verkäuferinnen der betrieblichen
Handelseinrichtungen usw. Von diesen 865 Mitarbeitern waren 765
festangestellte Kräfte und "100 Freie Mitarbeiter für Programm und
Redaktion". Die Festangestellten gliederten sich folgendermaßen auf:
"250 Mitarbeiter techn. Personal
150 Mitarbeiter redakt. Pesonal
150 Mitarbeiter Produktionspersonal
(...)
215 Mitarbeiter als Verwaltungspersonal"
(BArch DR6/655, S. 2)
Die geplanten "6 selbständige(n) Redaktionen" umfassten das gesamte
Spektrum eines damaligen Rundfunk- oder Fernsehprogramms, ausgenommen,
und das muss verwundern, Sport (er wurde in einer "Nebenstelle Berliner
Redaktionen" mit 10 Mitarbeitern der "aktuellen Politik" subsummiert)
und Unterhaltung, auch sie als "Nebenstelle" für "unterhaltende und
musikalische Sendungen (Unterhaltung, Feuilleton und öffentliche
Veranstaltungen und Musik)", ebenfalls mit 10 Mitarbeitern geführt/8/.
BArch DR 6/655, S. 3) Im Einzelnen waren an selbständigen, also nicht
dem Berliner Zentrum unterstellten Redaktionen, geplant:
Redaktion "Dramatische Kunst" mit 15 Mitarbeitern
Redaktion "Wissenschaft und Technik" mit 15 Mitarbeitern
Redaktion "Kulturpolitik" mit 15 Mitarbeitern
"Frauenredaktion" mit 15 Mitarbeitern
Redaktion "Landwirtschaft" mir 15 Mitarbeitern und die
Redaktion "Kinderfernsehen", für die 30 Mitarbeiter vorgesehen waren.
Die Projektierung des Leipziger Studios war durchaus auf die Zukunft
ausgerichtet, so dass der vorliegende Plan als ein wichtiges Dokument
zu betrachten ist, das Rückschlüsse auf die Vorstellungen erlaubt, die
Ende der fünfziger Jahre seitens des DDR-Fernsehens von der weiteren
Entwicklung des Fernsehens generell bestanden. Die im Plan genannten
Sendezeiten beispielsweise seien "als ca. 75 % der
Programmerfordernisse zu betrachten. 25 % Programmerfordernisse (d.h.
Sendereihen, die heute noch nicht zu übersehen sind oder ein
Regionalprogramm) die evtl. auch weitere Redaktionen nach sich ziehen,
müssen der Kapazität auch vom Büroraum zugeschlagen werden." (BArch
DR6/655, S. 5)
Da von einem "Regionalprogramm" in Planpapieren des DDR-Fernsehens bis
dahin niemals und nirgendwo die Rede war, kommt dieser Mitteilung quasi
am Rande durchaus Bedeutung zu. Der DDR-Rundfunk, das gemeinsame Dach,
unter dem sich auch das Fernsehen zu diesem Zeitpunkt noch befand,
hatte die Regionalstruktur der frühen Nachkriegszeit, die der Struktur
der Landessendeanstalten des deutschen Vorkriegsrundfunks folgte,
zugunsten des zentralistischen Prinzips, das den einzelnen Sendern eine
besondere politische Funktion zumaß, aufgegeben.
Wenn die Regionalstruktur hier für die Zukunft ins Auge gefasst wurde,
muss bei allen innenpolitischen Überlegungen hinsichtlich einer
stärkeren Berücksichtigung der regionalen Informationsbedürfnisse der
DDR-Bevölkerung auch bedacht werden, ob in diesem Zusammenhang
eventuell die Hoffnung auf eine mittelfristige Wiedervereinigung eine
Rolle gespielt haben mag, durch die eine Wiederherstellung der
Regionalstruktur notwendig geworden wäre, wobei der Plan für das
Fernsehstudio Leipzig einer Angleichung des DDR-Rundfunks an das
föderative Rundfunksystem der Bundesrepublik schon gedanklich
zugearbeitet hätte.
Einer solchen Überlegung arbeitet auch der Umstand zu, dass in dem
Planpapier bei der Raumplanung auch von einem "Intendanten" des
Fernsehstudios die Rede ist, d. h. offenbar an eine selbstständige und
vom Berliner Fernsehzentrum in bestimmtem Maße unabhängige Leitung für
die Leipziger Einrichtung gedacht worden war, also eine gewisse
Eigenständigkeit vergleichbar mit den Sendern der ARD ins Auge gefasst
wurde. Zumindest lassen die Planungen diesen Schluss zu, denn die
Projektierung des Leipziger Studios umfasst alle technischen Bereiche,
die für einen aktuelle (Live-) Programmbetrieb notwendig sind. Auch die
Aufgabenteilung zwischen Zuarbeit zum Gemeinschaftsprogramm bei
gleichzeitiger regionaler Wirksamkeit des Studios entspricht dem
ARD-Modell.
