Zeitdokument | Kulturation 2/2004 | Archiv der KulturInitiative’89 | Initiativkomitee zur Gründung einer Gesellschaft für kulturelle Erneuerung in der DDR - Bericht über die erste Sitzung | KulturInitiative’89
Historisches Dokument Nr. 3
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Initiativkomitee zur Gründung einer Gesellschaft
für kulturelle Erneuerung in der DDR
Charlottenstraße 43
Berlin (DDR)
1080
Bericht über die erste Sitzung des Initiativkomitees am 17. November 1989
Helmut Hanke und Dietrich Mühlberg legten den Entwurf des
Gründungsaufrufs vor. Bei grundsätzlicher Zustimmung aller Anwesenden
berührte die Diskussion folgende Fragen:
1. Wie ist der Charakter der neuen Vereinigung zu bestimmen.
Die Spannweite der Vorstellungen reichte hier von Kulturpartei bis
Berufsverband, von einer engen Gemeinschaft der Kulturwissenschaftler
bis zu einer völlig offenen Gesellschaft von großer Durchlässigkeit, in
der jeder Mitglied werden kann. Es kam zu keiner Entscheidung. Ein
Konsens bestand in zwei Punkten: einmal darin, daß die Konstruktion
demokratisch (also auch offen) sein müsse, zum anderen hänge es auch
von der Reaktion der zu Mitwirkung Eingeladenen wie der Öffentlichkeit
ab.
2. Mögliche Mitgliedschaft
Bei Einverständnis darüber, daß jedem Interessierten die
Mitgliedschaft möglich sein müsse (Entscheidung durch die
Mitgliederversammlung nach definiertem Vereinszweck), sollte doch nicht
jedes kulturelle Anliegen in der Gesellschaft und durch sie propagiert
werden dürfen. Die Mitgliedschaft müßte an die Absicht gebunden sein,
übergreifende kulturelle Anliegen befördern zu wollen.
3. Beziehung zu anderen
Grundsätzlich wurde die Unabhängigkeit der Gesellschaft von
politischen Parteien festgelegt. Das Verhältnis zum Staat sollte sowohl
konstruktiv-unterstützend als auch kritisch-einfordernd sein.
Problematisch ist die Beziehung zum Kulturbund. Dessen Profilierung
bliebe abzuwarten. In der jetzigen Form (und seiner jüngeren Geschichte
nach) bietet er nicht die angestrebten sozialen Wirkungsmöglichkeiten.
Offen ist die Beziehung zu anderen möglicherweise entstehenden
Kulturorganisationen. Im Falle der angestrebten Freizeitgesellschaft
der DDR (nationale Organisation der elra) wäre es möglich, sie als
Arbeitskreis anzugliedern. Ähnlich sollte der Arbeitskreis "Kommunale
Kulturarbeit" aufgenommen werden.
4. Zu den Zielen
Diskutiert wurde, ob sich die Gesellschaft durch einen
entsprechenden Namen als "links" stehend oder als "sozialistische"
ausweisen sollte. Wenn es auch keinen Zweifel daran gab, daß die
Gesellschaft nur als Sammlung sozialistisch orientierter
KulturarbeiterInnen sinnvoll sei, wurde doch auf die Verwaschenheit der
Begriffe und auf ihre Belastung durch Mißbrauch hingewiesen. Die Ziele
sollten besser durch das Programm und durch die Namen der
Gründungsmitglieder ausgewiesen werden. Der Aufruf zur Mitwirkung
sollte in diesem Sinne abgefaßt werden.
5. Vorbereitung der Satzung und Antrag auf Zulassung
Vorgeschlagen wurde die Zulassung als Kulturorganisation; dafür
liegt die Zuständigkeit beim Kulturministerium. Zu prüfen wäre, welche
Einschränkungen diese "untergeordnete" Zulassung möglicherweise nach
sich zieht.
Vergleichbare Satzungen sollte geprüft werden. Festlegung der Autoren auf der 2. Sitzung des Initiativkomitees.
6. Entschieden wurde:
- Die Sektion Kulturwissenschaft/Ästhetik bildet zunächst Briefkasten und Organisationspunkt.
- Es wird eine Gruppe jüngerer Kollegen aus verschiedenen Einrichtungen mit dem "Sekretariatsbetrieb" betraut
- alle Mitglieder des Intiativkomitees werben für die Gesellschaft
- eine Presseinformation über die Absicht und ein (von Mühlberg überarbeiteter) Aufruf zur Mitwirkung werden verbreitet.
7. Offen blieben:
- Mitglieder des "Sekretariats" und dessen Arbeitsweise
(Adressenlisten, Briefverkehr, Druck und Vertrieb, Vorbereitung der
Gründungsversammlung u.a.m.)
- Wirksamkeit der Gründungsmitglieder bei der Gewinnung
prominenter "Kulturschaffender" für die Gründungsversammlung, für den
Vorstand und für das Kuratorium
- Vorstellungen über die Finanzierung
Die nächste Sitzung wurde für den 27. November 15 Uhr (Charlottenstr. 43) angesetzt.
Teilnehmer der 1. Beratung waren:
Wilfried Geißler, Horst Groschopp, Helmut Hanke, Manfred Hübner,
Ingrid Jarmatz, Thomas Koch, Jürgen Marten, Marion Morgenstern, Ina
Merkel, Dietrich Mühlberg, Peter Warnecke und Lutz Wunder (Aktuell verhindert, aber in die Arbeit einbezogen waren: Irene Dölling, Joachim Fiebach, Thomas Flierl und Karin Hirdina.)
Anlagen: Presseerklärung und Aufruf zur Mitwirkung
Protokoll: Dietrich Mühlberg
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