Zeitdokument | Kulturation 1/2003 | Aus: Thomas Ahbe, Die schwarze Legende. In: FREITAG 1 / 2 vom 27. Dezember 2002 oder www.freitag.de | Vier Eckpunkte einer quasi-instinktiven Konstruktion des Ostdeutschen | Thomas Ahbe kommentierte jüngst Arnulf Bahring.
| Die
Ursachen für Rezession, Abwanderung, Rückbau und Vergreisung in
Ostdeutschland sieht Bahring in den vom Sozialismus angerichteten
"seelischen Verheerungen" unter den Ostdeutschen (FAZ und Bild). Schon
vor Jahren war bei ihm von "deutschsprechenden Polen" die Rede, nun
sind sie ihrer Mentalität nach "Handlanger, Landarbeiter" und nur eine
friedliche Ostkolonisation könne hier aufhelfen. Thomas Ahbe nennt in
diesem Zusammenhang vier Merkmale des Klischees, von dem der
westdeutsche Blick auf den Ostdeutschen geprägt ist.
"Das Hineinströmen der Ostdeutschen in die Bundesrepublik rief bei den
Westdeutschen das Bedürfnis wach, ihre eigene Identität zu behaupten,
den Osten zu begreifen wie auch auf Distanz zu halten und schließlich
eine Form des Umgangs mit diesen so anders erscheinenden Deutschen zu
finden. All das hat auch im Westen verschiedene 'quasi-instinktive
Konstruktionen' und Bilder vom Osten entstehen zu lassen. Die vier
Eckpunkte dieser Konstruktion bilden erstens das Thema "Terror und
Repression", wonach - außer einer Clique von Verbrechern - sich niemand
mit der DDR, ihren Werten und ihrer Praxis arrangiert oder gar
identifiziert habe, zweitens das Thema "wirtschaftliche Insuffizienz",
das die deutsche Alltagssprache schlagartig mit dem Terminus "marode"
bekannt machte, drittens die ästhetisierende Perspektive, die im Osten
vor allem ärmlich-biedere Hässlichkeit und brutal-diktatorischen
Polit-Pomp sah und viertens schließlich das Thema "seelische
Deformation", das die Ostdeutschen als sozialisatorisch oder psychisch
deformiert begreift." |
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