KULTURATIONOnline Journal für Kultur, Wissenschaft und Politik
Nr. 24 • 2021 • Jg. 44 [19] • ISSN 1610-8329
Herausgeberin: Kulturinitiative 89
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ZeitdokumentKulturation 2/2004
Archiv der KulturInitiative’89
Initiativkomitee zur Gründung einer Gesellschaft für kulturelle Erneuerung in der DDR - Bericht über die erste Sitzung
KulturInitiative’89 Historisches Dokument Nr. 3


Initiativkomitee zur Gründung einer Gesellschaft
für kulturelle Erneuerung in der DDR

Charlottenstraße 43
Berlin (DDR)
1080

Bericht über die erste Sitzung des Initiativkomitees am 17. November 1989

Helmut Hanke und Dietrich Mühlberg legten den Entwurf des Gründungsaufrufs vor. Bei grundsätzlicher Zustimmung aller Anwesenden berührte die Diskussion folgende Fragen:

1. Wie ist der Charakter der neuen Vereinigung zu bestimmen.
Die Spannweite der Vorstellungen reichte hier von Kulturpartei bis Berufsverband, von einer engen Gemeinschaft der Kulturwissenschaftler bis zu einer völlig offenen Gesellschaft von großer Durchlässigkeit, in der jeder Mitglied werden kann. Es kam zu keiner Entscheidung. Ein Konsens bestand in zwei Punkten: einmal darin, daß die Konstruktion demokratisch (also auch offen) sein müsse, zum anderen hänge es auch von der Reaktion der zu Mitwirkung Eingeladenen wie der Öffentlichkeit ab.

2. Mögliche Mitgliedschaft
Bei Einverständnis darüber, daß jedem Interessierten die Mitgliedschaft möglich sein müsse (Entscheidung durch die Mitgliederversammlung nach definiertem Vereinszweck), sollte doch nicht jedes kulturelle Anliegen in der Gesellschaft und durch sie propagiert werden dürfen. Die Mitgliedschaft müßte an die Absicht gebunden sein, übergreifende kulturelle Anliegen befördern zu wollen.

3. Beziehung zu anderen
Grundsätzlich wurde die Unabhängigkeit der Gesellschaft von politischen Parteien festgelegt. Das Verhältnis zum Staat sollte sowohl konstruktiv-unterstützend als auch kritisch-einfordernd sein. Problematisch ist die Beziehung zum Kulturbund. Dessen Profilierung bliebe abzuwarten. In der jetzigen Form (und seiner jüngeren Geschichte nach) bietet er nicht die angestrebten sozialen Wirkungsmöglichkeiten.
Offen ist die Beziehung zu anderen möglicherweise entstehenden Kulturorganisationen. Im Falle der angestrebten Freizeitgesellschaft der DDR (nationale Organisation der elra) wäre es möglich, sie als Arbeitskreis anzugliedern. Ähnlich sollte der Arbeitskreis "Kommunale Kulturarbeit" aufgenommen werden.

4. Zu den Zielen
Diskutiert wurde, ob sich die Gesellschaft durch einen entsprechenden Namen als "links" stehend oder als "sozialistische" ausweisen sollte. Wenn es auch keinen Zweifel daran gab, daß die Gesellschaft nur als Sammlung sozialistisch orientierter KulturarbeiterInnen sinnvoll sei, wurde doch auf die Verwaschenheit der Begriffe und auf ihre Belastung durch Mißbrauch hingewiesen. Die Ziele sollten besser durch das Programm und durch die Namen der Gründungsmitglieder ausgewiesen werden. Der Aufruf zur Mitwirkung sollte in diesem Sinne abgefaßt werden.

5. Vorbereitung der Satzung und Antrag auf Zulassung
Vorgeschlagen wurde die Zulassung als Kulturorganisation; dafür liegt die Zuständigkeit beim Kulturministerium. Zu prüfen wäre, welche Einschränkungen diese "untergeordnete" Zulassung möglicherweise nach sich zieht.
Vergleichbare Satzungen sollte geprüft werden. Festlegung der Autoren auf der 2. Sitzung des Initiativkomitees.

6. Entschieden wurde:
- Die Sektion Kulturwissenschaft/Ästhetik bildet zunächst Briefkasten und Organisationspunkt.
- Es wird eine Gruppe jüngerer Kollegen aus verschiedenen Einrichtungen mit dem "Sekretariatsbetrieb" betraut
- alle Mitglieder des Intiativkomitees werben für die Gesellschaft
- eine Presseinformation über die Absicht und ein (von Mühlberg überarbeiteter) Aufruf zur Mitwirkung werden verbreitet.

7. Offen blieben:
- Mitglieder des "Sekretariats" und dessen Arbeitsweise (Adressenlisten, Briefverkehr, Druck und Vertrieb, Vorbereitung der Gründungsversammlung u.a.m.)
- Wirksamkeit der Gründungsmitglieder bei der Gewinnung prominenter "Kulturschaffender" für die Gründungsversammlung, für den Vorstand und für das Kuratorium
- Vorstellungen über die Finanzierung

Die nächste Sitzung wurde für den 27. November 15 Uhr (Charlottenstr. 43) angesetzt.

Teilnehmer der 1. Beratung waren:
Wilfried Geißler, Horst Groschopp, Helmut Hanke, Manfred Hübner, Ingrid Jarmatz, Thomas Koch, Jürgen Marten, Marion Morgenstern, Ina Merkel, Dietrich Mühlberg, Peter Warnecke und Lutz Wunder
(Aktuell verhindert, aber in die Arbeit einbezogen waren: Irene Dölling, Joachim Fiebach, Thomas Flierl und Karin Hirdina.)

Anlagen: Presseerklärung und Aufruf zur Mitwirkung

Protokoll: Dietrich Mühlberg