Die Arbeit mit dem Film, wie sie in den Planungsunterlagen vorgesehen
ist, entspricht der damaligen Bewertung des Films als Ergänzung zur
dominierenden Live-Arbeit mit elektronischer Produktionstechnik. Drei
Schneideräume für 35mm und 16 mm Film sind eingeplant, der
Personalbestand sieht vier bis fünf Schnittkräfte vor. Ein
Filmvorführraum mit "vorschriftsmäßiger Vorführkabine für 35 mm und 16
mm Film" (S. 13) ist für die Abnahmen vorgesehen. Auf die Dominanz des
mit elektronischer Technik zu realisierenden Live-Sendebetriebes
verweist auch der Umstand, dass immerhin 15 "Fernsehkameraführer"
vorgesehen waren. Den Regieräumen für die Studios waren Film- und
Diageber für den aktuellen Sendebetrieb "schichtmäßig und räumlich
getrennt" zugeordnet. Eine Gruppe technischer Gerätschaften -
"Kamerazugpult und Regieanlage, ein zentraler Trickraum soll in der
Nähe der Filmgeber angeordnet werden" (S. 12) - war projektiert. In
allen Gewerken wie Beleuchtung, Studiotechnik, Maske, Kostüm und
Ausstattung bis hin zu den Dekorationswerkstätten und zum Fundus für
Kostüme und Requisiten und einem Archiv für die Produktionsunterlagen
sollte das Leipziger Studio autonom sein, die Raumplanung dafür war
großzügig.
Architektur und Technologie der Studios berücksichtigten
Berliner Erfahrungen und entwickelten sie weiter. Drei Studios waren
geplant: ein Studio für die Ansage und für kleinere publizistische
Sendungen wie Gesprächsrunden etc. mit einer Grundfläche von 180-200
qm, "welches nach Möglichkeit teilbar sein soll". Eine variable
Raumgröße war auch für die beiden "Sendestudios mit einer Spielhöhe von
8 m und vollkommen gleicher technischer Ausstattung und Einrichtung von
900 qm" vorgesehen. Diese beiden Studios sollten einerseits durch ein
schalldicht gesichertes Tor akustisch voneinander getrennt, bei Bedarf
aber auch durch Öffnung dieses Tors zu einem Studio vereint werden
können. Solche Variabilität fehlte den damals vier Studios in
Berlin-Adlershof noch. Neu ist am Leipziger Projekt, verglichen mit dem
Berliner Fernsehzentrum, dass diese Studios publikumsoffen angelegt
wurden. Damit wird die publikumsnahe Konzeption des frühen deutschen
Rundfunks auch im Leipziger Studio wieder aufgegriffen, zumal auch der
obligatorische "Große Sendesaal" - hier "Öffentlicher Saal" genannt (S.
33) - wieder aufgenommen wird, diesmal als gemeinsamer Saal für
Rundfunk und Fernsehen. Er soll repräsentativen Zwecken dienen, indem
er die "Aura" von Hörfunk und Fernsehen als Kulturinstitutionen
demonstriert: "Die Fernseh- und Rundfunkveranstaltungen bedeuten für
den Besucher einen festlichen Abend. Er will für sein Geld einen guten
Platz mit allseitiger Sicht. Da(s) ergibt die Forderung für die
Technik, dass sie so gelöst sein muss, dass sie in keinem Falle im
Gegensatz zu den Bedürfnissen des Zuschauers steht." (S. 33)
Gegenüber dem in seiner Funktion als Großer Sendesaal nie wirklich
genutzten und schon bald zum "Studio V" umgewidmeten Theatersaal des
Berliner Fernsehzentrums war der "Öffentliche Saal" des Leipziger
Fernseh- und Rundfunkstudios von vornherein großzügiger geplant und als
öffentliche Einrichtung vorgesehen: "Die Größe des Saals muss der
Bedeutung der Stadt Leipzig als Messestadt entsprechen. Dabei soll
davon ausgegangen werden, dass Rundfunk und Fernsehen nicht die
alleinigen Benutzer sind. Er soll, soweit es die Veranstaltungen von
Rundfunk und Fernsehen zulassen, auch anderen Institutionen zur
Verfügung stehen." Auf die Multifunktionalität verweist eine Anmerkung
zur möglichen Nutzung dieses Saals: "In diesem Saal müssen
Konzertveranstaltungen, dramatische Kunst, artistische Darbietungen,
Zirkus (im Typoskript gestrichen: und Sportveranstaltungen) geboten
werden können." - Bei solchen Gelegenheiten begegneten sich
Fernsehspiel und Theater. Es war zu dieser Zeit noch üblich, einzelne
erfolgreiche Fernsehspiele vor einem Live-Publikum im
Fernseh-Theatersaal als normale Bühnenstücke aufzuführen, um so auch
bei den vom Fernsehen noch nicht überzeugten Bürgern des Territoriums
für das neue Medium zu werben.
War der Theatersaal in Berlin noch eines der Kernstücke des geplanten
Studiokomplexes gewesen, so ist er in Leipzig eher von nachgeordneter
Bedeutung: "Er braucht nicht (im Typoskript handschriftlich
nachgetragen: räumlich) mit dem Schaltzentrum des Fernsehstudios
(handschriftlich: u. d. Funkhauses) in Verbindung stehen. Entsprechende
Verhandlungen über den evtl. gemeinsamen Bau eines solchen Saales (wohl
gemeinsam mit den kommunalen Gremien der Stadt Leipzig, P.H.) sind zu
gegebener Zeit zu führen - im Moment steht er nicht im Mittelpunkt des
Interesses." (S. 33)
Neben der stationären Technik war auch an eine für die damalige Zeit
sehr umfangreiche mobile Technik gedacht. Drei
Fernseh-Übertragungswagen und ebenfalls drei Filmreportagewagen, zwei
Tonübertragungswagen (nur für den Fernsehbetrieb) und ein
Filmabtastwagen für das Live-Einspiel von vorbereiteten Filmteilen vom
originalen Übertragungsort sowie weitere Technikfahrzeuge für die
Live-Übertragung waren vorgesehen, insgesamt 30 Technik-Fahrzeuge sowie
weitere 40 Produktionsfahrzeuge für den Dekorations- und
Beleuchtungstransport wurden in den Planungspapieren für erforderlich
gehalten, ein großer Fahrzeugpark also. Daraus lässt sich schließen,
dass das Leipziger Studio auch in dieser Hinsicht vom Berliner Zentrum
unabhängig werden sollte, dass also ein eigenständiger Sendebetrieb
auch bezüglich der Originalübertragungen beabsichtigt war.
Schließlich wurde für den Sender noch ein eigener Richtfunkturm von 150
m erlaubter Höhe projektiert, der das räumlich nicht weiter ausbaubare
Provisorium im Hochhaus am Ring ablösen und "die in Leipzig endenden
bzw. durchlaufenden Richtfunkverbindungen mit diesem Komplex
zusammenfassen" sollte (S. 16). Der Richtfunkturm sollte sich "in
unmittelbarer Nähe des Fernsehstudiogeländes befinden". Ein solcher
Richtfunkturm findet sich auch in den architektonischen
Planungsunterlagen von Franz Ehrlich für den später nicht realisierten
DFF-Komplex in Berlin-Adlershof vom Ende der sechziger Jahre. Mit Hilfe
des Leipziger Richtfunkturmes sollten vor allem die Richtfunkstrecken
im Süden der DDR koordiniert werden, die "Verbindung Bezirksstädte -
Berlin" und "Bezirksstädte untereinander" sowie "Modulationsversorgung
der Fernsehsender der DDR mit Programm aus der Messestadt Leipzig und
Umgebung"; er sollte als "mögliche Relaisknotenstelle innerhalb des
FS-Richtfunknetzes zur Modulationsversorgung der Fernsehsender Leipzig,
Brocken und Inselsberg", also des alten Sendegebietes des früheren
Mitteldeutschen Rundfunks dienen und ferner die Richtfunkverbindung von
Ü-Wagen bei der Übernahme von Fernseh-Livesendungen aus Leipzig und
Umgebung übernehmen.
Für die Fernsehtechnik waren vier Stockwerke des Turms vorgesehen,
während im 5. Geschoss ein "Kleinstrestaurant" für die Öffentlichkeit
geplant war. Also wurde auch hier der Gedanke einer Öffnung für das
Publikum, ähnlich wie bei den Studios, weitergeführt. Über die
Vorstellungen vom Programm für den Fernsehsender Leipzig ist dem
vorliegenden, in erster Linie von Technikern und Architekten
ausgearbeiteten Papier über die eingangs zitierten kargen Mitteilungen
hinaus nur wenig zu entnehmen. Bemerkenswert ist allerdings, dass, wie
beim Adlershofer Sendezentrum, auch in Leipzig die "Dramatische Kunst"
eine exponierte Stellung zugebilligt bekommen sollte. Wöchentlich wurde
"1 Sendung mit einer durchschnittlichen Sendezeit von 120 Minuten"
geplant. "Zugrunde gelegt wird, dass innerhalb von 2 Monaten
6 Fernsehspiele original aus dem Studio,
1 Theatergastspiel aus dem Studio und
1 Direktübertragung aus einem Theater oder einem Ort außerhalb des Studios gesendet werden.
Es ist vorgesehen, im Zeitraum eines Vierteljahres auch ein Fernsehspiel als Aufzeichnung zu senden.
Die Fernsehspiele, die aus dem Studio gesendet werden, werden etwa im Durchschnitt
95 % original und
5 % mit Filmeinblendungen
gesendet." (S. 3)
Die Anzahl der geplanten "Aufzeichnungen", was zu diesem Zeitpunkt noch
Film bedeutete, entsprach jener, die auch in Berlin produziert wurden.
Auch im Berliner Studiobetrieb wurden zu diesem Zeitpunkt (bis zum
Anfang der sechziger Jahre) nur durchschnittlich vier Fernsehfilme
jährlich produziert. Auch das Verhältnis von Elektronik ("original")
und Film, wie es hier festgelegt wird, entsprach der damaligen Norm.
Erst in den sechziger Jahren setzte sich die Norm von 1:4 (Film zu
Elektronik) durch, vor allem durch die damals an Bedeutung gewinnenden
Fälle der Krimireihen "Pitaval" und "Blaulicht".
Die für Leipzig geplante Gesamtkapazität der "Dramatischen Kunst"
entsprach in etwa der Hälfte der Produktionskapazität, wie sie im
Fernsehzentrum Berlin-Adlershof in einem quasi industriellen
Herstellungsprozess realisiert werden musste. Im Studio IV in
Adlershof, dem Studio, das bislang ausschließlich dem Fernsehspiel
vorbehalten war, entstanden wöchentlich zwei fernsehdramatische
Erstsendungen, die jeweils am Sonntag und am Donnerstag/9/ zur
Ausstrahlung kamen. An einem dritten Sendetermin, am Dienstag, wurden
Übertragungen von Theateraufführungen gesendet. Ob mit der Leipziger
Fernsehspielproduktion eine Entlastung des Berliner Studios
beabsichtigt war, oder ob auf diesem Wege eine Erhöhung der Anzahl von
Fernsehspielen erreicht werden sollte, ist bis jetzt nicht schlüssig zu
entscheiden.
Anhand der im Bundesarchiv vorliegenden Plandokumente aus dem Bestand
des Staatlichen Rundfunkkomitees lässt sich rekonstruieren, dass mit
dem Fernsehstudio Leipzig der Beginn einer Dezentralisierung und
Regionalisierung des DDR-Fernsehens geplant war. So wird in einer
Besprechung am 22. April 1959, an der neben dem Leiter der Abteilung
Agitation im SED-Zentralkomitee, Heinz Geggel, auch die leitenden
Rundfunk- bzw. Fernsehmitarbeiter Probst, Kleinert und Adameck
teilnahmen (Protokoll über die Besprechung betr. Perspektiven der
Rundfunk- und Fernsehstudios in der DDR bis 1965, BArch DR 6/ 655)
unter Punkt I. 1. festgelegt: "Leipzig - Das vorhandene Projekt für den
Aufbau eines Rundfunk- und Fernsehstudios bleibt bestehen."
Weitere Studios wurden für Dresden und Rostock vorgesehen, wo
bereits ein "Provisorium" für die alljährlichen Programme zur
"Ostseewoche", einer alljährlich stattfindenden politisch-kulturellen
Veranstaltung der östlichen Ostsee-Anliegerstaaten, in Betrieb ist.
Dazu wird beschlossen: "Es sind die Voraussetzungen zu schaffen, dass
1963 (in Rostock, P.H.) mit dem Bau eines neuen Fernsehstudios begonnen
wird. Die Aufgabenstellung ist vom Deutschen Fernsehfunk gemeinsam mit
der Leitung der Studiotechnik Fernsehen auszuarbeiten." (ebenda, S. 2)
Auch für Dresden wird im Protokoll festgelegt: "Vom Deutschen
Fernsehfunk ist die Aufgabenstellung für den Fernsehteil des Rundfunk-
und Fernsehstudios gemeinsam mit der Leitung der Studiotechnik
Fernsehen auszuarbeiten." (ebenda) Für beide Projekte werden der
Fernsehintendant Adameck und der Leiter der Studiotechnik, Günther,
verantwortlich benannt. Termine sind der 1. Juni 1959 (Dresden) und der
1. Oktober 1959 (Rostock).
Von diesen drei Fernsehstudios in der Republik sowie vom Berliner
Fernsehzentrum sollen die einzelnen Bezirke mit versorgt werden, und
zwar in folgender Aufschlüsselung:
Berlin: Potsdam, Frankfurt/O., Neubrandenburg (gemeinsam mit Rostock)
Rostock: Schwerin, Neubrandenburg (gemeinsam mit Berlin)
Dresden: Cottbus
Leipzig: Halle, Gera, Suhl, Weimar
Für Erfurt wird "nach 1965" der "Neubau eines Fernsehstudios"
beschlossen, für Magdeburg erfolgt hinsichtlich der Fernseharbeit laut
Protokoll keine Festlegung über eine Studioanbindung. Die geplanten
Studios entsprechen im Wesentlichen der alten Struktur der
Landesrundfunkanstalten.
Diese Beschlüsse zur Regionalisierung der Fernseharbeit überschneiden
sich mit einer anderen Maßnahme, die etwa zur gleichen Zeit in
Beratungs- und Beschlussprotokollen des Staatlichen Rundfunkkomitees
z.T. gemeinsam mit den Gremien der SED-Führung Erwähnung findet, mit
der geplanten Einführung eines II. Fernsehprogramms "auf der
Neubau-Perspektive mit einem Sender in Berlin und einem vollkommen
neuen Studienkomplex Schwerin - Dequede - Inselsberg
Neubau/ 1962
Ab 1962 zunächst 8 Stunden Sendung
1963 12 " "
bis 1965 20 " "
Das hängt davon ab, was wir von der Industrie bekommen." So
Fernsehintendant Adameck in der "Sitzung des Komitees am 21. 4. 1959"
(Protokoll, BArch DR 6/ 655, S. 2). Über den Charakter des II.
Programms äußert Adameck sich eindeutig. Das Telestudio West, also der
auf die Westpropaganda gerichtete Programmkomplex "müsste möglichst
bald ausgebaut werden und den Kern des zweiten Programms langsam
heranbilden." Der frühere Personalchef des DDR-Fernsehens denkt auch an
die Kaderperspektive für das neue Programm: "Wenn wir einen Genossen
hätten, der später Programmleiter oder Chefredakteur sein soll, so
müsste er so bald wie möglich eingesetzt werden."
Das II. Fernsehprogramm sollte in der Perspektive das Telestudio
ersetzen. Adameck: "Mit dem zweiten Programm fällt Telestudio weg."
(Ebenda, S. 2). Auch in diesem Zusammenhang wird wieder die Frage nach
lokalen Sendern des Fernsehens angesprochen, die, so Prof. Gerhart
Eisler, "von uns unterschätzt worden" ist, "genau so wie die Bedeutung
der Kreis- und Stadtzeitungen, die alte Tradition, dass jede Kleinstadt
zwei-drei Zeitungen gehabt hat. Der lokale Sender muss die Aufgabe
haben, Nachrichten aus Stadt und Land seines Kreises zu bringen."
(ebenda, S. 15) Auch der ZK-Abteilungsleiter Geggel spricht sich für
die Erweiterung der regionalen Sendungen aus: "Was die Bezirksstudios
anbelangt, so glaube ich auch, dass es notwendig ist, die lokale Seite
stärker hervorzuheben. Ich habe den Eindruck, dass wir von unserer
ursprünglichen Linie etwas abgehen. Wir wollten doch, dass die
Bezirkssender im Programm mehr Sendezeit bekommen."
Der Realisierung dieser Pläne sind jedoch durch die Ökonomie und durch
die technischen Gegebenheiten Grenzen gesetzt. Adameck äußert in diesem
Zusammenhang auf die Frage, ob er glaube, "dass im Fernsehen das Lokale
keine Rolle" spiele, Zweifel an der Realisierbarkeit der
Dezentralisierungs- und Regionalisierungspläne für das Fernsehprogramm:
"Es ist von der technischen Seite her unmöglich, örtliche
Fernsehstudios zu errichten. Wir sind froh, wenn wir 1980 drei
Fernsehprogramme haben." Auf die Frage von Geggel: "Wird in den
nächsten Jahren das Studio Rostock neben dem zentralen Programm eine
Stunde eigenes Programm haben?", antwortet Adameck: "Meiner Meinung
nach nicht." Und er beantwortet die Frage des Komiteevorsitzenden Prof.
Hermann Ley: "Neben der Zubringung für das zentrale Programm wird
Leipzig täglich Eigenprogramm für Leipzig machen?" - "Nein, weil bis
dahin der Ausbau des ersten und zweiten Programms gemacht werden muss.
1975 evtl. ja." (ebenda, S. 20/21) - Den hochfliegenden Plänen standen
also ernsthafte Schwierigkeiten entgegen, die der Pragmatiker Adameck
offenbar klar erkannt hatte.
Am 15. 6. 1959 findet in der Staatlichen Plankommission, Abt.
Transport- und Nachrichtenwesen, eine zweistündige "Besprechung betr.
Einführung eines 2. Fernsehprogramms" unter Beteilung hochrangiger
Funktionäre aus dem ZK der SED, den Ministerien, dem Staatlichen
Rundfunkkomitee und dem Deutschen Fernsehfunk statt. Der erste Absatz
des Protokolls benennt den äußeren Grund für die Eile, mit der dieses
Vorhaben vorangetrieben wurde. Es ging wieder einmal, wie schon zu
Beginn der Fernseharbeit in der DDR, um die Sicherung der dafür
vorgesehenen Frequenzen: "Über die Notwendigkeit einer schnellen
Einführung eines 2. Fernsehprogramms in der DDR bestand bei allen
Beteiligten volle Übereinstimmung, um der Absicht des Gegners, das Band
IV zu belegen, zuvorzukommen." (Protokoll, BArch DR6/ 655, S. 1)
Gleichzeitig wird jedoch auch klar, dass hinter diesem zum vorrangigen
Projekt erklärten Unternehmen alle anderen Planungen zurückstehen
mussten: "Angesichts der Lage bestand auch darüber Klarheit, dass die
Bereitstellung von zusätzlichen Investitionen, Importmitteln,
Arbeitskräften usw. insbesondere bis 1962 nur im Zuge einer
Umverteilung möglich ist." (ebenda)
Im "Perspektivplan bis 1965 (Siebenjahrplan)" des Staatlichen
Rundfunkkomitees (BArch DR 6/ 655) vom 27. Juni 1959 wird unter der
"Entwicklung der Sendekapazität" neben der Erweiterung des
Programmangebotes des "Fernsehprogramm I" auf 81,5 Stunden (1965)
wöchentlich auch ein "Fernsehprogramm II" mit zunächst 18 Sendestunden
(1960), kontinuierlich gesteigert auf 38 Sendestunden wöchentlich
(1965) "mit Deutschlandsender-Charakter" (ebenda S. 3) aufgeführt, also
ein Fernsehprogramm vor allem für die Bundesrepublik, das seine
Botschaften allerdings in kultureller Verpackung und über
Erfolgsmeldungen aus der DDR anbieten sollte, wie der Hörfunksender
"Deutschlandsender" dies demonstriert hatte. Vom Neubau dezentraler
Fernsehstudios außerhalb Berlins ist im Dokument über den
Siebenjahrplan keine Rede mehr.
In einer "Stellungsnahme zur Beschlussvorlage des Leiters der
Elektroindustrie über Maßnahmen zur Sicherung der Entwicklung des I.
Fernsehprogramms in der deutschen Demokratischen Republik" des
Fernsehintendanten Adameck vom 23. Juni 1960 wird noch einmal auf die
Studios in Rostock, Dresden und Leipzig eingegangen, aber dieses
Dokument zeigt auch, dass von den Plänen nun, nach dem Scheitern des
Siebenjahrplanes, kaum noch etwas übriggeblieben ist: das Studio
Rostock wird ein "Provisorium" bleiben, der Bau des Studios Dresden
soll nicht, wie ursprüngliche geplant, 1962 begonnen und 1964 beendet
werden, sondern soll wegen "mangelnder Produktionskapazität" erst 1966
fertiggestellt sein, und für das Studio Leipzig ist eine
"Teilinbetriebnahme 1965" geplant, was Adameck zur Nachfrage
veranlasst: Was ist darunter zu verstehen? Was ist das für ein ‚Teil'?
Wann sind die übrigen ‚Teile' fertig? Ganz davon abgesehen, dass nach
Auffassung der Leitung des Deutschen Fernsehfunks Maßnahmen und
Garantien geschaffen werden müssen, dass das gesamte Objekt
Fernsehstudio spätestens 1965 als Ganzes zur Verfügung stehen muss."
(S. 5/6)
Adameck versucht in diesem Zusammenhang auch noch einmal, "die
Einführung eines 2. Fernsehprogramms in der Deutschen Demokratischen
Republik", die "eine politisch, personell, technisch und ökonomisch
völlig selbständige Angelegenheit ist", vom Ausbau des 1. Programms
abzukoppeln, denn: "Es ist zu erwarten, dass das 2. Fernsehprogramm von
Partei und Regierung als Sondermaßnahme in absehbarer Zeit auf Grund
gesonderter Dokumente beschlossen wird." (S. 8) Vergeblich, wie heute
klar ist. Es mangelte an den notwendigen Mitteln für die Realisierung
der Regionalstudios, und das 2. DFF-Programm "mit
Deutschlandsender-Charakter" hatte seine Funktion als Propagandakanal
für Kultur und Lebensweise der DDR spätestens mit dem Mauerbau
verloren.
Die Vorbereitungen zu einem zweiten Programm des DDR-Fernsehens wurden
mit Beginn der sechziger Jahre ad acta gelegt wurden, bis sie mit neuer
Konzeption um 1963 wieder aufgenommen und zum 20. Jahrestag der DDR
1969 ohne klare Konzeption realisiert wurden. Das Projekt eines
Leipziger Fernseh- und Rundfunkstudios wurde mit dem Abbruch des
zweiten Fünfjahrplanes durch den Beschluss der Volkskammer über den
Siebenjahrplan 1959-1965 aufgegeben. Es ging, wesentlich reduziert und
unter Beibehaltung des zentralistischen Charakters des DDR-Fernsehens
mit Standort in der DDR-Hauptstadt Berlin, in die seit den sechziger
Jahren geschaffenen Regionaleinrichtung des DFF Studio Halle ein. Das
Ostseestudio Rostock blieb ein Provisorium, die Studios Dresden und
Karl-Marx-Stadt blieben im Embryonalstadium stecken und realisierten
lediglich einzelne Sendungen aus öffentlichen Veranstaltungssälen.
Literatur:
DEUTSCHER FERNSEHFUNK (Hrsg., 1957): Fünf Jahre Deutscher Fernsehfunk. Berlin 1957.
HICKETHIER, Knut unter Mitarbeit von Peter HOFF (1998): Geschichte des deutschen Fernsehens. Stuttgart/Weimar 1998.
HOFF, Peter/ MÜNCHEBERG, Hans (1984): Experiment Fernsehen. Vom
Laborversuch zur sozialistischen Massenkunst. Die Entwicklung
fernsehkünstlerischer Sendeformen zwischen 1952 und 1961 in
Selbstzeugnissen von Fernsehmitarbeitern. Hrsg. v. Hans Münchberg.
Zusammengestellt und kommentiert von Peter Hoff. Podium und Werkstatt.
Schriftenreihe des Verbandes der Film- und Fernsehschaffenden 15/16,
Berlin 1984.
HOFF, Peter (1993 A): Organisation und Programmentwicklung des
DDR-Fernsehens. In: Geschichte des Fernsehens in der Bundesrepublik
Deutschland/ hrsg. von Helmut Kreuzer und Christian W. Thomsen. Bd. 1.
Institution, Technik und Programm: Rahmenaspekte der Programmgeschichte
des Fernsehens/ hrsg. von Knut Hickethier. München 1993.
HOFF, Peter (2002): Dezentralisierung oder Regionalisierung
des Fernsehens der DDR? Das Projekt eines Fernseh- und Rundfunkstudios
in Leipzig 1958. In: Rundfunk und Geschichte, 28. Jg. Nr. 1/2 -
Januar/April 2002, S. 22-30.
PROTOKOLL über die Besprechung betr. Perspektiven der
Rundfunk- und Fernsehstudios in der DDR bis 1965, 22. 4. 1959. Ms., BA
Berlin DR 6/655.
RIEDEL, Heide (1977): Hörfunk und Fernsehen der DDR.
Funktion, Struktur und Programm des Rundfunks in der DDR. Hrsg. v.
Deutsches Rundfunk-Museum e.V., Berlin. Köln 1977.
STAATLICHES RUNDFUNKKOMITEE (1958): Bericht an den Ministerrat über die kulturpolitische Arbeit des Rundfunks und Fernsehens. Ms. BA/ DR 6-529.
ÜBER DIE PROGRAMMTÄTIGKEIT DES FERNSEHENS IN DER DEUTSCHEN DEMOKRATISCHEN REPUBLIK (1955), Ms, Oktober 1955, BA DR 8 - 3.
Anmerkungen
/1/ In den beginnenden sechziger Jahren sowohl seitens der DDR, als
auch von bundesdeutschen Stellen verbreitete graphische Darstellungen,
die eine Reichweite der DDR-Sendeanlagen bis in den Raum um
Frankfurt/M. oder bis tief in Niedersachsen hinein behaupten, sind der
Propaganda des Kalten Krieges geschuldet: einerseits als
Erfolgsbericht, anderseits als Warnung vor der Gefahr "kommunistischer
Infiltration". Mit der zeitgenössischen Realität hatten sie nichts
gemein.
/2/ Dieser zentralisierte Programm- und Produktionsbetrieb führte
zu institutionellen wie auch zu produktionstechnologischen Konsequenzen
wie beispielsweise zu der häufig beschriebenen quasi-industriellen
Produktion der in großer Zahl eigenproduzierten Fernsehspiele im Studio
IV des Adlershofer Sendezentrums in Berlin.
/3/ Vor allem wurde die West-Wirksamkeit der DDR-Rundfunkanstalten
auf die einzelnen Sender aufgeteilt. Der traditionelle
"Deutschlandsender", der auf der Mittelwelle sein Programm ausstrahlte,
war zur Sendeanstalt mit der Aufgabe der politischen, vor allem aber
auch der kulturellen Einwirkung in die Bundesrepublik ausgebaut worden,
während der Berliner Rundfunk neben der "DDR-Hauptstadt" Ost-Berlin den
Westen der geteilten ehemaligen deutschen Hauptstadt als sein
Wirkungsgebiet betrachtete.
/4/ Wenn auch nicht sehr konsequent, denn Ehrlichs
architektonisches Konzept für das Adlershofer Zentrum gründete sich auf
die architektonischen Überlegungen der Industriearchitektur aus den
zwanziger Jahren mit dem Grundgedanken der Vereinigung von
Funktionalität und Ästhetik (Ehrlich hatte seinerzeit mit Walter
Gropius und Ludwig Mies van der Rohe zusammengearbeitet) und wurde,
wohl primär auch im Interesse einer sparsameren Variante, bei der
Realisierung stark reduziert. Seine Entwürfe für einen Umbau des DFF
auf der Grundlage der Grundkonzeption von 1950 mit einem
repräsentativen Eingangsgebäude, einer neuen Fassadengestaltung für das
Studio V (Aktuelle Kamera) und mit einem neuen Sendeturm vom Ende der
sechziger Jahre, die sich in den Akten des Politbüromitglieds Werner
Lamberz fanden, blieben unrealisiert.
/5/ Vgl. GESCHICHTE DER SOZIALISTISCHEN EINHEITSPARTEI DEUTSCHLANDS 1978, Kapitel 7 und 8 (S. 325-419).
/6/ Erst im "Perspektivplan des Deutschen Fernsehfunks" für die
Jahre 1959 bis 1965 werden dieser Programmsparte ab 1960 zwei
wöchentliche Sendestunden eingeräumt, die dann allerdings bis 1965 auf
10 Wochenstunden einer "Fernsehvolkshochschule" einschließlich eines
"Schulfernsehens" gesteigert werden sollten. Bis 1965 sollte "geprüft"
werden, "ob ein eigenes Fernsehstudio in einer vorbildlichen Schule
einzurichten ist, in der die Sendetätigkeit auf dem Gebiet der
Volksbildung mit der Praxis der Schule selbst verbunden werden kann".
(Auszug aus dem Perspektivplan des Deutschen Fernsehfunks. BArch DR
6/655, S. 7)
/7/ Das Sendeschema des DFF von 1959 räumte dem "Telestudio West"
am späten Samstagabend nach 22.00 Uhr bei offenem Ende eine zweite
Sendezeit ein. Nur wenig später begannen die Planungsarbeiten für ein
2. Programm des DDR-Fernsehens als "Deutschlandfernsehen" (in Analogie
zum Hörfunksender "Deutschlandfunk") mit dem Ziel, vornehmlich für
Zuschauer in der Bundesrepublik zu senden. Der damalige Plan wurde nach
politischen Veränderungen in der BRD, vor allem nach der Großen
Koalition zwischen CDU und SPD, durch die die Sozialdemokratie als
"potentieller Bündnispartner" der SED ausfiel, im Zuge einer
grundsätzlichen Revision der Deutschlandpolitik der SED-Führung
aufgegeben.
/8/ "Diese Nebenstelle wird die Übertragung einzelner Musik- und
Unterhaltungsprogramme und einige Filmproduktionen (angenommen werden
vier 45-Minutenprdouktioen im Jahr), die mit künstlerischen Kräften aus
dem Leipziger Bereich gestaltet werden, betreuen. Stärke dieser Redaktion : 10 Mitarbeiter." (BArch DR 6/ 699, S. 3).
/9/ Am Donnerstag wurden auch publizistisch-dramatische Mischformen
wie die "Szenischen Fragestellungen" gesendet, in denen
gesellschaftliche Problemfälle szenisch dargestellt und im Anschluss an
die Ausstrahlung dieser szenischen Darstellung von Experten live im
Studio diskutiert wurden
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